Politik_als_Beruf - Prof. Dr. Uwe HOLTZ: STARTSEITE

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Seminar für Politische Wissenschaft
Willkommen zum Hauptseminar
„Demokratie als politisches System und
Politik als Beruf“
Einführung, wissenschaftliches Arbeiten und
Anforderungen
Uwe Holtz
21. Oktober 2004 (überarb. am 29.11.04)
1
Thukydides, II, 37
„Die Verfassung, die wir haben ... heißt
Demokratie, weil der Staat nicht auf wenige
Bürger, sondern auf die Mehrheit ausgerichtet
ist.“
Vertrag über eine Verfassung für Europa, Präambel, 2003
2
Winston Churchill:
16.8.1945, Unterhaus
“The best argument against democracy is a fiveminute conversation with the average voter.”
“Democracy is the worst form of government
except for all those others that have been tried.”
3
IPU, Universal Declaration on Democracy, 1997:
Democracy “is the only political system that has the
capacity for self-correction.”
Carlo Schmid, Parlamentarischer Rat, 8.9.1948:
„Nur wo der Wille des Volkes aus sich selber fließt,
nur wo dieser Wille nicht durch Auflagen eingeengt
ist durch einen fremden Willen, der Gehorsam
fordert und dem Gehorsam geleistet wird, wird Staat
im echten demokratischen Sinne des Wortes
geboren.“
4
Amartya Sen:
„Democracy as a universal value” (1999)
“We can distinguish three different ways in which
democracy enriches the lives of the citizens…

first, the intrinsic importance of political
participation and freedom in human life;

second, the instrumental importance of political
incentives in keeping governments responsible and
accountable;

and third, the constructive role of democracy in
the formation of values and in the understanding of
needs, rights, and duties.”
5
Albert Einstein:
„ Politik ist komplizierter als Physik.“
Konrad Adenauer:
„Ein Politiker, der muss nicht nur viel wissen,
er muss nicht nur realistisch sein und
überlegen können, er muss auch Mut haben.“
6
Hermann Scheer:
„Die Politiker“ (2003)
„Die gewaltengeteilte Verfassungsdemokratie
(ist) der wichtigste zivilisatorische Fortschritt
der Menschheitsgeschichte.“
„Diese ist nicht nur ‚von außen‘ bedroht, durch
globale Strukturentwicklungen, die wie ein
Naturereignis hingenommen werden; sie wird
zusätzlich von ‘innen‘ ausgehöhlt durch einen
leichtfertige Umgang mit den politischen
Institutionen und den Politikern, auch durch
Politiker selbst.“
7
Dimensionen und Inhalte der
Politikwissenschaft
Politikwissenschaft, eine Integrationswissenschaft,
betrachtet systematisch, kritisch, undogmatisch und
Orientierung gebend
Politik vornehmlich unter drei Dimensionen, nämlich
unter der Perspektive
1. der politischen Ordnung und des politischen Systems
(‘polity’),
2. der politischen Inhalte (‘policy’) und
3. der politischen Prozesse (‘politics’).
8
Das Studium der Politikwissenschaft
ist vor allem Demokratiewissenschaft,
weiß sich den allgemeinen Aufgaben der
Universitäten verpflichtet (NRW-Hochschulgesetz v. 2000, § 3):
 „Die Universitäten dienen der Pflege und Entwicklung der Wissen



schaften durch Forschung, Lehre und Studium.
Sie wirken dabei an der Erhaltung des demokratischen und sozialen
Rechtsstaates mit und tragen zur Verwirklichung der verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen bei.
Sie bereiten auf berufliche Tätigkeiten vor, die die Anwendung
wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden erfordern.
Sie fördern den wissenschaftlichen Nachwuchs.
Sie setzen sich im Bewusstsein ihrer Verantwortung gegenüber der
Gesellschaft und der Umwelt mit den möglichen Folgen einer
Verbreitung und Nutzung ihrer Forschungsergebnisse auseinander.“
9
Praxisorientierung und Aktualität –
Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul im
HS XI am 14. Januar 2000
10
Gäste in unserem Seminar:
(alle aus dem Bonner Raum – mit Presse?)
