Reaktionstypen und Reaktionsmechanismen Teil 2

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Reaktionstypen und
Reaktionsmechanismen
2.Teil
ADDITIONSREAKTIONEN
Mariazell, Dezember 2007
Lisbeth Berner
Inhaltsverzeichnis
1. Elektrophile Additionen
1.1 Addition an C=C-Bindung
1.2.Addition an konjugierte C=C-C=C-Bindung
1.3.Addition an die C≡C-Bindung
1.4 Addition an die C=O-Doppelbindung
3. Pericyclische Reaktionen
3.1 Elektrocyclische Reaktionen
3.2 Cycloadditionen
3.3 Spezielle [2+2]Addition, Hydroborierung
3.4 [2+1]Cycloadditionen
2. Radikalische Additionen
2.1 Addition an C=C-Bindung
2.2 Addition an C=C-C=C-Bindung
2.3 Addition an aromatische Doppelbindungen
2.4 Addition an C≡C-Bindung
4.
Nucleophile Additionen
4.1 Addition an die C=C-Bindung
4.2 Addition an die C=O-Bindung
4.3 Addition an RCOX
4.4 Addition an die C≡N-Bindung
Verwendete Literatur
Peter Sykes, Wie funktionieren organische Reaktionen (Reaktionsmechanismen für Einsteiger),
2.Auflage, Wiley-VCH
Peter Sykes, Reaktionsmechanismen der Organischen Chemie, 8.Auflage, Verlag Chemie,
Taschentext
U. Lünig, Organische Reaktionen (Eine Einführung in Reaktionswege und Mechanismen),
2.Auflage, Spektrum Akademischer Verlag
K.P.C. Vollhardt, N.E. Shore, Organische Chemie, 4. Auflage, Wiley-VCH
Clayden et al, Organic Chemistry, Oxford University Press
Latsch, Kazmaier, Klein, Organische Chemie, Chemie-Basiswissen II, 5.Auflage, Springer Verlag
Allgemeines
Betrachtung der Addition als Umkehr der Elíminierung. Es werden
zwei neue Substituenten an eine Doppelbindung gebunden. Es
wird eine relativ schwache π-Bindung gebrochen und zwei meist
feste σ-Bindungen gebildet.
Addition
+
X
Y
X
Y
Eliminierung
Mehrere Reaktionswege möglich:
a) Synchrone syn-Addition entspricht einer syn-Eliminierung
b) Zur E1- und E1cB-Reaktion gehören die elektrophile und
nucleophile Addition – Zwischenstufen sind Kationen bzw.
Anionen
c) (Umkehr der E2-Reaktion unwahrscheinlich, weil „Dreierstoß“
nötig wäre
d) Radikalische Additionsreaktionen
e) Cycloadditionen wie z.B. Diels-Alder
Y
X
syn-Addition
X
Y
syn-Eliminierung
elektrophile
Addition
X+
+ Y+
X
+
E1-Reaktion
Y
+
Y.
+ X.
.
X
Y
radikalische
Fragmentierung
Dreierstoß
X+
+
+
Y-
X
E2-Reaktion
Y
- X+
E1cB-Reaktion
radikalische
Addition
X
+ X+
-
Y-
Y
- Y-
nucleophile
Addition
+
X
Y
Y
1. Elektrophile Additionen
1.1 Additionen an die C=C-Doppelbindung
1.1.1 Addition von Brom
Br
Br
Br
C
C
Br2
Br
+
C
C
C
C
+Br-
C
C
Br
π-Komplex
Bromonium-Ion
anti
Polarisierung der Br-Br-Bindung  „Bromoniumion“ als cyclischer
Übergangszustand;
Brgreift
von
Rückseite
an

stereospezifisch „anti“. Bildung des Bromoniumions ist der
geschwindigkeitsbestimmende Schritt.
Stereochemie wichtig bei Addition an geometrische Isomere oder
cyclische Verbindungen:
Addition von Br2 an Z-But-2-en
H3C
BrH3C
H
H3C
H
Br2
R
S
H3C
CH3
Br
S
S
H
H3C
H
Br+
H3C
H
Br
H
Br
H3C H Br
Addition von Br2 an E-But-2-en:
Br
Br-
H3C
H
CH3
S
S
Br2
H3C
H3C
CH3
H
H
H
S
R
Br
H
CH3
Br
CH3
Br
H
Br
H
Br
CH3
meso-Form
CH3
Br
H
H
Br
CH3
R
S
Br+
H
H
CH3
R
R
CH3
Br
Enantiomere
H3C
H
Br
CH3
H
H
H
anti-Addition auch bei cyclischen Verbindungen:
H
H
+ Br2
Br
Br-
H
Br
H
+
H
H
Br
trans-1,2-Dibromcyclopentan
Cyclopenten
1.1.1.1 Beweise für cyclische Zwischenstufe:
a) Zusatz von „anderen“ Nucleophilen bei der Bromierung:
Br2/LiCl
Br
Br
+
Br
Cl
Konkurrenz von Br- und Cl- um die cyclische Zwischenstufe
b) Isolierung einer cyclischen Bromoniumion-Zwischenstufe:
Br
+
Br-
1.1.2 Addition anderer Halogene:
Addition von F2 zu heftig, daher unbrauchbar; Addition von Cl2
möglich; Cl bildet aber wegen seiner höheren Elektronegativität
und seiner geringeren Größe weniger gut cyclische
Zwischenstufen.
Es
existieren
daher
auch
einfache
Carbeniumionen und die Addition erfolgt daher auch teilweise syn
und nicht nur anti (d.h. Chloraddition ist stereoselektiv und nicht
stereospezifisch wie bei Br2. Addition von I2 präparativ von
geringer Bedeutung (häufig auch leicht umkehrbar).
1.1.2.1 Einfluss der Struktur des Alkens:
Jeder elektronenspendende Substituent erleichtert die Addition,
weil die positiv geladene Zwischenstufe stabilisiert wird. Für die
Addition von Br2 an die C=C-Bindung ergeben sich folgende
relative Reaktionsgeschwindigkeiten:
H
H
MeCH2
H
H
H
1
H MeCH2
Me
Me
Me
H
Br
H
C6H5
H
H
Me
Me
H
H
H
H
9,6 x 10
H
4,6 x 103
9,3 x 105
3 x 10-2
4 x 103
1.1.3 Addition von HX:
Alle HX (X = F,Cl,Br,I) addieren an C=C-Bindung. Die Geschwindigkeit folgt der Säurestärke HI>HBr>HCl>HF, weil die
Protonierung der Doppelbindung geschwindigkeitsbestimmend
ist. Es entsteht ein einfaches Carbeniumion (kein cyclisches
möglich mit H), bei verschiedenen Möglichkeiten immer das
stabilere Carbeniumion.
