Toxikologie für Chemiker und andere Naturwissenschaftler

Werbung
Block 3
Toxikologie für Chemiker und andere
Naturwissenschaftler
Kennwort für Skript: Tox_N260
Die Vorlesungsunterlagen wurden
nach bestem Wissen und Gewissen
zusammengestellt, erheben aber nicht
den Anspruch auf Vollständigkeit.
Keine Gewähr für eventuelle Fehler!
Stand: 04.02.10
PD Dr. Gunter P. Eckert
Pharmakologisches Institut für
Naturwissenschaftler
Universität Frankfurt
[email protected]
Toxikokinetik
Toxikokinetische Parameter
!!
Quantitative Untersuchungen zur Invasion eines
Stoffes und toxikologisch relevanter Metabolite und
Zeitgang seiner Elimination
!!
Anhand toxikokinetischer Daten wird die innere
Belastung mit dem ultimal wirksamen Stoff ermittelt
!!
Messung von Konzentrations-Zeit-Verläufen der
applizierten Substanz und relevanter Metaboliten in
Körperflüssigkeiten, Organen und Exkrementen
Toxikokinetische Parameter
Bioverfügbarkeit
!!
Bioverfügbarkeit (F):
Anteil eines Pharmakons/Toxikons, der unverändert ins
systemische Blut, d.h. in den großen Blutkreislauf
gelangt
!!
i.v. Applikation = 100%
!!
absolute Bioverfügbarkeit:
F = AUC / AUC i.v.
!!
relative Bioverfügbarkeit:
F = AUC A / AUC B
Toxikokinetische Parameter
Verteilungsvolumen
!!
Verteilungsvolumen (V):
ist ein Proportionalitätsfaktor zwischen der im
Organismus vorhandenen Menge (M) eines Stoffes und
seiner Plasmakonzentration (C)
!!
V=M/C
Toxikokinetische Parameter
!!
Verteilungsvolumen (V):
V=M/C
!!
Bei bekanntem V einer
Substanz lässt sich die
Menge berechnen, die
notwendig ist um eine
bestimmte Plasmakonzentration zu erreichen.
Scheinbares Verteilungsvolumen
Scheinbares Verteilungsvolumen
Toxikokinetische Parameter
Clearance
!!
Clearance (CL):
Maß für die Fähigkeit eines Organismus einen
Fremdstoff zu eliminieren
!!
totale CL (Gesamtkörperclearence):
Summe aus renaler (CLR) und extrarenaler (CLNR)
Clearance.
> gibt die Geschwindigkeit an, mit der ein Fremdstoff
bei einer bestimmten Plasmakonzentration eliminiert
wird!
!!
CL = M / AUC (M = im Organismus vorh. Stoffmenge, AUC = area
under curve der Konzentrations-Zeit-Kurve)
Toxikokinetische Parameter
Halbwertszeit
!!
Halbwertzeit (HWZ) entspricht der Zeit, in
der die Konzentration einer Substanz auf
50% des Ausgangswertes abgesunken ist.
Toxikokinetische Parameter
Halbwertszeit
!!
Halbwertszeit (HWZ):
Die HWZ ist die Zeitspanne, in der die Konzentration
des Pharmakons / Toxikons im Organismus um die
Hälfte abnimmt
!!
terminale HWZ (HWZ des langsamsten Prozesses)
!!
HWZ umso länger, je größer Bioverfügbarkeit
!!
HWZ umso kürzer, je größer Clearence
!!
HWZ = ln2 x Vd/Cl (Vd = Verteilungsvolumen, Cl= Clearence*)
*Vd=M/C
Cl=M/AUC
Toxikokinetische Parameter
Halbwertszeit
!!
Kinetik 1. Ordnung liegt vor, bei Elimination mit konstanter
Clearance = Abhängig von Konzentration des Stoffes!
!!
