Antibiotika

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Antibiotika-Therapie
Dr. Martin Mengel
Dr. Christoph Coch
Institut für Klinische Chemie und Pharmakologie
Überblick
Grundlagen
Leitsätze der Antibiotika-Therapie
Fallbeispiele und Vorstellung der Antibiotika-Klassen
Die häufigsten Fehler der Antibiotika-Therapie
Grundlagen I
Bakterizide Antibiotika
Bakteriostatische Antibiotika
Keimabtötung
rev. Hemmung der Bakterienvermehrung
MBK = min. bakterizide Konzentration
(min. AB-Konz. mit bakterizider Wirkung)
MHK = minimale Hemmkonzentration
(min. AB-Konz. mit bakt.-stat. Wirkung)
b-Laktam-AB (Penicilline, Cephalosporine,
Carbapeneme, Monobaktame)
Aminoglykoside (z.B. Gentamicin)
Gyrasehemmer / Chinolone
Glykopeptidantibiotika (z.B. Vancomycin)
Fosfomycin
Rifampicin
Nitroimidazole (z.B. Metronidazol)
Oxazolidinone (z.B. Linezolid)
Daptomycin
Tetracycline
Makrolide
Lincosamine (z.B. Clindamycin)
Cotrimoxazol (Trimethoprim + Sulfomethoxazol)
Tigecyclin
Grundlagen II
Wirkung der Antibiotika ist abhängig vom körpereigenen Immunsystem
- durch bakteriostatische Therapie im Wachstum gehemmte Erreger müssen abgetötet
werden (Cave: bei Immunsuppression bakterizide AB bevorzugen)
- abgetötete Keime müssen phagozytiert werden
- Abtötung von Persistern: sensible, aber trotz wirksamer AB-Therapie überlebende Erreger
(Ruhestoffwechsel), können sonst zu Rezidiven führen (Persister ≠ Resistenz)
Abtötungskinetik:
- konzentrationsabhängig: je höher die AB-Konzentration, desto stärker ist der antibakterielle
Effekt (z.B.: Aminoglykoside, Gyrasehemmer)
- zeitabhängig: Sättigung der Absterbekinetik, nahe der MHK. Die Dauer der AB-Exposition
ist die determinierende Größe, eine weitere Dosissteigerung bringt keine Wirkungssteigerung
(z.B.: b-Laktam-AB, Vancomycin, Makrolide, Clindamycin)
Grundlagen III
Resistenz:
Definition: Erregervermehrung trotz wirksamer Konzentration des Antibiotikums am Wirkort
1) natürliche R.: genetisch bedingt („nicht im Wirkspektrum des Antibiotikums“)
2) Mutations-R.:
a) spontan: ohne Einwirkung der antibiotischen Therapie
b) sekundär: unter Selektionsdruck einer Therapie eintretend (= erworben)
3) R-Plasmid- und Transposon-bedingte Resistenz:
a) Plasmid: extrachromosomale ringförmige genetische Elemente, vermehren sich unabhängig
von der Teilung des Bakteriums; können zwischen Stämmen gleicher und unterschiedlicher
Art übertragen werden
b) Transposon: können von einem Plasmid auf ein anderes oder auch auf das Chromosom
übertragen überspringen (Insertion); rasche Veränderung der genetischen Information
möglich.
Plasmid- / Transposon-bedingte und sekundäre Resistenzen nehmen unter dem Selektionsdruck
einer AB-Therapie sprunghaft zu
Leitsätze der AB-Therapie I
Vermeidung unnötiger antibiotischer Therapie: ein Antibiotikum ist kein Antipyretikum
Möglichst gezielte Therapie
- Immer Erregerisolation versuchen (wenn möglich vor Beginn der AB-Therapie)
- „Schmalspektrum“-Antibiotika sog. „Breitspektrum“-Antibiotika vorzuziehen
- ggf. Umsetzen nach Erhalt des Antibiogramms (von breit auf gezielt)
Ausreichend hohe Dosierung
Dosisanpassung bei z.B. Leber-/Niereninsuffizienz
Spiegelbestimmung bei Antibiotika mit geringer therapeutischer Breite
Leitsätze der AB-Therapie II
Therapiedauer:
- Bis 3-5 Tage nach Entfieberung
- Therapiedauern ≥ 7-10 Tagen bedürfen einer Begründung
Antibiotika nicht zu häufig umsetzen; auch bei „richtiger“ Therapie tritt Entfieberung
häufig erst nach 2-3 Tagen ein
Wenn AB nach 3-4 Tagen noch nicht anspricht, überlegen: falsches AB?, falscher
Erreger (Viren, Pilze?), Substanz erreicht Infektionsort nicht?, Abszess?,
Fremdkörper? (Katheter), Drug-Fever?
