Ruhepotential, Aktionspotential RP AP KAD 2008.04.28 Zelle Zellmembran Membran Tierische und menschliche Zellen sind von einer Membran umschlossen, die den Zellinhalt vom umgebenden Extrazellulärraum trennen. Das Innere der Zellen enthält neben spezifischen intrazellulären Organellen und dem strukturgebenden Zytoskelett etwa zur Hälfte das sog. Zytosol, das zu etwas 20 Gewichtsprozent aus Eiweiss besteht, aber eine wässrige Phase besitzt, in der kleine Moleküle und organische und anorganische Ionen gelöst sind. 2 Polarisation der Zelle Wird eine Elektrode in einer Muskelzelle (im Intrazellulärraum) und eine andere Elektrode auf der Zelloberfläche (im Extrazellulärraum) angebracht, so kann eine Potenzialdifferenz (= Spannung) zwischen den Elektroden gemessen werden. Der Name dieser Potenzialdifferenz ist „Ruhepotential”. Die intrazelluläre Elektrode besitzt im Vergleich zur extrazellulären Elektrode ein negatives Potential. (Man definiert das Potential der Aussenseite willkürlich mit 0.) Zellmembran Mikroelektrode Zelle Spannungsmessgerät nicht polarisierbare Mikroelektrode: ausgezogene Glasröhre (0.1 mm Durchmesser) mit Elektrolyt (Wasser mit Ionen) gefüllt 3 Elektrische Eigenschaften von Zellen im Ruhezustand V extrazellulärer Raum K+ Ui(e) = –90 mV Cl– Na+ Zellmembran intrazellulärer Raum K+ Cl– Na+ Proteinanion bewegliche Ionen Phosphatanion unbewegliche Ionen 4 Experimentell bestimmte Werte von Ionenkonzentration und Ruhepotential für einige Gewebearten Gewebe intrazelluläre Konzentration (mmol/L) extrazelluläre Konzentration (mmol/L) [Na+]e [K+]e Ruhepotential (mV) [Na+]i [K+]i [Cl-]i [Cl-]e TintenfischRiesenaxon 72 345 61 455 10 540 -62 Froschmuskel 20 139 3,8 120 2,5 120 -92 Rattenmuskel 12 180 3,8 150 4,5 110 -92 5 Die Potentialdifferenz (DU): 100 mV = 0.1 V Die Dicke der Membran (Dx): 10 nm = 10-8 m Die elektrische Feldstärke (E): DU 0.1V E 8 107 V/m Dx 10 m sehr gute Isolationseigenschaften! Dieser Feldstärkewert liegt knapp unter jenem Wert, der einen dielektrischen Durchschlag der Membran hervorrufen würde. Elektroporation (beruht auf einen reversiblen elektrischen Durchbruch der biologischen Membran): kV/cm-Bereich Die durchschnittliche elektrische Feldstärke der Erde in der Nähe der Erdoberfläche beträgt 130 V/m. 6 Die Feldstärke an der Membran beträgt 105 V/cm. Das grosse Feld entspricht der grossen Energiemenge, die in Form von elektrischen Potentialgradienten an der Membran gespeichert werden kann, und den äusserst starken elektrischen Kräften, denen Proteine in einer Membran ausgesetzt sein können. (Eine Spannung von 100 000 Volt, die an einem 1 cm weiten Spalt anliegt, würde sich sofort in einem Bogen entladen.) intrazellulärer Raum extrazellulärer Raum 0 mV Potentialgradient DU E Dx 90 mV –90 mV 10 nm 7 Ladungsverteilung an der Membran beim Ruhepotential Der Überschuss an positiven Ladungen auf der Aussenseite und an negativen Ladungen auf der Innenseite der Zellmembran in Ruhe stellt nur einen kleinen Bruchteil der Gesamtzahl aller Ionen innerhalb und ausserhalb der Zelle dar. 8 Die Membran wirkt wie ein Kondensator 6 K+ Ionen sind durch die Membran aus der Zelle diffundiert K+ Na+ A– Cl– Summe Anzahl der Ionen innen aussen 99 994 2 006 10 000 108 000 107 800 2 200 110 000 219 994 220 006 Ladung (Q): 6*e = 6*1.6*10-19 C = = 9.6*10-19 C 10-18 C Spannung (U) = 100 mV = 0.1V Fläche = 1 nm * 1mm = 10-15 m2 Kapazität (C) = Q/U = 10-17 F K+ Na+ A– Cl– Summe Anzahl der Ladungen innen aussen 99 994 2 006 10 000 108 000 -107 800 -2 200 -110 000 -6 6 spezifische Kapazität = C/Fläche = = 10-2 F/m2 = 10-6 F/cm2 = 1 mF/cm2 Membrankapazität 9 Wiederholung Diffusion von Ionen durch eine Membrane c1 c2 Im Gleichgewicht: Felektr. Fchem 0 T T Kation+ — mobil