Chemische Thermodynamik III • In dieser Vorlesung werden wir die Temperaturabhängigkeit chemischer Reaktionen (Gesetz von Arrhenius) betrachten. • Wir werden uns ebenfalls für die Lichtabhängigkeit gewisser Reaktionen, wie zum Beispiel der Wasserstoff-Brom Reaktion, interessieren. • Schliesslich werden wir den Einfluss externer Energiequellen, wie z.B. die mechanische Energie in einem Rührreaktor oder die elektrische Energie bei der Elektrolyse, unter die Lupe nehmen. 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Übersicht • • • • • • 2. Februar, 2005 Die Temperaturabhängigkeit chemischer Reaktionen Das Gesetz von Arrhenius Die Druckabhängigkeit chemischer Reaktionen Die Photolyse Die Elektrolyse Der Rührreaktor Anfang Präsentation Die Temperaturabhängigkeit chemischer Reaktionssysteme I • Es kann beobachtet werden, dass sich die Reaktionsgeschwindigkeit beinahe aller Reaktionen in Funktion der Reaktionstemperatur ändert, z.B.: 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Die Temperaturabhängigkeit chemischer Reaktionssysteme II • Wie kann dieses Phänomen erklärt werden? Die meisten Reaktionen benötigen Aktivierungsenergie, damit sie ablaufen können. Ohne die Aktivierungsenergie würden sie nicht stattfinden, da sonst die Edukte selbst nicht stabil wären. • Somit sollte eine Reaktion wie: 1 2Br· Br2 k • vermutlich so geschrieben werden: 1 2Br· + M Br2 + M k • wobei M ein Katalysator ist, der selbst an der Reaktion nicht beteiligt ist. Er dient nur dazu, die nötige Aktivierungsenergie zu liefern. 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Die Temperaturabhängigkeit chemischer Reaktionssysteme III • Die Temperatur ist nur eine statistische Grösse, d.h. verschiedene Moleküle unterscheiden sich in der Menge von Energie, die sie besitzen. Die Temperatur ist ein Mass der durchschnittlichen mikroskopischen kinetischen Energie (Brown’sche Bewegung), die ein Molekül besitzt. • Wenn zwei hochenergetische Moleküle kollidieren, regieren sie, weil sie die benötigte Aktivierungsenergie von der mikroskopischen kinetischen Energie des Zusammenstosses, d.h. vom thermischen Bereich, borgen können. 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Die Temperaturabhängigkeit chemischer Reaktionssysteme IV • Die Br2 Zerfallsreaktion wird vermutlich nie stattfinden, es sei denn, ein Br2 Molekül kollidiere mit einem anderen, von welchem es sich die benötigte Aktivierungsenergie ausborgen kann. • Je höher die Temperatur der Reagenzien ist, um so stärker wird das durchschnittliche Molekül energisiert sein, und um so wahrscheinlicher wird es sein, dass bei Zusammenstössen die benötigte Aktivierungsenergie zur Verfügung gestellt wird. Aus diesem Grund sind die Reaktionsgeschwindigkeiten von Reaktionen immer abhängig von der Reaktionstemperatur. 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Das Gesetz von Arrhenius I • Wir können die vorherige Figur nochmals in doppelt-logarithmischem Massstab aufzeichnen. Arrhenius entdeckte, dass die Temperaturabhängigkeit vieler Reaktionen ungefähr exponentiell verläuft. k = A · exp(- Ea ) R·T A = Frequenzfaktor (Häufigkeit von Kollisionen) Ea = Aktivierungsenergie 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Das Gesetz von Arrhenius II • Beachten Sie bitte, dass, obwohl die Temperaturabhängigkeit chemischer Reaktionsgeschwindigkeiten