Vom Global- zum Regionalmodell Überblick zum Stand der internationalen Klimamodellierung: Eberhard Reimer Institut für Meteorologie Freie Universität Berlin Übersicht 1. Allgemeine Betrachtung 2. IPCC bisherige Klimaentwicklung 3. Antrieb Strahlung 4. Strahlungs-Forcing 5. IPCC globale Entwicklung 6. Modellentwicklung und Regionalisierung (Ulbrich, FUB) 7. Regionale Klimamodelle (Keuler, BTU) 8. ECHAM/Remo/Fuzzy für GLOWA-Elbe (Reimer, FUB) Antrieb: Strahlungshaushalt der Atmosphäre • Strahlung ist Energiefluß in Form elektromagnetischer Wellen • Die Strahlungsarten können hierbei nach Wellenlängen unterschieden werden, – extrem kurzwellig (UV-Strahlung) – bis zu extrem langwelliger Strahlung (Infrarot). • Feststellung: – Der vom Menschen verursachte oder anthropogene Treibhauseffekt ist eine Verstärkung des natürlichen Treibhauseffekts. – Ohne die natürliche Treibhauswirkung der Atmosphäre würde die globale Mitteltemperatur der Erde gegenwärtig nicht bei +15 °C, sondern bei -18 °C liegen. Das System Erde-Atmosphäre nimmt kurzwelligere Strahlung auf strahlt langwelligere Energie ab (geringere Temperatur) die Bilanz an der Atmosphärenoberfläche ist nur annähernd ausgeglichen Die einfallende Strahlung wird beim Durchgang der Atmosphäre beeinflusst: • durch Extinktion (Filterung) • durch diffuse Reflexion und Streuung des Sonnenlichts an verschiedenen Substanzen (Luftmoleküle, Staub, Gase, Wasserdampf, Wolken, Nebel und Dunst. • durch selektive Absorbtion der Strahlungsenergie – Das betrifft stoffabhängig nur bestimmte Wellenlängenbereiche, – Es werden bestimmte Spektralbereiche geschwächt oder fast völlig entfernt. Diese Absorptionsbanden werden verursacht z.B. durch Ozon (als UV-Filter), Kohlendioxid und Wasserdampf (IRStrahlung). • Rückstrahlung ist abhängig von der Albedo der Körper. – So hat Schnee die hohe Albedo mit 75-95% Reflexion – Schwarzerde nur 5-15% Reflexion • Globalstrahlung (langwellige Ausstrahlung der Erdoberfläche). • Wolken und andere Luftbeimengungen geben einen komplizierten Beitrag – durch Gegenstrahlung zum Erdboden hin – durch Ausstrahlung zur Atmospärenobergrenze. Frage Wie wirken sich die anthropogenen Veränderungen der Luftzusammensetzung aus ? • auf die Strahlungsbilanz ? • auf das globale und lokale Klima ? • Dafür wird z.B. die Rekonstruktion vergangener Klimate unter Einbeziehung von Klimamodellen verwendet (IPCC, Intergovernmental Panel on Climate Change) Strahlungs-Forcing • Anhand von Beobachtungen und Modellrechnungen wird die Variabilität des Klimas untersucht (IPCC). • Der Begriff des Forcing wird im Vergleich zwischen verschiedenen Referenzzuständen verwendet. • Einwirkung der Strahlungsprozesse in der Atmosphäre im Vergleich zum Oberrand. • Vergleich des Zustands zu verschiedenen Zeiten (vorindustriell oder eiszeitlich – gegenwärtigen Klima) Modellgestützte ausführliche Abschätzungen existiert in Bezug zum Strahlungs- Forcing für den Zeitraum 1750 -2000 durch - - Treibhaus-Gase (CO2 ,CH4 ,N2O, CFC-11 and CFC-12 Abbau des stratosphärischen Ozons Zunahme des troposphärischen Ozons direkte Auswirkung von z.B. Sulfat Aerosolen (Streuung und Absorbtion) direkte Auswirkung von elementaren und organischen Kohlenstoff aus Biomassenverbrennung und Verbrennung fossiler