Parameter für den ersten antibiotischen Therapieansatz Pharmakokinetik und Resistenzen Einfluß auf die Antibiotikaauswahl ? Rainer Gattringer Univ.- Klinik f. Innere Medizin I Abteilung f. Infektionen u. Chemotherapie AKH-Wien Steigende Resistenzraten - Italien: 36% Makrolid-Resistenz bei Pneumokokken - Spanien: 42% Penicillin-Resistenz bei Pneumokokken - Carbapenem-Resistenz bei Pseudomonas aeruginosa u. Acinetobacter spp. - Plasmid kodierte Linezolidresistenz bei S. aureus Zunehmende Zahl an multiresistenten Keimen !!! (Über)Gebrauch von Antibiotika führt zu Resistenzen Neue Substanzen sind aufgrund Resistenzproblematiken entwickelt worden Interesse der Firmen neue Substanzen zu entwickeln geht zurück Umso wichtiger vorhandene Substanzen optimal und schonend zu nützen The WHO Global Strategy for Containment of Antimicrobial Resistance defines the appropriate use of antimicrobials as the costeffective use which maximizes clinical therapeutic effect while minimizing both drug-related toxicity and the development of antimicrobial resistance (http://www.who.int/drugresistance/WHO_Global_Strategy_English.pdf) Vernünftiger Einsatz von Antibiotika „Ideally antibiotic therapy should be directed by culture and knowledge of local susceptibility patterns“ Weber DJ; Int J Infect Dis; 2006 Sep; Suppl 2; s17 – 24 „Narrow-spectrum penicillins are associated with lower resistance rates…“ Mera RM et al., Microb Drug Resist; 200; 12(3): 158-63 „For effective treatment of infectious diseases, it is extremely important to reach pharmacologically active drug concentrations at the site of action ….“ Food and Drug Administration. 1998. Guidance for industry. Developing antimicrobial drugs general considerations for clinical trials. Draft guidance. In ca. 30 % kann kein mikrobiologisch gesicherte Infektionsnachweis geführt werden obwohl eine Infektion nach klinischen Kriterien wahrscheinlich ist Alberti et al. 2002 Vor Beginn der Therapie Welcher Erreger ist am wahrscheinlichsten Wie ist die Resistenzlage Welche Antibiotika wurden bereits verabreicht Welcher Erreger ist am wahrscheinlichsten Wo vermutet man die Infektion Vorerkrankungen (TX, Immunkompromitiert) Ambulant, nosocomial Anamnese (C2H5OH; von Wo kommt Patient) Vor Beginn der Therapie Welcher Erreger ist am wahrscheinlichsten Wie ist die Resistenzlage Welche Antibiotika wurden bereits verabreicht Wie ist die Resistenzlage Nicht nur in Österreich Nähere Umgebung Vor allem auf der eigenen Station MRSA - oder ESBL – Problem ? „Müssen sie breitest beginnen und dann DEESKALIEREN?“ Mikrobiologische Diagnostik durchführen Abnahme von Blutkulturen Harngewinnung (Antigen, Kultur) Stuhlproben Sputum oder Lavage Vor Beginn der Therapie Welcher Erreger ist am wahrscheinlichsten Wie ist die Resistenzlage Welche Antibiotika wurden bereits verabreicht „..prior hospitalisation and antibiotic use mabey contributes to development of early onset pneumonia due to multiresistant organism…“ Ibrahim et al.; 2000; Chest Der erste Schuß sollte treffen ! „Early goal directed therapy provides significant benefits with respect in outcome in patients with severe sepsis or septic shock.