Die meisten Lokalantibiotika können durch Antiseptika ersetzt werden.
Fallbeispiel 1
Anamnese:
66-jähriger Mann mit zunehmender AZ-Minderung seit 2 Tagen, seit gestern Fieber,
Husten
Vorerkrankungen:
Diabetes mellitus II
Medikation:
Protaphane 30/70, Ramipril, HCT
Untersuchungen?
Verdachtsdiagnose?
Beta-Lactam-Antibiotika
4 Klassen:
Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme, Monobaktame
Einheitliches Merkmal:
Beta-Lactam-Ring als aktives antibakterielles Zentrum
Pharmakodynamik:
Bakterizid (Hemmung der bakt. Zellwandsynthese)
Pharmakokinetik:
Elimination vorwiegend unverändert renal
Beta-Lactamasen:
> 340 verschiedene b-Lactamasen -> zunehmende Problematik, siehe ESBL
Allergie:
Allergierate bei Penicillinen am höchsten, meist Kreuzallergie unter den Penicillinen;
in 5-8% Kreuzallergie zu Cephalosporinen
Sensibilisierung: oral < parenteral < lokal (obsolet!)
Penicilline 1
Vorteile:
bakterizide Wirkung, gute Verträglichkeit, große Dosierungsspanne,
Wirkungssteigerung durch b-Lactamasehemmer, keine oder nur langsame
Resistenzentwicklung unter der Therapie
Nachteile:
Lückenhaftes Wirkspektrum bei ungezielter Therapie, geringe Stabilität gegen
verschiedene b-Lactamasen, Sensibilisierungsgefahr, kurze Halbwertzeit
Allgemeines:
bei hoher Dosis neurotoxische Reaktionen / epileptischer Anfall möglich
(Cave: Meningitis (erhöhte Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke),
Niereninsuffizienz, Epilepsie)
Penicilline 2
Schmalspektrum-P.
Penicillin-Klassen
Penicil
linase
stabil
Gute Wirksamkeit / Besonderheiten
Benzyl-P.:
Penicillin G
-
-
Streptokokken, Meningokokken, Pneumokokken,
Gonokokken, Treponemen, Borrelien,
(zunehmende Resistenz von Pneumo- + Gonokokken)
Phenoxy-P.: Penicillin V
+
-
„Oralpenicillin“; Wirkspektrum entspricht Penicillin G
+
+
ausschl. penicillinase-bildende Staphylokokken (bis zu 80% der
Staph.); pharmakokinetisch ungünstig
nur historisch bedeutsam (Methicillin -> MRSA)
+
-
-
-
bes. im gramnegativen Bereich (einschließlich Pseudomonas),
jedoch unvollst. Staphylokokken-Wirksamkeit, daher nur in
Kombination einsetzen (s.u.)
+/+
+/-/-
+
+
+
Indikationserweiterung um b-Lactamasebildner
Cave: nur ein Teil der b-Lactamasen können gehemmt werden!
Isoxazolyl-P.:
(Oxacillin), Flucloxacillin
Amino-P.:
Amoxicillin
(Ampicillin)
Breitspektrum-P.
Säure
stabil
Acylamino-P.:
Piperacillin
P. / b-Lactamaseinhibitor:
Amoxicillin/Clavulansäure
Ampicillin/Sulbactam
Piperacillin/Tazobactam
Spektrum wie Penicillin G plus Enterokokken, Listerien,
Proteus, E. coli, Haem. infl.
NW: häufig Störung der Darmflora -> Diarrhoe, cave: C. diff.!
Amoxicillin gut oral wirksam
Cephalosporine (parenteral)
Gruppe 1
Cefazolin
beste Staphylokokkenaktivität unter Cephalosporinen
Wirksamkeit: nicht gegen Enterokokken und Pseudomonas
Indikation: Ersatz von Penicillin G bei Allergie, Staphylokokken-Infektion (bessere Alternative
zu Flucloxacillin!)
