Auf den Kontext kommt es an Das Profil gestufter Studienprogramme in der englischsprachigen Welt Ulrich Schreiterer Berlin, 29. April 2004 Ausgangslage O, when degree is shaked Which is the ladder of all high designs, The enterprise is sick! (William Shakespeare, Troilus and Cressida, Act I, Scene 3) 2 Baustelle Hochschulreform 3 Studienprogramme im Blickpunkt Hochschulzugang - Umfang, Zuordnung zu verschiedenen Studientypen, Schwellen zwischen Stufen Hochschulorganisation – institutionell wie im System: Binnenorganisation, Hochschultypen Studienkonzepte – Bildungsziele, Verhältnis Hochschulausbildung/Arbeitswelt, Hochschulausbildung/Berufsbildung, Forschung/Lehre Bachelor = Schlϋssel zur Umgestaltung 4 Professionen Electronic Classroom Ministerien Agenturen Akkreditierung Weiterbildung Lebenslanges Lernen Kultur Lernkultur HochschulInfrastruktur (Gestufte) Abschlüsse Studentenzentrierung Organisation Lehrkultur Customization Modularisierung Curriculumentwicklung Self-paced learning OutcomesOrientierung Validierung Zertifizierung Prüfungen Lehr- u Dienstleistungsverflechtungen Faecher Studienorganisation Studentenservices Information Einschreibung Bachelor - Master Prüfungsverwaltung Credit-Transfer (Anerkennung) Technologie, Modularisierung Lehrdeputate Incentives, Rewards Make or buy Departments Interne Mittelallokation Qualitätssicherung Strategie (Hochschul-) Konsortien Wirtschaftlichkeit Policy Investitionen Hochschulzugang PPP Leitungsstrukturen Kriterien Corporate Universities Verlage Telekom- IT-Unternehmen Unternehmen Brokerage Professional Degrees Schwellen Support Zugang Standards Forschung Autonomie Arbeitsmarkt 5 Bachelor und Master im Kontext formale Strukturierung Verortung im Ausbildungssystem Zugangswege Studienkonzepte USA, England und Australien Unterschiede Gemeinsamkeiten 6 USA – Formale Strukturierung Ph.D. 5-7 Jahre Professional School Graduate School of Arts and Sciences M.A./M.Sc. 1-2 Jahre Law Business Medicine Education Public Health Government Nursing Engineering Master 1-4 Jahre Bachelor (of Arts, Science…) Colleges – 4-Year-Institutions (Liberal Arts u.a.) Colleges, Universities 55,5% aller Studenten Associate Colleges – Non-degree awarding, 2-Jahres-Kurse Community, Junior und Technical (Vocational) Colleges 25,5% aller Studenten – ‘Zubringerdienste’ College, Teilzeitstudium, Weiterbildung 7 USA - Verortung strikte Trennung Degree/Non-Degree Institutions 37,3% aller ‘Hochschulen’ (1.478 von 3.941) Trennung Undergraduate/Graduate/Professional Differenzierung zwischen College und Schools Institutionell selbständige Colleges (Liberal Arts…) und Professional Schools Universities umfassen i.d.R. College und Schools intraorganisatorisch getrennte Studenten-Gruppen Mehrzahl aller Hochschulen in privater Trägerschaft 42,7% NPO, 15,7% PO – aber 86% der Studenten an public institutions indirekte, schwache staatliche Governance scharfer Wettbewerb, hoher Differenzierungsgrad, Marktdominanz geringe Durchlässigkeit, starke institut. Determinanten 8 ‘Kaminsyndrom’ USA - Zugangswege Hi-SchoolAbschluss keine ‚Hochschulzugangsberechtigung‘ Schwelle nach Bachelor Profile der Klientel Colleges/Unis wählen Bewerber nach eigenen Regeln aus Vorgaben nur für einige staatliche Hochschulen keine Clearing-Stelle, Need-blind admissions Testergebnisse (SAT), GPA, individuelles Bewerberprofil, Empfehlungsschreiben, manchmal Interviews Schools wählen Bewerber nach eigenen Regeln aus Testergebnisse (GRE, GMAT…), individuelles Bewerberprofil, College-Hintergrund, Empfehlungsschreiben, Interviews, berufliche Erfahrungen (Professional Schools) Prestige Selektivität Graduate School meist Uni-Stipendien Professional Schools haben nur wenig Stipendien Übergangsquote ca. 30% 9 USA - Studienkonzepte Curricula in Autonomie der Hochschule keine “Rahmenvorgaben”, institutionelle Akkreditierung fachliche Akkreditierung nur in einigen Professionen Engineering (ABET), aber Bar Exam (Law) Graduate Studies wissenschaftsorientiert (Nachwuchs), Professional Studies berufsfeldbezogen Praxisorientierung primär über Professional Schools, d.h. nach dem College Ausnahmen: Engineering (B.A., B.Sc. oder B.Eng.), Nursing Bachelor weder fach- noch berufsbezogen 10 zumeist 2-jährige General Education (breadth), fachliche, problemoder berufsfeldbezogene Vertiefung (Major) im 3. und 4. Studienjahr USA – Profil des Bachelor Learning to think zunehmende Berufsorientierung Querschnitts Kompetenzen allgemeine Denk- und Urteilsfähigkeit wichtiger als direkt verwertbare Kenntnisse: Erwerb berufsrelevanter Fertigkeiten durch ‚training on the job‘ Bis 1969/70 kam die große Mehrzahl der BachelorAbsolventen aus dem Bereich Arts and Sciences 1997/98 58% berufsfeldbezogene Majors Gegenstand gezielter Förderung z.B. writing skills, quantitative reasoning in Yale durch Arbeit an Inhalten oder als eigene Veranstaltungsart? 