Eröffnungsrede Dr. Anne- Marie SIGMUND, Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, zum Europäischen Tag der Freien Berufe 2006 Als ich anlässlich des letzten bilateralen Treffens zwischen dem deutschen Bundesverband der Freien Berufe (BfB) und dem Bundeskomitee für Freie Berufe Österreichs (BUKO) im Mai vergangenen Jahres den Vorschlag gemacht habe, einen Europäischen Tag der Freien Berufe zu schaffen, habe ich das aus verschiedenen Überlegungen getan, auf die ich gleich kurz eingehen werde. Ich freue mich ganz besonders, dass die Herren Präsidenten CABANA und OESINGMANN die Anregung aufgegriffen und mit aktiver Beteiligung von CEPLIS Präsident BEDOSSA und den Vertretern des CLUB PROFILE eingesetzt haben. In den nun bald 27 Jahren, die mich mit dem Bundeskomitee der Freien Berufe Österreichs (BUKO) verbinden, habe ich gelernt und erfahren, dass die Ausübung eines Freien Berufes etwas ganz besonderes ist. Ein Freiberufler grenzt sich in seiner Berufsausübung, die durch ganz klare Berufsrechte und Berufspflichten ebenso gekennzeichnet sind, wie durch bindende Standesregeln, klar von jedem Dienstleistungserbringer aus Handel, Gewerbe und Industrie ab. Aber die Kriterien der Berufsausübung sind auch für die Freien Berufe untereinander nicht deckungsgleich. Und es gibt Tätigkeitsbereiche der Freien Berufe, die einem anderen Freien Berufe nahe sind, ihn ergänzen, aber auch solche, die sich überschneiden. Alle die Umstände machen eine gemeinsame Vertretung der Interessen aller Freien Berufe nach außen nicht gerade einfach. Auf europäischer Ebene wird das ganze noch erschwert durch den Umstand, dass die Zugehörigkeit zu einem Freien Beruf in den einzelnen Mitgliedstaaten zum Teil unterschiedlich geregelt ist. Demnach ist es für uns unbestritten, dass die Freien Berufe eine „Corporate Identity“ haben, was von den europäischen Organen Kommission, Parlament und EuGH ja auch explizit und implizit bestätigt wird. Und dieses gemeinsame Wesen der Freien Berufe und ihre Besonderheiten, aber auch ihre Probleme, wollen wir heute, anlässlich des ersten europäischen Tages der Freien Berufe- nicht zuletzt auch im aktuellen Kontext- offen diskutieren. Denn die Freien Berufe sind besondere Berufe und manche von ihnen sind seit der Antike, denn sie waren und sind immer drei Elementen verpflichtet: dem Gesetz und damit der Gesellschaft zusätzlich der selbst auferlegten Berufsethik und schließlich der persönlichen und vorrangigen Verantwortung gegenüber ihren Auftraggebern, den Klienten, Patienten und Kunden. Damit erfüllen die Freien Berufe eine Brückenfunktion zwischen Staat und Bürger, dessen Grundbedürfnisse sie sichern und dessen Grundrechte sie vertreten. Freiheit hat für den Freiberufler eine doppelte Bedeutung: einerseits die Freiheit und Unabhängigkeit seiner Berufsausübung und zum anderen die Freiheit des Bürgers, die Dienste eines Freiberuflers dort in Anspruch zu nehmen, wo es sich um existentielle Lebensbereiche handelt wie z.B. seine Gesundheit, den Zugang zum Recht, seine rechtliche, wirtschaftlich, aber auch technische Sicherheit, kurz um, seine Lebensqualität. Der EWSA hat im Rahmen des gemeinschaftlichen Institutionengefüges eine den Freien Berufe verwandte Rolle; auch er versteht sich als Brücke zwischen den Institutionen und den Bürgern und nimmt seine Mittlerfunktion auf vielfältige Weise wahr. Und alle Themen, die wir heute diskutieren werden, wurden auch vom EWSA behandelt: zum jährlichen Wettbewerbsbericht der Kommission geben wir regelmäßig Stellungnahmen ab, das Thema „Selbstverwaltung und Selbstregulierung“ ist durch die Initiative meines Kollegen B. VEVER zum Dauerbrenner geworden. zum Entwurf einer Dienstleistungsrichtlinie war der EWSA mit seinem Berichterstatter Arno METZLER und Erik EHNMARK die 1. Institution, die eine Stellungnahme verabschiedet hat. Und Verbraucherschutz ist ein horizontales Anliegen unseres Ausschusses. Ich wünsche mir, dass dieser „ 1.Europäische Tag der Freien Berufe“ informativ für alle sein wird und allen Beteiligten einen Mehrwert bringt. Es wäre schön, wenn wir- aufbauend auf diesem Europäischen Tag der Freien Berufe 2006 uns 2007 zum nächsten Europäischen Tag der Freien Berufe treffen würden. Ich wünsche uns allen einen spannenden Tag, gute Gespräche- auch außerhalb des offiziellen Teils und darf- in alphabetischer Reihenfolge! zunächst meinen Freund und Kollegen A. BEDOSSA, Präsident von CEPLIS und Mitglied unseres Ausschusses, um seine Einführungsworte bitten.