Gruppe 2
Cefuroxim
(Zinacef®)
breites Spektrum (grampositiv und gramnegativ), gute Pharmakokinetik; weitgehend blactamasefest
Wirksamkeit: nicht gegen Enterokokken und Pseudomonas
Indikationen: perioperative Prophylaxe, Organinfektionen, bei denen mit grampositiven und
gramnegativen Bakterien gerechnet werden muss (z.B. Pyelonephritis)
Gruppe 3a
Cefotaxim,
Ceftriaxon
(Rocephin®)
sehr breites Spektrum (zunehmend gramnegativ), weitgehend b-lactamasefest
Wirksamkeit: nicht gegen Enterokokken und Pseudomonas, schwächer gegen Staphylokokken
Indikation: (un)gezielte Therapie schwerer lebensbedrohlicher Infektionen (Sepsis,
Pneumonie, Wundinfektionen)
Gruppe 3b
Ceftazidim
(Fortum®)
sehr breites Spektrum, ähnlich Ceftriaxon, b-lactamasefest
Wirksamkeit: nicht gegen Enterokokken, gut gegen Pseudomonas!, schwach gegen
Staphylokokken)
Indikation: bei schweren Infektionen mit der Möglichkeit einer Pseudomonasinfektion
(Kombinations-Therapie!); Fieber in Neutropenie, Mukoviszidose
Cephalosporine (oral)
Gruppe 1
Weitgehend überholte Gruppe durch Loracarbef, ähnliches Wirkspektrum wie Cefazolin
Cefachlor
Cefalexin
Wirksamkeit: nicht gegen Enterokokken und Pseudomonas
Gruppe 2
Derivat von Cefachlor, aber bessere Pharmakokinetik, zunehmend gramnegativ
Loracarbef
Wirksamkeit: nicht gegen Enterokokken und Pseudomonas, gut gegen Hämophilus infl.,
Indikation: Staphylokokken-Infektionen (bessere Alternative zu Flucloxacillin)
Pneumokokken, Streptokokken, Staphylokokken, E. coli
Indikationen: leichte Atemwegs- (incl. HNO), Harnwegs-, Weichteilinfektionen
Gruppe 3
Erweitert im gramnegativen Bereich, aber z.T. verminderte Staphylokokken-Wirksamkeit
Cefpodoxim
Wirksamkeit: nicht gegen Enterokokken und Pseudomonas
Ceftibuten
Indikation: leichte Atemwegs-, Harnwegs-, Weichteil-Infektionen
Carbapeneme
(Imipenem, Meropenem)
Erregerspektrum:
fast das gesamte Erregerspektrum (incl. Pseudomonas, Anaerobier, ESBL-Bildner) ⇒
Reserveantibiotikum mit derzeit breitestem Spektrum!
Lücken im Erregerspektrum:
MRSA, C. diff., Legionellen, Chlamydien, Mycoplasmen
Unterschiede Meropenem vs. Imipenem:
Meropenem: verbesserte Aktivität gegen gramnegative Bakterien (u.a. Pseudomonas),
aber schwächere Aktivität gegen grampositive Bakterien
Indikationen:
Initialtherapie schwerer lebensbedrohlicher Infektionen (vor Erregernachweis);
Mischinfektionen; Sepsis; Meningitis (nur Meropenem);
Infektionen mit Acinetobacter baumanii oder ESBL-Bildnern
Wichtige Kombinationspartner (synergistische Wirkung):
Gentamicin oder Ciprofloxacin
 Pseudomonas
Vancomycin
 Staph. Aureus
Metronidazol
 Anaerobier
Monobactame
(Aztreonam)
Allgemeines
Theoretisch interessant, aber insgesamt geringe klinische Bedeutung;
Einzige Substanz dieser Klasse
Unübliches b-Lactam-Antibiokum (besteht nur aus halbem b-Lactamring)
Erregerspektrum:
Fast alle gramnegativen Stäbchen (incl. Pseudomonas)
Wirkt nicht gegen grampositive Bakterien, wirkt nicht gegen Anaerobier
Indikationen:
Komplizierte Harnwegsinfektionen durch sonst resistente Keime;
in Kombination zur Pseudomonas-Therapie
Reservepräparat für Kombinationstherapie
Fallbeispiel 1
Anamnese:
66-jähriger Mann mit zunehmender AZ-Minderung seit 2 Tagen, seit gestern Fieber,
Husten
Vorerkrankungen:
Diabetes mellitus II
Medikation:
Protaphane 30/70, Ramipril, HCT
Einteilung Pneumonie?
Therapie?
Ambulant erworbene Pneumonie 1
(CAP = community aquired pneumonia)
Definition:
Jede nicht im Krankenhaus erworbene Pneumonie, dies gilt auch für Diagnosen im
Krankenhaus innerhalb von 48 Stunden nach Krankenhausaufnahme.
