Folien

Werbung
Das politische System der BRD
Die politische Kultur der Bundesrepublik
Deutschland
29.04.2008
Vortrag im Rahmen des Habilitationsverfahrens an der
Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald
Grundlagentext: Gert Pickel (2008): Politische Kultur und
Demokratieforschung. In: Schrenk, Klemens H./Soldner, Markus
(Hrsg.): Die Analyse demokratischer Regierungssysteme. Wiesbaden.
Inkl. Folien verfügbar unter:
http://www.uni-leipzig.de/~prtheol/relsoz/index.htm
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
1
Aufbau der Stunde
I.
Definition und Verständnis von
politischer Kultur
II. Klassiker und Ansätze der politischen
Kulturforschung
III. Entwicklungsphasen der politischen Kultur
in der Bundesrepublik
IV. Literatur zum Thema
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
2
I. Definition und Verständnis
von politischer Kultur
Differenzierung:
normative versus analytische Betrachtungsweise
1) Normative Betrachtungsweise:
Wertender, auf Hochkultur ausgerichteter Begriff mit Bezug
auf politischen Stil und Umgangsformen  diffus und unklar
2) Analytische Betrachtungsweise:
Deskriptiv-empirisches Verständnis aus angelsächsischem
Raum  objektivierbarer mit konkreterem Systembezug
 In Politikwissenschaft erfolgt überwiegend Verwendung
der analytischen Betrachtungsweise
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
3
Definition politischer Kultur
Politische Kultur sind die gesammelten, auf das
politische System ausgerichteten, Einstellungen
und Wertorientierungen der Bürger eines Landes
 Kollektivbezug trotz Betrachtung der Individuen
 Einbezug der Bürger in die politische Analyse
 Bezug zwischen Struktur und Kultur des polit. Systems
 Untersuchung von Wertorientierungen + Einstellungen
Politische Kultur = die subjektive Seite von Politik
+ kann ergänzt werden durch Symbole und Deutungskultur
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
4
Ziele der politischen Kulturforschung
 Ermittlung der psycho-sozialen Bedingungen für eine
zukünftige Systemstabilität ( Prognosefähigkeit)
 Einbezug des vergesellschafteten Individuums in die
politikwissenschaftliche Analyse durch repräsentative
Aussagen über Bevölkerungen (kollektive Einstellungen!)
 Aussagen über die Beziehung Bürger-Staat
 (bereits anfangs implizite) Referenz auf Demokratie als
zentrales Objekt der Analyse
 Bereitstellung einer Grundlage für empirische Forschung
Almond/Verba 1963/ Easton 1965, 1979 / Lipset 1981
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
5
II. Klassiker und Ansätze
der politischen Kulturforschung
Gabriel Almond und Sidney Verba (1963)
„The Civic Culture“ und die Untertanenkultur
Seymour Martin Lipset (1959, 1981)
„Political Man“ und die Legitimität politischer Systeme
David Easton (1965, 1979)
das Konzept der politischen Unterstützung
Ergänzungskonzepte:
Ronald Inglehart (1979): Wertewandel westl. Gesellschaften
Karl Rohe (1990): die symbolische Seite politischer Kultur
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
6
Die Genese der politischen Kulturforschung
Gabriel Almond/Sidney Verba
Politische Kultur = „the particular distribution of patterns of
orientation towards political objects among the members of
the nation“ (Almond/Verba 1963: 13)
1963
The Civic Culture: Political Attitudes and Democracy in
Five Nations. Princeton.
- Ausdruck in Einstellungen
- Folge von historischen Prozessen
und individueller Sozialisation
- Langlebig und kollektiv
 Empirisch gewonnene Typologie
Ende der 1950er Jahre
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
7
Dimensionen politischer Überzeugungen
nach Almond und Verba (idealtypisch!)
Zielbereiche
politischer
Orientierungen
System as
General
Object
Input
Objects
Output
Objects
Self as
Object
(Ego)
kognitive
Dimension
1
1
1
1
affektive
Dimension
1
1
1
1
bewertende
Dimension
1
1
1
1
Der Wert 1 bedeutet das Vorhandensein dieser Orientierung in der betrachteten
politischen Kultur; 0 bedeutet ein Fehlen dieser Orientierung in einer politischen Kultur.
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
8
Typen politischer Kulturen
nach Almond und Verba
Zielbereiche
politischer
Orientierungen
System as
General
Object
Input
Objects
Output
Objects
Self as
Object
(Ego)
Parochial Culture
0
0
0
0
Subject Culture
(Untertanenkultur)
1
0
1
0
Participant Culture
1
1
1
1
Typen politischer Kultur
Der Wert 1 bedeutet das Vorhandensein dieser Orientierung in der betrachteten
politischen Kultur; 0 bedeutet ein Fehlen dieser Orientierung in einer politischen Kultur.
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
9
Almond/Verba: The Civic Culture
Partizipative
Kultur
Partizipatorische
Untertanenkultur
CC
Parochial-partizipatorische Kultur
Parochiale
Untertanenkultur
Untertanenkultur
Quelle:
29.04.2008
Parochiale Kultur
Eigene Zusammenstellung.
Dr. Gert Pickel
10
Empirisch aufgefundene:
Typen der politischen Kultur
1959
1976
USA
CC mit starker Partizipation
„participant political culture“
CC mit starker
Partizipation
GB
CC mit schwacher Partizipation
und Untertanenkultur
„differential political culture“
CC mit schwächerer
Partizipation u.
Untertanenkultur
Westdeutschl.
Untertanenkultur
„political detachment and
subject competence“
CC
Italien
Untertanenkultur
„alienated political culture“
CC mit
Einschränkungen
Mexiko
Untertanenkultur
„alienation and aspiration“
Untertanenkultur
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
11
Seymour M. Lipset
und die Legitimität politischer Systeme




