iv. struktur deutscher gesetze

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Einführung in das Deutsche
Zivilrecht
Prof. Dr. Sebastian Krebber, LL.M. (Georgetown)
Materialien
Unterlagen sind abzurufen unter:
http://www.jura.uni-freiburg.de/institute/arbeitsrecht/lehre/lehrekrebber/frankreich
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Legaldefinition
2
Gliederung
§ 1 – Überblick über das
Deutsche Rechtssystem
§ 2 – Einzelne
Rechtsfragen aus dem
bürgerlichen Recht
3
§ 1 – Überblick über das
Deutsche Rechtssystem
I. RECHTSQUELLEN
5
I. Rechtsquellen
Völkerrecht
1.

= alle Rechtsnormen, die das Verhältnis der
Staaten untereinander und die Beziehungen
zwischen den einzelnen Staaten und den
internationalen Organisationen regeln.

hat keine unmittelbare Wirkung
6
I. Rechtsquellen
Unionsrecht
2.


Primärrecht
 = die Verträge zwischen den Mitgliedstaaten
 Gründungs-, Revisions- und
Beitrittsverträge
 EUV = Vertrag über die Europäische Union
 AEUV = Vertrag über die Arbeitsweise der
Europäischen Union
Sekundärrecht
 Insbesondere Verordnungen und Richtlinien
 Seine Grundlage ist das Primärrecht.
 Es wird von den Organen der EU geschaffen.
7
I. Rechtsquellen
Nationales Recht
3.






Grundgesetz
Gesetze
Verordnungen
Satzungen
Richterrecht
Gewohnheitsrecht
8
II. VERHÄLTNIS VON
NORMEN
9
II. Verhältnis von Normen
Normenhierarchie
1.




Unionsrecht
Grundgesetz
Formelle Gesetze
 = im formellen Verfahren von der
Legislative geschaffen
Materielle Gesetze
 = abstrakte Regelungen von der Exekutive
= Rechtsverordnungen
10
II. Verhältnis von Normen



Wenn es eine Regelung auf einer höheren
Ebene gibt, muss sie angewendet werden. Die
Regel auf der unteren Ebene wird nicht
angewendet.
Alle Gesetze müssen mit dem Grundgesetz
vereinbar sein. Wenn ein Gesetz gegen die
Verfassung verstößt, kann das
Bundesverfassungsgericht die Norm für
nichtig erklären.
Europarecht hat Anwendungsvorrang.
Deutsche Gesetze, die gegen europäisches
Recht verstoßen, sind nicht nichtig. Sie dürfen
aber nicht angewendet werden.
11
II. Verhältnis von Normen
2. Lex generalis und specialis;
lex posterior und legi priori
Ein
allgemeines Gesetz (= lex generalis) wird vom
speziellen Gesetz (= lex specialis) verdrängt. Nur
das spezielle Gesetz wird angewendet.
lex specialis derogat legi generali
Auf
der gleichen Hierarchieebene wird immer
neueste Gesetz angewendet. Ein späteres Gesetz
(= lex posterior) geht einem früheren (= lex prior)
Gesetz vor.
Lex posterior derogat legi priori
12
III. GELTUNGSBEREICH VON
NORMEN
13
III. Geltungsbereich von Normen
Sachlicher Geltungsbereich
1.

Er bestimmt, auf welchen Sachverhalt eine
Norm sachlich anwendbar ist.
14
III. Geltungsbereich von Normen
Zeitlicher Anwendungsbereich,
insbesondere Rückwirkungsverbot
2.


Er bestimmt, zu welchem Zeitpunkt die Norm
anwendbar ist.
Gesetze gelten nur für die Gegenwart und
Zukunft.
Eine Rückwirkung würde zu großer
Unsicherheit führen. Rechtssicherheit ist aber
ein Grundsatz der Verfassung. Eine
Rückwirkung ist daher grundsätzlich nicht
zulässig.
15
III. Geltungsbereich von Normen
Räumlicher Geltungsbereich
3.

Er bestimmt, in welchem territorialen Gebiet
eine Norm gilt.
16
IV. STRUKTUR DEUTSCHER
GESETZE
17
IV. Struktur deutscher Gesetze
Formelle Struktur:
1.





Paragraph/Artikel = §, Artikel= Art. 1
Absatz = Abs. 1 oder römische Zahl I
Satz = S. 1 oder arabische Zahl 1
Halbsatz = Hs. 1; Variante = 1. Var.
Beispiel:
 § 812 Abs. 1 S. 1 1. Var. BGB
 § 812 I 1 Var. 1 BGB
18
IV. Struktur deutscher Gesetze
Aufbau eines Gesetzes
2.
-
Tatbestand und Rechtsfolge
Rechtsfolge tritt ein,
Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind
§ 104 BGB: Geschäftsunfähig ist, wer das
siebente Lebensjahr nicht vollendet hat
Tatbestand: 7. Lebensjahr nicht vollendet
Rechtsfolge: Geschäfstsunfähigkeit
19
IV. Struktur deutscher Gesetze
Abstraktheit
3.



