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Philipps-Universität Marburg
Fachbereich Chemie
Übungen im Experimentalvortrag
„Die gesundheitsfördernden
Auswirkungen von Obst und
Gemüse“
gehalten von:
Andrea Bontjer
“An apple a day keeps the doctor away!”
Laut Ernährungsstudien...
...senkt regelmäßiger Obst- und Gemüsekonsum das
Risiko, an Zivilisationskrankheiten zu erkranken.
...ist der Verzehr von Obst und Gemüse neben dem
Verzicht auf das Rauchen die Maßnahme mit dem
größten Präventionspotential für Krebs.
Empfohlene Anteile verschiedener
Nahrungsmittelgruppen an der täglichen Ernährung
Darf es ein bisschen mehr sein?
Wissenschaftler empfehlen:
600 g Obst und Gemüse am Tag
durchschnittlicher Verzehr:
250 g
Inhalt des Vortrages
1. Inhaltsstoffe von Obst und Gemüse und deren
Wirkung im menschlichen Körper
1.1 Ballaststoffe
1.2 Sekundäre Pflanzenstoffe
2. speziell: Antioxidantien und oxidativer Angriff
3. Schulrelevanz
1. Inhaltsstoffe in Obst und Gemüse
Vitamine: Vitamin C, Folsäure, Vitamine B1, B 2, B6
Mineralstoffe: Kalium, Magnesium, Eisen, Spurenelemente
In der aktuellen Diskussion:
Ballaststoffe
Sekundäre Pflanzenstoffe
1.1 Ballaststoffe
Definition:
Pflanzliche Stoffe, die resistent sind gegen Verdauungsenzyme
aus dem Magen-Darm-Trakt des Menschen.
Beispiele:
Cellulose
Pektin
Lignin
1.1 Ballaststoffe
Cellulose
• Hauptbestandteil von pflanzlichen Zellwänden, kommt in allen
Pflanzen vor, häufigstes Polysaccharid
• unverzweigte Ketten von mehreren tausend (β-1,4)-verknüpften
Glucose-Molekülen
HOH2C
OH
HOH2C
OH
O
O
O
OH
HOH2C
OH
O
O O
OH
OH
Aufbau der Cellulose
1.1 Ballaststoffe
Versuch 1
Nachweis von Cellulose in Gemüse
Ergebnis: Blaufärbung der Cellulose
durch Zinkchloridiod-Lösung 
Quellung der Fasern durch
Zinkchlorid, Einlagerung von IodMolekülen zwischen den Fasern
Iodmoleküle
1.1 Ballaststoffe
Pektin
• hohe Quellfähigkeit
• vor allem enthalten in Früchten (Äpfel, Zitrusfrüchte), aber auch
in Gemüse (Möhren, Kürbisse)
• kettenförmig (1,4)-verknüpfte D-Galacturonsäureeinheiten
HO
HO
O
R
O
O
OH R
OH R
O
O
OH
O
OH R
O
OH
R = COOH; COOCH3
Aufbau des Pektins
1.1 Ballaststoffe
Lignine
• Verholzung von Pflanzenteilen (von lat. lignum: Holz)  Möhren,
Kohlrabi, Spargel
• hochmolekulare, aromatische Verbindungen
CH2OH
CH2OH
HC
OH
OH
OH
CH2
CH
CH2
CH2OH
HOH2C
HC
OCH3 H3CO
OH
OH
OCH3
O
O
CH
CH2
CH2
OH
Phenylpropanol-Bausteine
O
OH
Ausschnitt aus einem Ligninmolekül
1.1 Ballaststoffe
Gesundheitsförderliche Eigenschaften der
Ballaststoffe
Quellfähigkeit:
• Sättigungsgefühl durch Füllung des Magens bei geringer
Energiedichte
• Erhöhung des Stuhlvolumen, Anregung der Darmperistaltik 
Verkürzung der Darmpassage
Adsorptionsfähigkeit:
• Adsorption von Gallensäuren  Senkung des Cholesterinspiegels
1.1 Ballaststoffe
Versuch 2
Adsorption von Mineralstofflösung an
Möhrenfasern
Ergebnis:
Das Pektin in den Möhrenfasern
adsorbiert Ca2+-Ionen an den
unveresterten Säuregruppen.
Calcium-Ionen-Nachweis:
Ca2+ (aq) + -OOC-COOCa(OOC-COO) (s)
(aq)

1.1 Ballaststoffe
Exkurs: Gallensäuren
• Detergenzien, die Nahrungsfette emulgieren und so resorptionsfähig machen
• Synthese aus Cholesterin in der Leber
CH3
OH H
CH3
COOH
CH3
H
HO
H
OH
Cholsäure
1.1 Ballaststoffe
Gallensäurekreislauf, Cholesterinspiegel und
Einfluss der Ballaststoffe
Cholesterin
aus Blutbahn
Leber:
Gallensäuresynthese aus
Cholesterin
Gallenblase
Dünndarm:
Emulgierung der
Nahrungsfette
Adsorption und
Ausscheidung
1.1 Ballaststoffe
Effekt:
Senkung des Cholesterinspiegels bei Aufnahme von 6-10 g
Pektin am Tag:
z.B.