Geb. 1922 - gest. 2006
Lehrstuhlinhaber u.a. in Harvard (1966-1975);
Stanford (1979-90); George Mason University Fairfax
Mitbegründer der Cleavage-Theorie (mit Stein Rokkan
1967)
Kernautor der Politischen Soziologie
1959 Political Man. Baltimore. (erweiterte
Neuauflage 1981)
1967 Party Systems and Voter alignments. Cross
national perspectives. New York (+Rokkan).
2000 Class, Citizenship and Social Development.
Chicago
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
12
Das Zusammenspiel von
Effektivität und Legitimität
Effektivität
Lipset 1981: 68
Legitimität
+
-
+
A
B
-
C
D
 Bezug zwischen Effektivität und Legitimität
 Bezug zwischen Ökonomie und Politik
 dynamische Prozesse zwischen den Formen
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
13
David Easton
das Konzept der politischen Unterstützung




1917 in Toronto (Kanada) geboren
Universitäten Harvard, Chicago, UCLA
1968-1969 Präsident der APSA
Vorlage von zentralen Konzepten zur politischen
Systemlehre (im Anschluss an T. Parsons)
1965 A Framwork for Political Analysis.
Englewood Cliffs.
1965 A System Analysis of Political Life.
New York
1990 The Analysis of Political Structure.
London.
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
14
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
15
Das Input-Output-Denken der
politischen Kulturforschung
Output-Seite
Das politische System stellt Leistungen für die Bürger zur
Verfügung (Gemeinwohl, konkrete Entscheidungen)
Input-Seite
Es gibt einen Rückfluss hinsichtlich der Leistungen des
politischen Systems
„Demands“ = Forderungen der Bürger an das System
„Support“ = Unterstützung des Systems
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
16
Konzept der politischen Unterstützung
Politische
Politisches Autoritäten
Gemeinschaft Regime
Diffus
Diffus-Spezifisch
Identifikation
mit der
Politischen
Gemeinschaft
RegimeLegitimität
AutoritätenLegitimität
Regimevertrauen
Autoritätenvertrauen
Zufriedenheit
mit den
alltäglichen
Outputs
Spezifisch
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
17
III. Entwicklungsphasen der politischen
Kultur in der Bundesrepublik
Vor 1945
Die Ausgangslage vor 1945
1945-1966: Wiederherstellung und Festigung der
Demokratie in der Bevölkerung
 Der Weg aus der Untertanenkultur
1967-1982: Partizipatorische Revolution und Differenzierung
der politischen Einstellungen
 Der Weg zur „Civic Culture“
1983-1989: Politikerverdrossenheit und die Entwicklung
zum kritischen Bürger
 Von der Civic Culture zum kritischen Bürger
1989-2007: Die „Mauer in den Köpfen“ – politische Kultur in
der Folge der Wiedervereinigung
 Die Differenzierung der politischen Kultur
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
18
Die Ausgangslage vor 1945
 Kritische Haltung zu den politischen Institutionen
 Obrigkeitsorientierung und Autoritätsgläubigkeit
 beschädigter + im Wert überhöhter Nationalstolz
 geringe Verankerung demokratischer Werte
 fehlendes Interesse an politischer Beteiligung
 in Breite stark begrenzter Kenntnisstand über Politik
 Ungünstige Rahmenbedingungen
 Ideologische und parteipolitische Zerrissenheit
 Ineffektivität des Parteienpluralismus
 starke antidemokratische Rahmenbedingungen
 fehlende politische Sozialisation und politische Bildung
 Untertanenmentalität
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
19
Wiederherstellung und Festigung der