Brennstoffe, direkte Auswirkung von anthropogenen Staubemissionen - indirekte Effekte durch z.B. Sulfat-Aerosole (Wolkenbildung, Niederschlag) - Änderung der Oberfächen-Albedo - Solare Variabilität Abschließende Bemerkungen (Strahlung) • Eine thermische anthropogene Energiezunahme ist generell beobachtbar, • Die Auswirkung der Veränderungen der lokalen oder globalen Strahlungsbilanz auf die zukünftige Klimaentwicklung (Temperatur und Niederschlagsentwicklung) ist durch die komplexe Wirkung von Spurenstoffen schwierig. • z.B. im sog. Schwarzen Dreieck sind die Kohlenstoff und Schwefelemissionen zwar stark zurückgegangen, aber durch die Kompensation des Forcing durch Ruß- und Sulfat-Aerosole ist keine wesentliche Veränderung der bodennahen Strahlungsbilanz zu beobachten. • Ebenso zeigt die UV-Strahlung an Boden in Europa unterschiedliche Veränderungen, da die Abnahme des stratosphärischen Ozons durch die Zunahme anthropogener Emissionen kompensiert wird. • Die Weiterentwicklung der Prozessmodellierung ist wesentlich. Zu schwache Extremereignisse in GCMs Zeitschritte: T42: ca. 24 min T106: ca. 12 min Orographische Details fehlen Regionalmodelle Dynamische Regionalisierung Beispiel: HadCM3 - HadRM3 Auflösung: 0,5° HadCM3: Winter (ONDJFM) Maximalwind, 95% Perzentil A2a - COM m/s -1 - -0.8 -0.8 - -0.6 -0.6 - -0.4 -0.4 - -0.2 -0.2 - -0.05 -0.05 - 0.05 0.05 - 0.2 0.2 - 0.4 0.4 - 0.6 0.6 - 0.8 0.8 - 1 1 - 1.2 1.2 - 1.4 1.4 - 1.6 1.6 - 1.8 1.8 - 2 HadAM3P: Winter (ONDJFM) Maximalwind, 95% Perzentil m/s -1.25 - -1.1 -1.1 - -0.95 -0.95 - -0.8 -0.8 - -0.65 -0.65 - -0.5 -0.5 - -0.35 -0.35 - -0.2 -0.2 - -0.05 -0.05 - 0.05 0.05 - 0.2 0.2 - 0.35 0.35 - 0.5 0.5 - 0.65 0.65 - 0.8 0.8 - 0.95 0.95 - 1.1 GLOWA-ELBE Klima Abschlusskonferenz 15./16. März 2004 in Potsdam Entwicklung von regionalen Klimaänderungsszenarien für das Gebiet der Elbe Eberhard Reimer Freie Universität Berlin, Institut für Meteorologie Strategie und Verfahrensablauf . Ansätze in der Kimaforschung Gobales Klimamodell ECHAM MPI Hamburg global 1900 - 2050 Randbedingungen regional regionales Klimamodell REMO MPI Hamburg Dekaden Wochen Häufigkeit und Übergänge von Großwetterlagen Dekaden Lokal Modell DWD lokal Globale Klimadiagnose Wochen Typische Witterung der Großwetterlage Wochen Beobachtungen der Wetterparameter 1980 bis Gegenwart Statistik Prognose von Niederschlägen und Verdunstung bei einer Klimaänderung für die Elbe Region Projektschritte - Großwetterlagen zur Beschreibung der großräumigen Zirkulationsmuster - Diagnose zur lokalen Felddarstellung von Temperatur und Niederschlag von REMO im Vergleich mit Beobachtungen, - Klimabeschreibung und Szenarienbildung mit Großwetterlagen und darauf abgebildeten lokalen Statistiken von beobachteten Reihen von Temperatur, Niederschlag, Feuchte und abgeleiteten Größen, - Klimabeschreibung und Szenarienbildung mit Großwetterlagen und lokalen Statistiken von Beobachtungen, troposphärischen Modellparametern und Modellbodendaten Geographische Verteilung der 84 Haupt- und 285 Nebenstationen im Elbe- Einzugsgebiet Großwetterlagen (Beispiel) 10°W 10°E 30°E 10°W 10°E 30°E 10°W 10°E 30°E 120 1296 5480 60°N 50°N 60°N 60°N 50°N 5560 50°N 160 5630 120 1296 5400 5560 5480 1349 1328 Wetterlage „sehr kalt“: Tmax: -3,0 ° C ; Tmin: -8,9 ° C, relative Häufigkeit:: 1,2 % 10°W 10°E 30°E 10°W 10°E 30°E 10°W 5427 30°E 1289 5480 60°N 10°E 60°N 60°N 1328 184 50°N 50°N 5746 50°N 5560 1391 120 120 5640 5720 1360 Wetterlage „sehr warm“Tmax: 25,0 ° C ; Tmin: 11,1 ° C; relative Häufigkeit:: 2,6 % kalt warm NCAR – Analysen 1960 bis1999 ECHAM4 Szenario B2 2000 bis 2049 Deutlich ist die Verschiebung hin zu warmen Wetterlagen erkennbar! kalt warm NCAR – Analysen 1960 bis1999 ECHAM4 Szenario B2 2000 bis 2049 Sehr deutlich ist die Verschiebung hin zu warmen Wetterlagen erkennbar! Das Konzept der Wetterlagenklassifikation zur Regionalisierung von Klimamodelloutputs d22 d23 d24 d25 d32 d33 d34 d42 d43 d52 Mittels äquidistanter Analysefelder oder Felder globaler und regionaler Klimamodelle (Abb.1), sowie eines Distanzmaßes (Gl. 1), werden objektivierte Wetterlagen entwickelt. Als Feldgrößen werden Geopotential, Temperatur, Feuchte und daraus abgeleitete Größen verwendet. m Gl. 1 D (p d ) i 1 i 2 * i relative Häufigkeit 18 16 14 12 10 1980 - 1998 8 6 2040 - 2049 4 2 24 .7 22 .7 20 .6 18 .5 16 .5 14 .4 12 .3 10 .3 8. 2 6. 1 0 Prognostizierte Änderung der Temperaturverteilung für den Zeitraum 2040 bis 2049, Mittelbildung über 84 Stationen des GLOWA - Gebietes 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 1980 - 1998 11 .5 8. 7 5. 9 3. 1 0. 3 -2 .5 -5 .3 -8 .2 2040 - 2049 -1 1 -1 3. 8 relative Häufigkeit Tagesmitteltemperatur - Sommer [°C] Tagesmitteltemperatur - Winter [°C] Die Erwärmung zeigt sich auch durch eine Zunahme der Häufigkeit extrem warmer Klassen Änderung der Tagesmitteltemperatur als Mittel über 84 Stationen des GLOWA - Gebietes gegenüber dem Zeitraum 1960 - 2000 Temperatur [K] 2.5 2 Fruehling 1.5 Sommer 1 Herbst 0.5 Winter 0 -0.5 1965 1975 1985 1995 2005 2015 2025 2035 2045 Der starke Anstieg der Wintertemperaturen resultiert vor allem durch die Zunahme der Häufigkeit der Westwetterlagen (Klasse 9 und 10) Änderung der Monatssumme des Niederschlages als Mittel über 84 Stationen des GLOWA - Gebietes gegenüber dem Zeitraum 1960 - 2000 Niederschlag [mm] 15 10 Fruehling 5 Sommer 0 -5 1965 1975 1985 1995 2005 2015 2025 2035 2045 Herbst Winter -10 -15 Die Sommer werden trockner, die Winter hingegen feuchter relative Häufigkeit 50 40 30 1980 - 1998 2040 - 2049 20 10 11.3 10.3 9.3 8.3 7.3 6.3 5.3 4.4 3.4 2.4 1.4 0.4 0 0 24-stündige Niederschlagssumme [mm] Sommer Prognostizierte Änderung der Niederschlagsverteilung für den Zeitraum 2040 bis 2049, Mittelbildung über 84 Stationen des GLOWA - Gebietes relative Häufigkeit 50 40 30 1980 - 1998 2040 - 2049 20 10 0 0 0.2 1.1 2 2.8 3.7 4.6 5.4 6.3 7.2 8 8.9 9.8 24 -stündige Niederschlagssumme [mm] Winter Im Sommer gibt es 10% mehr, im Winter 11 % weniger trockene Tage Semivariogamme für die 1990-Dekade des Niederschlags (mm) von 84 Stationen Grau: Beobachtungen Gelb: Remo ½° Grün: Remo 1/6° Beispiel zur Erstellung von regionalen Klimaszenarien • Methode : Fuzzy Logic • • • verwendete Daten : Input: 16 Parameter aus ECHAM/REMO-Simulationen, 6 Parameter aus Großwetterlagenstatistik als Abweichung vom mittleren Jahresgang • • Output: Beobachtungsdaten von 6 verschiedenen Klimaparametern an 84 deutschen Stationen im Elbegebiet • • Funktionsprinzip: Fuzzy Logic Toolbox (Matlab) stellt nichtlineare Beziehungen