Klinische Chemie & Laboratoriumsdiagnostik Vorlesung: Therapeutisches Drugmonitoring Vorlesung: Therapeutisches Drugmonitoring (TDM) Therapeutisches Drug Monitoring (TDM) D Dr. med. Michael Erren d Mi h l E Centrum für Laboratoriumsmedizin – Zentrallaboratorium – Universitätsklinikum Münster Albert Schweitzer Campus 1 Albert‐Schweitzer‐Campus 1 D‐48149 Münster Tel.: 0251 83‐47233 Fax: 0251 83‐47229 zlab‐lehre.uni‐muenster.de erren@uni‐muenster.de Pharmakokinetik Absorption, Verteilung und Elimination Pharmakodynamik Wirkung Hinweis Bestimmung der Blutkonzentration von Medikamenten im Rahmen ihres therapeutischen Einsatzes Therapiesteuerung mittels TDM ist besser, besser als die Steuerung über die verabreichte Medikamentendosis Medikamentendosis, da die Beziehung zwischen der Blutkonzentration und der Wirkung eines Medikamentes enger ist, als die zwischen der verabreichten Arzneimitteldosis und der Wirkung Steuerung der Arzneimitteltherapie anhand von „Therapeutischen Bereichen“ in Analogie zu „Referenzbereichen“ in der sonstigen Laboratoriumsdiagnostik Ziele: Gewünschte Wirkungg möglichst g schnell erreichen Überdosierungen mit unerwünschten Arzmeimittelwirkungen (UAW) oder toxischen Wirkungen (TW) vermeiden Unterdosierungen vermeiden Üb üf Überprüfung Compliance C li Erkennen von geänderter Pharmakokinetik -1- Sommersemester 2012 Pharmakokinetik und Pharmakodynamik Alter Geschlecht Ernährung (Milch, Graphefrucht), Nikotin- und Alkoholkonsum Erkrankungen (Leber, Niere) Komedikation Ethnik genetische Faktoren (Pharmakogenetik) Bessere Korrelation mit Plasmaspiegel, da nicht beeinflusst durch folgende Faktoren: - Compliance - Dosierungszuverlässigkeit - Absorption - Verteilung - Ausscheidung Gleiche Dosierungen können bei verschiedenen Patienten unterschiedliche Plasmaspiegel und somit auch unterschiedliche Wirkungen bzw. Nebenwirkungen/Toxizität hervorrufen -2- -3- -4- KliChi Zeitverlauf der M dik Medikamentent Plasmakonzentration Zweikompartment Modell Bl Blut Ausmaß der Verteilung ins Gewebe abhängig von G Gewebe b k-d 1-2 Std. Std α-Phase: Ph R Resorption ti (schnell), ( h ll) noch kein Gleichgewicht zwischen Blut und Gewebe => falscher Zeitpunkt für TDM (falsch hohe Konzentrationen) Fettlöslichkeit Proteinbindung ke Die Aufteilung eines Medikamentes zwischen Blut und Gewebe wird quantitativ beschrieben als das Verteilungsvolumen (Vd) Eli i i Elimination -5- -6- Niedriges Verteilungsvolumen -7- Hohes Verteilungsvolumen (hydrophile Substanzen) Interpretation des Verteilungsvolumens (Vd) Blut kd Gewebe Blut kd Gewebe Niedriges g Vd: Arzeimittel befinden sich vorwiegend g im Plasma,, da sie Hohe Blutkonzentration (g/mL) k-d Geringe Gewebekonzentration Geringe Blutkonzentration (ng/mL) k-d Hohe Gewebekonzentration Stark wasserlöslich sind ((Plasmakonzentration > Gewebe), ), oder Stark proteingebunden sind (verhindert freie Diffussion ins Gewebe) kd << k-dd kd >> k-d Vd = gering Vd = hoch Hohes Vd: Arzneimittel befinden sich vorwiegend g im Gewebe und die Blutspiegel reflektieren nur schlecht die Körperbelastung Hoch lipophile Arzneimittel, Vd kann 100 Liter / kg ffalls kd = 0,, Vd = 0.07 L/Kgg ((untere Grenze)) - 10 - Zeitverlauf der M dik Medikamentent Plasmakonzentration - 11 - Bestimmt durch Dosis bzw bzw. Plasmakonzentration (Resultat der Pharmakokinetik) und Ansprechbarkeit des Zielgewebes (Rezeptorverhalten) Einkompartment-Modell (wasserlöslich): Auslösung physiologischer Vorgänge (Agonisten) oder Hemmung (Antagonisten) keine eigenständige Wirkung, sondern Modulation körpereigener Funktionen Ausnahmen: z.B. Inhalationsnarkotika, salinische Abführmittel Teilweise unterschiedliche Wirkungen: g z.B. Aspirin: analgetisch und Thrombozytenaggretationshemmung (konzentrationsabhängig) Mehrkompartment-Modell (fettlöslich): Cave: Toleranzentwicklung verursacht durch Rezeptorunempfindlichkeit Thiopental: Diffusion ins ZNS, dann Diffusion ins Gewebe geringer Affinität (Rückverteilungsphase), Klinik: zunächst Pat. schnell wach,, bei erneuter