11 England – Formale Struktur Universities – PhD/DPhil Universities – Master konsekutiv, 1-2 Jahre Universities – Bachelor (Bachelor of Honours) i.d.R. 3 Jahre Ausnahmen: Ingenieurwesen/Architektur, Sprachen – bis zu 4 Jahren Medizin, Jura, Business als grundständiges Studium – Medizin mindestens 5 Jahre, Jura 3 Jahre plus 3 Jahre Praktika Colleges of Higher Education – Non-degree awarding 12 England - Verortung Strikte Trennung zwischen Universities (=Degree Awarding) und Colleges and Institutes of Higher Education ehem. Lehrerseminare und Berufsakademien Bachelor Degree als ‘Wasserscheide’ und Scharnier Unterscheidung Undergraduate/Graduate Courses aber keine institutionelle oder intraorganisatorische Differenzierung alle Universities (N=73) in öffentlicher Trägerschaft, seit 1992 formal gleichgestellt (eine Ausnahme) indirekte staatliche Governance Organisationsautonomie indikatorgestützte Hochschulfinanzierung durch HEFCE 13 England - Zugangswege Hi-SchoolAbschluss keine ‚Hochschulzugangsberechtigung‘ Unis wählen Bewerber selbst aus Schwelle nach Bachelor Unis wählen Bewerber selbst aus Profile der Klientel keinerlei staatliche Vorgaben UCAS mit reiner Clearing-Stellen-Funktion Schulfachwahl, Abschlussnoten, individuelles Bewerberprofil, Empfehlungsschreiben, manchmal Interviews Übergangsquote circa 18% (einschließlich Medizin) Prestige Selektivität wettbewerbliches System führt zu Klassen-Clustern 14 England - Studienkonzepte Curricula in Autonomie der Hochschule prozedurale, teils inhaltliche Vorgaben durch QAA Akkreditierung nur durch Professionen Engineering Bachelor fach- oder berufsbezogen keine General Education, Fachstudium gleich ab Beginn immer mehr einzelfachϋbergreifende Kurse bisher starke Rolle des academic advisor oder tutor Masterkurse - Fachliche Vertiefung oder Spezialisierung breites Angebot berufsrelevanter ‘hot topics’ 15 England – Profil des Bachelor Generelle Berufsbefähigung Employability Querschnitts Kompetenzen Fachstudium, aber nicht Fachwissen Kompetenztraining ‚an einer Sache‘ explizites Ziel einer Hochschulausbildung Erfolgskriterium fϋr Hochschulen wachsende Bedeutung von skills development courses 16 Australien – England plus formale Struktur und Verortung wie in England gröβere Vielfalt in Bachelor Programmen Grundmodell 3 Jahre, aber nicht nur als Ein-Fach-Studium Professional Bachelor (Med, Eng, Ec, Bus, LLB) 3-5 Jahre Combined degree (vor allem Law + x,y,..) 5 Jahre Graduate entry degree: 2 Jahre, Schnellkurs zu graduate courses Bachelor of Honours: 1 Jahr nach ausgezeichnetem BA/BSc (Regelzugang zum PhD Studium) 17 Australien – Studienkonzepte Prepared minds Bachelor als grundlegende Berufsqualifikation Kompetenzerwerb, nicht Fachwissen Balance fachliche und wissensbezogene Inhaltsmodule berufsfeldbezogen, praxisorientierte Studienelemente Skills Bedeutung nimmt zu 18 Eine Zwischenbilanz Bachelor als Regelabschluss anderes Verständnis von Berufsorientierung Kompetenz statt Wissen Grundlage fϋr Vertiefung und Spezialisierung Kein one-fits-all Muster Unterschiede zwischen den Ländern und Gebieten Wertigkeit nicht durch formale Vorgaben geregelt Keine institutionelle Profildifferenz per definitionem Differenzierung durch Wettbewerb – Wettbewerb als Differenzierungstreiber Zugangsschwellen keine ‘Hochschulzugangsberechtigung’ Ausgestaltung des Übergangs = Sache der Hochschule 19 Letzte Fragen Was bedeutet “Berufsbefähigung”? Wie schafft man sie? Wieviel “Breite” braucht/verträgt der Bachelor? Hat das Konzept noch eine Zukunft? Wie verhalten sich Bachelor und höhere Berufsbildung? Ist eine formale Unterscheidung zwischen anwendungs- und theoriebezogenen Studienprogrammen sinnvoll? 20 Auf den Kontext kommt es an Das Profil gestufter Studienprogramme in der englischsprachigen Welt Ulrich Schreiterer Berlin, 29. April 2004