Ruth Hieronymi am 11.11.04
CDU-MdEP seit 1999
11
Dr. h.c. Annemarie Renger am 25.11.04
Präsidentin des Deutschen Bundestages, 1972-1976
SPD-MdB, 1953-1990
12
Dr. Walter Althammer am 9.12.04
CSU-MdB, 1961-1985
zeitweise stellv. Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion
13
Dr. Hermann Scheer am 18.12.04
SPD-MdB seit 1980
Präsident von EUROSOLAR
Vorsitzender des Weltrates für Erneuerbare Energien
14
Ulrich Kelber am 18.12.04
„Gläsernes“ SPDMdB, Bonn, seit
2000
Mitglied des
Fraktionsvorstandes
15
Dr. Norbert Röttgen am 6.1.2005
CDU-MdB seit 1994
Rechtspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion
16
Dr. Franz Möller am 20.1.2005
CDU-MdB 1976-1994
Landrat des Rhein-Sieg-Kreises 1974-1999
17
Anforderungen für Scheine
1. Studium der Pflichtlektüre, deren Kenntnis in den ersten
beiden Sitzungen nachzuweisen ist;
2. Stetige, aktive Teilnahme (wer mehr als zwei Mal fehlt,
erhält keinen Schein, es sei denn, dass am Schluss des
Seminars eine mündliche Prüfung absolviert wird);
3. Thesenpapier zum gewählten Thema der Hausarbeit (auf Dt.
und Engl. oder Frz.) - nur dieses wird im Seminar
vorgetragen und begründet (ca. 15 Minuten);
4. Hausarbeit/Seminararbeit (auf Dt., Engl. oder Frz.; ca. 1520 Seiten / 1500-2000 Zeichen pro Seite – letzter
Abgabetermin für die Hausarbeiten ist der 4.2.05;
5. Analyse einer fremdsprachigen Demokratie oder Europa
relevanten Zeitschrift;
6. Übernahme einer kleineren Aufgabe.
Teilnahmescheine: Anforderungen 1, 2, 3 und 6.
18
Verlaufsplan und Themen
I. Einführung und Besprechung der Pflichtlektüre
21. Oktober 2004
28. Oktober
Wer an einer der beiden ersten Seminarsitzungen nicht teilnimmt, muss die
Kenntnis der Pflichtlektüre der verpassten Sitzung schriftlich in Form einer
thesenartigen Zusammenfassung nachweisen (ca. 5 Seiten).
19
II. Referatsthemen
A. Herausforderungen für die parlamentarische Demokratie im
Zeitalter von Globalisierung und Fragmentierung – Antworten
und Positionen
Studierende, die noch kein Thema haben, können nur bei Themen
‚einsteigen‘, die bislang nicht oder nur einmal belegt sind
4. November
1. Inter-Parlamentarische Union (Erhan Coskun)
2. Europarat – Parlamentarische Versammlung (Daniela Schröder,
Susanne Schreiber)
11. November (Ruth Hieronymi MdEP zu Gast)
3. Europäische Union – Europäisches Parlament (Niklas Jansen)
4. Bundesregierung – Deutscher Bundestag
20
18. November
5. Parteien und Zivilgesellschaft (alle Themen werden „in einem
Aufwasch“ hintereinander in 60‘ behandelt – anschl. Diskussion)
a) SPD (Sebastian Mewißen)
b) CDU/CSU (Annika Hartmann, Stephan Fuchs)
c) Bündnis 90/Die Grünen (Marielle Erb, Daniela Glagla – T-Schein)
d) FDP
e) PDS
f) Zivilgesellschaftliche Organisationen (Martina Luis, Inse Böhmig)
25. November (Annemarie Renger, Bundestagspräsidentin a. D.,
zu Gast)
6. Frankreich (Dafina Dimitrova, Aleksandrina Tsoneva)
7. USA (Anja Harer)
2. Dezember
8. Russland (Jivko Stalev)
9. Indien
21
9. Dezember (Dr. Walter Althammer, ehemaliges CSU-MdB, zu Gast)
10. Südafrika (Linda Michalek)
11. Brasilien (Silke Wiesneth)
B. Politikerinnen und Politiker als Akteure der Demokratie
16. Dezember
12. Politik als Beruf (Bundestagsabgeordnete) – Motivation, Rechte,
Pflichten, Ansehen, Arbeitsaufwand und Einkommen (Axel
Ottenheym)
13. Elitenrekrutierung in der Politik und Politikerkarrieren –
Sozialstruktur des Deutschen Bundestages (Hanne Kralemann)
18. Dezember (Samstag) – ganztägiges
Kompaktseminar
(Dr. Hermann Scheer, SPD-MdB, und Ulrich Kelber, SPD-MdB, zu Gast) (ca.