Gabe deutliche Verlängerung der Rückverteilungsphase und tiefe Narkose • Konstante Dosierung: g 5 HWZ => steadyy state ((ca. 97% Akkumulation)) TDM: erst im steady-state (5 HWZ) + nach Abschluss der letzten Verteilungsphase (häufig 11-22 Std., teilweise 10 Std.) - 14 - - 12 - Pharmakodynamik Elimination Kinetik 1. Ordnung: nach 5 HWZ ist ca. 97% eliminiert Kinetik 0. Ordnung: - Ethanol: Abbau durch Leber begrenzt - Phenytoin: Eliminationshalbwertzeit verlängert sich deutlich mit steigender Dosis - 13 - -8- (lipophile Substanzen) -9- Zeitverlauf der M dik Medikamentent Plasmakonzentration kd ka β-Phase: Elimination (langsam) => richtiger Zeitpunkt für TDM Das Verteilungsvolumen (Vd) ist das fiktive Volumen eines Körpers, in das sich ein Arzneistoff verteilen müsste, um die beobachtete Konzentration im Blut im Gleichgewichtszustand g zu erklären (Rechengröße, Einheit: Liter / kg). Verteilungs () phase Nach Aufnahme eines Medikaments ins Blut, wird es in das Gewebe verteilt Absorption Die meisten Medikamente vermitteln Ihre Wirkung über Geweberezeptoren, gemessen werden jedoch lediglich die Konzentrationen im Blut Verteilungsvolumen (Vd) Mögliche Ursachen für individuelle Differenzen i der in d R Reaktion kti auff Medikamente M dik t Grobe Korrelation zwischen verabreichter Dosis und pharmakologischer Wirkung Wirkungsstärke: abhängig von Dosis bzw. Plasmakonzentration, „„Alles-oder-Nichts-Reaktion“ ((NW), ), häufigg linear,, noch häufiger g nicht linear Korrelation mit Plasmakonzentration besser als mit Dosis (Compliance, Dosierungszuverlässlichkeit, Absorption und Verteilung) - 15 - - 16 - Pharmakodynamik Th Therapeutisches ti h D Drug Monitoring M it i (TDM): (TDM) V Voraussetzung t Th Therapeutisches ti h D Drug Monitoring: M it i I dik ti Indikationen Abstand therapeutischer Dosisbereich von Bereich mit Nebenwirkung / toxischer Wirkung Arzneimitteln, deren Dosierung nicht am biologischen Effekt messbar ist: Blutdruckmessung, Glucosespiegel, Gerinnungstests Wirkung nicht messbar bei prophylaktischer Gabe: Antieptileptika, Theopyllin, Lithium, CsA Tagesdosis auf mehrere Einzeldosen verteilen Konzentration im Plasma und Konzentration am Wirkort korrelieren Arzneimitteln mit geringer therapeutischer Breite, bei denen eine Über-/Unterdosierung schwerwiegende Konsequenzen hat (Zytostatika, Aminoglycoside, Amiodaron). Nicht durchführbar bei lipophile Substanzen (hohes Verteilungsvolumen: > 10 Liter / kg) Nicht-lineare Kinetik (Phenytoin) Kombinationswirkung von Arzneistoffen Nicht durchführbar bei Toleranzentwicklung oder Auftreten irreversibler Effekte Stoffkombinationen beabsichtigt oder unbeabsichtigt Therapeutischer Bereich definierbar Deutliche inter- und intraindividuellen Unterschieden in der Pharmakokinetik (Absorption first-pass-Effekt, (Absorption, first pass Effekt Proteinbindung Proteinbindung, Metabolisierung, Metabolisierung Ausscheidung) Synergismus: additiv, überadditiv Grundvoraussetzung: verlässliche Analysenmethoden Sicherheit der Arzneimittelanwendung (Therapeutische Breite) Anwendung lebensbedrohlicher Erkrankungen (z.B. Methotrexat, Antidot Tetradydropholsäure) Compliance Kontrolle - Medikament eingenommen?! - Nur zum Arztbesuch (Metaboliten-Quotienten)? - Primidon : Phenobarbital – 1 : 3 bei Dauertherapie - Primidon : Phenobarbital – 1 : 1 bei Kurztherapie Rationale: R i l Addi Addition i dder Wi Wirkungen, k R Reduktion d k i dder N Nebenwirkungen b ik Ph Pharmakodynamische k d i h Messungen M (bi (biologische l i h Antwort A t t auff Arzneistoff) A i t ff) CsA: Inosinmonophosphat-Dehydrogenase Azathioprin (Imurek): Thiopurin-Methytransferase-Aktivität Thiopurin Methytransferase Aktivität - 17 - - 18 - - 19 - KliChi Therapeutisches Drug Monitoring: Zeitpunkt der Probennahme Therapeutisches Drug Monitoring: Interpretation Therapeutisches Drug Monitoring: Dosisanpassung / -Vorberechnung Zeitpunkt abhängig von (i) klinischer Fragestellung und (ii) Pharmakokinetik Grundvoraussetzung: Abnahme im steady-state (> 5 