Neuronenmodelle IV: Kompartimentmodelle dr. bernd grünewald www.ionenkanal.de Neuronenmodelle IV: Kompartimentmodelle Inhalt der Vorlesung 1 Passive Membraneigenschaften 2 Kabelgleichung 3 Anwendungen Das Ersatzschaltbild eines Neurons external Die Membran wirkt als Kondensator mit der Kapazität (Cm) und als Ohmscher Widerstand (Rm). Rm und Cm sind parallel geschaltet (RC-Glied). internal Im IC Il IC Cm dV dt Il gl (Vm El ) Ein Dendrit besitzt keine aktiven Leitfähigkeiten (INa, IK) und bildet keine Aktionspotentiale. Im Dendriten werden elektrische Signale nur passiv weitergeleitet. Das Ersatzschaltbild eines Neurons external Dieses Ersatzschaltbild gilt nur für eine kugelige Zelle, die an allen Stellen der Membran isopotential ist. Einzelkompartment mit einheitlicher Vm. internal Im IC Il IC Cm dV dt Il gl (Vm El ) Reale Neuronen haben aber immer auch eine Längenausdehnung. Bei der elektrotonischen Ausbreitung eines Spannungssignals muß daher die Geometrie des Neurons berücksichtigt werden. Multikompartmentmodelle. Das Ersatzschaltbild eines Neurons external rm rm rm rm rm rm ri ri ri ri ri ri internal Dendriten kann man als Zylinder auffassen, die aus einzelnen Segmenten bestehen, die in Reihe geschaltet sind. Die benachbarten Segmente sind durch einen Widerstand (ri) miteinander verbunden. ri = axialer Widerstand. Rel. Potentialam plitude [%] Passive Fortleitung von elektrischen Signalen im Dendriten rm rm rm rm rm rm ri ri ri ri ri ri external internal Ein elektrisches Signal, das entlang eines Dendriten weitergeleitet wird, schwächt sich ab. 100% z. B.: die Amplitude eines synaptischen Potentials nimmt bei der Passage zum Axonhügel ab. x 37% x x x 0% 0 2 4 6 8 x x 10 12 Entfernung vom Reizort [mm] Passive Signalfortleitung Ein Dendrit wird lokal depolarisiert (z. B. durch ein EPSP): zwei Fragen: 1. Wie weit wird sich die Depolarisation entlang der Membran ausbreiten? 2. Wie stark wird die Membran durch einen gegebenen Strom (IEPSC) depolarisiert? Passive Signalfortleitung Ein Dendrit wird lokal depolarisiert (z. B. durch ein EPSP): 1. Wie weit wird sich die Depolarisation entlang der Membran ausbreiten? Vx V 0e rm ri x/ x: Abstand von x0; V0: Membranpotential bei x0; : Längenkonstante; rm: Membranwiderstand Einheit: cm ri: Innenwiderstand Einheit: /cm Passive Signalfortleitung Ein Dendrit wird lokal depolarisiert (z. B. durch ein EPSP): 2. Wie stark wird die Membran durch einen gegebenen Strom (IEPSC) depolarisiert? V 0 irinput rinput: Eingangswiderstand Einheit: rinput 0.5 rmri Widerstand eines Neurons: Spannungsabfall entlang des Zytoplasmas und der Membran. Bestimmung der passiven elektrischen Eigenschaften von realen Neuronen Strominjektion mit einer Elektrode; iinj ist bekannt. Messung von Vm, an zwei Orten, Berechnung von und rinput. Vx V 0e x/ V0 rinput iinj Berechnung von rm, ri. rm 2rinput ri 2rinput V 0 irinput rinput 0.5 rmri Bestimmung der passiven elektrischen Eigenschaften von realen Neuronen Die berechneten Parameter (rinput, rm, ri) definieren die Widerstände eines Axons von 1 cm Länge. Problem: Sie lassen keine Rückschlüsse über die Eigenschaften der Membran selbst, bzw. des Axoplasmas zu (z.B. Kanaldichte/Membranfläche) Hierfür: spezifischer Membranwiderstand Rm spezifischer Innenwiderstand Ri Rm 2arm a = Axonradius (l=1cm) Einheit von Rm: cm2 Ri ria Einheit cm 2 Bestimmung der passiven elektrischen Eigenschaften von realen Neuronen Tintenfischriesenaxon: Axondurchmesser: 1 mm, Rm = 2000 cm2, Ri = 30 cm: = 13 mm Froschmuskel: Faserdurchmesser: 50 µm = 1.4 mm Säugetierneuron: Axondurchmesser: 1 µm = 0.3 mm Rm 2arm Ri ria 2 Neuronen als Kabel Injektion von Strom in einen Zylinder; Vm ändert sich als Funktion der Zeit und des Abstandes relativ zum Injektionsort: 1.) Vm( x, t ) r ii i x ii: Strom durch das Kabel (Axon) da etwas Strom auch über die Membran fließt (im), bleibt ii nicht konstant: 2.) ii im x Vm ii ri riim 2 x x 2 3.) aus 1.) und 2.) Neuronen als Kabel Injektion von Strom in einen Zylinder; Vm ändert sich als Funktion der Zeit und des Abstandes relativ zum Injektionsort: 1.) 