Deutsche Europapolitik und integrationspolitische Leitbilder United we stand – divided we fall? Dr. Christian Krell Referat von Carolin Boermans Einleitung Motive europäischer Integration Hoffnung auf Frieden und Sicherheit in Europa und Schutz von Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Wohlfahrt. (vgl. Karama. 2001, 58) Deutsche Europapolitik 2 Einleitung Deutsche Motive europäischer Integration Wiederherstellung nationaler Souveränität durch Integration in ein ‚Europa‘. Eigener Weg zw. kapitalistischen Westen und kommunistischen Osten. Europa als Gegengewicht zu den Weltmächten USA und UdSSR. Deutsche Europapolitik 3 Begriffserklärung Integration Die friedliche und freiwillige Annäherung von Gesellschaften, Staaten und Volkswirtschaften über bislang bestehende Grenzen hinaus. (vgl. Schubert/ Klein. 2007, 145) Für Europa: Die Übertragung nationaler Souveränitätsrechte auf über den Nationen stehende unabhängige Organe. (vgl. Heumann. 1980, 4) Deutsche Europapolitik 4 Begriffserklärung Leitbild Zielvorstellungen und Verhaltensmuster des Handelns mit gestaltender Kraft. Ein gemeinsames Leitbild für Europa ist für den weiteren europäischen Integrationsprozess essentiell. (vgl. Karama. 2001, 26 ff) Deutsche Europapolitik 5 Außenpolitik der Bundesrepublik Wer bestimmt was? „Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung“. (Art. 65 GG) „Mit der Verkündung des Verteidigungsfalles geht die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte auf den Bundeskanzler über“. (Art. 115 b GG) Deutsche Europapolitik 6 Außenpolitik der Bundesrepublik Wer bestimmt was? ‚Staatszielbestimmung‘ der BRD „Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der EU mit […]“. (Art. 23 GG) „Im Bewußtsein seiner Verantwortung […], als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen […]“. (Präambel GG) Deutsche Europapolitik 7 Deutschland Zugpferd der europäischen Integration? Konrad Adenauer (1949-1963) Vision: Europäische Gemeinschaft gleichberechtigter Partner. Europäische Integration um nationale Souveränität zurückzuerlangen. Deutsche Europapolitik 8 Deutschland Zugpferd der europäischen Integration? Ludwig Erhard (1963-1966) „Wenn Europa im Weltgeschehen eine Rolle spielen soll […], dann wird das nur möglich sein, wenn wir Europa als Ganzes sehen, als ein Europa der Freien und Gleichen“. (Bundeskanzler Ludwig Erhard nach Karama. 2001, 92) Problem: Frankreichs ‚Politik des leeren Stuhls. Deutsche Europapolitik 9 Deutschland Zugpferd der europäischen Integration? Kurt Georg Kiesinger (1966-69) „Die entscheidende Rolle für die Zukunft Europas fällt der Entwicklung des deutschfranzösischen Verhältnisses zu“. (Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger nach Karama. 2001, 98) Europa als Friedenspolitik: Überwindung Ost-West Konflikt Deutsche Europapolitik 10 Deutschland Zugpferd der europäischen Integration? Willy Brandt (1969-1974) Dauerhafter Frieden in Europa durch gesamteuropäische Friedensordnung Entspannung zwischen Ost und West (Neue Ostpolitik). „Die Erweiterung der Gemeinschaft muss kommen. Sie braucht Großbritannien […]“. (Bundeskanzler Willy Brandt nach Karama. 2001, 121) Deutsche Europapolitik 11 Deutschland Zugpferd der europäischen Integration? Willy Brandt II Beschluss zur Errichtung einer Europäischen Union Einführung Währungsschlange (1972) „[…] (D)ie Gemeinschaft der Wirtschaft und Währung, die Sozialgemeinschaft, […] ein Stück Bildungsgemeinschaft, […] die Gemeinschaft der Außenpolitik und […] Sicherheit […]. (Bundeskanzler Willy Brandt nach Karama. 2001, 128) Deutsche Europapolitik 12 Deutschland Zugpferd der europäischen Integration? Helmut Schmidt (1974-1982) Konzentration auf das Mögliche (Das Tagesgeschäft gehe vor große Zukunftsvisionen) Eine schwierige Zeit: Währungskrise, Ölkrise, Rezession Neuerliche Spannung im Ost-West-Konflikt (Entdeckung SS-20-Mittelsteckenraketen (UdSSR)) Deutsche Europapolitik 13 Deutschland Zugpferd der europäischen Integration? Helmut Schmidt II Deutsch-französische Tandem (v.a. Krisenmanagement) Einführung: Europäischer Rat (1974) Weltwirtschaftsgipfel in Rambouillet (1975) Europäisches Währungssystem (1979) Direktwahl Europäisches Parlament (1979): „Stärkung der demokratischen Grundlage“ (Bundeskanzler Helmut Schmidt nach Karama. 