Elektrooptische Keramik Elektrische und magnetische Felder induzieren Veränderungen in den optischen dielektrischen Koeffizienten eij und im Brechungsindex nij eines Materials. Dadurch wird die Lichtausbreitung im Material beeinflusst. Elektrooptische Werkstoffe sind geeignet, elektrische Information in optische umzuwandeln. Einkristalle: . LiNbO3, LiTaO3 Keramiken: PLZT 1 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Brechung und Dispersion Der Brechungsindex n ist das Verhältnis der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum c zu der Geschwindigkeit im untersuchten Material cM: n = c / cM n variiert je nach Medium von 1 (Luft) bis zu etwa 4 (PbS, Sb2S3). Die Brechungsindizes einiger Glassorten in Abhängigkeit der Lichtwellenlänge (Dispersion). 2 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Isotrope und anisotrope optische Werkstoffe Isotrope Medien: - Gase - Flüssigkeiten - amorphe Feststoffe (Glas) - kubische Kristalle Anisotrope Medien: - uniaxal: rhombische, hexagonale und tetragonale Kristalle - biaxial: orthorhombische, monokline und trikline Kristalle 3 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Doppelbrechung in anisotropen optischen Werkstoffen Der Brechungsindex ist für beide Strahlen unterschiedlich (no, ne) und die Doppelbrechung Dn ist die Differenz der beiden Brechungsindices Dn = ne - no und kann negative oder positive Werte annehmen. 4 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Doppelbrechung im Kalzit (CaCO3) Beispiel für einen uniaxialen Kristall ist Kalzit CaCO3. In Richtungen, die verschieden sind von der optischen Achse, entsteht eine Doppelbrechung. 5 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Nichtlineares Verhalten Für lineare Dielektrika wurde ein linearer Zusammenhang zwischen der Polarisation P und dem elektrischen Feld E angenommen, also P = ce e0 E D = e0 E + ce e0 E = (1+ce) e0 E = e E (Di = eij Ej ) der Brechungsindex n ist über er =n2 mit er verbunden. D (oder e) Die Permittivität hängt tatsächlich von einem an das Material angelegten Gleichfeld ab und damit auch der Brechungsindex. n = n0 + a E0 + b E02 + ... Feldstärke einer optischen Welle E0 E Vorpolarisation Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe 6 n = n0 + a E0 + b E02 + ... zentrosymmetrisches Material: a = 0 n = n0 + b E02 + d E04 + nicht – zentrosymmetrisches Material: a 0 n = n0 + a E0 + b E02 + c E03 + ... quadratischen Kerr-Effekt und linearen Pockels-Effekt 7 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Der Kerr-Effekt Flüssigkeiten, Gläser und isotrope Kristalle (kubisch) z.B. BaTiO3 bei T > Tc (kubisch, m3m, n = 2.42) zeigen einen quadratischen elektro-optischen Effekt, bei dem die Brechungsindexänderungen proportional zum Quadrat des angelegten elektrischen Feldes sind. Hier ist keine spontane Polarisation notwendig Dn = ne - no BE2 R. E2 Dn = = E = B = R = B. = (6.7) Doppelbrechung Wellenlänge des Lichtes [m] el. Feldstärke [V/m] Kerr-Konstante [m/V2] absolute Kerr-Konstante [m2/V2] KNb0.35Ta0.65O3 (KTN) mit einer Curietemperatur von 10°C, n = 2,28, er (22oC) von 2,4.104 und R = 2.10-16 m2/V2. Ein Feld von 106 V/m (1 V pro 1mm) erzeugt eine Doppelbrechung Dn = 103 Für grosse Kerr-Effekte verwendet man daher Ferroelektrika oberhalb der Curietemperatur (isotrop). Die Hauptanwendung von Kerr-Zellen sind Schalter für kurze Lichtimpulse. 