H
H
X
H
H
H
CH2+
langsam
H
H
CH2
schnell
X-
CH2
CH2
X
1.1.3.1 Orientierung der Addition – Markovnikov-Regel
H
Me
H
H
H
X
Me
+
H
H
H
H
Me
X
H
H
H
H
Xsekundäres Carbeniumion
Stabilität der Carbeniumionen:
tertiär>Benzyl>Allyl~sekundär>primär~Vinyl>Phenyl
Manchmal erfolgen auch Umlagerungen zum
Carbeniumion (Wagner-Meerwein-Umlagerung)
stabileren
Addition erfolgt regioselektiv (d.h. es entsteht bevorzugt eines
der möglichen Isomeren, nicht regiospezifisch (wäre nur ein
Isomeres).
1.1.3.2 Hydratisierung
Anlagerung von H2O in Anwesenheit von Säuren, deren Anionen
möglichst wenig nucleophil sein sollten, z.B. HSO4- aus H2SO4. Es
entstehen Markovnikov-Produkte.
Me
H
H
H
H+
Me +
H
H
H
H
H2O
H + H
Me O
H
H
H
H
-H+
HO
Me
H
H
H
H
Sollte das Anion der Säure als Nucleophil angreifen, wird es in der
Folge durch das im Überschuss vorhandene H2O nucleophil
substituiert.
1.1.3.3 Oxymercurierung
Quecksilber-katalysierte Addition von H2O an Alkene  Markovnikov-Produkt; es entsteht kein Carbeniumion, das umlagern
kann. Das gebundene Quecksilberacetat wird mit NaBH4 entfernt.
Me
H
1. Hg(OAc)2
H
H
2. NaBH4
HO
Me
H
H
H
H
Mechanismus:
Me
H
1. Hg(OAc)2
H
H
2. NaBH4
HO
Me
H
H
H
H
NaBH4
Me
+ AcO
Me
+
H
Hg
Me
H
HgOAc
H
O
H
H OH HgOAc
OAc
H
H
O
H + H
H
H
HgOAc
H
1.1.3.4 Addition von HOX, Bildung von „Hydrinen“
X2/H2O oder HOX wird addiert, X+ ist das Elektrophil.
OH
Br
+ HOBr
Methylpropen
H
1-Brom-2-methylpropan-2-ol
1.1.4 Kationische Polymerisation
In Abwesenheit starker Nucleophile addieren Carbeniumionen
auch an Doppelbindungen, und durch fortgesetzte Additionen
entstehen schließlich langkettige Polymere.
z.B. Kationische Polymerisation von Methylpropen:
H+
+
+
tertiär
usw.
tertiär
Kationische
Polymerisationen
von
Alkenen
gegenüber
radikalischen Polymerisationen von geringer Bedeutung.
1.2. Addition an konjugierte Doppelbindungen C=C-C=C:
1.2.1 Addition von Br2:
Addition von Br2 (oder HBr) erfolgt an konjugierte Doppelbindungen rascher, weil das entstehende Carbeniumion durch
Mesomerie stabilisiert ist und daher rascher gebildet wird. Es
entsteht kein cyclisches Bromoniumion, weil dann keine
Delokalisierung möglich wäre. Die beiden Zwischenstufen
eröffnen zwei Wege der Addition: 1,2-Addition und 1,4-Addition.
Beide Wege werden beschritten:
H
Br2
H
H
Br
H
H
+
H
H
Br H
H
H
+
H
H
H
H
Br-
Br-
Br
Br
Br
Br
1,2-Addition
1,4-Addition
1.2.2 Addition von HBr:
Orientierung bestimmt durch die Stabilität der Carbeniumionen;
Ergebnis ist wieder 1,2- und 1,4-Addition
Me
Me
H
H
H
+
H
H
H+
H
sekundär
primär
Me
H
+
H
H
H
H
H+
Me
Me
H
H
+
H
H
H
H
+
H
sekundär
sekundär
H
Br-
BrMe
Me
H
H
H
H
Br
1,2-Addition
H
H Br
H
H
1,4-Addition
1.3 Addition an die C≡C-Bindung
Verlaufen langsamer als an C=C-Bindung: Begründung:
πElektronen der Dreifachbindung fester gehalten, d.h. weniger
nucleophil und als Zwischenprodukt entstehen Vinylkationen (z.B.
H2C=CR+), die deutlich instabiler sind als die aus Alkenen
entstehenden Alkylkationen.
1.3.1 Addition von Br2:
Stufenweise über (E)-1,2-Dibromethen zu 1,1,2,2-Tetrabromethan
H
Br
H
H
Br
Br2
Br H
Br
H + Br2
Br
H Br
1.3.2 Addition von HBr:
Reaktion kann oft nach der Addition von einem Molekül HX
gestoppt werden. 2. Addition folgt den Regeln von Markovnikov 
erfolgt langsamer als Erstanlagerung und liefert bevorzugt
geminales Dibromprodukt.
R
R
R
+
Br
H
Br
R
+
Br
BrH
R
Br
R
H
H
BrBr
R
H
Br
R
R
R
R
H
Br
R
Br-
H
mehr
R H
H
+
R
H
R
H
Br-
R
HBr
Br
weniger
1.3.3 Addition von H2O: liefert Enolform eines Ketons, lagert sich
rasch in Keton um (gute präparative Methode)
H2O/H+
R
H
H
+
R
H
-H+
R
O
H
H
OH2+
R
H
HO
H
Enol
O
R
Keton
1.4 Addition an die C=O-Doppelbindung:
C=O-Bindung ist polar; elektrophiler Angriff nur am O-Atom
möglich; nur bei säurekatalysierten Additionen von Nucleophilen,
wie z.B. ROH von Bedeutung (ohne H+-Katalyse ist ROH zu
wenig nucleophil um mit einer CO-Gruppe zu reagieren):
+
H+
O
OH+
ROH
OH
-H+
OHR+
H+
R-OH
OH
OH
OR
2. Radikalische Addition
Begünstigt durch Licht, Startradikale und nichtpolare Lösungsmittel, oft auch in der Gasphase; elektrophile Additionen durch
Lewis-Säure-Katalysatoren und polare Lösungsmittel gefördert
2.1 Additionen an die C=C-Doppelbindung
2.1.1 Addition von HX
Nur die Addition von HBr verläuft gut, da beide Schritte der
Reaktionskette exotherm sind (bei HCl ist die Spaltung der
starken HCl-Bindung endotherm, bei HI ist der 1. Schritt
endotherm).
