Hans Fallada: Kleiner Mann – was nun? Roman [1932]

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Im Rausch der Verwandlung: Kleidermode als kulturelle Allegorie
zwischen Wunschtraum und Selbstreklame in der Literatur der
Weimarer Republik
„RAUSCH DES EINKAUFS“:
DER KONFEKTIONSROMAN
Warenhausromane
Emile Zola: „Au bonheur des
dames“ / „Das Paradies der
Damen“ (1883): ‚Le Bon Marché‘
Vicki Baum: „Der große
Ausverkauf“ (1937): ‚Wanamaker‘
Berliner Warenhausgestaltung
1929: ‚Chicago-Chic‘
Lichtwerbung am Berliner Europahaus in der
Stresemannstraße, 1930er Jahre
Berliner Schaufenster-Werbung für
Bettwäsche, 1930er Jahre
Reklamefigur für neue Unterwäsche, 1930er
Jahre
Adolf Behne: Kunstausstellung Berlin. In: Das neue
Berlin (1929) 8, S. 150-152, hier S. 150f.:
„Die schönste Kunstausstellung Berlins ist auch
die billigste. Sie ist umsonst geöffnet – Tag und
Nacht: Schaufenster und Giebelfronten der
großen Kaufstraßen. […] Die Kunst lebt an der
Straße, in der Straße, auf der Straße […] mit
dem tausendfältig spielenden Werbetheater der
Straße. Hier werden die Massen gepackt,
unmittelbar, praktisch und vergnüglich. Keep
smiling!“
Modesalon- und Konfektionsromane
(Kleidungsfabrikation / Warenhausvertrieb)
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Ola Alsen: „Das Paradies
der Frau. Berliner Roman“
(1919)
Kurt Münzer: „Salon
Rausch“ (1927)
Ernst Georgy [d.i.
Margarete Michaelson]:
„Der Konfektionsbaron.
Ein Zeitbild aus der
Konfektion“ (1923)

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Maria Gleit:
„Abteilung
Herrenmode“ (1933)
Hans Fallada: „Kleiner
Mann – was nun?“
(1932)
Werner Türk:
„Konfektion“ (1932)
Konfektionsromane

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Maria Gleit: „Abteilung
Herrenmode. Roman eines
Warenhausmädels“ (1933)
Susan Porter Benson: Counter
Cultures. Saleswoman, Managers,
and Customers in American
Department Stores 1890-1940,
Chicago 1986.
Christa Jordan: Zwischen
Zerstreuung und Berauschung.
Die Angestellten in der
Erzählprosa am Ende der
Weimarer Republik, Frankfurt/M.
[u.a.] 1988.
Maria Gleit: Abteilung Herrenmode.
Roman eines Warenhausmädels, Wien
u. Leipzig 1933, S. 231:

„Diese Mädels hier würde
sie nicht
herunterkommen lassen.
[…] Denen mußte sie es
vorleben und die Augen
öffnen: wir stehen nun
einmal im Wirbel dieser
unseligen Zeit, wir haben
es uns nicht ausgesucht,
aber wir dürfen auch
nicht davonlaufen ...“
Hans Fallada: Kleiner Mann – was nun?
Roman [1932], Hamburg 1997.
„Unter der Devise ‚Rette sich wer
kann!‘ setzte ein allgemeiner Ansturm
auf die Käufer ein, und mancher
Kunde des Warenhauses Mandel war
etwas verwundert, wenn er, durch die
Herrenkonfektion wandelnd, überall
blasse, freundlich verzerrte Gesichter
auftauchen sah: ‚Bitte, mein Herr,
wollen Sie nicht –?‘
Es ähnelte stark einem
Bordellgäßchen, und jeder Verkäufer
frohlockte, wenn er dem Kollegen
einen Kunden weggeschnappt hatte.“
(S. 174)

