Chaostheorie Eine Einführung in die schwierige Welt des Chaos Ursprung des Chaos Die Chaostheorie ist eine mathematische Theorie, die sich mit Systemen befasst, deren Verhalten unvorhersagbar und scheinbar regellos ist, obwohl ihre Komponenten durch eindeutige Gesetze beherrscht werden. Die Wurzeln gehen weit zurück. Isaac Newton versuchte die Bewegung von mehr als zwei Himmelskörpern zu beschreiben. Zur Berechnung reichte die herkömmliche einfache Schulmathematik nicht mehr aus, es mussten spezielle Rechensysteme, sogenannte Differentialgleichungen, benutzt werden. Dieses Problem wurde später als n-Körper-Problem bezeichnet. Der Sachverhalt wurde von Henrie Poincaré später noch genauer untersucht. Er kam zu der Erkenntnis, dass es nicht möglich sei, diese Bewegung der Himmelskörper zu beweisen. Damit hatte er das Chaos entdeckt, nur bezeichnete er es nicht als solches. Pierre Fatou und Gaston Julia beschäftigten sich 1920-1930 mit der Lösung der heute als Juliamengen bekannten komplexen analytischen Abbildung (eine zeichnerische Aufzeichnung der verschiedenen, einzelnen, möglichen Ergebnisse). G. D. Birkhoff übertrug zur gleichen Zeit Poincarés Erkenntnisse auf einen iterativen Prozess und vereinfachte damit das Problem (iterativ = sich schrittweise in wiederholten Rechengängen der exakten Lösung annähernd). Stephen Smale überdachte in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts Poincarés Arbeit unter dem Gesichtspunkt der Iteration (Iteration = Hauptwort zu iterativ) und zeigte, dass es möglich ist, das n-Körper-Problem zu analysieren und zu verstehen. Erkenntnis von Lorenz Schon winzige Einflüsse können das Wetter radikal verändern. Mit dieser Erkenntnis legte Lorenz nun den Grundstein für ein neues Forschungsgebiet. In der Folgezeit erkannten Wissenschaftler, dass die verschiedensten Gebiete ebenso empfindlich von ihren Anfangsbedingungen abhängen, wie das Wetter. Um dieses unkalkulierbare Verhalten bestimmter Systeme auszudrücken, nannten die Forscher sie "chaotisch". Und so kam es zu dieser Erkenntnis: Im Jahre 1963 machte der Meteorologe Edward Lorenz eine folgenschwere Entdeckung. Er gab in seinen Computer mehrere Wetterdaten ein, um daraus eine Vorhersage zu erstellen. Weil die Computer zu dieser Zeit noch sehr leistungsschwach waren, vereinfachte Lorenz die Daten und rundete die Zahlen auf drei Stellen hinter dem Komma ab. Da sie auch ab und zu Fehler bei der Berechnung machten, wiederholte er den Vorgang erneut um sicher zu gehen, dass alles stimmt. Er startete ihn deshalb nicht mit den Endergebnissen des Vortags, sondern mit Zwischenwerten. Er rechnete also die Wetterdaten für einen gewissen Zeitraum zweifach aus. Wenn die Ergebnisse voneinander abwichen, müssten sie falsch sein, sagte sich Lorenz. Tatsächlich waren die beiden Kurven sehr unterschiedlich. Wundersamerweise war der Computer vollkommen in Takt, denn jedes mal wenn er die Rechenvorgänge wiederholte, errechnete er die gleichen Ergebnisse. Lorenz hatte den Fehler bald herausgefunden. Der Computer rechnete mit mehr Stellen hinter dem Komma als Lorenz eingegeben hatte. Der Unterschied von einem Hundertstel Prozent, das entsprach etwa einem leichten zusätzlichen Windhauch, hatte die gesamte Vorhersage durcheinandergebracht. Das Phänomen ist als "Schmetterlingseffekt" in die Wissenschaftsgeschichte eingegangen. Folgen der Erkenntnis von Lorenz Die Erkenntnis von Lorenz löste in den 70er Jahren des gleichen Jahrhunderts eine Welle neuer Forschungsarbeiten in verschiedenen Wissenschaften aus. Einige der Wissenschaftler waren Robert May, Harry Swinney, Jerry Gollub, John Guckenheimer ,Robert F. Williams und der bedeutende Mitchell Feigenbaum (er erkannte bestimmte übereinstimmende Muster in Systemen, die zum Chaos tendieren. Er leitete daraus Kenngrößen ab, die man heute Feigenbaum-Konstanten nennt). 