+
+
Wirksamerer Effekt als Verzicht auf das Frühstücksei!
1.2 Sekundäre Pflanzenstoffe
• in der Pflanze: Abwehrstoffe gegen Schädlinge und Krankheiten, Lock-,
Duft-, Farb- und Geschmacksstoffe
• 400.000 in der Natur, 5.000 bis 10.000 in der Nahrung des Menschen
Beispiele:
Carotinoide
Polyphenole
Sulfide
Sekundäre Pflanzenstoffe in Obst und Gemüse
Carotinoide
Polyphenole
Sulfide
Brokkoli, Weißkohl, Rettich
•
•
•
Karotten, Tomaten, Spinat
•
•
•
Knoblauch, Zwiebeln, Lauch
Trauben, Beeren, Aprikosen
•
•
Zitronen, Orangen, Mandarinen
•
•
•
1.2 Sek. Pflanzenstoffe
Demonstration 1
Extraktion von Carotinoiden aus Gemüse
1.2 Sek. Pflanzenstoffe
Carotinoide
• über 700 verschiedene Carotinoide bekannt
• wirken antioxidativ
Struktur:
• Tetraterpene; formal aus acht Isopreneinheiten
(C5-Körper) aufgebaut
Isopreneinheit
• ausgedehntes, konjugiertes -System  reaktive Verbindungen,
Farbigkeit
1.2 Sek. Pflanzenstoffe
Carotinoide
einfachstes Carotinoid:
Lycopin
Cyclisierung der Endgruppen:
-Carotin
-Carotin
1.2 Sek. Pflanzenstoffe
Carotinoide
sauerstoffhaltige Gruppen: Xanthophylle
OH
OH
Zeaxanthin
OH
OH
Lutein
OH
-Cryptoxanthin
1.2 Sek. Pflanzenstoffe
Carotinoide in Obst und Gemüse
β-Carotin
α-Carotin
Lycopin
Lutein
Zeaxanthin
β-Cryptoxanthin
Karotten
++++
+++
Spinat
++
Rote Paprika
+
Tomate
++
Mandarine
+
+
+
+
++++
Aprikose
+++
+
+
+
++
+
+
++++
++++
++
++
++++
+
++++: überdurchschnittlicher Gehalt, +++: hoher Gehalt, ++: mittlerer Gehalt, +: geringer Gehalt
1.2 Sek. Pflanzenstoffe
Demonstration 2
UV-Absorption von Carotinoiden
1.2 Sek. Pflanzenstoffe
UV-Absorption der Carotinoide
• in der Pflanze: Schutzfunktion vor überschüssiger UV-Strahlung
• Mensch: Lichtschutzeffekt nachgewiesen  Einlagerung in
Hautzellmembran
• Carotinoide absorbieren UV-Licht und fangen reaktive Produkte ab
(antioxidative Wirkung)
 Carotinoide als orale Sonnenschutzmittel
 10 Wochen lang täglicher Verzehr von 40 g Tomatenmark 
Lichtschutzfaktor 2-3
 moderater, gleichmäßiger Schutz, aber kein Ersatz für
Sonnencreme!
1.2 Sek. Pflanzenstoffe
Polyphenole
Aromatische Verbindungen mit einer oder mehrerer Phenolgruppen
Phenolsäuren
Flavonoide (gelbe Flavone, rote bis blaue Anthocyane)
Polyphenole wirken antioxidativ
Flavonoide schützen Tocopherole und Ascorbinsäure vor Oxidation
OH
Gallussäure
OH
O
O
OH
O
OH
O
OH
OH
OH
OH
O
OR
OH
OH
OH
Quercetin
OH
Cyanidin
1.2 Sek. Pflanzenstoffe
Sulfide
Schwefelhaltige Inhaltsstoffe in Liliengewächsen wie Knoblauch,
Zwiebeln, Schnittlauch und Lauch
Sulfide wirken antioxidativ
O
S
S
Allicin im Knoblauch
2. Antioxidantien
• verhindern Oxidation von im Körper vorhandenen Molekülen
• geben Elektronen ab; können Radikalreaktionen abbrechen
• werden dabei selbst nicht zu reaktiven Stoffen
 Carotinoide, Polyphenole, Sulfide, Vitamin C, (Vitamin E)
2. Antioxidantien
Moleküle, die Oxidationen auslösen können
• molekularer Sauerstoff (O2)
• hochreaktive Sauerstoffspezies und –verbindungen
– Singulettsauerstoff (1O2)
– Wasserstoffperoxid (H2O2)
– Stickstoff-Monoxid und Stickstoff-Dioxid (NO, NO2)
• freie Radikale  Atome oder Moleküle, die über ein
ungepaartes Elektron verfügen  besonders reaktiv
– Superoxidradikalanion (·O2-)
– Hydroxylradikal (·OH)
– Peroxylradikal (ROO·)
2. Antioxidantien
UV-Licht, ionisierende Strahlung
Atmungskette
Immunabwehr
Luftverunreinigungen
Freie Radikale
Nahrungsmittel
Zigarettenrauch
oxidative Enzyme
exogene Ursachen
endogene Ursachen
Arzneimittel
2. Antioxidantien
Was passiert bei einem Radikal-Angriff?