10-17 Uhr - entspricht drei Sitzungen)
14. Demokratische Politik zwischen Einfluss und Entmachtung
a) Gesetzgebung und Budget (Tobias Frank)
b) Kontrolle und Forum der Nation (Heiko Winkler)
c) Wahl und Außenpolitik (Patrick Abels)
22
Kompaktseminar 18.12.04
15. Abgeordnetenbeispiele
a) Annemarie Renger (SPD-MdB 1953-1990): Ein Leben für die
parlamentarische Demokratie (Oliver Spatz – Teiln-Schein)
b) Walter Althammer (CSU-MdB 1961-1985): Ein- und Aufstieg
in die Politik – Abstieg (Sarah Habegger)
c) Franz Möller (CDU-MdB 1976-1994): Pflichtbewusster und
leidenschaftlicher Bundes- und Kreispolitiker (Andreas
Salz)
d) Joschka Fischer (B90/Die Grünen-MdB 1983-1985, seit 1994):
Vom Sponti zum Staatsmann (Jana Priester)
e) Guido Westerwelle (FDP-MdB seit 1996): Vom
Abgeordnetenstuhl auf einen Ministersessel? (Sebastian
Puffpaff)
23
6. Januar 2005 (Dr. Norbert Röttgen, CDU-MdB, zu Gast)
16. Politik(er)verdrossenheit – die andauernde Ambivalenz zwischen
Politik und Bürgern (Anika Auweiler, Dirk Weißenfels)
13. Januar
17. Deutscher Bundestag und Abgeordnete: Leitbilder,
Wertvorstellungen und Ideale politischen Handelns (Lilli CremerAltgeld – T-Schein)
20. Januar (Dr. Franz Möller, ehemaliges CDU-MdB, zu Gast)
18. Reform der bundesstaatlichen Ordnung – Volksentscheide als
„höhere Form“ der Demokratie (Anna Liese)
27. Januar
19. Europäische Integration – Stärkung der Rolle des Europäischen
Parlaments und der nationalen Parlamente (Dennis-P.
Merklinghaus, Ionna Askianaki)
4. Februar
20. Wie können Abgeordnete ihre Tätigkeit für die res publica in sich
selbst und in der Gesellschaft aufwerten? (Orientierung am Ideal
einer demokratischen Politik, Verhaltenskodizes, Good
24
Governance)
Änderungen
Seminarsitzungen („normal“ wären in diesem WS 15;
wir werden auch bei Wegfall des 18.11. insgesamt 17
Sitzungen haben)
Themenbehandlung (ist es möglich, die Themen gemäß
dem Besuch der Gäste vorzuziehen – also z. B. A. Renger
nicht am 18.12., sondern am 25.11. oder das Thema „Reform
der bundesstaatlichen Ordnung“ nicht am 20.1., sondern am
6.1. anlässlich des Besuchs von N. Röttgen zu behandeln? Ein
gewisser Spielraum besteht darin, dass für die Sitzungen im
neuen Jahr nur jeweils ein Thema vorgesehen ist.)
Zeitmanagement (durch den begrüßenswerten Besuch
von Gästen im Seminar, der an den Donnerstagen jeweils von
15.00-16.00 Uhr vorgesehen ist, „fehlt“ uns Zeit für die eigene
Präsentation der Themen; können wir deshalb 14.00 Uhr s.t.
beginnen? Notfalls könnten dann 2 Themen zwischen 14.00
25
und 15.00 Uhr behandelt werden)
Max Weber: Politik als Beruf
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Was heißt und versteht M. Weber unter Politik?
Was ist ein Staat?
Welche Typen politischer Herrschaft unterscheidet er
und wo sieht er die inneren Rechtfertigungsgründe?
Wie charakterisiert er die verschiedenen Arten von
Politikern?
Was vermag die Politik als „Beruf“ zu bieten, und
welche Vorbedingungen setzt sie beim „Politiker“
voraus?
Was heißt Gesinnungs- und Verantwortungsethik, und
welche Beziehungen herrschen zwischen Politik und
Ethik?
26
Max Weber (lt. Nadine Krahes Protokoll)
3. Welche Typen politischer Herrschaft unterscheidet M. Weber und wo sieht er
die inneren Rechtfertigungsgründe?