(Infiltrate in Rö-Thorax + Infektzeichen + 2 Zeichen einer Atemwegsinfektion)
Risikostratifizierung:
C[U]RB-65-Index: (Confusion, [Urea], Respiratory Rate, Blood Pressure, Age)
 CRB-65-Index ≠ 0  stationäre Einweisung notwendig
Diagnostik:
Röntgen
Labor
Mikrobiologie
Ambulant
+
-
-
Stationär
+
+
+/-
ICU
+
+
+
Ambulant erworbene Pneumonie 2
(CAP = community aquired pneumonia)
Antibiotika [Alternative]
CAP ohne RF
CAP mit RF
CAP mit
PseudomonasRisiko
Amoxicillin p.o.
[Azithromycin p.o., Doxycyclin p.o.]
Sultamicillin p.o.
[Laevofloxacin p.o./Moxifloxacin p.o.]
Piperacillin/Tazobactam i.v. ±
Ciprofloxacin p.o.
[Carbapenem i.v.]
Erregerspektrum
Pneumokokken (25-45%),
Mykoplasmen, Chlamydien,
Viren
Pneumokokken, Haemophilus
influenzae, Staphylococcus
aureus
Mykoplasmen, Chlamydien
Pneumokokken, H. influenzae,
Staph. aureus, Pseudomonas
ggf. Mykoplasmen, Chlamydien,
Legionellen
Besonderheiten
Keine
Gyrasehemmer:
zu breit, Gefahr von
Resistenzen
(Ciprofloxacin hat nur
unzureichende
PneumokokkenAktivität!)
Bei V.a. atyp. P.:
b-Lactam+ Makrolid
Bei V.a. Aspiration
zusätzlich
Metronidazol
(Anaerobier)
Risikofaktoren: COPD, Alter, Rauchen, Herz-/Leber-/Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus, Aspirationsgefahr, Z.n. InfluenzaInfektion, Malnutrition
Pseudomonas-Risiko: Steroidbehandlung, Intensivbehandlung, strukturelle Lungenerkrankung, vorhergehende stat. Behandlung
(< 30d), antibiotische Vorbehandlung, Malnutrition
Nosokomiale Pneumonie 1
(HAP = hospital aquired pneumonia)
Definition:
Jede Pneumonie, die sich im Krankenhaus später als 48h nach Aufnahme
erstminfestiert, ist eine nosokomiale Pneumonie.
Man unterscheidet in frühe (early onset < 4d) und späte (late onset ab d5) HAP.
Letalität 30-50%.
Risikofaktoren:
Alter > 65 Jahre
1 Pkt
Strukturelle Lungenerkrankung
2 Pkt
Antimikrobielle Vorbehandlung
2 Pkt
Late onset (ab dem 5. KH-Tag)
3 Pkt
Schwere respiratorische Insuffizienz
3 Pkt
Extrapulmonales Organversagen
4 Pkt
Nosokomiale Pneumonie 2
(HAP = hospital aquired pneumonia)
Therapie:
Gruppe
I
(≤ 2 Pkt.)
II
(3-5 Pkt.)
III
(≥ 6 Pkt.)
Antibiotika [Alternative]
Ampicillin/Sulbactam i.v.
[Moxifloxacin]
Piperacillin/Tazobactam i.v.
[Chinolon]
Piperacillin/Tazobactam i.v. + Chinolon
wenn möglich p.o. sonst i.v.
[Carbapenem i.v. + Chinolon]
Erregerspektrum
Besonderheiten
Early onset:
Pneumokokken, H. influenzae,
Staph. aureus (MSSA),
Enterobakterien
„Late-onset-HAP“:
Pneumokokken, H. influenzae,
Staph. aureus (MRSA)
Klebsiellen, Enterobacter,
Stenotrophomonas
Pseudomonas, Acinetobacter
baumanii
ggf. Mykoplasmen, Chlamydien,
Legionellen
Bei Nachweis
Pseudomonas oder
Acinetobacter immer
Komb.-Therapie
Legionellen-Pneum.
Therapie-Dauer mind.
3 Wochen
Leitlinien Innere I, UKB
MRSA-Risiko: Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz, Koma
Pseudomonas-Risiko: Steroidbehandlung, Intensivbehandlung, strukturelle Lungenerkrankung
Fallbeispiel 2
Anamnese:
24-jährige Frau, seit gestern Übelkeit/Erbrechen, Kopfschmerzen, Fieber bis 39,5°C,
Rückenschmerzen
Vorerkrankungen:
keine
Medikation:
„Pille“
Untersuchungen?
Verdachtsdiagnose?