Deutsche Gesetze sind abstrakt formuliert.
Viele Worte müssen erst ausgelegt und
interpretiert werden.
Vorteil: Dadurch sind die Gesetze auf viele
Fälle anwendbar.
Nachteil: Nicht jeder kann die Gesetze
verstehen. Sie sind manchmal nicht klar
formuliert. Oft braucht man juristisches
Wissen, um sie zu verstehen.
20
IV. Struktur deutscher Gesetze
Legaldefinition
4.



Das Gesetz definiert im Text einen Begriff.
Diese Definition gilt dann für das ganze
Gesetz.
Legaldefinitionen stehen in Klammern nach
der Definition.
Beispiel: § 121 I 1 BGB
„Die Anfechtung muss in den Fällen der §§
119, 120 ohne schuldhaftes Zögern
(unverzüglich) erfolgen, nachdem der
Anfechtungsberechtigte von dem
Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat.“
21
V. AUSLEGUNG VON
GESETZEN
22
V. Auslegung von Gesetzen
Wörtliche Auslegung
1.

Wortlaut und sprachlicher Sinn des Textes
Systematische Auslegung
2.

Zusammenhang der verschiedenen Normen
Historische Auslegung
3.


Wille des Gesetzgebers bei Erlass des
Gesetzes
Entstehungsgeschichte und Entwicklung
Teleologische Auslegung
4.

Sinn und Zweck einer Norm
23
V. Auslegung von Gesetzen
Verfassungskonforme und
richtlinienkonforme Auslegung
5.


Verfassungskonforme Auslegung: Jedes
Gesetz ist eine so auszulegen, dass es mit der
Verfassung (Grundrechte) vereinbar ist.
Richtlinienkonforme Auslegung: Manche
Gesetze haben eine europäische Richtlinie als
Basis. Die Gesetze sind dann so auszulegen,
dass sie mit dieser Richtlinie vereinbar sind.
24
V. Auslegung von Gesetzen
Analogien und teleologische Reduktion
a. Analogie
6.



= die Anwendung einer Norm auf einen Fall,
der im Gesetz nicht so vorgesehen ist
Voraussetzungen:
 planwidrige Regelungslücke: Der
Gesetzgeber hat vergessen, den Fall zu
regeln.
 vergleichbare Interessenlage
Analogieverbot im Strafrecht: Eine Analogie
darf nicht zum Nachteil des Angeklagten
angewandt werden.
25
V. Auslegung von Gesetzen
b. Teleologische Reduktion




„Gegenteil“ der Analogie
= Die Norm wird auf einen Fall nicht
angewendet, obwohl die Norm den
Sachverhalt unzweifelhaft erfassen würde
Der Gesetzestext ist nicht zu eng, sondern
planwidrig zu weit geraten.
Dafür ist nach dem Sinn der Norm zu fragen.
26
VI. RECHTSGEBIETE
27
VI. Rechtsgebiete
1.
2.
3.
Öffentliches Recht
Strafrecht
Zivilrecht
28
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundgesetz
1.
Öffentliches Recht
a. Verfassung: Grundgesetz
aa. Name und Entstehung

Die deutsche Verfassung heißt „Grundgesetz“.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde die
Bundesrepublik Deutschland aus der
amerikanischen, britischen und französischen
Besatzungszone gebildet.
29
VII. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundgesetz


Die Bezeichnung „Grundgesetz“ sollte
ausdrücken, dass die Bundesrepublik nur
provisorisch ist. Das Ziel war die
Wiedervereinigung mit der DDR.
Bei der Wiedervereinigung wurde aber keine
neue Verfassung erlassen. Es bleibt beim
Grundgesetz (abgekürzt: GG).
30
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundrechte
bb. Grundrechte, Art. 1-19 und Art. 101-104 GG

Es gibt 2 Gruppen von Grundrechten
 Menschenrechte
= für alle Menschen, nicht nur deutsche
Bürgern
 Bürgerrechte
= nur für deutsche Bürger
-> Aber: Anwendbar auf EU-Bürger
31
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundrechte
Art. 1 Abs. 1 GG: Menschenwürde

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie
zu achten und zu schützen ist Verpflichtung
aller staatlichen Gewalt.
32
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundrechte
Art. 2 GG: Freiheit der Person
Abs.
1: Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung
seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte
anderer verletzt und nicht gegen die
verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz
verstößt.
Abs. 2: Jeder hat das Recht auf Leben und
körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person
ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund
eines Gesetzes eingegriffen werden.
33
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundrechte
Art. 3 GG: Gleichheit



Abs. 1: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Abs. 2: Männer und Frauen sind gleichberechtigt.
Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung
der Gleichberechtigung von Frauen und Männern
und wirkt auf die Beseitigung bestehender
Nachteile hin.
Abs. 3: Niemand darf wegen seines Geschlechtes,
seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner
Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines
Glaubens, seiner religiösen oder politischen
Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt
werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung
benachteiligt werden.
34
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundrechte
Art. 4 GG: Religionsfreiheit und Recht auf
Kriegsdienstverweigerung



Abs. 1: Die Freiheit des Glaubens, des
Gewissens und die Freiheit des religiösen und
weltanschaulichen Bekenntnisses sind
unverletzlich.
Abs. 2: Die ungestörte Religionsausübung
wird gewährleistet.
Abs. 3: Niemand darf gegen sein Gewissen
zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen
werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
35
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundrechte
Art. 5 GG: Freiheit der Meinungsäußerung, Presse
und Wissenschaftsfreiheit