Anion− — immobil (p = 0) c1 > c2 m1 > m2 1 2 D Dm F= 96500 C/mol F Faraday-Konstante Dx Dx 1 D m1 m 2 F 1 m 0 RT ln c1 m 0 RT ln c 2 F 1 RT ln c1 ln c 2 F RT c1 D ln F c2 10 Wiederholung Donnan-System c1 c2 Im Gleichgewicht: mK,e 1 mK,e 2 m A,e 1 m A,e 2 T T Kation+ — mobil Anion− — immobil (p = 0) RT cK, 1 RT c A, 2 D ln ln F cK, 2 F c A, 1 Anion− — mobil für die mobilen Ionen: cK ,1 > cK ,2 cA ,1 < cA ,2 Donnan-Spannung 11 Donnan-/Gleichgewichts-Modell Die elektrochemische Potentiale sind im Gleichgewicht auf beiden Seiten der Membran gleich. e e Die Gleichung ( m extra ) muss für die mobile mintra Ionen gesondert gelten. Gewebe gemessene Wert (mV) Donnan, K+ (mV) Donnan, Cl– (mV) TintenfischRiesenaxon -62 -91 -56 Froschmuskel -92 -103 -89 Rattenmuskel -92 -95 -86 gute Übereinstimmung D RT c1 ln , T 298 K 25 C F c2 12 Das Transportmodell Zwischen der Aussen- und Innenseite der Membran besteht eine konstante Konzentrationsdifferenz, die einen ebenfalls konstanten Materialtransport durch die Membran bedingt. Das Modell beschäftigt sich nicht mit den Prozessen (Ionenpumpen, Ionenkanäle), welche die Konzentrationsdifferenz auftrechterhalten. Nach dem Transportmodell nehmen die Ionen an den Transportprozessen teil, ihreWanderung durch die Membran wird in unterschiedlichem Ausmass behindert, und so entsteht auf den beiden Seiten der Membran eine elektrische Doppelschicht. Das Ruhepotential ist gleich der Potentialdifferenz, welche die Doppelschicht charakterisiert. 13 Goldman-Hodgkin-Katz-Gleichung D intra – extra RT pK [K ]ext pNa [Na ]ext pCl [Cl ]intra ln F pK [K ]int pNa [Na ]int pCl [Cl ]extra relative Permeabilitätskonstanten Gewebe pNa pK pCl gemessene Wert (mV) GHK (mV) TintenfischRiesenaxon 0.04 1 0.45 -61 -62 Froschmuskel 0.01 1 2 -90 -92 sehr gute Übereinstimmung 14 Erregbarkeit eine charakteristische Eigenschaft der lebenden Zelle eine Vorbedingung für den lebenden Organismus, um sich der Umgebung anpassen zu können bei höheren Organismen spezialisierte Zellen/Zellengruppen z.B. Muskelzellen, Nervenzellen 15 Wirkung von Rechteck-Stromimpulsen auf das Membranpotential Schwellenwert Ruhepotential Hyperpolarisation unter dem Schwellenwert über dem Schwellenwert Hypopolarisation 16 Aktionspotential Unter einem Aktionspotential versteht man eine kurzzeitige, in ganz charakteristischer Form ablaufende Abweichung des Membranpotentials einer Zelle von ihrem Ruhepotential. 17 Die Änderung des Membranpotentials ist mit einer Änderung der Membranpermeabilität verbunden. Nach Überschreiten der Schwellenspannung steigt die Ionenpermeabilität der Membran sprunghaft an. Depolariasation: hierbei steigt die Natriumpermeabilität an: Einstrom von Na+-ionen in die Zelle. Die zunehmende Depolarisierung erhöht die Membranpermeabilität, wodurch die Depolarisation weiter beschleunigt wird (positive Rückkopplung). Repolarisation: Kaliumpermeabilität zunimmt, sinkt die Natriumpermeabilität, K+-ionen strömen aus der Zelle heraus. 18 Aktionspotential einer Zelle mit einem Ruhepotential von ca. -60 mV. Der Nervenimpuls dauert bis zur vollständigen Wiederherstellung des Ruhepotentials mehrere Millisekunden. 19 Ionenleitfähigkeit und Aktionspotential (idealisiert) 20 Aktiver Transport: gegen Richtung der Konzentrationsgradienten wird Arbeit geleistet: Na+-Auströmung, K+-Einströmung Energie vom aktiven Transport stammt aus Stoffwechselprozessen (ATP → ADP). 