zwischen Input und Output her. Die abgeleiteten Beziehungen können dann verwendet werden, um aus ECHAM/REMO-Szenarien Klimareihen von 2000 bis 2050 an den 84 deutschen Stationen zu erzeugen. • Input MATLAB-Fuzzy Toolbox Output Geopotential 1000hPa Geopotential 850hPa Geopotential 700hPa Geopotential 500hPa Temperatur 850hPa Temperatur500hPa relative Feuchte 850hPa sug221 relative Feuchte 500hPa Vorticity 1000hPa Vorticity850hPa Vorticity 700hPa Vorticity 500hPa (sugeno) rel.Top 1000/850hPa Niederschlag (Abw) rel.Top 1000/700hPa rel.Top 1000/500hPa T.-differenz 850-500hPa BEDE-Abw 27rules GLOB-Abw NIED-Abw WIND-Abw RELF-Abw TEMP-Abw RELF= relative Feuchte, BEDE= Bedeckungsgrad, TEMP=Temperatur, WIND=Wind, NIED=Niederschlag, GLOB=Globalstrahlung, Abw=Abweichung vom langjährigen Mittel Fuzzy Modelle • Fuzzy Verfahren sind in der Lage die Variation der Zeitreihen etwas vollständiger zu beschreiben als Statistiken. (Bekannt aus Steuerungsmodellen und Ozonprognose) • Weiteres Vorgehen: - Das Zeitreihensignal wird aufgeteilt in einen Jahresgang (30Tage Filter) und die Abweichungsreihen. Die Jahresgänge werden mit den Wetterlagen und den dazugehörigen zeitabhängigen Statistiken beschrieben. Die Wetterlagen wurden aus ECHAM und aus REMO ½° erstellt. - • • • • Die Abweichungsfelder werden durch Fuzzy-Modelle beschrieben. Im Lernverfahren werden die Modelldaten der „Wetterläufe“ der RemoVersionen und die Beobachtungen verwendet. In den Szenarienläufen werden ausschließlich Simmulationsdaten des Remo 1/2° und 1/6° - Die Szenarienreihen bis 2055 werden über Trend und Variation an die Istzeit angebunden. (Bias durch glattere Modellfelder) und 99 Variationen erstellt. Boxplot der Jahresniederschlagssummen 20012053 Boxplot der Jahresmitteltemperaturen 2001-2053 Boxplot der Potentielle Jahresverdunstung 2001-2053 Linearer Trend der Niederschlagsjahressumme 2001-2055 (ECHAM + Fuzzy) Linearer Trend der Niederschlagsjahressumme 2001-2055 (Remo + Fuzzy) Abschlussbemerkungen - Die über Remo berechneten lokalen Trends sind gedämpft gegenüber den ECHAM-basierten Rechnungen. - Daher ist die Prognose nicht mehr eingeutig im Trend - Die wesentliche großräumige Veränderung ergibt sich aus der Verschiebung der Wetterlagen - Der nächste konsequente Schritt ist das feldmäßige Downscaling der Remosimulationen. (keine Stationen, sondern Felder) - Die Verwendung der Großwetterlagen und Modellvariablen bringt eine sinnvolle, lokale “Korrektur“ - Die weitere Ankoppelung des LM des DWD wäre zur Erweiterung der Niederschlagsstrukturen sinnvoll. (Konvektive Niederschläge) Abschlussbemerkungen - Die über Remo berechneten lokalen Trends sind gedämpft gegenüber den ECHAM-basierten Rechnungen. - Daher ist die Prognose nicht mehr eingeutig im Trend - Die wesentliche großräumige Veränderung ergibt sich aus der Verschiebung der Wetterlagen - Der nächste konsequente Schritt ist das feldmäßige Downscaling der Remosimulationen. (keine Stationen, sondern Felder) - Die Verwendung der Großwetterlagen und Modellvariablen der regionalen Modelle bringt eine sinnvolle, lokale “Korrektur“ - Die weitere Ankoppelung des LM des DWD wäre zur Erweiterung der Niederschlagsstrukturen sinnvoll. (Konvektive Niederschläge) Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!