Grunzüge der Epoche (1798

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Deutschsprachige
Literatur von Aufklärung
bis Romantik
Levan Tsagareli
Deutsche Romantik
Vorlesung Nr. 8
Inhalt:
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Grunzüge der Epoche (1798-1830): Romantik
 Die Französische Revolution (1789)
 Die Kriege
 Der Nationalismus
 Das Unendliche
 Symbolik
 Kunst und Kunsttheorie
 Naturwissenschaft und Naturphilosophie
 Nachtseite der Natur
Gattungen
 Märchen
 Roman
 Lyrik
 Drama
Grunzüge der Epoche (17981830): Romantik
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“romantisch”
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In der üblichen, allgemeineren Bedeutung: “romanhaft”,
“abenteuerlich”, “mittelalterlich”
Fr. Schlegels Begriffsbestimmung: “Die romantische
Poesie ist eine progressive Universalpoesie… denn in
einem gewissen Sinn ist oder soll alle Poesie romantisch
sein.”
Romantik (als reaktionärer Irrationalismus) ↔
Aufklärung (Humanität, Freiheit, Demokratie)?
Romantik = “Selbstkritik der Aufklärung”?
“Die Französische Revolution, Fichtes
Wissenschaftslehre, und Goethes Meister sind die
größten Tendenzen des Zeitalters.” (Fr. Schlegel)
Die Französische Revolution
(1789)
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Die Koalitionskriege
zwischen dem
revolutionären Frankreich
und den Fürsten Europas
Die Radikalisierung der
Revolution durch Jacobiner:
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Hinrichtung des
französischen Königs 1793
Militärische Gegenangriffe
Frankreichs auf Europa “zur
Befreiung der Völker”
Die Kriege
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Staatstreich und Machtübernahme
durch Napoleon 1799
Napoleons Siege über Österreich
(Austerlitz 1805) und Preußen (Jena
und Auerstadt 1806)
Berlin – von den Franzosen besetzt
bis 1812
Auflösung des Heiligen Deutschen
Reiches → Bildung des
Rheinbundes mit 16 deutschen
Staaten
Im Rußland-Feldzug 1812 – unter
700 000 Soldaten der Grand Armée
180 000 Deutsche
Mentalitätsgeschichtlicher Hintergrund
1806-1813: Der Nationalismus
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Nationalistische Welle in Deutschland
Kampf- und Befreiungslyrik
Der Appell an die Deutschen: Aufruf zum Widerstand gegen
Napoleon →
Konstitution neuer nationaler Werte und Ziele: Theorie, die den
Deutschen eine besondere Rolle in der Weltgeschichte zuwies.
Hervorhebung angeblich deutscher Eigenschaften: Treue,
Biederkeit, Ernst, Ehrbarkeit, Ehrlichkeit, Tapferkeit…
Neue Begriffe: “Volk” (= Sprache, Boden, ethnische und
biologische Eigenart), “Volkstum”, “Deutschtum”, “Franzosentum”
Legitimation des national bedingten Hassgefühls: “Laßt uns die
Franzosen hassen.”
Die Konstellation von Nationalismus, Christentum und
Judenfeindschaft.
Das Unendliche
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Das übergreifende Merkmal der Periode: der Bezug auf das
“Unendliche”, das Göttliche, den Geist, das Universale…
Religion = “das Gefühl des Unendlichen”, “die Sehnsucht nach
dem Unendlichen” (Schleiermacher)
Das Schöne = “Das Unendliche endlich dargestellt ist
Schönheit.” (Schelling)
“Das Schöne ist eine symbolische Darstellung des Unendlichen.”
(A.W. Schlegel)
Überzeugung: das Unendliche kann sich im Endlichen zwar nicht
unmittelbar, aber symbolisch offenbaren.
Die Symboli des Unendlichen: in den ältesten Urkunden der
Vergangenheit, im Spiel der Phantasie, in den Äußerungen des
Unbewussten, in der Liebe, in der Seele des Kindes, in der
Natur, in der romantischen Kunst.
Natur und Kunst = symbolische Sprachen und hieroglyphische
Zeichen, deren Deutung dem Menschen auferlegt ist.
Symbolik
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Der Glaube an die Beseelung der Natur: der Mensch = ein
Mikrokosmos; die Natur = ein Makroanthropos → der Innenraum
der menschlichen Seele ≈ die den Menschen umgebende Natur
Kunst, Musik, Poesie – symbolisch: sie widerspiegeln den
kosmischen Zusammenhang alles Seienden (→
Symbolismus)
Eine metaphysische Theorie sprachlicher Bilder:
 Personifikationen und Beseelungen – ließen das Wirken des
Weltgeistes ahnen.
 Vergleiche – deuteten universale Konkordanzen an.
 Die Topoi → ursprüngliche “Wahrheit”: Metaphorik und Symbolik
erhielten ontologischen Erkenntniswert.