Läuft als Kettenreaktion ab; in Ether mit Peroxiden als Radikalstarter; es entsteht das anti-Markovnikov-Produkt, weil das
sekundäre Alkylradikal stabiler ist als das primäre.
Mechanismus:
Hitze
RO
Start
OR
2 RO .
RO . + HBr
Br
.
ROH + Br
Br
+
.
Br
.
sekundär
primär
.
Br
+ HBr
Br
.
nicht
+ Br
Radikalkette
.
2.1.2 Polymerisation von Monomeren der Struktur H2C=CH-X
3 Phasen der Polymerisation: Start (Initiierung), Kettenverlängerung (Propagierung) und Kettenabbruch (Terminierung).
Propagierung verläuft meist sehr rasch; für den Abbruch ist
üblicherweise die Kombination zweier Moleküle des wachsenden
Polymer verantwortlich (b).
Start
(Initiierung)
Fortpflanzung
(Propagierung)
Abbruch
(Terminisierung)
a) RO
b)
RO .
RO . +
OR
+ CH2=CH2
RO-CH2-CH2
.
a) RO(CH2)n .
b) RO(CH2)n
n CH2=CH2
.
. OR
RO-CH2-CH2 .
. .
RO(CH2)2n+2
+
+
. OR
. n(CH2)OR
RO(CH2)n-OR
RO(CH2)n-(CH2)nOR
Monomere wie CH2=CH-X polymerisieren „Kopf-Schwanz“, d.h.
die länger werdende Kette addiert an das weniger substituierte CAtom (sterisch günstiger).
2.1.3 Katalytische Hydrierung
Freie H-Radikale treten nicht auf: H2 wird an der Metalloberfläche
(Katalysatoren, Ni, Pt, Pd, Rh) adsorbiert, dadurch wird die H-HBindung geschwächt, wenn nicht sogar gebrochen; Alken
koordiniert über die π-Bindung mit der Oberfläche des
Katalysators; während der Reaktion werden die reagierenden
Teilchen wie auf einem Art Träger festgehalten. Das resultierende
Alkan-Molekül wird von der Oberfläche desorbiert und so neue
aktive Zentren zur Verfügung gestellt. Es erfolgt syn-Addition.
H
H
H
- H2C=CH2
H
H
H
H
+ H2C=CH2
H
H
H
H
H
H
H
H
H
2.2 Addition an konjugierte Doppelbindungen C=C-C=C
2.2.1 Addition von Br2 und HBr
Wie bei der elektrophilen Addition entstehen die stabileren,
sekundären Zwischenstufen (durch Mesomerie stabilisiert) und
schließlich 1,2- bzw. 1,4-Additionsprodukte. Die Addition erfolgt in
einem anti-Markovnikov-Modus.
Br
Br2
Br
+ Br
Br
1,4-Addition
1,2-Addition
HBr
Br
1,2-Addition
+
Br
1,4-Addition
2.2.3 Polymerisation von konjugierten Dienen
Start: Radikalstarter, dann fortgesetzte 1,4-Addition; Polymer
enthält eine Doppelbindung pro Einheit. Vernetzung („cross
linking“) z.B. durch S  Vulkanisation.
Stereochemie an der Doppelbindung für Eigenschaften des
Polymeren von Bedeutung:
Natürlicher Kautschuk: „all-cis-Doppelbindungen“, Monomer
Isopren, klebrige Masse.
Guttapercha: „all-trans-Doppelbindungen“, Monomer Isopren, hart
und spröde.
CH2
CH2
CH2
H
H3C
H
H3C
CH2
n
cis
Naturkautschuk
trans
Guttapercha
n
2.3 Addition an aromatische Doppelbindungen
2.3.1 Addition von Cl2 an Benzen:
Bei Bestrahlung oder in Gegenwart von Peroxiden Addition bis
zum Additionsprodukt C6H6Cl6
(Enthält der Benzenring Substituenten, die durch Cl-Radikale
substituiert werden können, läuft die Substitution bevorzugt ab).
Cl
H
Cl .
Cl
Cl2
H
Cl
H
.
H
C6H6Cl6
Cl
CH2.
bei
Cl .
Cl2
Substitution
2.3.2 Reduktion mit Na in NH3(l) + C2H5OH – Birch-Reaktion
in NH3(l)
Na
schnell
Na+ + e- (NH3)n
blaue Lösung
Na+ NH2- + 1/2 H2
farblose Lösung
langsam
in Anwesenheit von Benzen und Ethanol:
H
-
Na+ + e- (NH3)n
.
Na+
Na+
H H
EtOH
H H
e-
EtOH
.
-NaOEt
- NaOEt
H
Radikalanion
H H
H
Radikal
H
H H
Anion
2.4 Addition an die C≡C-Bindung
2.4.1 Katalytische Hydrierung:
a) mit Katalysatoren wie Pt, Pd, Ni und Rh werden 2 Äquivalent H2
addiert und es entstehen die entsprechenden Alkane.
Alkine sind etwas reaktionsfähiger als Alkene.
b) Bei der Hydrierung an einem „vergifteten“ Katalysator (Pd mit
Pb(II)salzen versetzt), dem so genannten Lindlar-Katalysator,
wird nur 1 Äquivalent H2 aufgenommen und es entsteht nach
dem syn-Modus bevorzugt das entsprechende (Z)-Alken
H2/Pt
H2/Lindlar
Na in NH3
H
H
(Z)
H
H
(E)
2.4.2 Birch-Reduktion
Alkine werden mit Na in NH3(l) zu (E)-Alkenen reduziert; es ist
kein EtOH nötig, weil das Vinylanion basisch genug ist, um NH3
zu deprotonieren und man keine externe Protonenquelle braucht.