Demokratie (1946-1966)
• Pragmatische Distanzierung zu Vergangenheit mit
Unsicherheit und Anomie in Wertestrukturen
• Kontrolle und Reeducation durch Besatzungsmächte
( wird von Außen kommend angesehen)
• Auch nach Zusammenbruch des Nazi-Regimes bleiben in
einzelnen Bevölkerungsgruppen (kulturelle) „Legacies“
• Ausrichtung auf Überleben und Wiederaufbau
• Starke Kopplung der Legitimität der Demokratie an
ihren wirtschaftlichen Erfolg
↓
fördert eine eher unpolitische Haltung der Bürger
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
20
Ausprägungen der politischen Kultur
(1946-1966)
Ausdruck:
• Geringes politisches Engagement und Interesse
• Starke Ausrichtung auf „entscheidende“ Obrigkeiten
• Starke Distanz zu eigener Beteiligung an Politik
• Suche nach Konfliktfreiheit, Harmonie und Sicherheit
Aber auch zeitliche Entwicklung:
• Langsamer Aufbau von Vertrauen in das neue System
• Aufbau erster Legitimität über ökonomischen Erfolg
K. Sontheimer (1990: 26): „eine rein repräsentative, mit
autoritären Zügen versehene Variante der Demokratie“.
 Untertanenmentalität mit demokratischen Elementen
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
21
Indizien für die Reste der
Untertanenmentalität
 Distanz zur Politik und zu politischer Beteiligung
* 70% lehnten es 1955 ab, dass ihr Sohn Politiker wird und
* nur ein Drittel der Deutschen gab 1953 an gelegentlich
über Politik zu reden (acht Prozent häufig)
 Skeptische Haltung zum Parteiensystem
* 1949 hatte mehr als die Hälfte der Deutschen kein
Vertrauen in die Leistungen der Partien (51%);
* 33% glaubte 1955 es wäre besser es gäbe nur eine Partei;
* 1950 sahen 47% Parteienpluralität als nicht wichtig an
(1960 = 21%, 1972 = 12%)
 Kaum Verankerung des politischen Systems
* nur 7% 1959 stolz auf das politische System (1978: 31%)
(USA 85%, GB 56%, IT 3% - Civic Culture Studie)
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
22
Partizipatorische Revolution und
Differenzierung der politischen
Einstellungen (1967-ca.1980)
Ab 1968 Infragestellung traditionaler Werte und Prinzipien
 Gegenbewegung zu autoritärer Gesellschaftsstruktur
 Verstärkter Einsatz verschiedener Partizipationsformen
 Forderung nach „mehr Demokratie“
Zweifel an der Legitimität der herrschenden Ordnung
Am Repräsentationsprinzip (mehr direkter Einfluss der Bürger)
Am Kapitalismus (mehr soziale Fürsorge)
An der Umsetzung der Demokratie (mehr echte Demokratie)
Am staatlichen Gewaltmonopol (weniger Kontrolle)
An der kulturellen Manipulation der Bürger (Emanzipation)
 Steigende Forderungen gegenüber demokratischem Staat
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
23
Gründe der partizipatorischen Revolution:
Wandel der Werte in Teilen der jüngeren Generation von
Ordnung, Sicherheit, Sparsamkeit zu Selbstverwirklichung
+
Anfragen an Kriegsgeneration mit Ziel der Aufarbeitung
+
Bildungsexpansion + (ökonomischer) Wohlstand
=
Zunahme des Interesses an Politik und Teilhabe
+
Politisierung der Gesellschaft
 Ausprägung einer „Civic Culture“ und Entfernung von
der Untertanenkultur der früheren Jahre
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
24
Folgen der partizipatorischen Revolution:
Differenzierung der Haltungen zur Demokratie und in den
Entwicklungen der Werte zwischen Stadt und Land
+
Generationendifferenzen entstehen, die sich teilweise in
Generationenkonflikten entladen