Interesse der Romantiker für Mythologie: Mythologie = “ein
hieroglyphischer Ausdruck der umgebenden Natur. Alles ist
Beziehung und Verwandlung.” (Schlegel) → Mythenforschung
Kunst und Kunsttheorie
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Bilder der Kunst = eine
symbolische Sprache
Religiöse Kategorien – auf die
Kunst übertragen:
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Künstler (Raffael, Dürer) = “Heilige”
Kunstbetrachtung = “Gebet”
Kunstgalerien = “Tempel”
Malerei des Unendlichen als eine
romantische Kunst des
Unendlichen (↔ antike Skulptur)
Nazarerener = eine Gruppe
romantischer Maler
Bedeutende Maler der Romantik:
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Philipp Otto Runge (1777-1810)
Caspar David Friedrich (17741840)
Allegorische Attribute, Eindruck des
Unendlichen
Caspar David Friedrich
Naturwissenschaft und
Naturphilosophie
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Ende des 18. Jh.-s – eine Zeit
weltverändernder
naturwissenschaftlicher
Entdeckungen: magnetische,
elektrische, galvanische
Entdeckungen → gedankliche
und philosophische Bewältigung
dieser umstürzenden
Entdeckungen
Suche nach den Beziehungen
zwischen verschiedenartigen,
neu entdeckten Erscheinungen
in der naturwissenschaftlichen
Forschung → Analogiedenken
der Romantiker: Naturprozesse
chemischer und elektrischer Art
– auf geistige Vorgänge
übertragen
Nachtseite der Natur
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Das Interesse der Romantiker
für unbewusste und
vorbewusste Zustände der
Seele (Wahnsinn, Ekstase,
Hypnose, Somnambulismus)
Überzeugung, dass dem
Menschen in derartigen
Zuständen der Kontakt mit
dem Unendlichen, mit der
Weltseele, möglich sei. (←
mystisch-neuplatonische
Tradition)
Traumbilder = “Abbreviaturenund Hieroglyphensprache der
Natur des Geistes”
Romantiker = Entdecker des
Unbewussten
Gattungen
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Das Kunstwerk der Zukunft = Mischung der
Gattungen:
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Die zahlreichen eingelegten Lieder –
charakteristisches Merkmal des Romans
Die dramatischen Personen unterhalten sich
in Sonetten, Stanzen oder Terzinen
Vermischung verschiedener
Sinneseindrücke vor allem akustischer und
visueller Art (Synästhesie):
Durch die Nacht, die mich umfangen,
Blickt zu mir der Töne Licht.
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Synthese von Malerei, Dichtung und
Musik → “Zusammenhang mit dem
Universum” erlebbar.
Gipfel dieser Bestrebungen der Romantiker:
das Gesamtkunstwerk Richard Wagners
Märchen
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Eine besondere Stellung
Märchenhaftes – in allen Gattungen:
märchenhafte Dramen, Erzählungen und
Gedichte
Im Märchen, in Metaphern und in Träumen –
Offenbarung der magischen Wirklichkeit, die
dem Menschen sonst verborgen blieb (Novalis:
“Alles Poetische muß märchenhaft sein.”)
Das Wesen des Märchens: Irrationales,
Phantastisches, Traumhaftes und
Symbolisches, Metamorphosen, Aufhebung der
Grenzen und Kausalzusammenhängen
Kunstmärchen – Produkt einer
Dichterindividualität
Volksmärchen – anonym, mündlich überliefert,
erst spät aufgezeichnet
Brüder Grimm: Kinder und Hausmärchen (1812,
1815)
Roman
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Der romantische Kunst- und Künstlerroman (←
klassischer Bildungsroman): Triumph der Kunst auf
Kosten der gesellschaftlichen Wirklichkeit im Leben
der romantischen Romanfiguren (Novalis’ Heinrich
von Ofterdingen; Tiecks Franz Sternbalds
Wanderungen)
Roman um 1800 – keine normativ festgelegte
Gattung: Lockerheit der Form – spielerisch
experimentell ausgenutzt: Briefe, Essays,
platonisierende Dialoge, eingelegte Lieder, Märchen
und Erzählungen
Schauer- und Gespensterroman (E.T.A.
Hoffmann)
Lyrik
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Lied: Nähe zur Musik
Volkslieder: Brentano / Arnim: Des Knaben
Wunderhorn (1805-1808)
Vorliebe für das Sonett – das bald
symbolisierende, bald witzige Spiel der
Klänge
Drama
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Mischung der Gattungen
Stimmung, Atmosphäre, “Klima, Duft und Ton” + Träume und
Visionen, Personifikationen und Allegorien + eine Vielfalt von
metrischen und strophischen Formen → Auflösung der festen
Umrisse, eine Verwandlung der Wirklichkeit ins Traumhafte (↔
das traditionelle Drama)
Vorbildlich – nicht das antike Drama, sondern der katholische,
mit dem Mittelalter verbundene Süden (der spanische Dramatiker
der Gegenreformation, Calderón (1600-1681))
Die Dramen der Romantiker – selten oder nie aufgeführt
In Lustspielen:
 Der Handlungszusammenhang löst sich auf.
 Die Bühne fängt an, mit sich selbst zu spielen.
 Das Publikum wird einbezogen und zur Zielscheibe des Witzes
und der Satire gemacht.
Danke für die Aufmerksamkeit!
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