Traditionale Herrschaft: z. B. Erbfolge
Charismatische Herrschaft: persönliche Hingabe, plebiszitärer Herrscher, Führerperson
Legitime/legale Herrschaft: Kraft Glaubens an Satzung, rationale Gründe
4. Wie charakterisiert er die verschiedenen Arten von Politik?
Gelegenheitspolitiker, nebenberuflicher Politiker, hauptberuflicher Politiker
5. Was vermag der Politiker als Beruf zu bieten...
Befriedigung, für eine Sache zu stehen, Machtgefühle, soziale Ehre, Entgelt
......und welche Eigenschaften setzt er voraus?
Leidenschaft (Hingabe an die Sache, sachliche Leidenschaft)
Verantwortungsgefühl
Augenmaß (Distanz zur Sache)
6. Worin besteht der Unterschied zwischen Gesinnungs- und
Verantwortungsethik?
Ein Gesinnungsethiker hat eine bestimmte Idee oder ein Ziel vor Augen und das muss
ohne Rücksicht auf die Konsequenzen umgesetzt werden.
Der Verantwortungsethiker hingegen hat immer die Folgen vor Augen und wägt
zwischen Zweck und Mittel ab (der Zweck heiligt also nicht die Mittel, wenn das
Erreichen des Ziels unverhältnismäßige Folgen nach sich zieht, so ist es nicht wert,
27
umgesetzt zu werden).
Nach Weber ist eine Kombination beider Ethiken ideal!
H. Scheer:
DIE POLITIKER - EINE TYPOLOGIE
DIVERSER ANTRIEBE
Fünf Prototypen von Politikern werden in Form einer
Phänomenologie beschrieben, die von dem jeweiligen dominanten
Antrieb ausgeht und zu spezifischen Verhaltensmerkmalen führt:
1.
2.
3.
4.
5.
der Machtspieler,
der Passionierte,
der Gesellschaftsarbeiter,
der Narziss,
der Interessenvertreter.
Nur wenige Politiker entsprechen vollends einem dieser Prototypen.
Die meisten haben gemischte Antriebe oder entdecken diese für sich.
28
IPU: Universal Declaration on Democracy
1.
2.
3.
Welche eher formalen und welche eher inhaltlichen
Elemente machen laut IPU „Demokratie“ aus?
Was ist für Sie „neu“ an dieser „Allgemeinen Erklärung
zur Demokratie“, und was fehlt?
Wo liegen für Sie die Unterschiede zwischen der durch
das BVG bereits 1952 vorgenommenen Charakterisierung einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung[1]
und der IPU-Erklärung?
[1] Bei dieser Ordnung handelt es sich laut Bundesverfassungsgericht um eine Ordnung,
„die unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche
Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem
Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den
grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor
den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der
Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die
Gewaltenteilung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die
Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige
29
Bildung und Ausübung einer Opposition.“ (BverfGE 2, I/12f. / 1952)
John K. Johnson and Robert T. Nakamura:
A concept paper on legislatures and
good governance
1.
2.
3.
Worin bestehen lt. Johnson und Nakamura die
Hauptaufgaben von Parlamenten bzw. „Legislatures“?
Welche Rolle wird dem „good governance“-Konzept
zugeschrieben?
Welche verschiedenen Typen von Parlamenten werden
unterschieden, und wie werden sie qualifiziert?
30
Parlamentarisches Hexagon
(GFK + WBA)
Uwe Holtz
1. Gesetzgebungsrechte und Gesetzesinitiativrechte
2. Forum der Nation/Öffentlichkeitsfunktion
3.
4.
5.
6.
/Tribüne des politischen Diskurses
Kontrolle der Regierung (und Verwaltung)
Wahlfunktion/Kreationsfunktion
Budgetrecht
Beteiligung an der Außenpolitik - Rechte in
den internationalen Beziehungen
31
UNDP: Stärkung der Demokratie
1.
2.
3.
4.
Worin besteht lt. UNDP-Bericht 2002 der „Nutzen“
von demokratischer Staats- und Regierungsführung
(„democratic governance“)?
Wie lauten die Schlüsselinstitutionen von
„democratic governance“?
Wie wird die Problematik von Demokratie und
globaler Interdependenz gesehen?
Welche Positiv- und Negativposten macht der
Bericht bei der globalen Bilanz menschlicher
Entwicklung im Bereich der Demokratie aus?