3. Pericyclische Reaktionen
Einführung
Reaktionen, bei denen keine reaktiven Teilchen wie Radikale,
Anionen oder Kationen eine Rolle spielen (so genannte „no
mechanism“-Reaktionen), sie laufen z.B. bei der Diels-AlderReaktion konzertiert über cyclischen Übergangszustand, an dem
sechs cyclisch konjugierten -Elektronen beteiligt sind. Ein
solcher Übergangszustand ist nach der Hückel-Regel besonders
energiearm.
Pericyclische Reaktionen sind so genannte orbital-kontrollierte
Reaktionen, die mit Hilfe der Grenzorbitaltheorie (WoodwardHoffmannn-Regeln) verstanden werden können.
Name „pericyclisch“ (gr. „um den Ring herum“) soll andeuten,
dass die Elektronen um einen ringförmigen Bereich verschoben
werden.
3.1 Elektrocyclische Reaktionen:
ein konjugiertes, lineares π-System bildet unter Verlust einer πBindung eine neue σ-Bindung und damit einen Ring.
Wärme
Licht
cis-3,4-Dimethylcyclobuten
trans-3,4-Dimethylcyclobuten
E,E-2,4-Hexadien
3.2 Cycloadditionen:
3.2.1 [4+2]-Cycloaddition: Diels-Alder Reaktion
CH3
CH3
CH3
+
kein
CN
"Dien"
CH3
"Dienophil"
CN
CN
konzertierter
"syn"-Addukt
Übergangszustand
CN
"anti"-Addukt
Beispiele für Diene:
O
O
Beispiele für Dienophile (möglichst elektronenarme Alkene, πBindung möglichst mit –M-Gruppe konjugiert)
O
COOR
CH2
CH
COOR
O
O
CHO
COOR
O
COOR
O
Bei unsymmetrisch substituierten Dienen und Dienophilen muss
man mit Regioisomeren rechnen (Regioselektivität)
R'
R
+
R
R' R
+
R'
Beispiele zu Diels-Alder-Reaktionen:
O
O
O
O
+
O
O
O
+
O
O
O
COOR'
R
R
+
COOR'
COOR'
COOR'
Stereochemie der Diels-Alder-Reaktion:
Reaktionspartner können sich von verschiedenen Seiten nähern.
Es kann ein exo- oder ein endo-Produkt entstehen.
„endo“ (gr. innen): in bi- oder höher cyclischen Verbindungen sind
funktionelle Gruppen einander zugekehrt oder ins Innere des
Ringsystems gerichtet
„exo“ (gr. außen): das Gegenteil von „endo“.
Addition von Maleinsäureester an Cyclopentadien:
H
H
H
H
exo-Addition
COOR
H
COOR
COOR
H
COOR
H
H
ROOC
ROOC
H
H
endo-Addition
H
COOR
H
COOR
Es entsteht bevorzugt das endo-Produkt, das aber thermodynamisch weniger stabil ist (kinetische Kontrolle!)
Bei höheren Temperaturen wird die Diels-Alder-Reaktion
reversibel, dann entsteht das thermodynamisch stabilere exoProdukt.
3.2.2 [3+2]-Cycloadditionen:
3.2.2.1 Ozonolyse: Alken + O3 zum Ozonid und anschließende
reduktive oder oxidative Aufarbeitung.
-O
O
O
+
O
O
O
R
R'
R
H
H
R''
Primärozonid
R'
R''
"Molozonid"
-O
O
R
H
+
R'
O
R
+ R''
H O O
O
R'
R''
Sekundärozonid
"Ozonid"
Spaltung:
a) Reduktiv mit z.B. Zn/HAc oder (CH3)2S oder H2/Kat.
b) Oxidativ z.B. mit H2O2
R
R'
H
R''
O3
R
-78o
H
R'
O
Reduktion
R-CHO
Oxidation
R-COOH + R'-CO-R''
+
R'-CO-R''
R''
O O
"Ozonid"
3.2.2.2 cis-Dihydroxylierungen mit OsO4 oder KMnO4:
R
R
H
H
+ MnO4 -
H
R
R
H
H
H
R
H
R
R
H
O
O
R
H
H
R
Os
H
R
O
H2O
Mn
O
O
O
O
Mn
+ OsO4
R
O
O
O
R
H
O
O
Os
O
O
OH
+ MnO3-
R
H
OH
H2O
H
R
OH
H2O2
R
H
OH
O
O
H
R
+ OsO3
3.3 Spezielle [2+2]-Addition, die Hydroborierung
Aus einer π-Bindung und einer σ-Bindung werden 2 neue σBindungen gebildet  ein nicht-cyclisches Produkt.
Alken + BH3 (oder R2BH); B weniger elektronegativ wie H, daher
trägt in der B-H-Bindung H die neg. Partialladung und wird an das
stärker substituierte C-Atom gebunden  anti-Markovnikov
R-CH=CH2
R2BH
R-CH=CH2
B
R
H
H2O2/OH-
R-CH
CH2
R-CH-CH2
R-CH-CH2
H
BR2
H BR2
H OH
R
Hydroborierung verläuft syn-stereospezifisch und auch regioselektiv  primäre Alkohole.
BH3 kann alle 3 H-Atome übertragen, alkylierte Borane nur jeweils
1 oder 2 H-Atome. Aufarbeitung mit H2O2 in Base, es entsteht
R2BOH bzw. RB(OH)2 oder B(OH)3.
3.4 [2+1]-Cycloadditionen, bei denen jeder Partner für die zwei σBindungen zu einem Atom ein Elektronenpaar zur Verfügung
stellt, die π-Bindung geht verloren.
3.4.1 Carben-Addition:
C
R''
R''
R'
R'
z.B. Dichlorcarben (aus CHCl3 in Base) addiert stereospezifisch
(syn-Addition) zu cis-substituierten Cycloproanen.
R
R
R
KOH
-HCl
R
Cl
R
Cl
C
CCl2
CHCl3
Cl
R
Cl
3.4.2 Epoxidierung – anti-Dihydroxylierung
O-Atom aus Persäure wird auf die Doppelbindung übertragen 
Epoxid (Oxiran). Konzertierte Reaktion, auch in unpolaren LM
stereospezifisch „syn“.
