Gründungsinformation Nr. 29 Werbung: Ingenieure 09/2012 2 Werbung: Ingenieure 1. Werbung allgemein, einschließlich Internet Werbeverbot für Freiberufler gehört längst der Vergangenheit an. Das Bundesverfassungsgericht hat das Werberecht der Freien Berufe nach Art. 12 Abs. 1 GG in mehreren Entscheidungen bestätigt. Freiberuflich tätige Ingenieure dürfen mit ihrer Leistung werben. Die Möglichkeiten und Grenzen der Werbung von Ingenieuren werden maßgeblich von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, aber auch vom Standesrecht der Architekten beeinflusst. Höherer Bekanntheitsgrad ist oft einer der entscheidenden Wettbewerbsvorteile gegenüber Konkurrenten in einem Markt, wo inhaltliche Spezialisierung und berufliche Differenzierung bei vielen Anbietern ähnlich sind. Eine bundeseinheitliche Regelung der Werbung durch Ingenieure existiert mangels einer Musterberufsordnung nicht. Das heißt, die Grenzen der zulässigen Werbung werden von den Ingenieurkammern der Länder unterschiedlich definiert und liegen vor allem in deren Gestaltung. Jedoch lassen sich allgemeine Tendenzen zur Liberalisierung erkennen und die Werbegrundsätze der Ingenieurkammern unterscheiden sich nicht wesentlich voneinander. Grundsätzlich gilt: Handlungen zu Zwecken des Wettbewerbs, die sittenwidrig oder irreführend sind, sind zu unterlassen. Selbstständige Ingenieure werben durch Ihre Leistung und Qualität. Werbung ist Ingenieuren nur erlaubt, wenn sie über die berufliche Tätigkeit in Inhalt und Form sachlich informiert. Werbung im Internet ist grundsätzlich erlaubt. Auch hier gilt eine Abgrenzung zwischen erlaubter Information und berufswidriger Werbung. Die Vorgaben des Internetauftritts sind jedoch im Vergleich zu anderen Werbeträgern niedriger, da der potenzielle Kunde die Homepage von sich aus besucht und sich dadurch nicht durch „unerwünschte“ Informationen belästigt fühlen kann (OLG Hamburg, 26.2.2004, 3 U 82/02). Institut für Freie Berufe Nürnberg Stand: September 2012 3 Beim Auftritt im Netz sind allerdings die besonderen gesetzlichen Vorgaben zu beachten. § 5 des TMG (Telemediengesetz) schreibt Mindestangaben für Ingenieurhomepages vor. Demnach müssen zumindest folgende Informationen leicht zugänglich und ständig verfügbar sein: Name und Anschrift des Ingenieurs, die Telefon- und Fax-Nummer, die E-MailAdresse, Angaben über eine Eintragung im Handels-, Vereins- und Partnerschaftsregister mit entsprechenden Registriernummern, Name der Kammer, welcher der Ingenieur angehört, die gesetzliche Berufsbezeichnung des Ingenieurgesetzes sowie Berufsordnung und ein Hinweis, wie und wo diese zugänglich sind. Die Ingenieure, denen eine Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27a Umsatzsteuergesetz zugeteilt wurde, müssen diese ebenfalls angeben. Bei den Hinweisen der Ingenieur-Homepages handelt es sich nicht mehr um freiwillige Angaben. Soweit die nach § 5 TMG vorgeschrieben Informationen nicht, nicht richtig oder nicht vollständig verfügbar sind, liegt ein Verstoß gegen die Pflicht zu Impressumsangaben vor, der einen Wettbewerbsverstoß darstellt (OLG Hamm, 04. 08. 2009, 4 U11/09; LG Essen, 11. 02. 