32
UNDP: HDR 2002 / Bilanz der menschlichen Entwicklung
33
Parlamentarisches Hexagon
(GFK + WBA)
Uwe Holtz
1. Gesetzgebungsrechte + Gesetzesinitiativrechte
legislative power/power to legislate - lawmaking +
legislative initiatives / puissance légistative - das
Parlament als Gesetzgeber/legislator
Kritik: Wenn sich z.B. Bundesregierung und Energiekonzerne
in schwierigen Verhandlungen auf einen komplizierten
Gesetzestext zum Atomausstieg verständigt, kommt es zur
„Aushöhlung der parlamentarischen Souveränität in der
Gesetzgebung“ und der Bundestag wird „tendenziell
34
zurückgestuft auf eine Abstempelungsmaschine“.
2. Forum der Nation/Öffentlichkeitsfunktion /Tribüne des politischen
Diskurses forum of debate/ tribune:
vom Volk gewählte (damit demokratisch legitimierte) Repräsentanten
(Abgeordnete - „Vertreter des ganzen Volkes“ - Art. 38) („Alle
Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und
Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der
vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt“ - Art. 20,2
GG), die verschiedenen Parteien/Fraktionen angehören und auch die
verschiedenen Strömungen in der Bevölkerung widerspiegeln.
Repräsentative Demokratie muss kommunikative Demokratie sein.
Hierzu hat die parlamentarische Debatte einen wesentlichen Beitrag
zu leisten. (parlare, parler < parabolare ml < parabola Spätlatein:
Wort, Rede)
Representation, House of Representatives, representative democracy
Kritik: Viele aktuelle Debatten werden gar nicht mehr im Bundestag, sondern
in den TV-Talkshows geführt, was zu einer „schleichenden Entwertung des
Parlaments“ führt und der „glotzenden Demokratie“ Vorschub leistet.Es
werden - lautet eine weitere Kritik - viele Kommissionen und Räte (wie z.B.
die Zuwanderungskommission und der nationale Ethikrat) eingesetzt, die
i.d.R. eine weitere Schwächung des Parlaments zur Folge haben.
35
3. Kontrolle der Regierung (und Verwaltung) parliamentary
control of the executive - power of democratic oversight/to
supervise the executive (EU-EP)
Kritik: In der Bundesrepublik kommt es zwar nicht wie in Großbritannien
zu einer Art „Exekutivautokratismus“, weil dem der Bundesrat und
das Bundesverfassungsgericht entgegenstehen; aber dieses
komplizierte System begrenzt zwar die Regierung, es schwächt
zugleich jedoch das Parlament gegenüber der Exekutive. Der Kanzler
sieht sich nämlich „zu einer Vielzahl von Vorabsprachen und
Nebenabreden gezwungen, die den originären Einfluss des Parlaments
immer weiter aushöhlen, vor allem aber die Rolle der Opposition im
Parlament“. Das ist „der Hintergrund, auf dem das Schlagwort von der
‚Verhandlungsdemokratie‘ an Bedeutung gewinnt.“1]
„Führungs- und Fraktionseffizienz, Fraktionszwang und das
Corporate-Identity-Marketing von Parteien in der Mediengesellschaft
bedrohen die Substanz des demokratischen Parlamentarismus.“[2]
[1] So Robert Leicht, Alles Verhandlungssache, in: Die Zeit, Nr. 22, 23.5.01, S. 5.
[2] Gunter Hofmann, Das Haus vis-à-vis, in: Die Zeit, Nr. 19, 3.5.01, S. 3.
36
4. Wahlfunktion/Kreationsfunktion elective power /
pouvoir électoral ou électif
a) Wahl der Regierung (Bundeskanzler) und Beteiligung an der
Kreation anderer oberster Bundesorgane (Bundes-präsident,
Bundesrichter),
b) Wahl seiner eigenen Organe und Hilfsorgane, wie des/r
Wehrbeauftragten („zur Ausübung der parlamentarischen Kontrolle“
- Art. 45b GG)
c) Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in der
Parlamentarischen Versammlung (PV) des Europarates (und
zugleich der WEU)
5. Budgetrecht power of the purse(EU-EP) /
pouvoir budgétaire
(Art. 110 GG: Haushaltsplan und Haushaltsgesetz des Bundes
USA: seit 1974 Congressional Budget Office - mehrere hundert
Haushaltsexperten)
37
6. Beteiligung an der Außenpolitik - Rechte in den
internationalen Beziehungen control of/participation
in foreign policy and international relation:
a) Ratifizierung völkerrechtlicher Verträge (treaty power) Art. 24 GG („Der
Bund kann durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen
übertragen“) +59 (völkerrechtliche Verträge „bedürfen der Zustimmung oder der
Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in
Form eines Bundesgesetzes“)
b) Entscheidung über Krieg und Frieden (war power)
Art. 115a GG: Die Entscheidung über den Verteidigungsfall „bedarf einer Mehrheit
von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens der Mehrheit der
Mitglieder des Bundestages“ + Zustimmung Bundesrat. Zustimmung des
Bundestages vor Auslandseinsätzen der Bundeswehr nötig.
