Pressepapier "7-Punkte für mehr Europa im Parlament"

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7 Punkte für mehr Europa im Parlament
(Presse-Info)
Das österreichische Parlament verfügt im Vergleich über sehr weitgehende
Mitwirkungsmöglichkeiten in EU-Angelegenheiten. SPÖ und ÖVP wollen diese Möglichkeiten
weiter stärken und vermehrt in den Vordergrund der parlamentarischen Arbeit rücken.
Damit soll Europapolitik in Österreich sichtbarer werden.
Der Einfluss der Europapolitik auf die nationale Gesetzgebung ist eindeutig:
- Eine Studie der Universität Wien aus dem Jahr 2010 kommt zu dem Schluss, dass 21,4%
aller österreichischen Gesetze einen EU-Hintergrund haben.
- Der Deutsche Bundestag kommt für dessen vergangene Legislaturperiode (2008-2013)
auf einen Wert von 31,5%.
- Seit dem Lissabon-Vertrag ist das Europäische Parlament in 95% aller EU-Materien
gemeinsam mit dem EU-Ministerrat gleichberechtigter Gesetzgeber.
- Bei allen EU-Richtlinien ist die Umsetzung und Durchführungsgesetzgebung Sache der
Mitgliedstaaten und damit der nationalen Parlamente. Auch bei vielen EUVerordnungen ist die Anpassung nationaler Gesetze erforderlich.
- Bei EU-Gesetzgebungsvorschlägen, bei denen nach den Verträgen die Zuständigkeit
zwischen der EU und den Mitgliedstaaten geteilt ist, können die nationalen Parlamente
eine Verletzung des Subsidiaritätsprinzips, also der den Mitgliedsstaaten obliegenden
Zuständigkeit, rügen und eine Überprüfung verlangen.
Es gibt daher gerade im Bereich der EU-Gesetzgebung eine Vielzahl von Aufgaben, die
sowohl von EU-Abgeordneten als auch von den nationalen Parlamenten wahrgenommen
werden.
Europapolitik kann bei innenpolitischen Entscheidungen nicht außen vor gelassen werden.
Im Gegenteil: Europapolitik ist fester Bestandteil der Innenpolitik geworden.
Das österreichische Parlament ist im Bereich der Europapolitik bereits sehr aktiv.
Nationalrat und Bundesrat genießen außerdem im europäischen Vergleich sehr weitgehende
Mitwirkungsrechte. Zum Beispiel
- kann der Nationalrat die Bundesregierung in ihrer Positionierung auf EU-Ebene binden,
was seit Beginn der aktuellen Gesetzgebungsperiode im vergangenen Oktober bereits
viermal geschehen ist – etwa zum EU-USA-Freihandelsabkommen TTIP;
- sind alle EU-Dokumente von den Ministerien sofort an das Parlament zu übermitteln –
jährlich sind das rund 80.000.
Auch sonst ist die Aktivität hoch. Allein seit Oktober 2013 wurden
- 21 Sitzungen der EU-Ausschüsse abgehalten;
- 45 EU-Vorschläge behandelt;
- 4 Subsidiaritätsrügen - also die Feststellung von Kompetenzüberschreitungen durch die
Kommission - ausgesprochen;
- 8 EU-Entschließungen („Mitteilungen“) verabschiedet.
Für österreichische EU-Abgeordnete bestehen derzeit folgende Möglichkeiten, sich in das
parlamentarische Geschehen in Österreich einzubringen:
- Rederecht in den EU-Ausschüssen von Nationalrat und Bundesrat;
- Redemöglichkeit in allen anderen Ausschüssen als Auskunftsperson;
- Redemöglichkeit bei einer EU-Enquete, an der auch alle Abgeordneten teilnehmen.
Um Europapolitik im Parlament noch weiter zu stärken, sind sich SPÖ und ÖVP über
folgende Maßnahmen einig:
1. Rederecht für EU-Abgeordnete
Die österreichischen EU-Abgeordneten sollen in Zukunft bei Beratungen zu bestimmten EUTagesordnungspunkten auch im Plenum des Nationalrates und des Bundesrates sowie in
deren Ausschüssen reden können. Dies soll in den einzelnen Ausschüssen die Diskussion der
jährlichen Berichte über die Vorhaben der Präsidentschaft sowie die Aussprachen über EUThemen betreffen. Im NR-Plenum soll das in der aktuellen Europastunde, also in der Regel 4
x jährlich, und bei EU-Erklärungen von Mitgliedern der Bundesregierung ermöglicht werden.