Harnwegsinfekt / Pyelonephritis
Allgemeines:
Keine empirische Therapie bei afebrilen, symptomlosen Patienten.
Nur Leukozyturie und Keimzahlen > 105/ml deuten auf signifikante Bakteriurie hin
Reichlich Flüssigkeitszufuhr für ausreichende Diurese („wash-out-effect“)
Das ideale Antibiotikum zur Behandlung von Infektionen der Nieren und ableitenden
Harnwege wird möglichst unverändert renal ausgeschieden
Risikofaktoren:
Weibliches Geschlecht (3.-60. LJ), Geschlechtsverkehr, Schwangerschaft, Diabetes,
Harnretention
Erreger:
Häufig: E. coli, Proteus mirabilis, Klebsiellen
Schwere Verläufe: s.o. + Pseudomonas, Staph. Aureus, Enterokokken
Sexuell Übertragbar: Gonokokken, Chlamydien, Mycoplasmen, Trichomonas
Gynäkologischen Infektionen: zusätzlich Anaerobier
Folsäure-Antagonisten
(Sulfonamide + Diaminopyrimidine)
Wirkstoffe:
Sulfonamide: Sulfamethoxazol, Sulfadiazin
Diaminopyrimidine: Trimethoprim, Pyrimethamin
Kombination: Sulfamethoxazol + Trimethoprim = Cotrimoxazol
Wirkung:
Hemmung der bakt. Folsäure-Synthese (2 unterschiedliche Schritte)
bakteriostatisch
synergistischer Effekt und verzögerte Resistenzentwicklung durch Kombination
insgesamt breites Wirkspektrum aber zunehmende Resistenzen auch gegen Komb.
Nebenwirkung:
Nephrothox.: Gefahr der Nierenschädigung durch Auskristallisation im sauren Urin
Indikation:
Cotrimoxazol: MdW bei unkompl. Harnwegsinfekt und bei
Pneumocystis-carinii-Pneumonie
Sulfadiazin + Pyrimethamin: Toxoplasmose
Gyrasehemmer / (Fluor)chinolone
Pharmakodynamik:
Bakterizid (Hemmung der Topoisomerase v.a. II (bakt. Enzym, das DNA in ihre
Superhelix-Quartär-Struktur verwandelt))
Pharmakokinetik
parenterale und orale Gabe möglich
gut gewebegängig
Verwendung:
sehr breiter Einsatz, da sehr breites Erregerspektrum und orale Gabe möglich
Ursachen für Resistenzen (zunehmendes Problem):
breiter Einsatz beim Menschen
Abusus in der Veterinärmedizin
breiter Einsatz von Nalidixinsäure – dem ersten Chinolon von 1962 – als Diarrhoe-Mittel
in Indien bis heute!
Gyrasehemmer / (Fluor)chinolone
Erregerspektrum
Ciprofloxacin
v.a. gramnegativ (incl. Pseudomonas),
Chlamydien, Mycoplasmen + Staphylokokken,
schlechte Wirksamkeit gegen Pneumokokken!
Indikationen
Harnwegs-I., Gallengangs-I.,
Reisediarrhö,
Pseudomonas-I. (z.B. zystische
Fibrose)
Laevofloxacin
besser grampositiv (Pneumokokken),
Atemwegs-I., Harnwegs-I.,
schwächere Wirkung auf Pseudomonas
Haut-/Weichteil-I.
Moxifloxacin
Gute Wirksamkeit gegen bakt. Erreger von
Atemwegs-I., Haut-/Weichteil-I.,
Atemwegs-I. (Pneumokokken, Haemophilus,
Tuberkulose (Reserve)
Chlamydien, Mykoplasmen, Legionellen,
Mykobakterien), gute Anaerobier-Wirksamkeit,
schlecht wirksam gegen Pseudomonas
Chinolone sollten wenn möglich nur angewendet werden, wenn andere Antibiotika,
die für die initiale Behandlung dieser Infektion üblicherweise empfohlen werden, für
ungeeignet erachtet werden -> Resistenzen!
Aminoglykoside
(Gentamicin, Amikacin)
Pharmakodynamik:
bakterizid (Hemmung der bakt. Proteinsynthese)
Besonderheiten:
Als Monotherapeutikum nur relativ schlecht wirksam, daher in erster Linie
Kombinations-Antibiotikum
Bei oraler Gabe kaum Resorption -> Darmsterilisation
Geringe therapeutische Breite (Oto-/Nephrotoxizität):
- regelmäßige Spiegelkontrollen
- tgl. Einmalgabe (siehe auch Abtötungskinetik konzentrationsabhängig)
Wirkspektrum:
Gut wirksam gegen: E. coli, Klebsiellen, Proteus, Pseudomonas, Staphylokokken
Schlecht wirksam gegen: Streptokokken, Haemophilus, Anaerobier
Indikationen:
i.v.: Kombinationspartner bei schweren Infektionen (Pneumonie, Harnwegs-I.,
Endokarditis, Sepsis)
Lokal: infizierte Wunden, Augeninfektionen, Knochen-/Weichteil-I.