R
O
H
R'
+
H
R
H O
O
R
H
H
O
H
R
R
O
O
R'
O
H
H
R
HO
+
R
O
Meist
verwendet:
MCPBA
=
m-Chlorperbenzoesäure;
je elektronenreicher die Doppelbindung, desto rascher
verläuft die Epoxidierung (d.h. tetrasubstituierte Alkene werden
am schnellsten umgesetzt).
Epoxide sind wichtige Zwischenprodukte für die stereoselektive
Bildung von Diolen, weil sowohl basische wie auch eine sauer
katalysierte Hydrolyse anti verläuft  anti-Dihydroxylierung
H
O
H+
O+
O
OH
-
H
O
H
OH
O
O
OH
H
OH
H2O
-H+
-OHOH
+
H
Übung zu Additionen an C=C-Bindungen:
Br
H
OH
Br
1. BH3
2. H2O2, NaOH
H
Br2/
CH2Cl2
H2/Pt
H
H+, CH3OH
H
HBr
OMe
Br
1. Hg(OAc)2
2. NaBH4
HBr/Peroxid
Br2/H2O
H
OH
Br
Br
OH
H
Mit etwas Stereochemie:
OMe
OMe
+
Br
Br
anti-Addition Diastereomere
Br2
MeOH (Überschuss)
OH
1. Hg(OAc)2
1. BH3
+
OH
2. H2O2
2. NaBH4
H2/Pd-C
syn-Addition Diastereomere
OH
4. Nucleophile Addition
Allgemeines
Voraussetzung für nucleophile Addition ist eine gewisse „Elektronenarmut“ an einem C-Atom. Daher vorwiegend an C=OBindungen. An C=C-Bindungen nur, wenn eines der C-Atome
elektronenziehende Gruppen trägt.
4.1. Addition an die C=C-Bindung
4.1.1 Addition an C=C-C≡N (Cyanethylierung)
z.B. ROH
"Acrylnitril"
+
N
-
NH
ROH
NN
OR
+
ROH
R
O
H
Andere Nucleophile: RO-, H2O, Amine, Phenole, H2S
OR
4.1.2 Addition an die C=C-C=O:
auch C=O-Gruppe elektronenziehend;
4.1.2.1 Addition von HBr
O
+
+ OH
H+
Br -
OH
O
OH
Br
Br
Enol
Keton,
Addition von HBr an Me2C=C(Me)=O; O wird protoniert, dann
nucleophiler Angriff durch Br-; Enol lagert spontan zu Keton um.
Auch mit ROH als schwachem Nucleophil und mit saurer
Katalyse möglich.
4.1.2.2 Addition von RMgBr (Grignard-Reagentien)
hier Konkurrenz zwischen 1,2- und 1,4-Addition, weil Angriff
sowohl auf C=C- als auch auf C=O-Bindung möglich; die Addition
eines Carbanions an die C=C-Bindung nennt man MichaelReaktion
+
PhMgBr
Ph
O MgBr+
Ph
H+
OH
H2O
1,2-Addition
O
+
PhMgBr
Ph
O
MgBr+
H+
OH
Ph
O
Ph
H2O
Keton
Enol
1,4-Addition
4.2 Addition an die C=O-Bindung in Carbonylverbindungen
4.2.1 Reaktivität der C=O
Sterische Effekte, elektronische Einflüsse, Delokalisierung 
Me
H
O
H
O
>
H
>
O
Me
Ph
H
Me
und
O
H
>
O
H
CH3 größer als H  nucleophiler Angriff erschwert; Methylgruppen sind Elektronendonatoren  nucleophiler Angriff erschwert; Phenylgruppen stabilisieren durch Delokalisierung die
C=O-Gruppe  nucleophiler Angriff erschwert.
Wichtig: nucleophile Reaktionen an C=O sind meist reversibel
(Ausnahme: Hydridübertragungen), daher muss man wissen, wie
leicht oder schwer eine bestimmte Addition erfolgt und nach
welcher Seite hin das Gleichgewicht verschoben ist.
Beispiel: Hydrat-Bildung
4.2.2 Addition von H2O = Hydrat-Bildung
+ O
O
H2O
OH
OH2+
OH
:OH2
% Hydratisierung
im Gleichgewicht
H2C=O 100
MeHC=O 58
Me2C=O
0
Lässt man die Umsetzung von H218O mit Aceton ablaufen, so
nimmt im Laufe der Zeit der Anteil an 18O-Isotop im Aceton zu,
d.h. das Gleichgewicht wird durchlaufen!
Substituenten mit –I-Effekt stabilisieren die Hydrate:
O
O
H
H
O + H2O
Cl3C
Chloral
OH
OH
O + H2O
Cl3C
OH
OH
Chloralhydrat
O
Triketoindan
O
Ninhydrin
4.2.3 Addition von ROH – Acetal- bzw. Ketalbildung
Die Reaktion von Aldehyden (Ketonen) mit Alkoholen verläuft
unter Bildung von Halbacetalen (Halbketalen). Diese lassen
sich in Gegenwart von Säuren und überschüssigem Alkohol
zu Acetalen (Ketalen) umsetzen.
Acetalbildung verläuft in zwei Schritten. Der 1. Schritt benötigt
keine Säure, im 2. Schritt benötigt man H+ zur Protonierung
der OH-Gruppe:
OHR'
O
+ R'OH
R
R
H
OR'
H
R
O
OH
Halbacetal
Aldehyd
OR'
OR'
R
H
H+
R
OH
Halbacetal
H
H
H
O
+
H
-H2O
OR'
OR'
R
+
H
+R'OH
R
H
OR'
H
O
+
-H+
R
H
OR'
R'
Acetal
Da alle Reaktionsschritte Gleichgewichtsreaktionen sind, lassen
sich Acetale im sauren Milieu leicht wieder spalten. Im basischen
Milieu sind sie stabil. Um das Gleichgewicht in Richtung Acetale
zu verschieben, kann man bei der Reaktion die Alkohole im
Überschuss verwenden oder H2O aus dem Gleichgewicht
entfernen (besonders wichtig bei Ketalen).
Besonders günstig verläuft die Acetalbildung mit Diolen, da
hierbei cyclische Acetale gebildet werden. Cyclische Acetale
und Ketale sind relativ stabil und werden gerne als
Schutzgruppen für Carbonylverbindungen verwendet.