Kinetik 0. Ordnung liegt vor, wenn pro Zeitintervall nur eine
gleichbleibende Stoffmenge eliminiert werden kann; also die
Eliminationsgeschwindigkeit konstant ist. (Bsp. Enzym arbeitet am
Maximum: Alkoholdeyhdrogenase > Alkoholkontrolle)
Toxikokinetik
Wiederholte Exposition
!!
in der Praxis liegt häufig eine wiederholte, oft regelmäßige
Exposition gegenüber einem chemischen Stoff vor, z.B.
am Arbeitsplatz
!!
meist bei der zweiten Exposition noch Restkonzentration
der ersten Stoffaufnahme im Plasma vorhanden, abh. von
HWZ und Zeitraum zwischen 1. und 2. Exposition
!!
Plateauausbildung
!!
c = (1,44 x t1/2 x D) / (V x T)
Denke an Kumulation!
(c :mean Plasmaconc., t1/2: HWZ, D: aufgenommene Dosis pro Exp., V:
Verteilungsvolumen, T: Zeitabstand zwischen den Expositionen)
Toxikologische Prüfmethoden
"! Anforderungen
"! Akute Toxizitätsprüfung
"! Chronische Toxizitätsprüfung
"! Genotoxizität
Toxikologische Prüfmethoden
!!
Toxikologische Untersuchungen gefordert bei:
!! behördliche Zulassung von Arzneimittel
!! behördliche Zulassung von
Pflanzenschutzmitteln
!! Anmeldung neuer Chemikalien
!! Registrierung von Lebensmittelzusatzstoffen
!! Registrierung von Kosmetika
!!
Problematik: erhebliche Unterschiede in den
Anforderungen nationaler Behörden
Toxikologische Prüfmethoden
!! OECD
(Organization for Economic Co-Operation and
Development):
Ziel ist die Harmonisierung toxikologischer Prüfmethoden
!! Gute
Laborpraxis (GLP)
!! Tierschutzgesetz
und Tierversuche
!!Anzeigepflicht wenn Tierversuch gesetzlich vorgeschrieben
(Ausnahme der Genehmigungspflicht von Tierversuchen)
!!verboten bei Tabak, Kosmetika, Waschmittel
!!Ersatz durch „Methoden an schmerzfreier Materie“
Toxizitätsuntersuchungen
Spezielle Tests zur Charakterisierung der Toxizität:
•!
•!
•!
•!
•!
•!
•!
Akute Toxizität (z.B. LD50)
Chronische Toxizität
Prüfung auf Unbedenklichkeit (z.B. NOEL)
Mutagenität (z.B. Ames-Test)
Kanzerogenität
Reproduktionstoxizität (z.B. Embryo-Stammzell Test)
Organtoxizität
Applikations- und Resorptionsformen
!!
Applikationswege bei Versuchstieren:
!!i.v., intravasal (i.d.R. intravenös)
!!s.c., subkutan (ins Unterhautgewebe)
!!i.m., intramuskulär (in die Muskulatur)
!!i.p., intraperitoneal (in die Bauchhöhle)
!!oral (Sondierung, Futter)
!!inhalativ
!!dermal
Akute Toxizitätsprüfung
!!
nicht identisch mit LD50 - geht viel weiter
!!
aus der sorgfältigen Prüfung der akuten Toxizität lassen sich
folgende Informationen erhalten:
!!Vergiftungssymptome
!!Zeitverlauf (Beginn, Abklingen, Reversibilität, verzögerter Verlauf)
!!Dosis-Wirkungsbeziehung
!!geschlechtsspezifische Unterschiede
!!betroffene Organe, Gewebe, Funktion
!!Wirkungsweise
!!höchste nicht toxische (NOAEL), niedrigste toxische Dosis
!!mittlere tödliche Dosis (LD50)
Akute Toxizitätsprüfung
!!
Einmaldosis, zumeist Nager
!!
Wahl des Applikationsweges - Exposition des Menschen
!!
Je nach behördlicher Anforderung
!!Dosierungen, die zu deutlichen klinischen
Schädigungen ohne Tod führen
!!für Einstufung von Chemikalien und Pflanzenschutzmitteln
LD50: Dosis im letalen Bereich (mg/kg KG)
dient der Einteilung in Giftklassen:
<25 sehr giftig
25-200 giftig
200-2000 mindergiftig
>2000 nicht giftig
Akute Toxizitätsprüfung
Acute Toxic Class-Test
!!
Klassifizierung chemischer Stoffe in die Giftklassen der
EU mit verminderter Tierzahl (Ersatz für LD50)
!!