Harnwegsinfekt / Pyelonephritis
Antibiotika [Alternative]
Erregerspektrum
Unkomplizierte
Zystitis
Cotrimoxazol
[Chinolon, Nitrofurantoin,
Fosfomycin] (alles oral)
E. coli (60-80%),
Klebsiellen, Proteus
Unkomplizierte
Pyelonephritis
Sultamicillin [Chinolon]
(meist orale Therapie
ausreichend)
s.o. plus
Staphylokokken
Komplizierte
Pyelonephritis
Cefuroxim oder Ceftriaxon i.v.
[Ampicillin/Sulbactam i.v.]
Urosepsis
Piperacillin/Tazobactam i.v. +
Chinolon i.v. oder p.o.
[Ceftazidim + Amikacin i.v.]
s.o. plus
Staphylokokken,
Pseudomonas,
Enterokokken
(bei Sepsis v.a. E. coli,
Klebsiellen oder
Proteus)
Besonderheiten
Therapiedauer:
Einmalgabe bis zu 3 Tagen
Bei Pseudomonas immer
Kombinationstherapie
Leitlinien Innere Medizin I, UKB; Leitlinien Paul-Ehrlich-Gesellschaft
Fallbeispiel 3
Anamnese:
68-jähriger Mann, seit 2 Stunden Fieber 38,7°C, AZ-Minderung
Vorerkrankungen:
Magen-Carcinom, Z.n. 3 Zyklen Chemotherapie (zuletzt bis vor 5 Tagen)
Medikation:
Pantoprazol, Furosemid, MCP
Untersuchungen?
Verdachtsdiagnose?
Fieber in der Neutropenie
Definition:
Fieber > 38,5°C (oral) bei neutrophilen Granulozyten < 500/µl o. Leukozyten < 1000/µl
Je länger die Neutropenie, desto höher das Letalitäts-Risiko für Patienten bei Fieber!
Diagnostik:
Klinik (!), Blutkulturen, Urikult, Rö-Thorax, ggf. CT-Thorax, ggf. Stuhlkultur, ggf. Abstriche
Häufige Erreger:
Staphylokokken, Streptokokken, Enterokokken, E. coli, Klebsiellen, Pseudomonas,
Clostridium difficile, Candida, Aspergillus
Therapie-Leitlinie (vereinfacht) Innere I, UKB:
1) Piperacillin/Tazobactam i.v.
wenn nach 72-96h nicht fieberfrei dann
2) Vancomycin i.v. + Meropenem i.v. + ggf. Voriconazol
bei Thearpieversagen, dann
3) Vancomycin i.v. + Ceftazidim i.v. + Ciprofloxacin p.o. + Antimykotikum
Glykopeptide
(Vancomycin, Teicoplanin)
Pharmakodynamik:
Bakterizid (Hemmung der Zellwandsynthese)
Pharmakokinetik:
Bei oraler Gabe kaum Resorption
Elimination: v.a. renal (Cave: Niereninsuffizienz -> Spiegelbestimmung)
Gute Penetration in Leber, Herz, Niere, Lunge, auch Abszesse; nicht in Knochen!
Wirkspektrum:
Ausschließlich grampositiv (Strepto-, Staphylo-, Enterokokken, Clostridien)
Indikationen:
i.v.: Schwere Staphylokokken-Infektionen (auch MRSA), Reserve-AB gegen
Enterokokken (Cave: VRE), Fremdkörper-Infektionen
oral: C.-diff.-assoziierte Diarrhö, pseudomembranöse Enterokolitis
Weitere Antibiotika-Klassen 1
Makrolide (Roxithro-, Azithro-, Clarithromycin):
PD: bakteriostatisch (Hemmung der bakt. Proteinsynthese)
Bes.: intrazelluläre Wirkung, Cyt.-P450-abh. Metabolisierung; Anwendung v.a.
ambulant (Resistenzen!); breite Anwendung in der Pädiatrie
Wirkspektrum: Staphylokokken, Streptokokken, Pneumokokken, Haemophilus,
Chlamydien, Mykoplasmen, Legionellen, Helicobacter
Indikationen: CAP, atyp. Pneumonie, HNO-Infektionen (Roxithro- o. Azithromycin)
H.p.-Eradikation (Clarithromycin in Komb.)