Abs. 1: Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort,
Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und
sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert
zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der
Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden
gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. […]
Abs. 2: Diese Rechte finden ihre Schranken in den
Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen
Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem
Recht der persönlichen Ehre.
Abs. 3: Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre
sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der
Treue zur Verfassung.
36
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundrechte
Art. 8 GG: Versammlungsfreiheit


Abs. 1: Alle Deutschen haben das Recht, sich
ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und
ohne Waffen zu versammeln.
Abs. 2: Für Versammlungen unter freiem
Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder
auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.
37
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundrechte
Art. 9 GG: Vereinigungs- und
Koalitionsfreiheit



Abs. 1: Alle Deutschen haben das Recht,
Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(…)
Abs. 3: Das Recht, zur Wahrung und
Förderung der Arbeits- und
Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu
bilden, ist für jedermann und für alle Berufe
gewährleistet.
38
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundrechte
Art. 10 Abs. 1 GG: Brief- und Postgeheimnis

Das Briefgeheimnis sowie das Post- und
Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.
39
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundrechte
Art. 11 Abs. 1 GG: Recht auf Freizügigkeit

Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im
ganzen Bundesgebiet.
40
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundrechte
Art. 12 GG: Berufsfreiheit



Abs. 1: Alle Deutschen haben das Recht,
Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei
zu wählen. Die Berufsausübung kann durch
Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes
geregelt werden.
Abs. 2: Niemand darf zu einer bestimmten
Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen
einer herkömmlichen allgemeinen, für alle
gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
Abs. 3: Zwangsarbeit ist nur bei einer
gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung
zulässig.
41
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundrechte
Art. 13 GG: Unverletzlichkeit der Wohnung



Abs. 1: Die Wohnung ist unverletzlich.
Abs. 2: Durchsuchungen dürfen nur durch
den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch
durch die in den Gesetzen vorgesehenen
anderen Organe angeordnet und nur in der
dort vorgeschriebenen Form durchgeführt
werden.
(…)
42
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundrechte
Art. 14 GG: Eigentumsfreiheit



Abs. 1: Das Eigentum und das Erbrecht
werden gewährleistet. Inhalt und Schranken
werden durch die Gesetze bestimmt.
Abs. 2: Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch
soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit
dienen.
Abs. 3: Eine Enteignung ist nur zum Wohle
der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch
Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes
erfolgen, das Art und Ausmaß der
Entschädigung regelt. (…)
43
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundrechte
Art. 16 GG: Auslieferungsverbot


Abs. 1: Die deutsche Staatsangehörigkeit darf
nicht entzogen werden. Der Verlust der
Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines
Gesetzes und gegen den Willen des
Betroffenen nur dann eintreten, wenn der
Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.
Abs. 2: Kein Deutscher darf an das Ausland
ausgeliefert werden. Durch Gesetz kann eine
abweichende Regelung für Auslieferungen an
einen Mitgliedstaat der Europäischen Union
oder an einen internationalen Gerichtshof
getroffen werden, soweit rechtsstaatliche
Grundsätze gewahrt sind.
44
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundrechte
Art. 16a GG: Asylrecht



Abs. 1: Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
Abs. 2: Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen,
wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen
Gemeinschaften oder aus einem anderen
Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des
Abkommens über die Rechtsstellung der
Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze
der Menschenrechte und Grundfreiheiten
sichergestellt ist…
(…)
45
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundrechte
Art. 19 Abs. 4 GG: Rechtsschutzgarantie

Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in
seinen Rechten verletzt, so steht ihm der
Rechtsweg offen.
46
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundrechte
Art. 102 GG: Abschaffung der Todesstrafe

Die Todesstrafe ist abgeschafft.
47
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Grundrechte
Art. 103 GG: Rechtliches Gehör und nulla
poena sine lege



Abs. 1: Vor Gericht hat jedermann Anspruch
auf rechtliches Gehör.
Abs. 2: Eine Tat kann nur bestraft werden,
wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt
war, bevor die Tat begangen wurde.
Abs. 3: Niemand darf wegen derselben Tat
auf Grund der allgemeinen Strafgesetze
mehrmals bestraft werden.
48
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Staatsorganisation
cc. Staatsorganisation
= Wie ist der Staat organisiert?
= Welche Staatsorgane gibt es?
= Was sind die staatlichen Aufgaben? Wer
ist dafür zuständig?
49
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Organe
(aaa) Organe
1.Bundestag





Abgeordnete: aktuell 631
Gewählt vom deutschen Volk
Freies Mandat: Jeder Abgeordnete kann frei
entscheiden. Er muss nur sein Gewissen
beachten.
Konflikt: Freies Mandat und Fraktionsdisziplin
 Politische Parteien bilden Fraktionen. Sie
wollen oft einheitlich abstimmen.
Aufgaben:
 Hauptsächlich: Gesetze beschließen
50
 aber auch Kontrolle der Bundesregierung
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Organe
Bundesrat, Art. 50 GG
2.