Beispiel: Peroxidation von Zellmembranen
R
Startreaktion:
H3C(H2C)4
•
O
H
O
H
C
CH2(CH2)6CO
CH2O
R'
C(CH2)14CH3
-
CH
O
CH2O
PO(CH2)2N(CH3)3+
• OH
- H2O
R
R'
•
O
R
Phospholipid
R
R'
•
R'
Pentadienyl-Radikal
Fortpflanzungsschritt 1:
R
•
R'
R
O2
R'
O
O
•
Peroxyradikal
Modell einer Zellmembran
2. Antioxidantien
Fortpflanzungsschritt 2:
R
R
R'
+
O
H H
C
R'
R
R'
+
O
O
R
R'
•
OH
•
Lipidhydroperoxid
Peroxyradikal
Dienylradikal
erneut Fortpflanzungsschritt 1:
R
•
R'
R
O2
R'
O
O
•
Beschädigte Zellmembran
2. Antioxidantien
Antioxidantien können Radikalkette stoppen:
CH3
CH3
+
-H
HO
-
O
CH3 +
CH3
H3C
O
H3C
R
CH3
O
CH3
R
Lipid-O •
oder
Lipid-O-O •
Peroxyradikal
-Tocopherol
•
O
CH3
+
CH3
H3C
O
CH3
R
+ H+
Lipid-Ooder
Lipid-O-O-
Lipid-OH
oder
Lipid-O-OH
Lipidhydroperoxid
-Tocopheroxyradikal
Regenerierung des Vitamin E durch Vitamin C:
OH
-
CH3
O
H
HO
O
H
OH
CH3
•O
O
-
+
CH3
H3C
O
CH3
CH2OH
Ascorbinsäure
R
O
•O
O
CH3
H3C
O
CH3
R
+
H
O
HO
H
CH2OH
Semihydroascorbinsäure
2. Antioxidantien
Versuch 3
Nachweis von Vitamin C in Weißkohl
Ergebnis:
Vitamin C wirkt als Reduktionsmittel
Reduktion:
Oxidation:
2 Fe3+ + 6 Cl- + 2 H+ + 2 e-  2 Fe2+ + 4 Cl- + 2 H+ + 2 Cl

OH
O
HO
OH
HO
+ 2 H+ + 2 e-
O
O
OH
O
O
O
Rotfärbung: Fe3+ + 3 SCN-  Fe[SCN]3


OH
2. Antioxidantien
Entstehung der Arteriosklerose
LDL-Molekül
Ablagerung in
den Blutgefäßen
Cholesterin
OH
OH
Resveratrol  wirksamer Schutz vor Peroxidation des LDL
OH
O•
O
O
O
•
•
•
Phenoxy-Radikal: mesomeriestabilisiert  weniger reaktiv
2. Antioxidantien
Versuch 4
Antioxidative Eigenschaften von Fruchtsäften
Briggs-Rauscher-Reaktion:
Oszillierende Reaktion, bei der sich radikalische und nichtradikalische
Phasen abwechseln; Perhydroxylradikal (HOO·)
Ergebnis:
Die Antioxidantien in den Fruchtsäften können die Radikale
abfangen und die Oszillation unterbrechen:
Ar-OH + HOO·  H2O2 + Ar-O·
2. Antioxidantien
Oxidativer
Angriff
Oxidativer
Angriff
Antioxidative
Verteidigung
Normalzustand
Antioxidative
Verteidigung
Oxidativer Stress
Fazit:
• hoher Obst- und Gemüseverzehr  geringeres Risiko für Krebs
und Herz-Kreislauferkrankungen
• vielfältige Wirkungsursachen
• genaue Wirkung nicht immer bekannt
• Kombination der Wirkstoffe am effektivsten
 regelmäßiger Verzehr verschiedener
Obst- und Gemüsearten empfehlenswert
3. Schulrelevanz des Themas
Fächerübergreifender Chemieunterricht in der Oberstufe
Klasse 12: technisch und biologisch wichtige Kohlenstoffverbindungen
Klasse 13: Nahrungsmittel als Wahlthema “Angewandte Chemie”
Hoher Lebensweltbezug  tägliche Nahrungszufuhr, Medienberichte
 Chance, Alltagserfahrungen der SchülerInnen mit wissenschaftlichen
Erkenntnissen zu verknüpfen
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