Tetrazykline (Doxycyclin, Minocyclin):
PD: bakteriostatisch (Hemmung der bakt. Proteinsynthese)
Bes.: identisches Wirkungsspektrum aller Tetrazykline, extra- + intrazelluläre Wirkung,
Ablagerung in wachsenden Knochen und Zähnen -> (KI Pädiatrie)
Indikationen: MdW intrazelluläre Infektionen (z.B. Chlamydien), Borreliose, Lues, Akne,
Brucellose, Ornithose
Weitere Antibiotika-Klassen 2
Lincosamide (Clindamycin):
PD: bakteriostatisch (Hemmung der bakt. Proteinsynthese)
Bes.: gut gewebegängig, gut knochengängig; Anreicherung in Makrophagen und
Granulozyten -> gute Wirkung im Abszess
häufig Störung der Darmflora -> Diarrhoe, cave: C. diff.!
Wirkspektrum: Staphylokokken, Streptokokken, Pneumokokken, Anaerobier
Indikationen: schwere Anaerobier- + Staphylokokken-Infektionen (Abszesse, Zahn-I.,
Osteomyelitis), nekrotisierende Fasziitis
Nitroimidazole (Metronidazol):
PD: bakterizid (Hemmung der Nukleinsäuresynthese obligat anaerober Bakterien)
Indikationen: Anaerobier-Infektionen (meist Mischinf.  Komb. mit aerobierwirksamem
Breitspektrum-AB) ( Abszess, Peritonitis, Aspirationspneumonie, …)
Trichomonaden-I., Amöben-I
H.p.-Eradikation (in Komb.)
proph. vor großen Darm- o. gyn. Operationen in Kombination
C.-diff.-assoziierte Diarrhoe / pseudomembranöse Kolitis
Weitere Antibiotika-Klassen 3
Rifampicin
PD: bakterizid (Hemmung der bakt. RNA-Polymerase)
Bes.: immer in Kombination einsetzen, da sonst schnelle Resistenzentwicklung
nicht antibiotische Wirkung: Stimulation der Cholorese (-> Ikterus)
Indikationen: Tuberkulose, Lepra, Fremdkörperinfektionen durch Staphylokokken
Reserve-Antibiotika 1
Carbapeneme
(Meropenem, Imipenem)
Monobactam
(Aztreonam)
Aminoglykoside
(Gentamicin, Amikacin)
Glykopeptide
(Vancomycin, Teicoplanin)
Siehe oben
Reserve-Antibiotika 2
Oxazilodinone (Linezolid)
PD: bakteriostatisch (Hemmung der bakt. Proteinsynthese)
Bes.: wirkt ausschließlich grampositiv; orale Applikation
Indikationen: Pneumonie + Haut-/Weichteilinfektionen mit MRSA oder VRE
Daptomycin:
PD: bakterizid (Hemmung der Zellwandsynthese)
Bes.: wirkt ausschließlich grampositiv
Indikationen: Haut-/Weichteilinfektionen durch MRSA oder VRE
Glycylcycline (Tigecyclin):
PD: bakteriostatisch (Hemmung der bakt. Proteinsynthese)
Bes.: Breitspektrum-AB, auch wirksam gegen MRSA + VRE, nicht wirksam gegen
Pseudomonas
Indikationen: komplizierte Haut-/Weichteil-I. und intraabdominelle Infektionen
Reserve-Antibiotika 3
Fosfomycin
PD: bakterizid (Hemmung der bakt. Zellwandsynthese)
Bes.: gut gewebegängig, keine Kreuzresistenzen oder -allergien, da keine chemische
Verwandtschaft mit anderen Antibiotika
immer in Kombination einsetzen (rasche Resistenzentwicklung) -> Einsatz meist
erst nach Vorliegen des Antibiogramms
Wirkspektrum: Staphylokokken, Streptokokken, E. coli, Klebsiellen, Proteus
Indikationen: bei Unwirksamkeit/Unverträglichkeit von Erstwahl-Antibiotika:
Osteomyelitis, Meningitis, Staphylokokken-I. (auch MRSA)
Problemkeime 1
MRSA (methicillin-resistenter Staph. aureus):
Infektionsquelle: Staph. aureus Normalflora der Haut und Nasenvorhöfe bei 10-30%
Klinik: Pneumonie, Sepsis, Wundinfektion, Endokarditis
Therapie: Zimmer-Isolation im Krankenhaus
a) Infektion: Vancomycin (+ Fosfomycin), Linezolid, Daptomycin, Tigecyclin