Karl Prümm: Exzessive Nähe und Kinoblick.
Alltagswahrnehmung in Hans Falladas Roman
„Kleiner Mann - was nun?“. In: Neue Sachlichkeit
im Roman. Neue Interpretationen zum Roman der
Weimarer Republik. Hg. v. Sabina Becker u.
Christoph Weiß, Stuttgart u. Weimar 1995, S. 255272.
„Pinneberg bleibt vor einem
Modewarengeschäft stehen, da ist ein
schöner großer Spiegel, Pinneberg sieht sich
in ganzer Figur, nein, gut sieht er nicht aus.
Die hellgrauen Hosen haben viele
schwärzliche Stellen von dem Dachteeren,
der Mantel ist so abgeschabt und
verschossen in der Farbe, die Schuhe sind
voller Riester [Flicken] -, […] ein Kragen
dazu ist Quatsch. Er ist ein
heruntergekommener Arbeitsloser, jeder
sieht ihm das auf zwanzig Schritte an.
Pinneberg greift nach seinem Hals und
macht den Kragen ab, er steckt ihn mit dem
Schlips in die Manteltasche. Viel anders sieht
er nun auch nicht aus, es ist nicht mehr viel
zu verderben an ihm […]“ (S. 294)
„Und plötzlich begreift Pinneberg alles,
angesichts dieses Schupo, dieser
ordentlichen Leute, dieser blanken Scheibe
begreift er, daß er draußen ist, daß er hier
nicht mehr hergehört, daß man ihn zu Recht
wegjagt: ausgerutscht, versunken, erledigt.“
(S. 301)
Hans Fallada: Kleiner Mann –
was nun? Roman [1932],
Hamburg 1997, S. 310:

„Und plötzlich ist die Kälte weg,
eine unendlich sanfte, grüne
Woge hebt sie auf und ihn mit ihr.
Sie gleiten empor, die Sterne
funkeln ganz nahe […]
Die Woge steigt und steigt. […] Es
ist das alte Glück, es ist die alte
Liebe. Höher und höher, von der
befleckten Erde zu den Sternen.
Und dann gehen sie beide ins
Haus, in dem der Murkel schläft.“
Erhard Schütz: Romane der
Weimarer Republik, München
1986, S. 177:
„Erst durch den Rückzug in
diese Höhle der psychischen
Steinzeit wird Falladas Roman
so recht zum Roman des
‚kleinen Mannes‘ – […]“

Werner Türk: Konfektion. Roman,
Berlin u. Wien 1932, S. 20f.:
„Ich will Geld verdienen. Und zwar auf der Stelle. Wenn es vorerst auch
wenig sein wird. Später wird es mehr sein. Viel mehr. Später wer’ ich groß
verdienen. Was kann mir da ein Studium nützen? Kriegt man denn als
Akademiker so viel? Studienrat Pannewitz läuft mit einem Gummikragen
rum. Landgerichtsrat Möllendorf läßt sich von meinem Vater einen Flicken in
die Hose setzen. Dr. Müller, unser Arzt, trägt immer denselben speckigen
Anzug. Herr Selbiger aber läßt sich fast zu jeder Saison einen neuen Anzug
oder einen neuen Mantel machen. Was sagt Vater? ‚Das Aeußere ist die
Visitenkarte des Menschen.‘ Dann haben aber die Studierten eine miserable
Visitenkarte. Ich aber werde mir eine bessere beschaffen. So schnell wie
möglich.“

Uwe Westphal: Berliner Konfektion und Mode. Die Zerstörung einer
Tradition 1836-1939, 2., erw. Aufl., Berlin 1992.
Siegfried Kracauer: Zu einem Roman aus der Konfektion.
Nebst einem Exkurs über die soziale Romanreportage
[1932]. In: ders.: Schriften. Hg. v. Inka Mülder-Bach, Bd.
5.3, Frankfurt/M. 1990, S. 75-79, hier S. 77f.:

„Die wider das Ziel des Buches gerichtete
Bewegung seines Helden, die alle übrigen
Figuren mitreißt, nötigt ihn, den Autor, zu lauter
indirekten Aussagen, verhindert ihn daran, der
Tendenz selber das Wort zu erteilen. Er
personifiziert sie nicht, sondern läßt sie durch
das Medium der Personen erscheinen; er
illustriert nicht sein Wissen um die Zustände,
sondern macht die Zustände episch sichtbar.“
Literaturhinweis

Julia Bertschik: „Das Paradies der Frau“.
Zum Genre des Konfektionsromans in der
Weimarer Republik. In: Garçonnes à la
mode im Berlin und Paris der zwanziger
Jahre. Hg. v. Stephanie Bung u. Margarete
Zimmermann, Göttingen 2006, S. 89-103.
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