Auch hochrangige Persönlichkeiten, wie der Kommissionspräsident, sollen bei Bedarf vor
dem Plenum sprechen können. Diese Möglichkeit soll auch bedeutenden VertreterInnen der
internationalen Politik zukommen.
2. Mehr EU-Vorhaben auf die Tagesordnung
Europapolitische Fragen sollen eine stärkere Rolle auf den Tagesordnungen des Plenums
erhalten. Zu diesem Zweck werden in Zukunft wichtige EU-Vorhaben verstärkt im Plenum
beraten, anstatt sie wie bisher nur im Ausschuss zu beraten.
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3. BürgerInnenservice ausbauen
Die Parlamentsdirektion erhält jährlich rund 80.000 EU-Dokumente übermittelt. Diese
werden in eine Datenbank eingespeist und stehen großteils unbeschränkt und im Volltext
der Öffentlichkeit zur Verfügung. Interessierte BürgerInnen können sich an das Parlament
wenden, um Hilfe beim Zugang zu diesen und anderen EU-Dokumenten zu erhalten.
Bereits jetzt sind Sitzungen der EU-Ausschüsse des Parlaments außerdem öffentlich. Im Zuge
des Parlamentsumbaus soll die Möglichkeit geschaffen werden, diese Sitzungen auch live zu
übertragen.
4. Stärkung der EU-Ressourcen in der Parlamentsdirektion
Um über wichtige Entwicklungen auf europäischer Ebene auf dem Laufenden zu bleiben,
sollen die ExpertInnen der Parlamentsdirektion auf Wunsch der Klubs verstärkt wichtige
europäische Gesetzgebungsprozesse von Anfang bis Ende mitverfolgen. Die Klubs werden so
regelmäßig über aktuelle Entwicklungen informiert und erhalten eine gemeinsame
Grundlage für die weitere Arbeit.
5. Vermehrte Hearings zu EU-Vorhaben
Nach einer gängigen Praxis im Deutschen Bundestag sollen zu weitreichenderen EUVorhaben ExpertInnenhearings angesetzt werden, zu denen auch VertreterInnen der EUInstitutionen geladen werden.
6. Verstärkte Kooperation mit dem EU-Parlament
Regelmäßige Aussprachen zwischen EU-Abgeordneten und österreichischen Abgeordneten
sollen die Zusammenarbeit beider parlamentarischer Ebenen verbessern. Die Aussprachen
sollten sich jeweils auf ein bestimmtes Thema fokussieren.
Gleichzeitig finden mehrmals jährlich – großteils organisiert vom EU-Parlament interparlamentarische Treffen zu diversen Themen statt. Berichte dieser Treffen sollen
zukünftig im Nationalrat und Bundesrat behandelt werden. Damit wird sichergestellt, dass
die Ergebnisse dieser Treffen in die parlamentarische Arbeit in Österreich einfließen können.
Außerdem werden Kooperationen mit den Vertretungen des Europäischen Parlaments und
der Kommission in Wien angestrebt.
7. Fachausschüsse mit neuen EU-Kompetenzen
Bisher sind die EU-Agenden bei den EU-Ausschüssen konzentriert. Die Fachausschüsse sind
nur in Ausnahmefällen mit EU-Vorhaben befasst. Da die Vorhaben jedoch immer stärker
fachspezifisches Knowhow voraussetzen, wird den Fachausschüssen in Zukunft eine stärkere
Rolle zukommen.
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So sollen die EU-Ausschüsse jederzeit einzelne EU-Vorhaben an die Fachausschüsse zur
parallelen Beratung überweisen können. Auch die österreichischen EU-Abgeordneten sollen
zu diesen Vorhaben im Ausschuss sprechen können. Umgekehrt sollen die Mitglieder der
Fachausschüsse zu ihren Themen im EU-Ausschuss mit beratender Stimme beigezogen
werden.
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Diese Maßnahmen sind zugeschnitten auf den Nationalrat. Der Bundesrat ist eingeladen,
ebenfalls entsprechende Initiativen zu ergreifen.
SPÖ und ÖVP werden die Umsetzung dieser Maßnahmen rasch einleiten. Ein gemeinsamer
Antrag zur Änderung der NR-Geschäftsordnung wird demnächst eingebracht.
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