c) Mitwirkung in Angelegenheiten der EU
Art. 23,2+3 GG: „In Angelegenheiten der EU wirken der Bundestag und durch den
Bundesrat die Länder mit... Die Bundesregierung gibt dem Bundestag Gelegenheit
zur Stellungnahme vor ihrer Mitwirkung an Rechtssetzungsakten der EU.“
d) Entsendung von Abgeordneten in die PV des ER und der WEU, der
OSZE und der NATO sowie zu den Konferenzen der IPU oder zur
„Konferenz der Europaausschüsse“ (COSAC - Conférence des
Organes Spécialisés dans les Affaires Communautaires...)
38
Was steht im Zentrum Ihres Studiums?
Die eigene wissenschaftliche Arbeit
Universitäten bereiten auf berufliche Tätigkeiten vor, die die Anwendung
wissenschaftlicher Kenntnisse und Methoden erfordern.
Von der ersten kleinen Hausarbeit bis zur großen Examensarbeit gehört das
Verfassen wissenschaftlicher Texte zum wesentlichen Bestandteil
akademischer Ausbildung – neben dem Studium der Fachliteratur und der
Diskussion inner- und außerhalb von Seminaren.
Das wissenschaftliche Schreiben stellt eine Herausforderung an die eigene
Kreativität und Leistungsbereitschaft dar; es verlangt besonders wegen der
Überprüfbarkeit auch die Einhaltung bestimmter formaler Standards.
Umberto Eco: „ Wichtig ist, dass man das Ganze mit Spaß macht …,
dass man die Arbeit als Spiel, Wette, als Schatzsuche erleben kann.“
39
40
Anforderungen für Scheine
1. Studium der Pflichtlektüre, deren Kenntnis in den ersten beiden
Sitzungen nachzuweisen ist;
2. Stetige, aktive Teilnahme (wer mehr als zwei Mal fehlt, erhält keinen
Schein, es sei denn, dass am Schluss des Seminars eine mündliche
Prüfung absolviert wird);
3. Thesenpapier zum gewählten Thema der Hausarbeit (auf Dt. und Engl.
oder Frz.) - nur dieses wird im Seminar vorgetragen und begründet
(maximal 15 Minuten);
4. Hausarbeit/Seminararbeit (auf Dt., Engl. oder Frz.; ca. 15-20 Seiten /
1500-2000 Zeichen pro Seite – letzter Abgabetermin für die
Hausarbeiten ist der 4.2.05;
5. Analyse einer fremdsprachigen Demokratie oder Europa relevanten
Zeitschrift;
6. Übernahme einer kleineren Aufgabe (Interview, Chat, Rezension,
Protokoll – i. d. R. in die Hausarbeit einfügen).
Teilnahmescheine: Anforderungen 1, 2, 3 und 6.
Eine „bloße“ Teilnahme ist möglich.
41
Leitfragen
Vor welche Herausforderungen und Versuchungen sieht sich
die Demokratie im Zeitalter der Globalisierung und in einer
fragmentierten Welt gestellt?
Wie reagieren einzelne Länder und Staatenverbünde auf
diese Herausforderungen?
Welche Vorstellungen entwickeln und welche Beiträge leisten
Parlamente wie der Deutsche Bundestag, die
Parlamentarische Versammlung des Europarats oder die
Inter-Parlamentarische Union zur Stärkung der Demokratie?
Sind Politikerinnen und Politiker Subjekte oder Objekte des
politischen Systems, und welche Rolle spielen Parteien und
zivilgesellschaftliche Organisationen als unentbehrliche
Handlungseinheiten in einer Demokratie?
Was macht den Abgeordnetenberuf eigentlich aus, woher
rührt sein niedriges Ansehen, und wie können Abgeordnete
ihre Tätigkeit für die res publica in sich selbst und in der
Gesellschaft aufwerten?