+
Steigende (Bereitschaft zu) politische(r) Partizipation mit
erstmalig breiter auftretenden unkonventionellen und auch
illegalen Partizipationsformen
 Differenzierung der deutschen Gesellschaft
 Demokratisierungsschübe in verschiedenen Bev.-Gruppen
 Außerparlamentarische Bewegungen entstehen
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
25
Indizien für partizipatorische Revolution
 Werteentwicklung Selbstverwirklichung (Erziehungsziel)
28%  31%  45%  52%  60%  82%
1951  1964  1972  1981  1998  2002
 Zunahme Politikinteresse
1960 (30%)  1970 (50%)  1985 (45%)
 Anstieg der Wahlbeteiligung
1949 – 1972  von 78% auf 91% bei BTW
 Zunehmende Zufriedenheit mit der Demokratie
89%  81%  78%  70%  72%  79%
1975  1977  1980  1982  1985  1988
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
26
Politikverdrossenheit und Entwicklung
zum kritischen Bürger (1980-1989)
Ab Anfang der 1980ern Anzeichen einer Krise der
Glaubwürdigkeit von Politik in der Bevölkerung
> Debatte um „Legitimitätskrise westlicher Demokratien“
Benannte Indizien:
• Seit den späten 1970ern erfolgt wieder ein Rückgang der
politischen Beteiligung (auch WBT)
• Parteiidentifikation und -mitgliedschaften sinken, was auf
die Erosion sozio-politischer Milieus zurückgeführt wird
• Verlust des Vertrauens in zentrale politische Institutionen
 Zunehmende Distanzierung zur institutionalisierten Politik
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
27
Politiker- und Parteienverdrossenheit …
Vertrauen in Parteien
Politiker sind uninteressiert an einfachen Leuten (2006)
Politiker kümmern sich nicht um meine Gedanken
„Politiker vertreten Interessen der Bevölkerung“
Ohne Berufspolitiker würde es Land schlechter gehen
Die meisten Politiker sind korrupt
Aufgrund der Art und Weise, wie Regierungen arbeiten,
können selbst die besten Politiker nicht viel bewirken
Parteien sehen den Staat als ihr Eigentum an und behandeln
ihn wie einen Selbstbedienungsladen
Parteien üben in der Gesellschaft einen zu hohen Einfluss aus
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
WD
OD
29
29
80 (79) 87 (87)
70
82
43
24
60
36
43
64
52
64
64
73
58
62
28
… aber keine Politikverdrossenheit
Einschätzung politischer Einflussnahme
„Habe keinen Einfluss auf die Regierung“
Beurteilung der politischen Gemeinschaft und der
Nationalstolz
Beurteilung der Demokratie
„Idee der Demokratie ist immer gut“
„Demokratie ist die angemessenste Regierungsform
Zufriedenheit mit Demokratie, wie in der Bundesrepublik
Vertrauen in das Bundesverfassungsgericht
Vertrauen in den Bundestag
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
WD
OD
64
77
69
70
96
94
66
80
55
89
78
48
71
46
29
Parteien- und Politiker- nicht
Politikverdrossenheit!
 Aber: weiterhin moderates politisches Interesse, breiter
Rückhalt der Demokratie als Regierungsform in der
Bevölkerung + Ablehnung antidemokratischer Alternativen
Gründe:
* Überhöhte Anforderungen an den Staat
* anhaltende und wiederkehrende Effektivitätskrisen
* Zweifel am Wirken von Politikern für das Gemeinwohl
 Effektivitätskrise statt Legitimitätskrise
 Kritische Bürger
mit starker Legitimität der Demokratie an sich
aber gleichzeitig steigender Unzufriedenheit mit den
Parteien, Politikern und der Tagespolitik
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
30
Die „Mauer in den Köpfen“ in der Folge
der Wiedervereinigung (1989-heute)