4.) Vm( x, t ) r ii i x i : Strom durch das Vm Vm im iC iion cm t rm i Kabel (Axon) 1 Vm Vm Vm cm 2 ri x t rm 2 da etwas Strom auch über die Membran fließt (im), bleibt ii nicht konstant: 2.) ii im x Vm ii ri riim 2 x x aus 1.) und 2.) 2 3.) Kabelgleichung für einen Zylinder Neuronen als Kabel 1 Vm Vm Vm cm 2 ri x t rm 2 Kabelgleichung für einen Zylinder Oft verwendet man folgende Form der Kabelgleichung: Vm Vm m Vm 2 x t 2 2 rm aRm ri 2 Ri rmcm RmCm Kompartimentmodelle 1. Messung der passiven Membraneigenschaften des Neurons Morphologische Rekonstruktion des Neurons 2. Einteilung des Neurons in Segmente. Jedes Segment kann als isopotential betrachtet werden (geringer Fehler, daher Länge des Segmentes kurz: x<<). 3. Berechnung des Spannungsverlaufes im Dendriten/Axon mithilfe der Kabelgleichung und geeigneten Programmen Kompartimentmodelle Reale Computermodelle rechnen gerne einfacher: Kompartimentmodelle bestehen aus einer Reihe von Minizylindern (Kompartimenten, j-1, j, j+1), die jeweils isopotential sind ("Kugel", Vj-1, Vj, Vj+1). Sie sind durch einen axialen Widerstand (rj-1,rj, rj+1) miteinander verbunden. Dann muß man nur noch einfache Differentialgleichungen lösen: 1.) 1+2.) imj ij 1, j ij , j 1 2.) dVj imj cmj IIon dt dVj Vj 1 Vj Vj Vj 1 imj cmj IIon dt rj 1, j rj , j 1 Kompartimentmodelle Synapsen werden durch Addition von synaptischen Strömen (Isyn=gsyn(Vm-Esyn) realisiert. Die einzelnen Segmente müssen nicht Dendriten sein! Auch Axone können simuliert werden, indem man aktive (Hodgkin-Huxley) Leitfähigkeiten (gact) addiert. Verzweigungsstellen! Neuronen sind keine unverzweigten Kabel. Die komplizierte Verzweigungsstruktur von realen Nervenzellen kann zu einer Blockade der Spikeweiterleitung führen. Wieso? Bei einer Vergrößerung des Axondurchmessers wird mehr Strom benötigt, um die Membran überschwellig zu depolarisieren. Der Eingangswiderstand sinkt und damit Vm=RinputI The human brain - the cerebellum Das Cerebellum ist wichtig für motorische Koordination Verbindungen des Kleinhirns Die Kleinhirnrinde Purkinjezellen sind die einzigen Ausgangsneurone des Kleinhirns. Sie sind inhibitorisch. Die synaptische Organisation des Kleinhirns Purkinje cells De Schutter, E., and Bower, J.M. (1994) http://www.evl.uic.edu/EVL/SHOWCASE/spiff/neurons.html Mossy fibres and climbing fibres induce different spike activity in Purkinje cells Intracellular recordings from Purkinje cells: mossy fibre input - simple spikes climbing fibre input - complex spikes http://www.evl.uic.edu/EVL/SHOWCASE/spiff/neurons.html Ausbreitung eines complex spikes in einer Purkinjezelle Eine Modellrechnung vom PE1 Neuron Maye, Berger, Grünewald, 2004 Simulationssoftware NEURON http://www.neuron.yale.edu GENESIS - GEneral NEural SImulation System http://www.genesis-sim.org Mitarbeiten / Praktika / Bachelor: Kompartimentmodell des PE1 Neurons (ZIB) Sequenzanalyse von Selenoproteinen im Bienengehirn (HMI) Bildanalyse von Konfokalen Mikroskopiedaten Datenanalyse von CT-Scans (Synchrotron) des Bienenhirns