Die Mitglieder kommen aus den Ländern. Sie
werden von den Landesregierungen entsandt.
Aktuell 69 Mitglieder
So können die Länder bei der Gesetzgebung
des Bundes mitwirken.
51
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Organe
Bundespräsident
3.



Staatsoberhaupt
Gewählt von der Bundesversammlung
 Die Bundesversammlung besteht zur Hälfte
aus Mitgliedern des Bundestages und zur
anderen Hälfte aus Vertretern von den
Bundesländern.
Aufgaben:
 Meistens repräsentative Aufgaben
 Ausfertigung der Gesetze und Verkündung
im Bundesgesetzblatt
52
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Organe
Bundesregierung
4.




Bundeskanzler + Bundesminister (Art. 62
GG): 16 Personen
Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des
Bundespräsidenten vom Bundestag gewählt.
Der Bundeskanzler hat in der
Bundesregierung eine herausragende
Stellung.
Aufgabe:
 Exekutive
 Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien
der Politik. Er allein ist für sie verantwortlich
(Art. 65).
53
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Organe
Bundesverfassungsgericht
5.




Es kontrolliert, ob die Verfassung verletzt
wird, Art. 93 GG.
Es ist selbstständig und unabhängig. Es ist
gegenüber anderen Verfassungsorganen
gleichgeordnet.
2 Senate mit je 8 Richtern = 16 Richter
Richter am Bundesverfassungsgericht werden
für 12 Jahre gewählt.
54
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Organe
Bundesverfassungsgericht
5.

Wichtigste Aufgaben:
 Normenkontrolle = Verletzt ein Gesetz das
Grundgesetz?
 Verfassungsbeschwerde = Verletzt ein
konkreter Akt (Beispiel: Urteil) einen Bürger
in einem Grundrecht?
 Organstreit = das Gericht entscheidet, wenn
Organe über ihre Aufgaben streiten
 Bund-Länder-Streit = das Gericht
entscheidet, wenn Bund und Länder über
ihre Zuständigkeit streiten
55
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Gesetzgebung
(bbb) Gesetzgebungsverfahren
1. Gesetzgebungskompetenz


Gesetzgebungskompetenz = Wer ist für ein
bestimmtes Gesetz zuständig: der Bund oder ein
Land?
3 Arten von Gesetzgebungszuständigkeiten:





Ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes
Konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit
Ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit der Länder
Die Länder sind zuständig, außer wenn das GG etwas
anderes regelt.
Übergeordnetes Prinzip: Bundesrecht bricht
Landesrecht = Wenn es ein Gesetz vom Bund
gibt, dürfen die Gesetze der Länder nicht mehr
angewendet werden.
56
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Gesetzgebung
a)
Art. 73 GG: Ausschließliche
Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes
= Länder sind von der Gesetzgebung
ausgeschlossen. Nur der Bund darf Gesetze
erlassen
Beispiele: Verteidigung, Währung, Zollwesen,
Staatsangehörigkeit
57
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Gesetzgebung
b)
Art. 74 GG: Konkurrierende
Gesetzgebungszuständigkeit
= Länder dürfen nur dann Gesetze erlassen, wo nicht
schon der Bund Gesetze verabschiedet hat
zum Beispiel: bürgerliches Recht, Strafrecht,
Gerichtsverfassung, gerichtliches Verfahren,
Rechtsanwaltschaft, Notariat, Vereins- und
Versammlungsrecht
Der Bund nutzt seine Kompetenz meistens.
Aber: Der Bund hat das Gesetzgebungsrecht nur, wenn
eine einheitliche Regelung im Bund notwendig ist, zum
Beispiel um die Rechts- oder Wirtschaftseinheit zu
erhalten, Art. 72 GG.
58
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Gesetzgebung
Ausschließliche
Gesetzgebungszuständigkeit der Länder
c)


Prinzip: Die Länder sind zuständig.
Ausnahme: Das Grundgesetz regelt etwas
anderes, also eine konkurrierende
Zuständigkeit oder eine ausschließliche
Zuständigkeit des Bundes.
59
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Gesetzgebung
Verfahren
2.




Bei jedem Gesetz des Bundes muss zuerst
das Parlament zustimmen.
Danach wird der Bundesrat beteiligt.
 So wird der Wille der Länder berücksichtigt.
 Bei manchen Gesetzen muss er explizit
zustimmen. Manchmal reicht es, wenn er
nicht widerspricht. Das hängt vom Inhalt
des Gesetzes ab.
Danach wird das Gesetz vom
Bundespräsident ausgefertigt und verkündet.
Dann tritt es in Kraft.
60
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Verfassungsgrundsätze
dd. Verfassungsgrundsätze

Art. 20 Abs. 1 GG: Die Bundesrepublik
Deutschland ist ein demokratischer und
sozialer Bundesstaat.
 Demokratisch = Das Volk wählt die
Regierung.
 Sozial = Der Staat möchte soziale Sicherheit
und Gerechtigkeit
 Gegensatz zum Bundesstaat: Einheitsstaat
wie in Frankreich
61
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Verfassungsgrundsätze