HWZ) + nach der Verteilungsphase (α-Phase), Z iti t Zeitintervall ll nach hV Verabreichung b i h d der lletzte t t D Dosis i und d Bl Blutentnahme t t h muss b bekannt k t sein i individuelle Dosisanpassung: interindividuell erforderliche Dosen können sich um das 10-fache unterscheiden Nicht während der Verteilungsphase (α-Phase) (α Phase) (i.v. Aminogykoside: 30 Minuten, peroral Digoxin: 10 Stunden) Einkompartment-Modell (lineare Kinetik): Dreisatzmethode optimale Dosis = bisherige Dosis x Sollwert-Konzentration / Istwert-Konzentration Beurteilung anhand „Therapeutischer Bereiche“; bei unterschiedliche Zielsetzungen teilweise verschiedene Bereiche (z.B. Digoxin: Herzinsuffizienz niedrig, Vorhofflimmern hoch) Zur schnellen und optimalen Dosisfindung (selten): während der initialen Dosisintervalle (vor steady state, state 1 HWZ) Zur Therapiekontrolle (häufig): im steady-state (> 5 HWZ), aber erst nach der Verteilungsphase (α-Phase) Minimale Plasmakonzentration (Talspiegel): ausreichende Konzentration für gesamte Dauer des Dosierungsintervalls Maximale Plasmakonzentration (Bergspiegel): Maß für toxische Gefährdung - 20 - Therapeutischer Bereich: nur grobe Rahmenempfehlung. Jenseits der oberen Grenze gehäuftes Auftreten von toxischen Nebenwirkungen g und kaum noch Zuwachs an Wirkung g Starke interindividuelle Varianz: Wirkung teilweise schon im subtherapeutischen Bereich oder aber auch erst im potentiell toxischen Bereich (Toleranz), maßgeblich immer klinisches Bild!!! Mehrkompartment-Modell: Komplexere Berechnungen bzw. pharmakokinetische Berechnungsprogramme. Eingabe und Validierung durch Experten Einpunktmethode: empirische Formel oder Nomogramm (z.B. nach Oellerich) zur schnellen Berechnung der Erhaltungsdosis Cave: Ähnliche Ä Symptomatik von Grundkrankheit und toxischen Nebenwirkungen Antibiotika: B Bergspiegel: i l M Maß ß fü für maximale i l H Hemmkonzentration k t ti (b (bakterizid), kt i id) T Talspiegel: l i l T Toxizität i ität iim G Gewebe b Zu beliebiger Zeit: bei langer Halbwertzeit (z.B. Phenobarbital) bei Verlaufskontrolle zeitlichen Abstand zur letzten Einnahme jedoch gleich halten Cave: selbst bei unauffälligen Plasmaspiegel können am Wirkort relativ zu hohe Konzentrationen g ((z.B. Digoxinempfindlichkeit g p erhöht bei Hypokaliämie, yp , Hypercalciämie, yp , Hypothyreose, yp y , vorliegen myokardiale Ischämie) Unerwartet niedrige/hohe Konzentrationen: Grunderkrankung oder Pharmakogenetik (Phänotypisch: Testsubstanzen; Genotypisch: molekulare Diagnostik) - 21 - Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)“: erfasste Medikamente - 22 - - 23 - - 24 - - 26 - - 27 - - 28 - - 31 - - 32 - Bestimmungsmethoden Wichtig: Angabe von Applikationsart und Abnahmezeitintervall Forderung: Messung empfindlich, richtig (Muttersubstanz) und präzise Metabolite dürfen Messung der Muttersubstanz nicht stören Sind Metabolite wirksam und / oder toxisch müssen sie separat erfasst werden Immunoassays: - polyklonal - monoklonal • Analgetika • Antiarrhytmika Ch Chromatographie t hi - HPLC • Antibiotika p ((Referenz)) Massenspektrometrie - LC-MS - GC-MS - LC-MS/MS • Antidepressiva • Antiepileptika • Immunsuppressiva Bedside-Tests • Zytostatika - 25 - HPLC als „Referenzmethode“ Cytochrom-P450-Enzym CYP2D6 Bestimmung von Cyclosporin A Muttersubstanz: Immunoassayy Abweichung g zur HPLC mRIA (Incstar) 22-30% EMIT (Syva-Behring) 8-31% CEDIA (Roche Diagnostics) 21-34% mFPIA-AxSym (Abbott) 32-47% mFPIA-TDx (Abbott) 30-55% Wildtyp Defekttyp Drei Mechanismen verursachen die pharmokogenetischen Phänomene Arzneimittel-ab/umbauende Enzyme defekt (Poor Metabolizer). => (i) Kumulation oder (ii) keine Aktivierung von Prodrugs. Transportproteine defekt. => Resorption aus Darm und Übertritt an den Wirkort (z.B. Gehirn) verändert, Plasmakonzentration korreliert schlecht. Bi Bindung d an Zi Zielstrukturen l t kt (R (Rezeptoren, t IIonenkanäle, k äl Enzyme) E )d defekt. f kt Bei gleicher Konzentration am Wirkort unzureichende/keine Effekte. - 29 - - 30 -