physikalisch interpretierbar ist, so ist dennoch das Gesetz von Arrhenius strikte empirisch, d.h. es bietet sich keine physikalische Erklärung an, die die genaue Temperaturabhängigkeitskurve erklären würde. Tatsächlich wird die Gleichung häufig leicht modifiziert: k = k0 · T m Ea · exp() R·T • Beachten Sie bitte weiter, dass keine Quellen externer Energie vorgesehen sind, um die Geschwindigkeitserhöhung der Reaktion zu unterstützen. Die Modulierung der Reaktionsgeschwindigkeit findet intern statt. Sie wird durch die im System gespeicherte Wärme ermöglicht. 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Die Wasserstoff-Brom Reaktion • Die folgenden experimentellen Daten wurden gefunden, um die WasserstoffBrom Reaktion zu beschreiben: 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Das Gesetz von Arrhenius III • Wir müssen uns noch eine Frage stellen. Sofern die Reagenzien unterschiedliche Temperaturwerte aufweisen, welchen Temperaturwert verwenden wir in der Arrheniusgleichung? • Erinnern Sie sich daran, dass die Temperatur nur eine statistische Grüsse ist. Sie ist ein Mass der durchschnittlichen mikroskopischen kinetischen Energie, welche in einem Molekül einer Substanz enthalten ist. • Wenn also zwei Reagenzien unterschiedliche Temperaturwerte aufweisen, kann mit einem Durchschnittstemperaturwert gerechnet werden. 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Die Druckabhängigkeit von Reaktionsgeschwindigkeiten • Nach dem, was wir über die Temperaturabhängigkeit von Reaktionsgeschwindigkeiten gelernt haben, darf erwartet werden, dass es auch eine Druckabhängigkeit gibt. • Wenn sich der Druck eines Gases erhöht, bedeutet dies, dass mehr Moleküle pro Volumeneinheit vorhanden sind. Somit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von Kollisionen zwischen Molekülen. • Obwohl eine Druckabhängigkeit sicherlich besteht, wird darüber in der Chemieliteratur wenig gesprochen. 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Die Lichtabhängigkeit von Reaktionsgeschwindigkeiten I • Es wurde beobachtet, dass gewisse Reaktionsgeschwindigkeiten von der Lichtmenge abhängig sind, der die Reagenzien ausgesetzt sind. Dabei erhöht sich die Reaktionsgeschwindigkeit mit der Lichtstärke. Wir sprechen hier von der Photolyse. • Ein Beispiel einer solchen Reaktion ist die WasserstoffBrom Reaktion. • Dieses Phänomen kann leicht erklärt werden: Photonen kollidieren mit Reagenzien und liefern die benötigte Aktivierungsenergie. • Bei der Wasserstoff-Brom Reaktion ist es die Zerfallsreaktion des Bromgases, welche durch den Beschuss durch Photonen beeinflusst wird. 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Die Lichtabhängigkeit von Reaktionsgeschwindigkeiten II • In diesem Falle handelt es sich aber um externe Energie, nämlich optische Energie, welche dem System zugefügt wird. • Im Gegensatz zu den zuvor besprochenen Arten der Abhängigkeit von Reaktionsgeschwindigkeiten wird sich der Bondgraph hier ändern müssen, da externe Energie zugeführt wird. Popt = (h·n ) · I h = Planck’sche Konstante (h = 6.625 · 10-34 J sec) n = Frequenz (Farbe) des Lichts I = Intensität (Anzahl Photonen pro Zeiteinheit) des Lichts • Wir wählen: 2. Februar, 2005 h·n I Anfang Präsentation Die Lichtabhängigkeit von Reaktionsgeschwindigkeiten III • Die Photonen erhöhen die Energie der mikroskopischen kinetischen Bewegung der Moleküle. Somit wird die optische Energie der thermalen Seite zugeschlagen. • Somit muss die Gibbs’sche Gleichung wie folgt modifiziert werden: T · S·k1 = p · qk1 + (h·n ) · I - m · nk1 Mehr Licht erhöht die thermische Leistung. • Die zusätzliche Entropie wird bei der Reaktion k1 eingespeist, da dies die Reaktion ist, welche durch den Photonenstrom beeinflusst wird. Dies ist aber willkürlich, da Photonen ja mit allen Molekülen kollidieren. 