Deutschland ist ein Rechtsstaat
 Art. 20 Abs. 3 GG: Die Gesetzgebung ist an
die verfassungsmäßige Ordnung, die
vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung
sind an Gesetz und Recht gebunden.
Gewaltenteilung
 Legislative = macht die Gesetze
 Exekutive = führt die Gesetze aus
 Judikative = kontrolliert die Einhaltung der
Gesetze
 So hat keiner zu viel Macht.
62
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht: Verfassungsgrundsätze

Art. 79 Abs. 3 GG: „Eine Änderung dieses
Grundgesetzes, durch welche … die in den
Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze
berührt werden, ist unzulässig.“
 Schutz der Grundrechte bei Änderungen des
Grundgesetzes = Ewigkeitsklausel
 Dadurch wird das Rechtsstaatsprinzip
geschützt.
 Zustände wie im Nationalsozialismus sollen
nicht mehr passieren.
63
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht
b. Verwaltungsrecht
aa. Zuständigkeit zur Verwaltung im
Bundesstaat



Die Verwaltung führt die Gesetze aus =
Exekutive
Der Bund hat keine eigene Verwaltung: Die
Länder setzen die Bundesgesetze um, Art. 30
GG.
Ausnahmen:
Diplomatischer Dienst (Botschaften,
Konsulate)
Bundeswehr
64
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht
bb. Organisation auf Landesebene
Die
Länder sind wie der Bund organisiert. Sie
haben die gleichen Organe mit den gleichen
Aufgaben.
 Ministerpräsident
 Landesregierung
 Landtag
 Landesverfassungsgericht
(Verfassungsgerichtshof)
65
VI. Rechtsgebiete – Öffentliches Recht
cc. Organisation unterhalb der Landesebene
Regierungsbezirke,
Landkreise und Gemeinden
Kommunale Selbstverwaltung, Art. 28 II GG:
Die Gemeinden dürfen alle Angelegenheiten der
örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung
regeln.
Wenn ein Land oder der Bund dieses Recht verletzt,
können die Gemeinden dagegen klagen.
66
VI. Rechtsgebiete – Strafrecht
Strafrecht
2.

Strafgesetzbuch (StGB) von 1871
 Allgemeiner Teil: regelt die Voraussetzungen
und Folgen von Straftaten
 Besonderer Teil legt die einzelnen strafbaren
Handlungen und der entsprechende
Strafrahmen fest.
67
VI. Rechtsgebiete – Strafrecht
Strafrecht
2.


Strafgesetzbuch (StGB): Es regelt die Straftaten und
die Voraussetzungen der Strafbarkeit.
Strafprozessordnung (StPO): Sie regelt das förmliche
Verfahren, in dem das Vorliegen einer Straftat und die
Strafe festgelegt werden.
 1. Ermittlungsverfahren: Der Sachverhalt wird
ermittelt.
 2. Zwischenverfahren: Das Gericht entscheidet, ob es
ein Hauptverfahren gibt.
 3. Hauptverfahren: Am Ende gibt es ein Urteil: ein
Freispruch oder eine Verurteilung. Eventuell wird eine
Strafe festgelegt.
68
VI. Rechtsgebiete – Zivilrecht
Zivilrecht
3.




= Privatrecht
Es regelt die Rechtsbeziehungen der Bürger
untereinander und die Beziehungen zu
Gesellschaften.
Wichtigstes Prinzip: Privatautonomie = jeder
kann seine Rechtsbeziehungen selbst
gestalten.
Vertragsfreiheit, Vereinigungsfreiheit,
Eigentumsfreiheit, Eheschließungsfreiheit und
Testierfreiheit
69
VI. Rechtsgebiete – Zivilrecht


materielles Privatrecht:
 das bürgerliche Recht
 Wichtigste Quelle: Bürgerliches
Gesetzbuch (BGB) von 1900
 die Sonderprivatrechte
 Beispiel: Handelsgesetzbuch (HGB) von
1900
formelles Privatrecht: Es regelt, wie
Ansprüche aus dem materiellen Privatrecht
durchgesetzt werden.
 Wichtigste Quelle: Zivilprozessordnung
(ZPO) von 1879
70
VII. ORGANISATION DES
GERICHTSWESENS
71
VII. Organisation des Gerichtswesens – Gerichtsbarkeiten
Gerichtsbarkeiten
1.
= Gerichte für verschiedene Sachgebiete:

Ordentliche Gerichtsbarkeit Zivilrecht und
Strafrecht

Verwaltungsgerichtsbarkeit Verwaltungsrecht

Arbeitsgerichtsbarkeit Arbeitsrecht

Sozialgerichtsbarkeit Sozialrecht

Finanzgerichtsbarkeit Steuerrecht
72
VII. Organisation des Gerichtswesens – Instanzen
Instanzen
2.