2009, 41 O 5/09). Dies kann nach § 16 III TMG mit bis zu 50 000 € Geldbuße geahndet werden. Unzulässig ist auf der ingenieureigenen Homepage kommerzielle Fremdwerbung z. B. in Form von Einblendbannern, Werbeframes, Werbebuttons, insbesondere für Bauprodukte. Dies wäre nicht mit den Grundsätzen der Berufsordnung vereinbar, da dadurch Zweifel an der Unabhängigkeit des freischaffenden Ingenieurs entstehen könnten. Dasselbe gilt auch für die Verlinkung mit Homepages von Bauproduktenherstellern, -händlern und Bauunternehmern. Wer auf seiner Homepage interaktive Bestandteile, wie ein elektronisches Gästebuch oder Diskussionsforen (Chat-Rooms) einrichtet, ist für die dort verbreiteten Inhalte verantwortlich und muss gewährleisten können, dass diese Seiten nicht zur Umgehung der Werbegrundsätze genutzt werden. Daher müssen fragwürdige Gästebucheinträge oder Diskussionsbeiträge wie unsachliche Anpreisungen des Homepageanbieters oder herabsetzende Äußerungen zu Kollegen bzw. Konkurrenten sowie Beiträge, die auf eine Produktwerbung hinauslaufen, unterbleiben. Hinsichtlich der Auswahl von Werbeaktionen sollte nicht reklamehaft vorgegangen werden, sondern vielmehr dezent und sachlich. Im Zweifelsfall sollte man sich bei den zuständigen Kammern oder Interessenvertretungen informieren. Institut für Freie Berufe Nürnberg Stand: September 2012 4 2. Zulässige und unzulässige Ingenieurswerbung, Urteile und andere Quellen Zulässig Beispiele für zulässige Ingenieurwerbung: Werbung, die weder aufdringlich gestaltet, noch anpreisend abgefasst ist wie Zeitungsinserate mit rein informativem Inhalt, ohne besondere Anlässe (BVerG, 18.02.2002, 1 BvR 1644/01). Eintragung in Verzeichnissen (Branchenverzeichnisse, Adressbuch) und elektronischen Medien, auch in hervorgehobenem Druck und Umrahmung Flyer und Prospekte, selbst größere Infomappen zur kurzen oder ausführlichen Bürodarstellung. Wegen Ähnlichkeit mit der Internetwerbung ist darauf zu achten, dass Text, Grafik und Darstellung sachbezogen und informativ bleiben. Alle Angaben müssen der Wahrheit entsprechen und nachprüfbar sein. Fotos der Büroinhaber oder der Einsatz von Hochglanzpapier (OLG München, 29. 03. 2000, 29 U 2007/00). Büroschild: selbst auffällig große Schilder stellen keine unerlaubte Webung dar. (OLG Dresden, 02.12.1997, 17 U 816/97). Sogar Maße von 50 x 55 cm sind unproblematisch Urheberhinweise auch mit Anschrift und Telefonnummer Hinweis auf Kooperationen mit berufsfremden Dienstleistungsanbietern (BGH, 25.07.2005, AnwZ (B) 42/04) Gemeinschaftswerbung auf Verbandsebene, auch mit Architekten Namensnennung im Rahmen eines redaktionellen Berichts Beteiligung an einem Ingenieursuchservice Werbemittel wie Notizpapier, Blocks, Filzstifte und Kugelschreiber mit der Anschrift bei gezielter Verteilung Baustellenschilder mit Name, Anschrift, Telefonnummer und Hinweis des Leistungsbildes Bandenwerbung auf Sportplatzumrandungen z.B. Name und Telefonnummer mit Logo des Ingenieurbüros (AnwG Hamm, 14. März 2002, AR 19/01) Sachliche und informative Werbespots im Rundfunk und Fernsehen (BVerG, 18.02.2002, 1 BvR 1644/01) Fahrzeugwerbung, Werbung auf Taxifahrzeugen. Die Angabe von Firmenlogo, Büronamen, Anschrift und Kommunikationsdaten auf der Länge eines Straßenbahnwaggons (BVerG, 26.10.2004, 1BvR 981/00) Hinweis auf Kooperationen mit berufsfremden Dienstleistungsanbietern ist erlaubt, weil sich damit eine sachliche Information über die Zusammenarbeit in bestimmten Bereichen verbindet, die für potenzielle Kunden von Bedeutung sein kann (BGH, 25. 07. 