42
Vortrag im Seminar und Thesenpapier
Die mündliche Präsentation von Texten soll zwei Zielen
dienen:
 Der Vermittlung eines bestimmten Wissensinhaltes
an die anderen Seminarteilnehmer/innen;
 der Einübung der Kunst der Präsentation durch
die Vortragenden.
In einem Thesenpapier sollen die Wissensinhalte
auf das Wesentliche reduziert werden; Thesen sind
Behauptungen, die sich durch pointierte Formulierungen auszeichnen und zum Diskurs anregen
sollen.
43
Grundlage des Vortrags im Seminar ist das Thesenpapier.
Selbstverständlich bedeutet die Formulierung von Thesen
eine Verkürzung der Argumentation und erfordert eine
Auswahl („didaktische Reduktion“).
Das Thesenpapier soll wirkliche Thesen und nicht nur
Gliederungspunkte oder Spiegelstriche enthalten. Optimal
sind insgesamt höchstens zehn, durchnummerierte
Thesen (idealiter jeweils nur ein einziger Satz. Das
Thesenpapier darf nur zwei Seiten – also ein Blatt –
umfassen.
44
Beispiele für Thesen – ein Satz
„Die predigen Menschentand, die da vorgeben,
sobald der Groschen im Kasten klingt, führe die Seele
von Stund an aus dem Fegefeuer.“
Martin Luther: 95 Thesen von 1517, These 27
„Die Philosophen haben die Welt nur verschieden
interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu
verändern.“
Karl Marx: 11 Thesen über Feuerbach, 1845, These 11
45
Der deutsche und englische (oder französische) Text
des Thesenpapiers kombiniert den wichtigen
„informierenden“ Teil, der in keinem Papier fehlen
darf, mit dem „argumentierenden“, kritischen
zweiten Teil. Manchmal kann es auch geboten sein,
in einzelnen Thesen, Information und Argumentation
/ Kritik zu verbinden.
Im mündlichen Vortrag sollen die Thesen möglichst
in freier Rede auf Deutsch oder Englisch erläutert
werden, und zwar in maximal 15 Minuten. Wenn an
der Ausarbeitung eines Referates mehrere Personen
beteiligt sind, teilen sie sich die Redezeit und
verständigen sich auf eine faire Arbeitsteilung.
46
Hauptgegenstand des mündlichen Vortrags ist die
Verteidigung, Erläuterung bzw. Präsentation der
Thesen im Seminar.
Alle wesentlichen Teile des Vortrags müssen sich in
den Thesen widerspiegeln.
Es ist erwünscht, den Vortrag durch den Einsatz von
Medien und didaktischen Hilfsmitteln (Schaubilder,
Karikaturen) mit Hilfe einer PowerPointPräsentation lebendiger zu gestalten.
47
Bewertungskriterien
Inhaltliche Aspekte (Qualität und Quantität der
Information, Aufbau der Einzelargumente, Verhältnis
Theorie und veranschaulichende Beispiele)
Sprachliche Aspekte (freier Vortrag, Verständ-lichkeit,
Redegeschwindigkeit)
Medieneinsatz einschl. PowerPoint
Zeitmanagement
48
Seminar- bzw. Hausarbeit
Wichtigste Form der Einübung in die wissenschaftliche
Arbeitsweise und der Vorbereitung auf die Magisterarbeit.
In der Hausarbeit ist die Fähigkeit nachzuweisen, ein
begrenztes Problem der jeweiligen Seminarthematik
unter der Berücksichtigung adäquater Leitfragen im
Lauf einiger Wochen selbständig nach wissenschaftlichen Methoden bearbeiten und die Ergebnisse
sachgerecht darstellen zu können.
49
Für die Hausarbeit haben Sie:
die erforderliche Literatur letztlich selbständig zu
ermitteln - unter Nutzung der Dozentenhinweise
und eigener Recherchen in Bibliotheken und im
Internet („Länder–Schlüsseldaten“ auf Homepage beachten),
die für die Aufgabe relevanten Primär- und
Sekundärquellen kritisch zu befragen und
problembezogen, d. h. an den Leitfragen
orientiert, zu diskutieren,
bei der Darstellung die Deskription durch die
eigenständige Analyse zu ergänzen.
50
Sie können und sollten eigene Positionen und
Wertungen in die Hausarbeit einbringen:
In der Einleitung als Erkenntnis leitende Fragestellungen und eigenes Interesse am Thema.