1980 gelang es Mandelbrot schließlich mit Hilfe eines für damalige Verhältnisse schnellen Computers und der in der Entstehung begriffenen Computergrafik, die heute nach ihm benannte Mandelbrotmenge darzustellen (später mehr dazu). Berechnung eines chaotischen Systems Der konkrete Zustand eines chaotische Systems lässt sich nicht in dem Sinne berechnen, dass man Zahlen einfach in eine Formel einsetzt und dann sogleich ein Ergebnis bekommt. Will man wissen, wie sich ein chaotisches System verhält, bleibt einem meist nichts anderes übrig, als sich Schritt für Schritt vorzutasten. Das Ergebnis eines Rechenschritts ist die Eingabe für den jeweils nächsten. So wird ein Systemzustand nach dem anderen berechnet, bis man an dem gewünschten Punkt angelangt ist. Die Mathematiker sprechen auch von "iterieren". Weil es sehr aufwendig sein kann, den Systemzustand zu berechnen, ist man in der Regel auf Computer angewiesen. Dies ist mit ein Grund dafür, dass sich die Chaosforschung erst nach der Verbesserung der Computern ausgeweitet hat. Heutige Wettervorhersagen Vor der Entdeckung des Chaos ,,nahm man an, es sei nur nötig, genügend Informationen über das System anzuhäufen und zu verarbeiten``, um ,,exakte Vorhersagen`` über Systeme, wie zum Beispiel das Wettergeschehen, machen zu können. Aber dieses ,,Zufallsverhalten ist grundsätzlicher Natur; es verschwindet nicht, wenn man mehr Informationen sammelt``. Dies löste in den Naturwissenschaften die Erkenntnis aus, dass es ,,Schranken für die Vorhersagbarkeit`` gibt. Andererseits lassen sich ,,zufällig erscheinende Daten jetzt mit einfachen Gesetzen klären``. Nicht wie bei Lorenz, können heutzutage genauere Wettervorhersagen gemacht werde, denn mittlerweile sind die Modelle zur Wettervorhersage ausgereifter und zuverlässiger geworden. Trotzdem können auch die besten Meteorologen nur Wettervorhersagen mit ca. 60%-iger Sicherheit machen. Ein perfektes Wettermodell müsste alle Faktoren einbeziehen, die die Atmosphäre beeinflussen, doch dafür ist das Wetter schlicht und einfach viel zu kompliziert. Doch selbst wenn dies möglich wäre, gäbe es keine absolut zuverlässige Vorhersage. Denn die Gleichungen, mit denen die Meteorologen rechnen, sind alle nicht linear (linear = Gleichung bei der die Unbekannte oder Variable nur in der ersten Potenz vorkommt). Vorhersagen können immer nur in Wahrscheinlichkeiten angegeben werden. Abschließende Definition der Chaostheorie Chaostheorie ist wesentlich eine Disziplin, die sich damit beschäftigt, die verborgene Ordnung hinter dem chaotischen System zu finden. Beispiele für einfache Systeme die der Chaostheorie folgen 1.Der tropfende Wasserhahn 2.Poolbillard 3.Das chaotische Herz Der tropfende Wasserhahn Ein einfaches Beispiel für ein chaotisches System ist der tropfende Wasserhahn. Erhöht man den Durchfluss des Wasserhahns, dann erhöht sich zunächst - ganz regelmäßig die Frequenz der Tropfen - Bis zu einer gewissen Stelle, an der das System unkontrolliert tropft. Vorher passierten die Tropfen, einer nach dem anderen, den Wasserhahn. In der chaotischen Situation durchdringen sie sich, fallen ineinander, behindern sich gegenseitig. Um solche dynamischen Systeme besser beschreiben zu können, führte, der schon erwähnte, Henri Poincare eine bestimmte Art von Diagrammen ein: die so genannten Phasenräume, eine abstrakte Darstellung des Raums aller Möglichkeiten. Hier