Jede Gerichtsbarkeit hat mehrere Ebenen. Sie
heißen Instanzen.
Es gibt 2, 3 oder 4 Instanzen in jeder
Gerichtsbarkeit.
Manche Gerichte gehören zum Bund, manche
Gerichte gehören zum Land.
Jede Instanz hat eigene Aufgaben.
Das Prozessrecht regelt, welche Instanz
zuständig ist.
73
VII. Organisation des Gerichtswesens – Instanzen
Instanzen
Ordentliche Gerichtsbarkeit:
• Amtsgericht (AG)
• Landgericht (LG)
• Oberlandesgericht (OLG)
• Bundesgerichtshof (BGH)
Verwaltungsgerichtsbarkeit:
• Verwaltungsgericht (VG)
• Oberverwaltungsgericht (OVG)
• Bundesverwaltungsgericht
(BVerwG)
Arbeitsgerichtsbarkeit:
• Arbeitsgericht (ArbG)
• Landesarbeitsgericht (LAG)
• Bundesarbeitsgericht (BAG)
Sozialgerichtsbarkeit:
• Sozialgericht (SG)
• Landesozialgericht (LSG)
• Bundesozialgericht (BSG)
Finanzgerichtsbarkeit:
• Finanzgericht (FG)
• Bundesfinanzhof (BFH)
74
VII. Organisation des Gerichtswesens – Instanzen
Aufbau der Gerichtsbarkeit von Bund und
Ländern
AG,
LG, OLG, VG, OVG, ArbG, LAG, SG, LSG und
FG sind alle Gerichte der Bundesländer!
BGH
(Karlsruhe; Leipzig), BVerwG (Berlin;
Leipzig), BAG (Erfurt); BSG (Kassel) und BFH
(München) sind die 5 Bundesgerichte
Bundesverfassungsgericht
(Karlsruhe) ist kein
weiteres Bundesgericht, sondern ein
Verfassungsorgan
75
VII. Organisation des Gerichtswesens – Verfahrensgrundsätze
3.
Verfahrensgrundsätze
a.
Gesetzlicher Richter:

Art. 101 I 2 GG: Niemand darf seinem
gesetzlichen Richter entzogen werden.
Es muss im vorhinein (= vor Entstehen des
Rechtsstreits) feststehen, welcher Richter einen
Prozess bearbeiten würde.
Geschäftsverteilungsplan in den Gerichten
bestimmen den konkreten Richter.


76
VII. Organisation des Gerichtswesens – Verfahrensgrundsätze
b.




Rechtliches Gehör
Art. 103 I GG: Vor Gericht hat jedermann
Anspruch auf rechtliches Gehör.
Der Bürger muss rechtzeitig und vollständig
über ein Verfahren, das ihn betrifft, unterrichtet
werden.
Der betroffene Bürger hat das Recht, zu allen
Tatsachen und Rechtsfragen, die für das Urteil
wichtig sind, etwas zu sagen.
Das Gericht muss die Aussagen des Bürgers
ernst nehmen.
77
VII. Organisation des Gerichtswesens – Verfahrensgrundsätze
Mündlichkeit
c.
Mündliche Verhandlung: keine ausschließlich
schriftlichen Verfahren
Die mündliche Verhandlung kann durch
Schriftsätze vorbereitet werden.


Öffentlichkeit
d.
Alle Bürger dürfen bei Verfahren anwesend
sein. Es gibt keine geheimen Verfahren.
Ausnahmen:





Schutz der Persönlichkeit
Schutz von Staatsgeheimnissen
Scheidungsverfahren
78
VII. Organisation des Gerichtswesens – Rechtsmittel und Rechtskraft
4.
Rechtsmittel und Rechtskraft

Urteile der ersten Instanz können durch
Rechtsmittel angefochten werden:



Berufung: Tatsachenfragen und Rechtsfragen
werden neu entschieden
Revision: nur Rechtsfragen werden neu
entschieden
Für beides gibt es eine bestimmte Frist. Danach
werden die Urteile unanfechtbar.
79
VII. Organisation des Gerichtswesens – Rechtsmittel und Rechtskraft


Unanfechtbare Urteile werden
rechtskräftig. Sie entfalten Rechtskraft.
Rechtkräftige Urteile können vollstreckt
werden.
80
VII. Organisation des Gerichtswesens – Vollstreckung
5.
Vollstreckung

Vollstreckung ist die Realisierung bzw.
tatsächliche Umsetzung des Urteils.
Das Urteil muss rechtskräftig sein.
Die Vollstreckung kann durch staatlichen
Zwang erfolgen.


81
VII. Organisation des Gerichtswesens – Kosten
6.
Kosten

Arten:





außergerichtliche Kosten (Rechtsanwalt)
gerichtliche Kosten (Gerichtsgebühren;
Zeugenentschädigung)
Die Partei, die verliert, bezahlt die Kosten.
Die Höhe der Gebühren hängt ab vom
Streitwert (= das, worum die Parteien
streiten).
Bürger können finanzielle Hilfe vom Staat
bekommen, wenn sie nicht genug Geld
haben = Prozesskostenhilfe
82
VII. Organisation des Gerichtswesens – Zivilprozess
7.
Zivilprozess
a.
Klagearten

Leistungsklage = Durchsetzung von Ansprüchen



Geld, Sachen, Handlungen,…
Feststellungsklage = Feststellung des Bestehens
oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses
Gestaltungsklage = ändert ein Rechtsverhältnis
unmittelbar
83
VII. Organisation des Gerichtswesens – Zivilprozess
b.
Ablauf des Prozesses

Erkenntnisverfahren (=Verfahren bis zum
Urteil)