Neue Phase der politischen Kulturforschung

Bislang einmaliger Vorgang der Verschmelzung zweier
politischer Strukturen und Kulturen

Aufeinandertreffen von unterschiedlicher Sozialisation
und (zumindest kürzerer) historischer Prägung

Hinweise auf Differenzen zwischen institutioneller und
kultureller Vereinigung (insb. Haltung zur Demokratie)

Debatte um pol.-kulturelle Integrationsprobleme der
Ostdeutschen in die bundesdeutsche Demokratie
(Sozialisation versus Situationsthese)

Debatte: Verschwinden oder Konstanz der Differenzen
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
31
Erklärungshypothesen für
Ost-West-Differenzen
Situationshypothese
These Relativer
Deprivation
Identitätshypothese
Sozialisationshypothese
Sozialstrukturelle
und situative
(insb. ökonomische)
Unterschiede führen
zu Differenzen in
polit. Einstellungen.
Situationsvergleich
mit Westdeutschland
steigert zusammen
mit dem fehlenden
Abbau sozialer
Ungleichheiten in
Ostdeutschland das
Gefühl relativer
Benachteiligung.
Folgeerfahrungen
der Transformation
verbinden sich mit
Gefühlen geringer
Anerkennung und
Abwertung durch
Westbürger 
Herausbildung einer
„Ost-Identität“.
Wertorientierungen,
die in der Zeit der
DDR gewonnen
wurden bedingen die
Differenzen in den
polit. Einstellungen.
(Sozialisation kann
auch über die Eltern
vermittelt werden).
Indikator:
Einschätzung
Wirtschaftslage des
Landes als gut
Indikator:
„fühle mich als
Ostdeutscher als
Bürger 2. Klasse“
Indikator:
Befürwortung Idee
des Sozialismus“
W 37%
O 72%
W 46%
29.04.2008
Indikator:
(Weniger als den)
gerechten Anteil am
Lebensstandard zu
erhalten
O 24% W 34%
O 62%
Dr. Gert Pickel
O 74%
32
Ost-West-Differenzen in den
Einstellungen zur Demokratie
Demokratieidee
18-23 Jahre
24-29 Jahre
30-35 Jahre
36-50 Jahre
51-65 Jahre
66++ Jahre
Gesamt
West
91
91
96
96
97
97
96
Ost
83
87
86
86
92
95
89
Demokratie als
Regierungsform
West
Ost
91
74
89
78
95
79
94
75
95
82
95
81
94
78
Demokratieperformanz
West
Ost
55
35
60
38
65
40
65
41
73
57
69
60
66
48
Quelle: (PCND) 2000; sehr und eher zutreffend in Prozent.
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
33
Ergebnisse der West-Ost-Debatten

Kaum Differenzen in Legitimität der Demokratie

Differenzen aber in der Zufriedenheit mit der aktuellen
Demokratie und deren Effektivität

Problem – Begründung für Differenzen sind umstritten

Erklärung 1: Folge des DDR-Sozialismus und seiner
kulturellen „Legacies“ kombiniert mit „Nostalgie“