im Beispiel der Tropfen trägt man zum Beispiel die Zeitdifferenzen von jeweils drei aufeinander folgenden Tropfen ab, was sich zeigt, ist keineswegs ein "Chaos" ,sondern ein ganz charakteristisches Muster. Ein weiteres banales Beispiel: Poolbillard Ein weiteres banales Beispiel aus dem Alltag ist Poolbillard. Trotz einfachster Gesetze (in diesem Beispiel die Stoßgesetze) gibt es also Systeme, die ungeheuer sensibel auf winzig geänderte Anfangsbedingungen reagieren. Solche Systeme unterliegen - wie man sagt – dem "deterministischen" Chaos. Deterministisch bedeutet, dass hinter dem scheinbaren Chaos, nach wie vor die Ordnungen der Physik bestehen, wenn auch verborgen. In einem Versuch baute man die 15 Kugeln immer möglichst gleich exakt auf. Ziel war es die Stöße exakt gleich aussehen zu lassen. Beim Klick auf den Pfeil seht ihr wie das Ergebnis aussah, nämlich, dass auch bei vielen Versuchen kein Stoß dem anderen glich. Das chaotische Herz Die Aussage, dass das Herz nicht gleichmäßig schlägt, leuchtet wohl jedem ein. Im Ruhezustand schlägt es 60 bis 80 mal pro Minute, wenn wir uns psychisch oder physisch stark anstrengen sogar bis zu 180 mal. Im Schlaf schlägt das Herz weniger als 60 mal pro Minute. Aber selbst bei gleichen Bedingungen über einen längeren Zeitraum, schlägt das Herz nicht immer mit der gleichen Frequenz. Der Grund dafür sind die verschiedenen Einflüsse die den Herzschlag regeln. Dazu gehören zum Beispiel die Atmung, Hormone, äußere Einflüsse und noch viele mehr. Über den ganzen Tag verteilt schlägt das Herz also nicht regelmäßig und es scheint so als ob man kein Muster erkennen könne. Doch Mediziner arbeiten mit einer Methode die aus diesem Durcheinander ein Muster prägt. Sie zeichnen die Herzschläge in einem dreidimensionalen Würfel auf. Die Länge dreier Schläge hintereinander ergibt einen Punkt. So bildet sich in dem scheinbaren Chaos eine Ordnung. Die Links zeigen einmal ein gesundes Herz, einmal ein krankes Herz. Gesund Krank Erklärungen zu wichtigen Begriffen (für Fortgeschrittene) Attraktor Aus dem Alltag ist bekannt, dass sich eine Bewegung auf eine bestimmte Form einschwingen kann, auch dann, wenn man sie verschieden startet. Ein einfaches Beispiel ist eine Pendeluhr. Wenn sie richtig justiert und aufgezogen ist, dann wird das Pendel nach einiger Zeit in einer Weise schwingen, die in ihren Grundzügen nicht von den Anfangsbedingungen abhängt. Nicht nur regelmäßige Bewegungen, sondern auch unregelmäßige Bewegungen können solches Verhalten zeigen. Oft hängt, nach einiger Zeit, die Art der Bewegung praktisch nicht mehr davon ab, wie die Bewegung gestartet wurde. Es gibt also Bewegungsformen, die den Bewegungszustand des Systems anzuziehen scheinen, die attraktiv sind. Daher nennt man sie Attraktor. Es gibt verschiedene mathematische Definitionen des Begriffes "Attraktor", die sich in Details unterscheiden. Im wesentlichen besagen bzw. fordern sie: •Ein Attraktor ist eine Zusammenfassung von speziellen Bewegungen. •Startet man irgendwo mit einer dieser Bewegungen, so kommt man im Laufe der Zeit jedem der zum Attraktor gehörenden Bewegungszustände beliebig nahe. •Auch wenn man nicht mit einer Bewegung startet, die selbst zum Attraktor gehört, so bildet sich eine Bewegung die in den Punkten dem Attraktor sehr nahe kommt. Dies ist sogar häufig der Fall. Fraktale Der Computerwissenschaftler Benoit Mandelbrot, prägte 1975 das Wort Fraktal: Er stieß bei seinen mathematischen Betrachtungen auf einige Sachverhalte, die nach dem bisherigen wissenschaftlichen Verständnis nicht oder nur schwer zu erklären, anscheinend aber auch zu alltäglich