HO
HO
O
+
R
H
HO
Ethandiol
O
R
H+
R
O
+ H2O
OH
H
Halbacetal
H
O
Acetal
Befinden sich OH- und Carbonylgruppe in einem Moleküle, so
bilden sich leicht cyclische Halbacetale (z.B. bei KohlenH
hydraten)
Drehung von C
6
5
5
HO C
H
C 4
HO
3
HO C
um 120o um
die C4-C5Bindung
CH2OH
CHO
2
C
CH2OH
OH
H
C 4
H
HO
CHO
3
C
HO
OH
H
5
C
H
2
C
H
OH
H
CH2OH
HO
C
D-(+)-Glucose
O
H
C
H
OH
H
OH
C
C
H
OH
D-(+)-Glucofuranose
( (weniger stabil)
CH2OH
C
neues
chirales
Zentrum
H
C5
O
H
H
C 4 OH
OH C
H
3
H
2
C
OH
C
OH
neues
chirales
Zentrum
D-(+)-Glucopyranose
(stabiler)
Gruppen auf der rechten Seite
der ursprünglichen FischerProjektion (eingekreist) zeigen
in der cyclischen Halbacetalform
nach unten
Polymerisation von Methanal  „Paraformaldehyd“
H
HO
OH
H
Methanalhydrat
CH2O
H
H
HO
O
OH
H
n CH2O
H
HO
H
Dimer
O
H
H
n
"Paraformaldehyd"
4.2.4 Reaktion mit S-Nucleophilen
4.2.4.1 Thioacetale und Thioketale
Thiole reagieren mit Carbonylverbindungen analog zu Alkoholen
zu Thioacetalen und Thioketalen.
Bildung sehr leicht, weil Thiole sehr nucleophil sind. Spaltung mit
Quecksilbersalzen, damit wird abgespaltenes Thiol aus dem
Gleichgewicht entfernt.
O
+ 2 R'SH
R
H
R
SR'
H2O/H+
SR'
HgCl2
H
Thioacetal
O
+ Hg(SR')2
R
+ 2 HCl
H
Mercaptid
Cyclische Thioacetale dienen zur „Umpolung“ von Carbonylverbindungen (d.h. das C-Atom der Carbonylgruppe wird selbst
zum nucleophilen Zentrum, das nucleophil angreifen kann).
Die S-Atome sind elektronenanziehend und leicht polarisierbar,
stabilisieren daher eine neg. Ladung am Carbonyl-C-Atom.
HS
SH
+
O
H
+ C4H9Li
R
S
S
H
R
-C4H10
S
..
-
S
R
Li+
4.2.4.2 Addition von Natriumhydrogensulfit  „Bisulfit“-Bildung
zur Abtrennung und Reinigung von Carbonylverbindungen;
spalten wieder mit Säuren oder Basen.
R
O
+ NaHSO3
R'
R
OH Na+
SO3R'
"Bisulfit"-Addukt
O
H+
+ H2O + SO2 + Na+
R
R'
4.2.5 Addition von „Hydrid“ über Metallhydride
Reduktionen mit Metallhydriden wie NaBH4 in Ethanol und LiAlH4
in Ether; isolierte C=C-Bindungen werden nicht angegriffen.
Na+
HB
3
R
H+
R
R
O
+
H OCH2 CH3
Ethanol
(LM)
-
OH + Na+ H3B OCH2 CH3
H
R
Na-ethoxyborhydrid
Das Ethoxyborhydrid kann drei weitere Carbonylmoleküle
reduzieren, bis alle Hydrid-Substituenten verbraucht sind. Die Borverbindung wird schließlich zu B(OCH2CH3)4- umgewandelt
Gesamtreaktion:
4 RCHO + NaBH4 + 4 EtOH  4 RCH2OH + (EtO)4B-Na+
Beim reaktiveren LiAlH4 muss man in aprotischen LM arbeiten
(Ether, THF), weil sonst die Reaktion
LiAlH4 + 4 H2O  Al(OH)3 + LiOH + 4 H2
abläuft.
Verwendung von LiAlD4 führt zu deuterierten Alkoholen
Li+
-
H3Al
R
R
H+
O
R
3 R2CO
O LiAlH3+
H
Li+
Al(OCHR2) 4-
R
H2O
4 R2CH-OH + LiOH + Al(OH) 3
Reaktivität von C=O-Gruppen:
O
R
H >
R' >
R
O
O
O
NR'2
OR' > R
R
LiAlH4
NaBH4
OH
R
H
H
R'
R
H
H
OH
OH
R
H
H
+ R'OH
NR'2
R
H
Hydrid-Übertragung bei Cannizarro-Reaktion:
Disproportionierung von Aldehyden ohne H-Atome in α-Position;
im stark basischen Milieu
2 C6H5CHO + NaOH  C6H5CH2OH + C6H5COO Na+
Mechanismus:
Ph
2
OH
Ph
H Ph
H
+ NaOH
O
-O
H
O
Na+
Ph
Ph
OH
O
+
H
H
O
Na+
PhCOO- Na+ + PhCH2OH
Gekreuzter Cannizarro:
2 Aldehyde ohne -H-Atome (oft mit HCHO, das immer zu
HCOOH oxidiert wird, 2. Aldehyd zum Alkohol reduziert).
4.2.6 Addition von HCN – „Cyanhydrin“-Bildung
OH
HCN
O
CN-
+ CN-
O
CN
CN
CN-
In wässriger Lösung; KCN + Säure zur Freisetzung von CN-; im
Basischen wieder spaltbar.
Wichtige Zwischenstufen bei Synthesen:
1. LiAlH4
2. H+, H2O
OH
CN
R'
R
R
z.B.Strecker-Synthese
H
OH
COOH
R'
NH2
Amine
Carbonsäuren
O
+ HCN + NH3
R
R'
H+, H2O
R
OH
R
NH 2
CN
H
2 H2O/H+
ein Aminonitril
R
NH 2
COOH
H
α-Aminosäure
4.2.7 Addition von Kohlenstoffnucleophilen – Knüpfung neuer
C-C-Bindungen
4.2.7.1 Grignard-Reagenzien und verwandte Verbindungen
In aprotischen LM (Ether), wässrige Aufarbeitung:
R
+ RCHO
H-C-OH
R'
O
+ R-C-R
R
R-C-OH
R'
+ CO2
R'MgX
R'COOH
O
R'
+ R-C-OR
R-C-OH
R'
O
+ R-C-Cl
R'
R-C-OH
R' O
+ R-CN
R-C-R'
+ HCHO
R'-CH2OH
Allgemeiner Mechanismus:
O
+
R
H
OH
OMgBr +H2O/H+
MgBr
R
CH3
R
CH3
H
H
CH3
+ Mg(OH)Br
Heute oft durch andere metallorganische Verbindungen wie RLi,
PhLi oder R2CuLi ersetzt.