Erklärung 2: Konsequenz aus unterschiedlichen sozioökonomischen Rahmenbedingungen
Hinweise auf Erklärung 2, aber beide Erklärungen
zusammen wirksam mit unterschiedlicher Stärke
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
34
Extremismus und extremistische
Einstellungen
> Seit 1980ern Wiederaufkommen einer Extremismusdebatte
insb. Rechtsextremismus (siehe 1950er Jahre)
 (temporäre) Wahlerfolge rechter Parteien (Institutionell)
 Ausbildung rechter Gruppierungen (Milieuspezifisch)
 Existenz ausländerfeindlicher Einstellungen (Kulturspezifisch)
 Stärkere Ausprägung in Ostdeutschland (Regional)
 Stärkere Ausprägung bei jüngeren Personen (Subkulturell)
Differente Diskussion um Gründe für Entwicklung
Differente Diskussion um Bewertung der Erkenntnisse
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
35
Zusammenfassung zur politischen Kultur
der Bundesrepublik Deutschland
a) Anfangs Reste einer Untertanenkultur aufgrund der
Prägung und Reflexion durch die Vorkriegszeit
b) Frühe Entwicklung einer demokratischen politischen
Kultur in der Nachkriegszeit  „Civic Culture“
c) Differenzierungen in den Haltungen zum politischen
System  Institutionen, Politiker, Demokratie
d) Breite Diskussion um Politikverdrossenheit
 Protest, Extremismus, sinkendes Vertrauen
e) Intensive Wiederbelebung der Diskussion nach der
Wiedervereinigung  „Mauer in den Köpfen“
f) Deutlicher Bezug zur sozioökonomischen Situation
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
36
Kernaussagen zur politischen Kultur
der Bundesrepublik Deutschland
a) Breite Akzeptanz der westlichen demokratischen
politischen Kultur und der Demokratie
b) Gemischte Haltung zur politischen Gemeinschaft
(Nationalstolz versus Patriotismus)
c) Zunehmende Unzufriedenheit mit Parteien und Politikern
 Effektivitäts- und Vertrauenskrise
d) Stabile Regionale Differenzen der politischen
Unterstützung zwischen West- und Ostdeutschland
e) Gleichzeitig: Kritischere Sicht der Bürger mit Wunsch
nach mehr (direkter) Demokratie und Rückzug von
Politik als „schmutzigem Geschäft“.
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
37
IV. Literatur –politische
Kulturforschung

Almond, Gabriel/Verba Sidney (1963): The Civic Culture: Political
Attitudes and Democracy in Five Nations. Princeton.

Easton, David (1975): A Re-Assesment of the Concept of Political
Support. In: British Journal of Political Science 5: 435-457.

Greiffenhagen, Martin/Greiffenhagen, Sylvia (2002): Politische
Kultur. In: Greiffenhagen/Greiffenhagen (Hrsg.): Handwörterbuch
zur Politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland. Opladen:
387-401.

Pickel, Gert (2008): Politische Kulturforschung. In: Schrenk,
Clemens/Soldner, Marcus (Hrsg.): Die Analyse demokratischer
Regierungssysteme. Wiesbaden.

Pickel, Susanne/Pickel, Gert (2006): Politische Kultur- und
Demokratieforschung.. Eine Einführung. Wiesbaden.

Lipset, Seymour M. (1981): Political Man. Baltimore.
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
38
Literatur – politische Kultur der
Bundesrepublik Deutschland

Breit, Gotthard (Hrsg.): Politische Kultur in Deutschland. Eine
Einführung. Schwalbach.

Greiffenhagen, Martin/Greiffenhagen, Sylvia (Hrsg.) (2002):
Handwörterbuch zur Politischen Kultur der Bundesrepublik
Deutschland. Opladen.

Pickel, Susanne (1998): Vom Totalitarismus zur Demokratie – zwei
Transformationen in Deutschland. In: Pickel/Pickel/Walz (Hrsg.):
Politische Einheit – kultureller Zwiespalt? Frankfurt/Main: 19-58.

Rudzio, Wolfgang (2003): Das politische System der
Bundesrepublik Deutschland. (6. Aufl.) Opladen: 543-576.

Sontheimer, Kurt (1990): Deutschlands politische Kultur. München.

Sontheimer, Kurt/Bleek, Wilhelm/Gawrich, Andrea (2007):
Grundzüge des politischen Systems Deutschlands. München.
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
39
Ausblick auf die nächste Stunde
 Datum:
05.05.2008
 Thema:
Parteien und Parteiensystem in der
Bundesrepublik Deutschland
29.04.2008
Dr. Gert Pickel
40
Herunterladen