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Die Lichtabhängigkeit von Reaktionsgeschwindigkeiten IV • Zusätzlich müssen die Reaktionsgeschwindigkeiten wie folgt modifiziert werden: nBr2 = –nk1 + nk2 – nk5 - k1’ · I · nBr 2 nBr· = 2nk1 – 2nk2 – nk3 + nk4 + nk5+ 2k1’ · I · nBr2 nH2 = –nk3 + nk4 nH· = nk3 – nk4 – nk5 nHBr = nk3 – nk4 + nk5 • Bei Zimmertemperatur ist k1 beinahe gleich null, k1’ jedoch nicht. 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Die Elektrolyse I • Chemische Reaktionen können auch dadurch beeinflusst werden, dass ein elektrisches Feld angelegt wird. Moleküle in einer Lösung sind häufig ionisiert, d.h. sie haben in ihrem Mantel entweder zu viele oder zu wenig Elektronen. Ionen sind darum entweder positiv oder negativ geladen. • Zum Beispiel lösen sich Salze in einer wässrigen Lösung in Ionen auf. Positiv geladenes Ion Negativ geladenes Ion H2O + HCl H3O+ + Cl- • Da Ionen elektrisch geladen sind, können sie physikalisch durch Anlegen eines elektrischen Feldes getrennt werden. 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Die Elektrolyse II • Im Wasser besteht ein Gleichgewicht zwischen Wassermolekülen und positiv sowie negativ geladenen Ionen. 2H2O ⇌ H3O+ + HO- • Wenn der pH Wert des Wassers verändert wird, indem entweder ein Tropfen Säure, z.B. Schwefelsäure, H2SO4, oder eine Base, wie zum Beispiel Kalilauge, KOH, zugefügt wird, ändert sich das Gleichgewicht in der Lösung drastisch zu Gunsten der Ionen. • Wenn zwei Metallplatten ins Wasser getaucht und ein elektrisches Feld zwischen diesen erzeugt wird, indem eine Spannungsquelle an die Platten angeschlossen wird, andern die negativ geladenen Ionen zur Anode, während die positiv geladenen Ionen zur Kathode streben. 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Die Elektrolyse III • Bei der Elektrolyse des Wassers finden die folgenden Reaktionen statt: 1 4H3O+ + 4e- k 2H2 + 4H2O 1 4OH- k 2H2O + O2 + 4e2 2H2O k H3O+ + OH3 H3O+ + OH- k 2H2O • Bei den Reaktionen k2 und k3 handelt es sich um schnelle Gleichgewichtsreaktionen. • Die überzähligen Elektronen der zweiten Reaktion k1 wandern von der Anode durch die Spannungsquelle zurück zur Kathode, wo sie in der ersten Reaktion wieder verwendet werden. 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Die Elektrolyse IV • Es mag interessant sein, uns die Reaktionsgleichungen anzusehen. • Nachdem das Zusammentreffen der 4 Ionen bei der Elektrode nicht stochastisch stattfindet, sondern durch das elektrische Feld zustande kommt, verhält sich die entsprechende Reaktionsrate nicht proportional zur vierten Potenz der molaren Masse dieser Ionen. • Eine gewisse minimale Spannung, u0 , wird benötigt, um die Ionen zu polarisieren, bevor diese beginnen, zu den Elektroden zu wandern. • Somit können wir schreiben: nk1a = k1 · (u – u0 ) · nH3O+ 