8 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Der Pockels-Effekt Der lineare elektrooptische Effekt tritt nur in nicht zentrosymmetrischen, d.h. piezoelektrischen Kristallen auf und wird vom quadratischen Kerr-Effekt (RE2) stets begleitet Dn = ne - no (rE + RE2 ) E= el. Feldstärke [V/m] r= linearer elektrooptischer Koeffizient [m/V] R = quadratischer elektrooptischer Koeffizient [m2/V2] hohe lineare elektrooptische Koeffizienten (Pockels), die den Kerr-Effekt weit überwiegen, findet man in ferroelektrischen Perowskiten (BaTiO3, LiNbO3, KTN). 9 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe PLZT (PbZrO3/PbTiO3-Mischkristalle dotiert mit 0 - 30 at% La) zeigen Dn-Werte von 0 bis 0.02. Dies ist wenig im Vergleich mit einigen Werten (0.3) von natürlichen Einkristallen. Da diese Verzerrung der Einheitszelle klein (<1%) ist, lässt sie auch eine leichte Umorientierung der ferroelektrischen Domänen zu Phasenverzögerung in elektrooptischer Keramik (offener Zustand bei Halbwellenspannung) 10 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Lichtschalter Die Verzögerung G ist gegeben durch den Unterschied der Brechungsindizes und der Lauflänge (t). Der Unterschied im Brechungsindex (Dn) kann über das angelegte elektrische Feld geändert werden, somit auch die Verzögerung G: G = Dn t Phasenverzögerung ist ein Produkt der elektrisch gesteuerten Doppelbrechung Dn und der Materialdicke t. Bei genü-gend hoher Spannung (Halbwellenpotential) wird eine Verzögerung der einen Wellenkomponente relativ zu den anderen um eine halbe Wellenlänge /2 erreicht. Dies resultiert in einer Drehung der Polari-sationsebene um 90°. Mit zwei gekreuzten Polarisatoren kann ein Lichtschalter verwirklicht werden Bei einer Verzögerung um n /2 bleibt eine lineare Polarisation des Lichtes bestehen. Eine Verzögerung um n /4 produziert eine zirkulare (kreisförmige) Polarisation, um n /8 eine eliptische Polarisation 11 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Bei einer Verzögerung um n /2 bleibt eine lineare Polarisation des Lichtes bestehen. Eine Verzögerung um n /4 produziert eine zirkulare (kreisförmige) Polarisation, um n /8 eine eliptische Polarisation 12 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Wechselwirkung von PLZT mit polychromatischen Licht 13 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Wechselwirkung von PLZT mit polychromatischen Licht Optische Transmissionskurven eines typischen Lichtfilters als Funktion angelegter Spannung. Die bei verschiedenen Spannungen beobachtete Farben sind mit Dreiecken markiert 14 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Werkstoffe Ferroelektrika auf der Basis des Blei-Zirkonat-Titanates (PZT), insbesondere des Blei-LanthanZirkonat-Titanat (PLZT) Composition Notation Reference (Pb, La) (Zr, Ti)O3 PLZT Haertling and Land (1971) (Pb, La) (Hf, Ti)O3 PLHT Cutchen and Haertling (1973) (Pb, Ba, Sr) (Zr, Ti)O3 PBSZT Miyauchi and Toda (1975) (Pb, Sn) (In, Zr, Ti)O3 PSIZT Hayashi et al. (1976) (Pb, Ba, La)Nb2O6 Yokosuka (1977) PBLN (Pb, La) (Zn, Nb, Zr, Ti)O3 PBLNZT Nagata et al. (1977) K(Ta, Nb)O3 KTN Debely et al. (1979) Pb(Sc, Nb)O3 PSN Sternberg et al. (1981) (Pb, La) (Mg, Nb, Zr, Ti)O3 PLMNZT Kawashima et al. (1982) (Ba, La) (Ti, Nb)O30 BLTN Gutu-Nelle et al. (1983) (Pb, La, Li) (Zr, Ti)O3 PLLZT Masuda (1985) 15 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Elektrooptische Koeffizienten ausgewählter Keramiken R = Kerrkonstante rc = linearopt. Koeffizient. Composition La/Zr/Ti 8.5/65/35 9/65/35 9.5/65/35 10/65/35 11/65/35 12/65/35 8/40/60 12/40/60 KTN (65/35) LiNbO3 KDP SBN LiTaO3 rc R 16 2 2 (x 10 m /V ) 38.60 3.80 1.50 0.80 0.32 0.16 0.17 - (x 1010 m/V) 1.0 1.2 0.17 0.52 2.10 0.22 Pb1-xLax(ZryTi1-y)O3 !!!!!! 