2005, AnwZ (B) 42/04). Stand auf einer Fachmesse oder einer branchenübergreifenden allgemeinen Leistungsschau (OLG Saarbrücken, 05. 04. 2000, 1 U 951/99). Die Zulässigkeit richtet sich hier nach der Gestaltung des Ausstellungsstands und der Art und Weise der Präsentation der Dienstleistung und dem Auftreten der Standbetreuer. Rundschreiben als allgemeine Werbung, soweit die Gebote der Sachlichkeit und Information gewahrt bleiben (BGH, 15. 03. 2001, I ZR 337/98). Institut für Freie Berufe Nürnberg Stand: September 2012 5 Einladungsschreiben an potenzielle Kunden zu Informationsgesprächen (BGH, 01.03. 2001, I ZR 300/98) Newsletter, Infobriefe. Imagewerbung (BVerfG, 17. 4. 2000, 1 BvR 721/99; BGH, 22. 09. 2005, I ZR 55/02), wenn man gemeinnützige Einrichtungen finanziell fördert („Social Sponsoring“). Unzulässig Beispiele für unzulässige Ingenieurwerbung: Anpreisen und öffentliches Anbieten von Ingenieurleistungen, Postwurfsendungen und ungezielte Bewerbungen Anpreisungen wie „preiswerte Planung“ oder „günstige Statik“ (LG Köln, 25.09.2000, 84 O 54/00) Büroschilder in Leuchtschrift und extremer Größe Die Bezeichnung als »geprüfter Sachverständiger« gilt als irreführend (LG Kiel, 28.11. 2008, 14 O 59/08). Empfehlung von Bauprodukten durch den Ingenieur in Werbeanzeigen Herabsetzung von Mitbewerbern i.S.v. § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG (OLG Thüringen, 20.04.2005, 2 U 948/04) Jede gestreute Massenwerbung, die sich nach Art einer Postwurfsendung ungezielt an einen möglichen Auftraggeberkreis wendet. Werthaltige Werbegeschenke (z.B. teurer Wein mit Büronamen als Etikett) Tägliche Zeitungsinserate über längere Zeit (problematisch) Werbung für einen Gewerbebetrieb, an dem der Ingenieur beteiligt ist oder dessen Inhaber er ist, unter der gleichzeitigen Verwendung der Berufsbezeichnung zu weit gefasste Sachgebiete wie »Bausachverständiger« oder »Sachverständiger für Bauwesen« (OLG Stuttgart, 27. 09. 2007, 2 U 13/07; LG Regensburg, 28. 02. 2002, 1 HKO 1970/01). Institut für Freie Berufe Nürnberg Stand: September 2012 6 Quellen: Bayerische Ingenieurkammer-Bau (Hrsg.): „Werbung für Ingenieure“, in http://www.startup-in-bayern.de/fileadmin/startup/Bilder/Publikationen/ bayika_werbung_ingenieure-1.pdf aufgerufen am 07.09.2012 Bayerische Architektenkammer: „Werbung von Architekten“, in: http://www.byak.de/start/informationen-fur-mitglieder/recht/berufsordnung/werbung aufgerufen am 07.09.2012 Bundesverband der Freien Berufe (Hrsg.): „Werbung in Freien Berufen“, in http://www.freie-berufe.de/fileadmin/bfb/5_Themen/2_Qualitaetssicherung-undBerufsrechte/2_Rechtsrahmen%20und%20Berufsrechte/3_Werbung %20in%20Freien%20Berufen/Werbeflyer28112008.pdf, aufgerufen am 07.09.2012 Dr. Peter Bleutge: „Trennungsgebot für Beruf und Sachverständigentätigkeit?“ in www.beck-online.beck.de, aufgerufen am 07.09.2012 Wolff, Dietmar (2000): Neue Freiräume für Werbung. © Institut für Freie Berufe (IFB) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Abteilung Gründungsberatung Marienstraße 2 90402 Nürnberg Telefon: (0911) 23565-0 Telefax: (0911) 23565-52 E-mail: [email protected] Internet http://www.ifb-gruendung.de Hinweis: Das Institut für Freie Berufe übernimmt keine Garantie dafür, dass die in diesen Unterlagen bereitgestellten Informationen vollständig, richtig und in jedem Fall aktuell sind. 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