2001, 164) Deutsche Europapolitik 14 Deutschland Zugpferd der europäischen Integration? Helmut Kohl (1982-1998) nach Europakrise: „Neue Wege zur Einigung Europas öffnen“ (Bundeskanzler Helmut Kohl nach Karama. 2001, 174) Leitbild: Politische bzw. Europäische Union bzw. Vereinigte Staaten von Europa (Wertegemeinschaft) Deutsch-Italienischer Motor: Stärkung der EG ‚Einheitliche Europäische Akte‘ (1986) Deutsche Europapolitik 15 Deutschland Zugpferd der europäischen Integration? Helmut Kohl II 2+4 Verträge: volle Souveränität Deutschlands über innere und äußere Angelegenheiten (1990) Integration als Garant für Vertrauenswürdigkeit des neuen Deutschlands (Vertrag von Maastricht (1992)) Deutsche Europapolitik 16 Deutschland Zugpferd der europäischen Integration? Gerhard Schröder (1998-2005) Europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität (v.a. durch Kosovo-Krieg) ‚Vertrag über eine Verfassung für Europa‘ Deutsche Interessen (v.a. bei Haushalteverhandlungen) (Gleichgewicht von Geben und Nehmen) Süd-Ost-Erweiterung: Fortschreibung Nachkriegsauftrag – neue Form der Friedenssicherung Deutsche Europapolitik 17 Deutschland Zugpferd der europäischen Integration? Angela Merkel (2005 – im Amt) Neue Impulse für Europa ‚EU-Reformvertrag‘ Die Staaten des Balkans brauchen eine europäische Perspektive für Stabilitätsbemühungen. Deutsche Europapolitik 18 Leitbilder Deutscher Europapolitik Die abendländische Vorstellung Einheit der europäischen Völker. Europa als ‚Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts‘ (Vertrag von Amsterdam nach: Rosenthal. 2001, 60) Deutsche Europapolitik 19 Leitbilder Deutscher Europapolitik Antikommunismus vs. Antiamerikanismus Antikommunismus: Bolschewistische Gefahr - die Angst vor ‚den Russen’ Kompromissloser Westintegration Antiamerikanismus: Distanzierung vom kapitalistisch-menschenverachtenden Westen: den USA. Bewahrung deutsche Identität. Deutsche Europapolitik 20 Leitbilder Deutscher Europapolitik Vorstellung ‚Ein dritter Weg‘ - ‚Ein deutscher Weg‘ zwischen Ost und West (Europa) Kombination westliches Prinzip: Freiheit östliches Prinzip: sozialen Gerechtigkeit Verwirklicht z.B. in ‚soziale Marktwirtschaft’ Deutsche Europapolitik 21 Leitbilder Deutscher Europapolitik Realismus vs. Idealismus Realismus: „(N)ur dort, wo ein Kräftegleichgewicht herrsche, (kann) […] Frieden trotz vorhandener Spannungen bewahrt werden“ (Bundespräsident Karl Carstens nach Rosenthal. 2001, 61) Idealismus: „(D)emokratisch verfasste Staaten (führen (untereinander) keine Kriege), während Staaten ohne demokratische Verfasstheit sehr wohl Kriege und Gewalt als Mittel der Politik ansehen würden“ (Rosenthal. 2001, 61) Deutsche Europapolitik 22 Fazit Leitlinien Deutscher Europapolitik Einigkeit: Frieden in Europa Demokratie und Freiheit Wohlfahrt Keine Einigkeit: politische Form des Zusammenschlusses Europas? (Wirtschafsgemeinschaft vs. politische Gemeinschaft) Kulturgemeinschaft? (christlich-abendländisch) Deutsche Europapolitik 23 Literaturverzeichnis • • • • • • • Heumann, H.-D. 1980: Europäische Integration und nationale Interessenpolitik. Königstein. Interview mit Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Den Menschen den Nutzen Europas erklären„ Online: http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Interview/2006/11/2006-11-06merkel-sz.html [19.06.2008]. Karama, Miriam. 2001: Struktur und Wandel der Legitimationsideen deutscher Europapolitik. Bonn. Müller-Brandeck-Bocquet, Gisela et al. 2002: Deutsche Europapolitik von Konrad Adenauer bis Gerhard Schröder. Opladen. Rosenthal, Claudius. 2001: Deutschland. In: Beller, Jürgen/ Thorsten Benner & Ines M. Gerke: Handbuch der Außenpolitik von Afghanistan bis Zypern. München, S. 53 – 66. Schubert, K./ M. Klein. 2007: Das Politiklexikon. Bonn. Wagner, Peter M. 2001: Deutschland in Europa. In: Korte, Karl-Rudolf/ Werner Weidenfeld (Hrsg.): Deutschland-TrendBuch Fakten und Orientierungen. Opladen, S. 612 – 644. Deutsche Europapolitik 24