Klageerhebung durch den Kläger beim Gericht
Klagezustellung: Der Beklagte bekommt die Klage.
Früher erster Termin oder schriftliches
Vorverfahren
Klageerwiderung (Replik): Der Beklagte antwortet
auf die Klage.
 Duplik: Der Kläger kann auf die Replik
antworten.
Termin zur mündlichen Verhandlung
Verkündung des Urteils
84
VII. Organisation des Gerichtswesens – Zivilprozess
b.
Ablauf des Prozesses

Zwangsvollstreckungsverfahren (=
Umsetzung des Urteils)


Nur bei Leistungsklagen möglich
Voraussetzungen
 Titel: das Urteil
 Klausel, die Vollstreckung erlaubt
 Zustellung des Titels an den Schuldner
85
VII. Organisation des Gerichtswesens – Zivilprozess
c.
Beweismittel und Beweislast

Beweismittel:





Urkunden
Zeuge
Parteivernehmung
Augenschein
Sachverständige
Beweislast:



Jede Partei muss beweisen, was für sie günstig ist.
Manchmal wird die Beweislast umgekehrt. Das passiert
oft, wenn die Partei gar nicht die Möglichkeit hat, die
Sache zu beweisen.
86
VIII. JURISTISCHE
AUSBILDUNG UND BERUFE
87
VIII. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
1. Juristische Ausbildung
a.Einheitsjurist
=
Jeder, der einen juristischen Beruf
ausüben möchte, muss die gleiche
Ausbildung machen.
Vorteile: hohes allgemeines Niveau; gleiche
Denkweise bei allen Juristen
Nachteile: geringe Spezialisierung; lange
Dauer und hohe Kosten
Schwerpunktstudium: 30% der
Examensleistung
88
VIII. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
Aufbau der Ausbildung
b.
Studium der Rechtswissenschaften an einer
Universität



Referendarzeit (Vorbereitungszeit)




über 40 juristische Fakultäten in Deutschland
Abschluss: erstes juristisches Staatsexamen =
Referendar (Ref. iur.)
Abschluss: zweites juristisches Staatsexamen =
Assessor (Ass. iur.)
Eventuell Promotion (Dr. iur.)
Eventuell Habilitation (Dr. iur. habil.)
89
VIII. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
c.



Hochschulstudium
Unabhängig von Studienort gleichwertig
Minimaldauer: 7 oder 8 Semester
Durchschnittsdauer: 9-10 Semester
90
IX. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
Hochschulstudium: Inhalt





Gegenstand des Studiums sind die wichtigsten
Rechtsgebiete. Dazu kommen noch
Schwerpunktbereiche.
Zivilrecht: Bürgerliches Recht (=BGB);
Handels- und Gesellschaftsrecht; Arbeitsrecht;
Zivilprozessrecht
Öffentliches Recht: Verfassungsrecht;
allgemeines und besonderes
Verwaltungsrecht; Verfassungs- und
Verwaltungsprozessrecht
Strafrecht und Strafprozessrecht
91
IX. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
Juristische Staatsprüfung
Staatsprüfung?
d.





Die Prüfung findet NICHT an der Universität
statt.
Die Aufgaben für die Prüfung kommen von den
Justizprüfungsämtern des Landes
Alle Studenten in einem Land schreiben
dieselbe Prüfung.
Die Studenten werden von Professoren,
Richtern, Staatsanwälten, Rechtsanwälten,
Verwaltungsbeamten und Notaren geprüft.
92
IX. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
d.
Juristische Staatsprüfung
aa. 1. juristische Staatsprüfung =
Referendarexamen
aaa. Universitärer Teil (Schwerpunktbereich)

30 % Gesamtnote
93
VIII. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
aaa. Universitärer Teil
Beispiel: Freiburg
1.SPB 1: Rechtsgeschichte und
Rechtsvergleichung
2.SPB 2: Zivilrechtliche Rechtspflege in
Justiz und Anwaltschaft
3.SPB 3: Strafrechtliche Rechtspflege
4.SPB 4: Handel und Wirtschaft
5.SPB 5: Arbeit und Soziale Sicherung
94
VIII. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
6.
7.
8.
SPB 6: Europäische und internationale
Rechts- und Wirtschaftsbeziehungen
SPB 7: Umwelt und Wirtschaft
SPB 8: Informationsrecht und Geistiges
Eigentum
95
VIII. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
Schwerpunktstudium: Prüfungen
Beispiel: Freiburg
•Aufsichtsarbeit (5 Stunden)
•Seminararbeit
•1 - 2 kleine Klausuren
96
VIII. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
bbb. Staatlicher Teil



Ein schriftlicher und ein mündlichem Teil
Die Prüfung im schriftlichen Teil ist
anonym. Der Prüfer weiß nicht, wer die
Arbeit geschrieben hat. Jede Arbeit wird
von 2 Prüfern bewertet.
In der mündlichen Prüfung werden
mehrere Studenten gemeinsam geprüft.
97
VIII. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
e.
Notenskala

Die Noten sind sehr wichtig. Sie
entscheiden, welchen Beruf man haben
kann.