2. Weniger im Hauptteil, dem „Herz“ der Darstellung
mit einem oder mehreren Kapiteln, in dem die
inhaltliche Diskussion des Themas im Vordergrund
steht (Deskription, Analyse, vergleichende
Interpretation).
3. Im Fazit, der zusammenfassenden Stellungnahme mit
möglichen Perspektiven, wobei sich eigene Positionen
und Wertungen aus der Darstellung ergeben sollten.
1.
51
Die Bewertungskriterien für die Hausarbeit
orientieren sich an
Umfang und Qualität der befragten Literatur sowie der
Fähigkeit, Standard- und Spezialliteratur zu identifizieren
und auch neue Quellen zu recherchieren (einschl.
Internet),
einer sachgerechten und überzeugenden Darstellung mit
sinnvoller Gliederung und logischer Gedankenführung,
Faktentreue und der gelungenen Verknüpfung von
Deskription und Analyse, (alle Hausarbeiten haben
Bezüge zur Pflichtlektüre und auch zum Parlamentarischen Hexagon herzustellen)
einer angemessenen sprachlichen und formalwissenschaftlichen Form (zu jeder Hausarbeit gehört ein
korrektes Literaturverzeichnis und ein entsprechender
Fußnotenapparat).
52
Zeitschriftenanalyse
Die Analyse einer fremdsprachigen wissenschaftlichen –
Demokratie oder Europa relevanten - Zeitschrift soll
 die Vertrautheit im Umgang mit dem
wissenschaftlichen Diskurs fördern,
 eine internationale Perspektive eröffnen und
 die eigene Fähigkeit zur Beurteilung
wissenschaftlicher Publikationen stärken.
Sinnvollerweise sollten mindestens zwei Jahrgänge einer Zeitschrift Ihrer
Wahl befragt werden und am besten auch die erste Nummer.
53
Europarelevante wissenschaftliche Zeitschriften
American Journal of Comparative Law
Bulletin Européen
European Human Rights Law Review
European Journal of International Law
European Journal of Law and Economics
Foreign Affairs
Human Rights Law Journal
Human Rights Quarterly
International and Comparative Law Quarterly
Internationale Politik (vormals: Europa-Archiv)
Journal of Democracy
Journal of European Public Policy
Journal of European Integration/Revue de l’histoire de l’intégration européenne/Zeitschrift
für Geschichte der europäischen Integration, Baden-Baden
Journal of International Affairs
Relations Internationales
Revista de Instituciones Europeas
Revista di studi politici internazionali
Revista Española de Derecho Internacional
Revue Française de Science Politique
Revue international de droit comparé
Revue Universelle des Droits de l'Homme
The European Union Review
54
Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht
Gliederungspunkte für die Zeitschriftenanalyse,
die maximal zwei Seiten umfassen sollte:
Titel der Zeitschrift, Herausgeber, Erscheinungsweise, Format, Umfang, Ort, Preis, Sprache/n;
Ziele und Zielgruppen;
Aufbau und Inhalt der untersuchten Jahrgänge: (Zahl
der Artikel und Themen pro Nummer - Umfang der
Artikel, Zahl Kurzartikel und Diskussionsbeiträge;
Buchbesprechungen ja/nein (wenn ja: Anzahl),
Abbildungen und Graphiken (zahlreiche, wenig,
keine), Angaben zu www-Links ja/nein);
(ideologische) Tendenz;
Konzeptionskritik und Bewertung 1-6 (1= abonniere
ich, 6= kann abbestellt werden).
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Beurteilung der Leistungsnachweise
(auf Grund folgender Bewertungen)
Hausarbeit
1. Literatur (maximal 4 Pkte)
2. Darstellung (33)
3. sprachliche und formal-wissenschaftliche Form (8)
Thesenpapier
Zeitschriftenanalyse
max. 45
12
3
Sonstiges: z.B. mehr Punkte für Vortrag auf Engl.
oder Abzug wg. Überschreitung des Umfangs der Hausarbeit
Gesamtbeurteilung
60-54,5=sehr gut,
54-45,5=gut,
45-36,5=befriedigend
36-30=ausreichend
max 60
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Hoffentlich können Sie alle nach den
Bewertungen soooo strahlen (SPW-Sommerfest 2003)
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Seminar für Politische Wissenschaft
BESTEN DANK
FÜR DIE AUFMERKSAMKEIT –
AUF EIN GUTES HAUPTSEMINAR
im WS 2004/05!
Uwe Holtz
28.10.04
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