Vorteil: 25 Tiere auf 7,5 Tiere im Mittel reduziert
!!
Einstufung mittels ATC vs. LD50-Methode:
88% Übereinstimmung
!!
international validiert und von OECD akzeptiert
Akute Toxizitätsprüfung: Draize-Test
Augenreizung
!!
Identifizierung von Reizstoffen (Irritationstest)
!!
Kaninchen (hohe Empfindlichkeit vs. Mensch)
!!
Haut - Bindehautsack (100!l - extreme Bedingung)
!!
Rötung, Quaddeln, Nekrose,
Hornhauttrübung, Tränenproduktion
!!
Beurteilung: 5 Schweregrade
nicht - leicht - mäßig - stark - extrem reizend
!!
Resultate nicht unmittelbar auf Mensch übertragbar
!!
Ersatztest: Hühnereitest (HET-CAM)
Weitere Toxizitätsprüfungen
wiederholte tägliche Applikation
!!
Prüfung auf subakute Toxizität (28-Tage-Test)
!!
Prüfung auf subchronische Toxizität (90-TageTest) ! NOAEL, Kumulation
!!
Prüfung auf chronische Toxizität
(Langzeitversuch) - Kanzerogenitätsstudien
MTT-Test:
In vitro!
Genotoxizität
!!
Ziel von Gen(o)toxizitätsprüfungen
!!Erfassung des Risikos vererbbarer Schäden für die
folgenden Generationen
!!Hinweise auf kanzerogene Eigenschaften
!!
Chemische und physikalische Noxen können das
Erbgut von Zellen / Organismen schädigen
!!Mutationen
!!Indikatoren (Hinweise auf mögliche Auslösung genetischer
Veränderungen)
Genotoxizität
!!
Genmutationen (z.B. AMES- / Salmonella-Mutagenitätstest)
!!Veränderungen der DNA
!!lichtmikroskopisch nicht sichtbar
!!Punktmutationen
!!Deletionen / Insertionen größerer DNA-Bereiche
!!Zustand eines Gens (Allele): wild-type (wt) - Mutation
!!wt-Allel ! Mutation: Vorwärtsmutation
!!umgekehrt Rückmutation
Ames Test
Ermittlung der potenziellen genmutierenden Wirkung einer Testsubstanz
Durch Einsatz unterschiedlicher Stämme lassen sich
verschiedene mutagene Meachanismen nachweisen:
z.B. mit TA 100 Basenaustausch oder mit TA 98
Rasterverschiebung der DNA
•! Einmalige Applikation mehrerer Dosierungen auf histidinfreie Agarplatten mit
speziellen Salmonella –typhimurium-Bakterienestämmen > wachsen im
Gegensatz zum Wildtyp nicht ohne Histidin.
•! [Kontrolle, Positivstandard (z.B. "-Naphtylamin), Testsubstanz)] + Aktivator
(Lebermikrosomen).
•! Durch Mutation erhalten Bakterien die Fähigkeit des Wildtyps zurück >
Revertanten > Kolonienwachstum auf histidinfreien Agarplatten.
Genotoxizität
!!
Chromosomenmutationen (Schwesterchromatiden- Austausch-Test)
!!Abberationen im Lichtmikroskop erkennbar (Abweichung in Zahl 46 und Gestalt)
!!Chemikalien-induziert meist in DNA-Synthesephase (S-Phase)
Genotoxizität
!!
Genommutationen
!!Aneuploidie (z.B. Nullisomie oder Trisomie)
!!
Indikatoren für genotoxische Effekte
!!gehen Mutation meist voraus
!!kovalente Bindung von Stoffen an DNA
!!induzierte DNA-Doppelstrangbrüche
Prüfung auf Mutagenität und Kanzerogenität
!!
einzelne Testsysteme keine sichere Aussage über
gentoxische Wirkungen am Menschen
!!
Testbatterie
!!Genmutationstest an Bakterien
!!Genmutationstest an Säugerzellen (Kultur)
!!Chromosomenaberrationstest an Säugerzellen (Kultur)
!!Zelltransformationstests an Säugerzellen (Kultur)
Erbgutverändernde Stoffe
!!