Beispiel: mindestens 9 Punkte für Richter
Die Noten sind wegen des Staatsexamens
vergleichbar.
98
VIII. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
Notenskala











18-14 Punkte: sehr gut
11,5-13,99 Punkte: gut
9-11,49 Punkte: vollbefriedigend
6,50-8,99 Punkte: befriedigend
4,00-6,49 Punkte: ausreichend
1,50-3,99 Punkte: mangelhaft
0,00-1,49 Punkte: ungenügend
Prädikat
Ab 4 Punkten hat man bestanden.
Ca. 18 % fallen durch, ca. 60% haben
befriedigend oder besser (Statistik: Uni
Freiburg)
Mit Prädikatsexamen kann man promovieren.
99
VIII. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
f.
Vorbereitungsdienst/Referendarzeit

= praktische Ausbildung nach dem 1. Examen
Ziel: Die „Befähigung zum Richteramt“ =
Volljurist
Dauer: 2 Jahre
Abschluss: 2. Staatsexamen
Verschiedene Stationen: Zivilgericht,
Strafgericht, Verwaltung und Rechtsanwalt
Man entwirft Urteile, Schriftsätze, etc., die dann
vom Richter bzw. Anwalt kontrolliert werden
Daneben gibt es Arbeitsgemeinschaften. Dort
werden die praktischen Aspekte vertieft.






100
VIII. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
g.
2. Juristische Staatsprüfung

= Assessorexamen
Zentralisiert und anonym, siehe oben
Schriftlicher und mündlicher Teil, siehe oben
Hausarbeitsexamen und Klausurexamen
Die Note im 2. Examen ist sehr wichtig, wenn
man Richter, Notar oder Staatsanwalt werden
möchte oder wenn man in einer großen Kanzlei
arbeiten möchte.





Wer eine schlechte Note hat, kann nur Einzelanwalt
werden. Es gibt deswegen sehr viele Einzelanwälte.
101
VIII. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
h.
Promotion und Habilitation

Akademische Prüfungen, keine Staatsprüfungen
Promotion üblich bei allen besseren Juristen,
also auch bei Richtern, Staatsanwälten,
Verwaltungsbeamten und Rechtsanwälten
Habilitation nur üblich bei Personen, die sich für
die wissenschaftliche Laufbahn interessieren
(Professoren)


102
VIII. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
2. Juristische Berufe
a. Richter

Man kann sofort nach Bestehen des 2.
Examens Richter werden.

Am wichtigsten ist die Note im 2.
Staatsexamen.
103
VIII. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
a.
Richter

Ernennung auf Lebenszeit
Richterliche Unabhängigkeit:



Keine Hierarchie
Keine festen Arbeitszeiten
Richterliche Unabhängigkeit durch Wunsch
der Richter, befördert zu werden


Richter, Vorsitzender Richter, Senatspräsident
104
VIII. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
b.
Staatsanwalt

Strafrecht
Er leitet die Ermittlungen. Er vertritt die
Anklage vor Gericht.
Staatsanwälte sind weisungsgebunden
Wer Richter war, kann problemlos
Staatsanwalt werden und umgekehrt.
Ebenen: Staatanwalt, Oberstaatsanwalt,
Leitender Oberstaatsanwalt,
Generalstaatsanwalt, Generalbundesanwalt




105
VIII. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
c.
Rechtsanwalt

Jeder Volljurist (= ab 2. Staatsexamen) kann
die Zulassung als Rechtsanwalt beantragen.
Rechtsanwälte beraten und vertreten ihre
Mandanten im Gericht und außerhalb.
„Feld- und Wiesen-Anwalt“: macht alle
Rechtsgebiete
Spezialisierung als Fachanwälte
Rechtsanwaltskanzleien oder -sozietäten:
mehrere Anwälte arbeiten zusammen
Wirtschaftskanzleien: noch weitere Aspekte,
zum Beispiel Wirtschaftsberatung





106
VIII. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
d.
Notar

2 Systeme:
1.
Nur-Notare: Sie gehen auf das französische
System zurück. Sie sind deswegen meistens in
Gebieten, die von Frankreich besetzt waren
(linksrheinische Gebiete)
Anwaltsnotare = Rechtsanwalt und Notar
gleichzeitig
2.

Funktion: Der Notar betreut Bürger
unabhängig und unparteiisch bei wichtigen
Verträgen (z.B. Grundstückskauf) oder
Rechtsgeschäften (z.B. Testament)
107
VIII. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
e.
Verwaltungsbeamte

Juristen leiten fast alle wichtige Behörden.
Juristen haben in allen Behörden die
wichtigsten Positionen.
Der Staat ist einer der wichtigsten
Arbeitgeber für Juristen.


108
VIII. Juristische Ausbildung und Berufe – Ausbildung
f.
Hochschullehrer / Professoren

Man braucht das 2. Staatsexamen nicht. Die
meisten Jura-Professoren haben es aber.
Promotion mit wenigstens magna cum laude
(typischerweise: summa cum laude)
Habilitation: dadurch wird die venia legendi in
bestimmten Fächern erteilt
venia legendi = Erlaubnis, Vorlesungen zu
halten
Dann ist man Privatdozent
Erst durch einen “Ruf” einer Universität wird
man zum Professor





109
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