b) Kolonisation: evtl. Mupirocin-Nasensalbe
VRE (vancomycin-resistente Enterokokken):
Bes.: vanA-Typ -> Resistenz gegen Vancomycin + Teicoplanin
vanB-Typ -> Resistenz nur gegen Vancomycin
Infektionsquelle: Enterokokken Normalflora des Gastrointestinaltrakts
Klinik: Harnwegsinfekt, Endokarditis, Sepsis, Wundinfektion
Therapie: Zimmer-Isolation im Krankenhaus
a) Infektion: Linezolid, Daptomycin, Tigecyclin, Doxycyclin, (Teicoplanin)
b) Kolonisation: keine Therapie
Problemkeime 2
ESBL-Bildner (extended spectrum b-lactamase)
Bes.: Resistenz gegen alle b-Lactam-Antibiotika
Vorkommen bei Enterobakterien (v.a. E. coli + Klebsiellen)
ESBL-Bildner entstehen durch Mutation aus klass. b-Lactamasen
auf Plasmiden lokalisiert -> Austausch mit anderen gramnegativen Bakt. möglich
Infektionsquelle: Flora des Gastrointestinaltrakts
Klinik: Harnwegsinfekt, intraabdominelle I., Pneumonie,
Therapie: mind. Kontaktisolation im Krankenhaus
a) Infektion: Meropenem, Tigecyclin
b) Kolonisation: keine Therapie
Acinetobacter baumanii:
Bes.: Vorkommen ubiquitär
klin. Problematisch v.a. auf Intensivstationen (beatmete Patienten)
Multiresistenzen häufig bei verwundeten US-Soldaten aus Irak/Afghanistan
Klinik: Pneumonie, Wundinfekte, Harnwegsinfekte, Sepsis
Therapie: Carbapeneme (auch hier Resistenzen schon vorhanden)
Problemkeime 3
Clostridium difficile
Infektionsquelle: Flora des Gastrointestinaltrakts
Pathopysiologie: Keimvermehrung von C. diff. unter antibiotischer Therapie durch
Floraverschiebungen -> erhöhte Toxinproduktion -> sekret. Diarrhö
häufig unter Ampicillin/Sulbactam und Clindamycin
Klinik: C.-diff.-assoziierte Diarrhö, pseudomembranöse Enterokolitis
Therapie: Metronidazol p.o. oder i.v. [Alternative: Vancomycin p.o.]
Fallbeispiel 4
Anamnese:
45-jährige Frau, seit gestern Abend Fieber mit Schüttelfrost, Husten, plötzlicher Beginn,
vor 8 Tagen aus Argentinien zurückgekommen
Vorerkrankungen:
Arterielle Hypertonie
Medikation:
HCT
Untersuchungen?
Verdachtsdiagnose?
Fieber unklarer Ursache
Definition: >3 Wochen Dauer; T >38,3°C; unklare Ursache nach 3 Tagen Klinik
Achtung: ~30% sterben an dieser „Diagnose“
Ursachen: 25% Infektionen; 15% Neoplasmen; 25% Immunolog.; 30% unklar; 5% div.
Fieber allein – auch über längere Zeit – ist keine Indikation zur Antibiotikagabe
bei stabilen Patienten besteht initial keine Therapieindikation
Das gleiche gilt für HIV-Patienten wg. Der Vielfalt der Fieberursachen
Lediglich bei Dialyse-, Intensiv-, transplantierten und neutropenischen Patienten sollte
empirische AB-Therapie erwogen werden
Empirische AB-Therapie bei stabilen Patienten (AB-Leitlinien Innere I UKB):
Sultamicillin, Alternative Ciprofloxacin
Die häufigsten Fehler der AB-Therapie
Falsche Indikation: z.B. bei viralen Erkrankungen, Drug-Fever, etc….
Zu breite Therapie, wenn spezifische Therapie möglich ist
Keine Umstellung der Therapie, wenn Antibiogramm bekannt ist
Zu lange Therapie
Keine Dosisanpassung
Falsche antibiotische Therapie bei Unkenntnis der aktuellen Resistenzsituation
(Leitlinien werden regelmäßig adaptiert!)
Intravenöse Therapie wenn gleichwertig oral möglich
Kombinationstherapie wenn ein AB ausreichend oder umgekehrt
Vielen Dank und weiter viel Erfolg im Studium!
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