4.2.7.2 Addition von Acetylid-Ionen
Endständige Alkine sind vergleichsweise acid (pKs25) und
lassen sich mit starken Basen wie Natriumamid in Ammoniak
deprotonieren.
R
NH2-
H
-
R'
OH
+ RCHO
R
R'
H
OH
OH
R
H2/Lindlar-Kat
R
R'
H
R'
H
OH
H+/H2O
R'
O
R
H
Hydrierung
Alken
Hydratisierung
Keton
4.2.7.3 Wittig-Reaktion: Addition von Phosphor-Yliden
Bildung einer C=C-Bindung durch Wittig-Reaktion; WittigReagenz: Phosphor-Ylid
R
-..
C
R
+
C
P(C6H5)3
P(C6H5)3
H
H
Reagiert mit einer Carbonylverbindung zum Alken:
R
C
P(C6H5)3
C
O
+
H
Carbonylverbindung
Ylid
C
C
Alken
+
O
P(C6H5)3
Triphenylphosphinoxid
Vorteile der Methode:
•Eindeutige Lage der Doppelbindung
•Auch in Gegenwart von Ether-,Ester-, Halogen-und Alkinfunktion
•Bei geeigneten Bedingungen auch stereoselektiv
Zuerst Bildung des Phosphoniumsalzes, dann Bildung des Ylids:
R
(C6H5)3P
+
CH2
Triphenylphosphan
+
RCH2-P(C6H5)3 + X- + n-Bu-Li
+
RCH2-P(C6H5)3 + X-
X
ein Alkyltriphenylphosphoniumhalogenid
THF
+
R-CH-P(C6H5)3
+ n-Butan+ LiX
R-CH=P(C6H5)3
Mechanismus (über cyclisches Oxaphosphacyclobutan)
R'
..-
RCH
R'
R'
+
P(C6 H5)3
O
+
RCH
R''
(C6H5)3P+
C
O
R-CH
R''
C
R''
O
(C6H5)3P
einOxaphosphacyclobutan
(Oxaphosphetan)
ein Phosphor-Betain
R'
RCH
+ (C6H5)3P=O
C
R''
4.2.7.4 Carbanionen von Carbonylverbindungen (Enolate):
Verbindungen mit H-Atomen am -C-Atom zur Carbonylgruppe
sind unterschiedlich acid, mit Basen B- können Protonen
abgespalten werden 
Elektrophil
R
B
-
+
H
BH +
R
R'
O
R
O
R
R'
Carbanion
R
R'
R
O
-
Enolat
Es entstehen ambidente Nucleophile (d.h. beide Zentren können
mit Elektrophilen reagieren.
Dienen Carbonylverbindungen als Elektrophile, findet eine C-CVerknüpfung statt.
Ausgewählte Beispiele: Aldol-Reaktion, Claisen-Kondensation
4.2.7.4.1 Carbanionen von Aldehyden
a) Basenkatalysierte Aldol-Reaktion  ß-Hydroxyaldehyd
H
H
O
z.B. mit
Ethanal:
-
H2O
H
O
OH
CH2CHO
CH2CHO
CH2CHO
Aldol
Bildung des Aldols ist reversibel.
Reaktion zweier gleicher Aldehyde  Gleichgewicht „rechts“,
zwei ungleiche Aldehyde (gekreuzte Aldol-Reaktion 
Produktgemisch, außer: ein Aldehyd hat kein α-H-Atom:
O
O
Ca(OH)2
+
H
H
H3 C
H
CH2OH
HOH2 C
+HCHO
CHO
CH2OH
-HCOOH
3-Hydroxy-2,2-bis(hydroxymethyl)-propanal
CH2OH
HOH2 C
CH2OH
CH2OH
"Pentaerythrit"
b) Säurekatalysierte Aldol-Reaktion = Aldol-Kondensation
bleibt nicht beim Addukt stehen, sondern läuft direkt zur ,ßungesättigten Carbonylverbindung
OH+
OH+
+ H2 C
H
H3 C
protoniertes
Ethanal
OH
OH
H
H3 C
H
-
H+
OH CHO
H3 C
H
H+
CHO
-H2O
H
"Crotonaldehyd"
Enolform
des Ethanals
4.2.7.4.2 Carbanionen von Ketonen
Me
-CH COMe
2
O
Me
-CH COMe
2
Me
Me
Me
H2O
O
CH2COMe
Me
OH
CH2COMe
Gleichgewicht ganz „links“; Produkt muss aus dem
Gleichgewicht „entfernt“ werden, damit die Reaktion nach
rechts abläuft.
4.2.7.4.3 Carbanionen von Estern – Claisen-Ester-Kondensation
OEt
-CH COOEt
2
EtO
O
Me
Me
Me
- -OEt
O
CH2COOEt
-Ketoester
O
H
H
COOEt
-CH COOEt
2
-OEt
-OEt
Me
Me
O
COOEt
H
-
O
COOEt
Anion des -Ketoesters
1. Schritt sehr ungünstig; OEt- aber gute Abgangsgruppe  ßKetoester (hier Acetessigester); bei Verwendung stöchiometrischer Mengen an OEt- wird durch den letzten Schritt (Bildung
des Anions) die Reaktion ermöglicht.
Wässrige Aufarbeitung setzt den ß-Ketoester dann frei.
Me
Me
O
H+,
O
H
-
Me
H2O
O
O
COOEt
COOEt
EtO
Gekreuzte Claisen-Kondensation nur sinnvoll, wenn ein Ester kein
α-H-Atom hat; z.B.
O
O
O
O
O
O
+
O
Intramolekulare Claisen-Kond. = Dieckmann - Kondensation
O
O
COORCOOR
RO-Na+
COOR
 Cyclische ß-Ketoester. Esterverseifung und Decarboxylierung
 cyclische Ketone
4.2.8 Addition von N-Nucleophilen
4.2.8.1 Addition von primären Amino-Gruppen
NHR'
O
+ R'NH2
R
H
R
H
OH
Halbaminal
-H2O
NR'
R
H
Imin
Halbaminal ist nicht stabil, spaltet spontan H2O ab  Imin
(Azomethin, Schiffsche Base); es handelt sich um einen
Additions-Eliminierungs-Prozess.