21 Refraktärzeit Nach dem Abklingen von AP ist das Axon für eine kurze Zeit nicht mehr erregbar. Diese Dauer, die Refraktärzeit, ist bestimmt durch die Zeit, die die spannungsabhängige Natriumkanäle zur Wiederaktivierung benötigen. Während der absoluten Refraktärphase kurz nach dem Aktionspotential, wenn die Repolarisation noch im Gange ist, können diese Kanäle überhaupt nicht wieder öffnen. (Der Schwellenwert liegt bei Unendlich.) Während der relativen Refraktärphase benötigt man stärkere Reize. Hier bewegt sich der Schwellenwert von Unendlich wieder auf seinen normalen Wert zu. 22 Reizstärke und der Frequenz von AP Reizstärke unter dem Schwelelnwert: kein AP grössere Reizstärke grössere Frequenz von AP 23 Empfindungsstärke Frequenz von AP Wiederholung Psychophysikalische Gesetze Wie hängt die Empfindungsstärke von der Intensität Reizstärke ab? Weber-Fechner Gesetz: Stevens Gesetz: L ~ log I I (L ~ L0 log ) I0 L* ~ I k k L* ~ L I 0 I0 24 Biophysikalische Grundlagen der EKG ELEKTROKARDIOGRAMM (EKG): Darstellung des zeitlichen Verlaufs der Spannung U(t), die zwischen bestimmten Punkten der Körperoberfläche (Ableitungsstellen) infolge der elektrischen Tätigkeit der Herzmuskulatur auftritt. Elektrokardiograph, Cambridge. 1908. Die Messelektroden sind Gefäße mit Kochsalzlösung, die von der Erde isoliert sind. 25 Ergänzungsmaterial Multipol-Reihenentwicklung. Man kann das elektrische Feld einer beliebig komplizierten Ladungsverteilung erhalten, indem man die Feldsumme aus einer zweckmäßig gewählten Ladung (Monopol), einem zweckmäßig gewählten Dipol, einem zweckmäßig gewählten Quadropol, einem zweckmäßig gewählten Oktopol usw. bildet. Da die Abhängigkeit der einzelnen Glieder vom Abstand ihrer Felder sehr unterschiedlich ist – das Feld des Dipols nimmt mit steigendem Abstand bedeutend stärker ab als das Feld des Monopols, das Feld des Quadropols nimmt stärker ab als das Feld des Dipols usw. –, muss man nicht viele Glieder berücksichtigen, wenn man das Feld der Ladungs-verteilung im Herzen an der Körperoberfläche in einem gegebenen Moment charakterisieren will. Die Zahl der positiven und negativen Ladungen im Herzen ist zwar sehr groß, aber es gibt gleich viele positive und negative Ladungen. So ist bei der Addition der Wert des zweckmäßig gewählten Monopols Null. So ist der erste Summand, dessen Wert nicht Null ist, das Dipolglied. Die weiteren Glieder können aus dem erwähnten Grund außer Acht gelassen werden. 26 Ergänzungsmaterial MultipolReihenentwicklung 27 Die elektrische Tätigkeit des Herzens kann mit einem Dipol modelliert werden 28 Wiederholung Feldlinien eines Dipols und zwei gleicher Ladungen Dipol (Zweipol): zwei räumlich getrennt auftretende Ladungen gleicher Grösse aber unterschiedlichen Vorzeichens (EKG!) 29 30 31 Ergänzungs-material Die Ableitung der Signalformen bei Depolarisation und Repolarisation der Skelett- bzw. 32 33 Das EKG ist die Summe der Vorhofund Kammersignale 34 Die Standardableitung en nach Einthoven und die Konstruktion des Integralvektors INTEGRALVEKTOR: Streng genommen wird der räumliche Vektor, der das elektrische Feld des Herzens charakterisiert, als Integralvektor bezeichnet. Salopper wird auch seine frontale Projektion, die im Einthoven-Dreieck konstruiert wird, als Integralvektor bezeichnet. 35 Unipolare Ableitungen nach Wilson DIFFERENTE (AKTIVE) ELEKTRODE: Eine Elektrode, deren Potenzial sich während des Herzzyklus kontinuierlich ändert. INDIFFERENTE (INAKTIVE) ELEKTRODE: Eine mit dem Körper elektrisch gekoppelte Elektrode, deren Potenzial annähernd konstant ist UNIPOLARE ABLEITUNG: Sie dient dem Registrieren der Potenzialdifferenz zwischen einer differenten und einer indifferenten Elektrode. BIPOLARE ABLEITUNG: Sie dient dem Registrieren der Potenzialdifferenz zwischen zwei differenten Elektroden. z.B. Einthoven 36 Unipolare Ableitungen nach Goldberger 37 Erstellung eines EKGs RA 38 Der Differenzverstärker unterdrückt die Gleichtaktsignale 39 Vektorkardiogramm. Die räumliche Bahn des Integralvektors und seine Projektionen bzw. die Ableitungen in der x-, y- und z-Richtung. 40