“ Rivers E; NEJM; 2006 Vernünftiger Einsatz von Antibiotika „Ideally antibiotic therapy should be directed by culture and knowledge of local susceptibility patterns“ Weber DJ; Int J Infect Dis; 2006 Sep; Suppl 2; s17 – 24 „Narrow-spectrum penicillins are associated with lower resistance rates…“ Mera RM et al., Microb Drug Resist; 200; 12(3): 158-63 „For effective treatment of infectious diseases, it is extremely important to reach pharmacologically active drug concentrations at the site of action ….“ Food and Drug Administration. 1998. Guidance for industry. Developing antimicrobial drugs general considerations for clinical trials. Draft guidance. Pharmakokinetik/ Pharmakodynamik Die Wirkung des Lebewesens auf das Pharmakon Pharmakokinetik Die Wirkung des Pharmakons auf das Lebewesen Pharmakodynamik „Mit der Applikation eines Pharmakons beginnt die Pharmakokinetik und Pharmakodynamik“ Pharmakokinetik/ Pharmakodynamik Patient Toxizität Immunantwort Pharmakokinetik Empfindlichkeit Drug Organismus Pharmakodynamik Infektion Zwei Arten der antibakteriellen Wirkung Konzentrations-abhängige Wirkung C max Zeit-abhängige T >MIC Wirkung AB MIC64mgL MIC128mgL MIC256mgL Cmax Concentration (mg/L) 400 300 200 100 T>MIC 0 0 100 200 300 400 Time (min) 500 600 700 Maximale Konzentration T > MIC Konzentrations-abhängige Wirkung Aminoglykoside •Amikacin (Biklin®) •Tobramycin (Tobrasix®) •Refobacin (Gentamicin®) •Certomycin (Netilmicin®) Fluoro-quinolone •Ciprofloxacin (Ciproxin®) •Levofloxacin (Tavanic®) •Ofloxacin (Tarivid®) •Moxifloxacin (Avelox®) Zeit-abhängige Wirkung Beta-laktame Penicilline Cephalosporine Fosfomycin Glykopeptide Linezolid Makrolide •Piperacillin (Tazonam®) •Cefpirome (Cefrom®) •Ceftriaxon (Rocephin®) •Ceftazidim (Fortum®) •Vancomycin (Lilly®) •Teicoplanin (Targocid®) •Clarithromycin (Klacid®) •Azithromycin (Zithromax®) •Telithromycin (Ketek®) Entscheidend für eine erfolgreiche antimikrobielle Therapie Ausreichende Konzentrationen des verabreichten Antibiotikums am Infektionsort ! Plasma Konzentrationen = Konzentration am Wirkort Plasma- und Gewebskonzentrationen Gattringer et al., AAC, 2004 Piperacillin Konzentration (µg/mL) Plasma- und Gewebskonzentrationen 220 Plasma Muskel Fettgewebe 200 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0 0 50 100 150 200 250 Zeit (min) Joukhadar et al. (2001) Gewebskonzentrationen Gewebskonzentrationen abhängig vom Penetrationsverhalten eines Antibiotikums - Größe des Moleküls - Ausmaß der Plasmaproteinbindung - pH-Wert von Körperflüssigkeiten - Organdurchblutung/Vaskularisation - Fettlöslichkeit Relative Molekülmasse Antibiotikum Relative Molekülmasse Fosfomycin 180 ß-Lactame 300 – 600 Ciprofloxacin 331 Vancomycin 1449 Linezolid 340 Teicoplanin 1993 Plasmaproteinbindung Plasmaproteinbindung (PPB) Nur der freie, nicht gebundene Teil eines Antibiotikums diffundiert in das Gewebe Wünschenswert: niedrige Plasmaproteinbindung Plasmaproteinbindung Antibiotikum Plasmaproteinbindung % Fosfomycin 0 ß-Lactame 10-90 Ciprofloxacin 30 Vancomycin 10-50 Linezolid 30 Teicoplanin 90 Plasmaproteinbindung Cave ! PPB eines bestimmten Medikaments kann in klinischer Praxis von den in der Literatur als festen Werten angegebenen beträchtlich abweichen Unter pathologischen Verhältnissen verändert sich das Ausmaß der Bindung eines Antibiotikums an die Plasmaproteine Plasmaproteinbindung Ceftriaxon Plasmaeiweißbindung 90 % (gemessen bei gesunden Probanden) Bei septischen Patienten Plasmaeiweißbindung 1 % - 60 % Joynt et al. 2001 Organdurchblutung Schlechte Durchblutung Niedrige Antibiotikakonzentrationen am Wirkort Therapieversagen Fettlöslichkeit/Lipophilie Fettlöslichkeit wird durch den Octanol-Wasser (O/W) Verteilungskoeffizienten beschrieben Je höher dieser Parameter einer Substanz desto größer Anteil in der Octanolfraktion einer Testlösung und somit ihrer Lipophilie Lipophile Substanzen penetrieren leichter die Zellmembranen Wichtig bei Penetration in das ZNS Frage: Warum ist manchmal die antimikrobielle Therapie beim septischen Patienten nicht erfolgreich, obwohl ein sensibler Erreger bekannt ist? Antibiotikadosierungen basieren sehr oft auf Daten von Patienten, die nicht kritisch krank waren Gesund versus kritisch krank ! Pathophysiologische Veränderungen führen zu Änderungen der Verteilung und Elimination Einfluß auf Antibiotikakonzentrationen Gewebsminderperfusion der Muskulatur und Haut Abfall des Plasmaalbumins Änderung der Proteinbindung Erhöhtes Verteilungsvolumen Hochregulation von aktiven Transportmechanismen (Membran-P-Glykoprotein) Veränderte Metabolisierung in Niere und Leber Einfluß auf Antibiotikakonzentrationen „third spacing“ Capillary leak Shift von Volumen und Plasmaproteine in den extravasculären Raum SEPSIS Erhöhter Herzindex Erhöhte Clearance Erhöhte Kapillarpermeabilität Erhöhtes Verteilungsvolumen Niedrigere AB-Konzentrationen Organversagen Verlängerte Halbwertszeiten Verminderte Clearance Erhöhte AB-Konzentrationen Veränderung der Pharmakokinetik von AB beim kritisch Kranken in vielen Studien gezeigt Triginer et al. Intens Care Medicine 1990 McKindley et al. Arch Surg 1995 Tam et al. JAC 2002 Rebuck et al. Pharmacotherapy 2002 Studien über Plasmaspiegel Punktuelle Messungen keine pharmakokinetischen Profile Plasma Konzentrationen = Konzentration am Wirkort Wichtig! Daten über Konzentrationen des AB im Gewebe Plasma- und Gewebskonzentrationen Joukhadar et al. 2002 Plasma- und Gewebskonzentrationen Probanden Intensivpatient Buerger et al.; AAC; 2006 Dehghanyar et al; AAC; 2005 Plasma- und Gewebskonzentrationen Zeitlinger et al.; AAC; 2003 SEPSIS Erhöhter Herzindex Erhöhte Clearance Erhöhte Kapillarpermeabilität Erhöhtes Verteilungsvolumen Niedrigere AB-Konzentrationen Organversagen Höhere Verlängerte Verminderte Dosierung ! Halbwertszeiten Clearance Erhöhte AB-Konzentrationen SEPSIS Erhöhter Herzindex Erhöhte Kapillarpermeabilität Dosisanpassung! Filtration/Dialyse Erhöhte Erhöhtes Clearance Verteilungsvolumen Niedrigere AB-Konzentrationen Organversagen Verlängerte Halbwertszeiten Verminderte Clearance Erhöhte AB-Konzentrationen Aminoglycoside Septische Patienten ohne Niereneinschränkung Erhöhte Clearance Niedrige Spitzenkonzentrationen Bei Einschränkung der Niere Gefahr der Toxizität Dosisanpassung ? Patient wird gesund Rezept Erregerdiagnostik Vor der empirischen Gabe - Wo sitzt die Infektion - Welcher Erreger am wahrscheinlichsten - Wie ist meine Resistenzsituation - Welche AB - Vortherapie Rezept Beginn mit hohen Dosen - immer wieder adaptieren Antibiotikum - soll hohe Konzentrationen am Ort des Geschehens erreichen Rezept immer wieder an die Situation anpassen (AB – Verantwortliche!) [email protected]