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Die Elektrolyse V • Somit können die Reaktionsgleichungen wie geschrieben werden: folgt nH3O+ = -4k1(u – u0 )nH3O+ + k2· (nH2O)2/V - k3· nH3O+ · nOH- /V nOH- = -4k1(u – u0 )nOH- + k2· (nH2O)2/V - k3· nH3O+ · nOH- /V nH2O = 4k1(u – u0 )nH3O+ + 2k1(u – u0 )nOH- - 2k2· (nH2O)2+/V2k3· nH · nOH- /V nH2 = 2k1(u – u0 )nH3O+ nO2 = k1(u – u0 )nOH+ 3O 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Die Elektrolyse VI • Somit: nH3O+ = -4nk1a + nk2 - nk3 nOH- = -4nk1b + nk2 - nk3 nH2O = 4nk1a + 2nk1b - 2nk2 + 2nk3 nH2 = 2nk1a nO2 = nk1b nk1a = k1(u – u0 )nH3O+ nk1b = k1(u – u0 )nOHnk2 = k2· (nH2O)2/V nk3 = k3· nH3O+ · nOH- /V • Nachdem die beiden Ionen immer als Paare auftreten: nH3O+ = nOH- 2. Februar, 2005 nk1a = nk1b Anfang Präsentation Die Elektrolyse VII • Somit: nH3O+ = -4nk1 + nk2 - nk3 nk1 = k1 · (u – u0 ) · nH3O+ nk2 = k2· (nH2O)2/V nk3 = k3· nH3O+ · nOH- /V nOH- = -4nk1 + nk2 - nk3 nH2O = 6nk1 - 2nk2 + 2nk3 H2 = 2nk1 nO2 = nk1 nH3O+ -4 +1 -1 nk1 nOH-4 +1 -1 · nk2 nH2O = +6 -1 +2 nk3 nH2 +2 0 0 nO2 +1 0 0 } N-matrix 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Die Elektrolyse VIII • Wir müssen uns noch fragen, was mit der externen elektrischen Leistung geschieht, welche ins System eingeführt wurde. • Die Spannungsquelle “sieht” einen Widerstand, der die Leistung u·i konsumiert. • Widerstände erzeugen normalerweise Wärme. Es bietet sich hier wirklich keine Wahl an. Die Leistung, welche dem System zugefügt wird, muss in der Gibbs’schen Gleichung berücksichtigt werden, welche dazu verwendet wird, den Entropiefluss zu berechnen. • Somit erwärmt der Widerstand tatsächlich das System. T · S·k1 = p · qk1 + u · i - m · nk1 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Der Rührreaktor I • Bisher sind wir immer von der Annahme ausgegangen, dass die Reagenzien ideal vermischt sind. • Bei Gasreaktionen stimmt diese Annahme ziemlich gut. Dasselbe kann aber für Flüssigreaktionen nicht gesagt werden. Je visköser die Flüssigkeit ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie ideal vermischt ist. • Es mag nötig sein umzurühren, damit die Reagenzien gut durchmischt werden. • Den Reaktionsgleichungen geschieht dabei nichts, da diese ohnehin unter der Annahme einer idealen Mischung aufgestellt wurden. • Das Umrühren erzeugt aber Reibung, welche das System erwärmt. 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Der Rührreaktor II • Die gesamte Rührleistung, mit Ausnahme der Energie, welche in der mechanischen Trägheit des Rührlöffels gespeichert ist, wird in Wärme umgewandelt. • Es ist im Allgemeinen am bequemsten, die Entropie auf der Komponentenseite, genauer gesagt bei den 0Verknüpfungen neben den CF-Feldern, einzuspeisen und diese proportional zu ihrer relativen Masse unter den Reagenzien aufzuteilen. 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation Referenzen • Cellier, F.E. (1991), Continuous System Modeling, Springer-Verlag, New York, Chapter 9. • Brooks, B.A. and F.E. Cellier (1993), “Modeling of a Distillation Column Using Bond Graphs,” Proc. ICBGM’93, Intl. Conf. on Bond Graph Modeling and Simulation, La Jolla, CA, pp. 315 – 320. • Brooks, B.A. (1993), Modeling of a Distillation Column Using Bond Graphs, MS Thesis, Dept. of Electrical & Computer Engineering, University of Arizona. 2. Februar, 2005 Anfang Präsentation