16 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe PbTiO3 (PT) - PbZrO3 (PZ) - La2O3 (FE = ferroelektrisch, PE = paraelektrisch, AFE = antiferroelektrisch) 17 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe PLZT rm tet orth c Die besten Eigenschaften für elektrooptische Werkstoffe findet man an der Phasengrenze rhomboedrisch-tetragonal bei ca. 6 % La. Die tetragonalen Keramiken sind "hart" (hohe Koerzitivfelder), die rhomboedrischen dagegen "weich" (tiefe Koerzitivfelder). Die ferroelektrische PLZT-Keramik (n = 2.5, Dn = 0 bis 0.018) ist vor dem Polen isotrop (Dn = 0) und zeigt sich erst nach dem Polen doppelbrechend (Dn 0). Die isotrope, kubische Phase wird unter dem Einfluss elektrischer Felder optisch doppelbrechend, beim Abschalten des Feldes wieder isotrop. 18 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Transparente PLZT-Keramik 19 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Elektrooptische Anwendungen Der quadratische Effekt: Hier benutzt man Zusammensetzungen nahe der ferroelektrischen rhomboedrisch-tetragonalen Phasengrenze (z.B. 9/65/35). Bei Raumtemperatur ist das Material fast kubisch, unter einem E-Feld wird aber der Übergang zur romboedrischen oder tetragonalen Symmetrie induziert und die optische Anisotropie ist proportional zu E2. rm tet orth c Der quadratische Effekt 20 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Der lineare Effekt Dies sind Zusammensetzungen, welche den linearen Effekt ( Pockels-Effekt) zeigen. (PbTiO3-reiche Werkstoffe der SS im Ft-Gebiet, nicht im C-Gebiet). Hohe Gehalte an PbTiO3 sorgen für tetragonale Symmetrie mit hoher Koerzitivfeldstärke rm tet orth c Der lineare Effekt 21 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Der Gedächtnis-Effekt Hier werden typischerweise Zusammensetzungen verwendet wie 8/65/35 mit ca. 2 mm Korngrösse und es wird eine hohe remanente Polarisation angestrebt rm tet orth c PR 22 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Anwendungsmöglichkeiten elektrooptischer PLZT-Keramik a) quadratisch (z.B. kub. Phase) b) linear c) Memory-Effekt Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe 23 Lichtschalter 24 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Fericon Bilddisplay (A) Aufbau des Displays (B) Oberflächendeformation 25 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Wave Guides, Modulators and Switches Optische Phasenverschiebung Optisch gekoppelter Schalter Optischer Modulator Optischer Bragg-Schalter 26 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe Zusammenfassung • Bei höheren Feldern können die Glieder höherer Ordnung des Brechungsindex nicht mehr vernachlässigt werden. • zwei elektrooptische Effekte: der quadratische Kerr-Effekt, bei dem die Brechungsindexänderung proportional zum Quadrat des angelegten elektrischen Feldes ist, und der lineare Pockels-Effekt, der nur in piezoelektrischen Kristallen auftritt. • Der Prototyp für Doppelbrechung ist der Kalzit (CaCO3). • Als keramischer elektrooptischer Werkstoff wird insbesondere das Blei-Lanthan-Zirkonat-Titanat (PLZT) verwendet. • Voraussetzung für die Verwendung von polykristallinen, ferro-elektrischen, keramischen Werkstoffen als optische Elemente ist ihre Transparenz (Processing!). • Die Brechung des Lichts in PLZT ist abhängig vom angelegten Feld, aber auch von der Wellenlänge (Farbe) des Lichtes. Daher lassen sich Farbfilter konstruieren. • Lichtstreuung wird eingeführt durch Anlegen eines Feldes an kubisches PLZT, in welchem dann Domänen (Polarisation) erzeugt werden (Lichtschalter, quadratischer Effekt). • Aus PLZT-Keramiken können modulierte Wellenleiter, Farbfilter, Lichtschalter und Bildspeicher hergestellt werden. 27 Ceramics II 6. Elektrooptische Werkstoffe