Imine können mit z.B. H2/Ni zu Aminen reduziert werden.
Analog reagieren auch andere „Aminderivate“: führen meist zu
kristallinen Verbindungen und werden oft zur Identifizierung von
Carbonylverbindungen verwendet (Oxime, Phenylhydrazone,
2,4-Dinitrophenylhydrazone und Semicarbazone)
Bei Reaktionen von Aldehyden und unsymmetrischen Ketonen
bilden sich 2 stereoisomere Produkte (E/Z-Isomere)
NHOH
O
R
+ H2N-OH
R'
R'
R
-H2O
Hydroxylamin
R
+ H2N-NHCONH2
N-NHCONH2
-H2O
R
R'
Semicarbazon
R'
Semincarbazid
O
R
R
R'
Oxim
OH
O
N-OH
N-NHC6H5
-H2O
+ H2N-NH-C6H5
R
Phenylhydrazin
R'
Phenylhydrazon
R'
4.2.8.2 Reaktion mit sekundären Aminen  Enamine
R1
H
R
O
+ HNR'2
R2
R1
H
R
OH
NR'2
R2
Primäraddukt
R1
NR'2
+ H2O
R
R2
Enamin
4.2.8.3 Reaktion von NH3 mit Methanal und Ethanal:
O
+ 3 NH3
3
H
N
NH
- 3H2O
3
H
H
H
HN
H
NH
H
2,4,6-Trimethylhexahydro-1,3,5-triazin
Methanal reagiert ähnlich, nur reagiert das Triazin mit Ammoniak
weiter zum Endprodukt Hexamethylentetramin (Urotropin).
H
N
O
+ 3 NH3
3H
H
+ 3 HCHO
+ NH3, -3H2O
-3H2O
HN
NH
Hexahydro1,3,5-triazin
N
N
N
N
Hexamethylentetramin
4.3 Additionen an RCOX – an Derivate der Carbonsäuren
Keine nucleophile Additionen an Säuren selbst, weil Nucleophile
meist eher als Base reagieren und der Säure ein Proton entreissen; das Carboxylat-Ion ist selbst elektronenreich und durch
Mesomerie stabilisiert, enthält also eigentlich als delokalisiertes
Anion keine C=O-Gruppe mehr
R
=
O
R
O
R
O
R
OH
O
O
O
O
+ OH-
O
O
R
Es reagieren die Derivate RCOX in folgender Reaktionsabstufung
>
R
Cl
Säurechlorid
R
O
O
O
O
O
R
Säureanhydrid
>
R'
R
O
Ester
O
O
>
>
R
NH2
R
Säureamide
NR'2
4.3.1 Spaltung von Säurechloriden mit Wasser
Säurechloride (und oft auch Säureanhydride) kann man schon mit
dem sehr schwachen Nucleophil H2O zersetzen; die Addition
bleibt bei der einfachen Addition nicht stehen, weil Cl- eine sehr
gute Abgangsgruppe ist (bei Carbonylverbindungen müssten Hoder R- abgespalten werden!):
O
O
H2O
R
Cl
R
-
O
Cl-
Cl
R
O
- H+
OH2+
H2O:
OH
R
OH2+
Säure
Säurechlorid
4.3.2 Basische Esterhydrolyse
O
R
O
OH:OEt
R
OEt
OH
OH:-
O
- OEt
R
O
OH
+ OEt-
+ HOEt
R
O
Säureanion
Endprodukte sind das Carboxylat-Anion und EtOH. Die Reaktion
ist irreversibel, weil der Angriff von EtO- auf RCOOH nicht zur
Umkehr des Prozesses führt  keine basische Esterbildung!!
Stöchiometrische Mengen Base nötig!
4.3.3 Säurekatalysierte Esterhydrolyse bzw. Veresterung
H+
O
R
OEt
R
OH+
H+
R
OH+
- H+
OH
Säure
OH
R
R
OEt
OH2+
: OH2
Ester
O
OEt
H2O
OH
- EtOH
R
OH
OH
OEt+
H
Reaktion ist vollständig reversibel: bei der Hydrolyse ist H2O im
Überschuss (Verseifungen laufen in verdünnter wässriger Lsg),
verschiebt das Gleichgewicht nach rechts.
Für die Veresterung wählt man einen nicht wässrigen
Katalysator (konz.H2SO4) und EtOH im Überschuss, das
verschiebt das Gleichgewicht nach links Richtung Ester.
4.3.4 Haloform-Reaktion
Im Basischen werden H-Atome eines Methylketons z.B. durch Iod
leicht substituiert. Zweit- und Drittsubstitution sind in der Folge
begünstigt  l3C-CO-R. CI3- gute Abgangsgruppe!
O
R
O
OHCI3
:OH-
R
- CI3CI3
OH
O
O
R
OH
+ CI3-
R
O
+ HCI3
Iodoform
Endprodukt neben Iodoform die um 1C-Atom verkürzte Säure.
4.4 Addition an die C≡N-Gruppe
Läuft analog der Addition an die C=O-Bindung;
Hydratisierung von Nitrilen im sauren bzw. basischen Milieu.
z.B.
H
+ R
N
R
H+
+
N
H2O
R
H2O
OHR
O
H
N
OH
R
NH2
Amid
N
OH
Das Produkt der Primäraddition ist ein Amid, RCONH2, aber es
ist oft schwierig die Weiterreaktion zu verhindern (zum
Carboxylat-Anion RCOO-, wenn wässrige Base verwendet wird,
bzw. zur freien Carbonsäure RCOOH, wenn man wässrige
Säure verwendet.
Übung zu Additionen an C=O-Bindungen:
H
H
H
N
N
H+
H2N
(C6H5)3P=CH2
HS
S
Ph
N
H
N
Ph
HOAc
N
H
O
SH
HO
S
O
OH
H+
1. LiAlH4
2. H+
NH2OH
H+
1. MeMgBr
2. H+
H
N
OH
OH
OH
O
Addition von Carbanionen an C=O:
O
O
O
OH
Base
+
H
EtOH
OH
OH
Base
H
+ CH2O
O
und
O
EtOH
O
H
H
O
O
O
OEt
+
O
OEtOEt
OEt
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