waren, um bislang einmal erwähnt und untersucht zu werden: Mandelbrot fiel auf, daß sich die Angaben zur Küstenlänge Großbritanniens in verschiedenen Nachschlagewerken stark unterschieden. Er fand heraus, daß die Abweichungen durch Messungen der Küstenlängen in verschiedenen Maßstäben entstand. Je genauer die verwendete Karte war, desto länger war die Küste, da mehr Meereseinschnitte berücksichtigt werden mussten, die sich zu einer größeren Länge summierten. Mandelbrots Schlussfolgerung war: Wenn man die Karte mit der britischen Küste unendlich oft vergrößerte, würde der Küstenverlauf schließlich unendlich lang werden. Bei der Untersuchung der verschiedenen Karten mit verschieden großen Küstenabschnitten fiel Mandelbrot weiter auf, dass, ganz gleich in welchem Maßstab betrachtet, sich die einzelnen Abschnitte ähnelten; ein Teil eines Abschnitts sah immer dem ganzen Abschnitt ähnlich. Im Gegensatz zur Vergrößerung euklidscher Figuren (beispielsweise ein Kreis, der unendlich vergrößert in einem Teilbereich eine Gerade darstellt) endet die Küste nie in einer Geraden oder überhaupt einer euklidschen Form. Mandelbrot behandelte darüber hinaus räumliche Strukturen, wie sie in der Natur vorkommen. Er musste einsehen, dass Berge und Wolken nicht mathematisch zu beschreiben waren, was jedoch niemanden vorher gekümmert zu haben schien. Wolken seien keine Kugeln und Berge keine Kegel, womit man sie mit bisherigen geometrischen Figuren viel zu unpräzise hätte umschreiben müssen. Mandelbrot fasste zusammen, besagte Erscheinungen in der Natur seien nicht glatt oder gleichmäßig (wie eben kugel- oder kegelförmige Körper), sondern zerklüftet und (scheinbar) unregelmäßig. Mandelbrot definierte die Eigenschaften der Fraktale so: 1.Egal wie oft man die Figur vergrößert, es muss immer eine Selbstähnlichkeit zum Ausgangsbild zu erkennen sein. 2.Fraktale sind hochkomplex und meist reicht diese Komplexität bis ins Unendliche. 3.Sie müssen immer durch Iteration entstehen, das heißt, dass bei der Berechnung der Fraktale ein Ergebnis eines Schrittes gleich der Anfangswert für den nächsten Schritt sein muss. 4.Trotzdem man sie durch Iteration errechnet, muss ein Fraktal immer von der Anfangsbedingung abhängen. Mandelbrotmenge und Apfelmännchen Die Mandelbrotmenge entsteht durch das Einsetzen verschiedener Zahlen in die Formel an+1 = an2 + z. Alle an die nicht gegen Unendlich streben werden in die Mandelbrotmenge aufgenommen. Beim Zeichnen dieser Menge entsteht ein sehr berühmtes Muster, das Apfelmännchen. Dies wird zur Definition der Selbstähnlichkeit benutzt, da es immer wieder die gleiche Struktur beim Vergrößern aufweist. Beim Klick auf den Link seht ihr so ein Apfelmännchen und seine Selbstähnlichkeit bei Vergrößerungen. Zusammenhang Fraktale, Mandelbrotmenge und Apfelmännchen Da diese Begriffe sehr schwer zu verstehen sind und die genaue Definition und Bedeutung dieser Begriffe, selbst für Fortgeschrittene sehr aufwendig zu verstehen ist, versuche ich euch mit einer Erklärung des Zusammenhangs dieser Begriffe zu helfen, sie zu verstehen. Der Zusammenhang liegt darin, dass die Mandelbrotmenge ein, von Mandelbrot, definiertes Fraktal ist. Das Apfelmännchen ist die zeichnerische Abbildung der Mandelbrotmenge. Quellen/weiterführende Links Quellen: Microsoft® Encarta® 99 Enzyklopädie. © 1993-1998 Microsoft Corporation. ; www.schloesinger.de; www.Chaostheorie.de; www.Chaos-theorie.de; www.quarks.de; www.fractal.ch/d_chaos. Dies sind auch gleichzeitig Ergänzungsquellen, die noch viele weitere Informationen anbieten und Sachverhalte bearbeiten. Copyright by: Steffen Muschalle (2002)