Stoff mit guter systemischer Verfügbarkeit und In-vitro-Mutagenität ist mit hoher
Wahrscheinlichkeit auch in-vivo mutagen und kann Gonaden erreichen !
Keimzellmutationen
!!
nach EG-Richtlinie: 3 Kategorien
!!Kategorie 1: bekannte erbgutverändernde Wirkung am Menschen
!!Kategorie 2: Annahme einer erbgutverändernden Wirkung am Menschen
(Tierversuche, relevante Informationen)
!!Kategorie 3: kein Verdacht auf erbgutverändernde Wirkung am Menschen
Reproduktions- und Embryotoxizität
!!
Reproduktionstoxizität:
!!
Schädigung des Reproduktionsvorganges,
!!
die die Libido (Verpaarungsverhalten), den Ovulationszyklus, die Gonadenfunktion
und die Fertilität (Nachkommenschaft) umfasst (Generationsstudien)
!!
und im weiteren Sinn auch die Embryonal- und
!!
Fetalphase und die peri- und postnatale Entwicklung umfasst (Embryotoxizität,
Teratogenität (Mißbildungen), Mutagenität)
Reproduktions- und Embryotoxizität
!!
Teratogenität: die Eigenschaft eines Stoffes, die während der Entwicklung des
Keimes von der befruchteten Eizelle zum Embryo zu Störungen führen kann
!!
Embryotoxizität: Schädigung des Embryos während der Organogenese
(Absterben, Organdysfunktion, Mißbildung)
!!
Fetotoxizität: Schädigende Wirkung auf den Fetus (ab 12. Woche) nach Abschluß
der Organogenese
Thalidomit (Contergan®)
Molekularer
Mechanismus:
Verminderung
der
Expression von Adhäsionsrezeptoren (z.B. Integrinen).
Wichtig für Zell- Zell – Kontakte.Sehr geringe Toxizität
Kritische Phase: 24-35 Tage nach Konzeption
Testing requirements for the notification of
new chemical substances in the EU
Volume marketed in EU
Toxicity studies
Acute Toxicity (rat, oral or inhalative)
Acute Toxicity (rat, 2nd route)
Skin Irritation
Eye Irritation
Skin Sensitisation
Mutagenicity (bacterial)
Mutagenicity (in vitro, non-bacterial)
Subacute Toxicity (rat, 28 d)
Ecotoxicity studies
Fish: Acute Toxicity (96h)
Daphnia: Acute immobilisation (48h)
Algae: Growth inhibition (72h)
Bacteria: Respiration inhibition
Ready biodegradation
10 - <100 kg
x
100 - <1000 kg
1000 kg - <100 t
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
Gewerbetoxikologie
!!
Krankheiten hervorgerufen durch schädliche Stoffe am Arbeitsplatz !
Präventivmaßnahmen
!!
Aufstellung maximaler Arbeitsplatzkonzentrationen
(MAK-Werte): Höchstzulässige Konzentration eines Arbeitsstoffes in der Luft
(Gas/Aerosol), bei deren Einhaltung in 8-Stunden-Schichten, an 5 Tagen / Woche
die Gesundheit ein Arbeitsleben lang nicht beeinträchtigt wird (festgelegt von
Kommission der DFG)
!!
BAT-Wert (Biologischer Arbeitsstoff-Toleranzwert):
Kontrolle der Schadstoffaufnahme durch Analysen im biologischen Material (Harn,
Blut, Kot, Exhalationsluft).
Höchstzulässige Quantität eines Arbeitsstoffes /Metabolit, die die Gesundheit des
Beschäftigten nicht beeinträchtigt
ADI-Wert
!!
ADI-Wert (acceptable daily intake):
Dosis eines Schadstoffes, die nach dem gegenwärtigen
Kenntnisstand bei lebenslanger täglicher Aufnahme nicht zu
Gesundheitsstörungen führt
!!
festgelegt von WHO
!!
Grenzwertdosis errechnet durch Division des NO(A)EL aus
Tierexperiment mit einem Sicherheitsfaktor (meist SF 10-100)
NOEL
Wirkungsschwelle
Effekt
Maximaldosis
100
50
Grenzwert
NOEL
0
Sicherheitsfaktor
Dosis
Herunterladen