Theodizee der „Seelenbildung“ – Eine irenäische Theodizee John Hick Referat im Rahmen des Hauptseminars: „Der Glaube an Gott in einer Welt voller Übel und Leid“, Prof. Dr. Armin Kreiner, Andrea Lange; Referentin: Elena Hakes, 24.11.2008 1 Gliederung 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. Einführung: Person John Hick & Thematik Der Sündenfall und das Übel Schöpfungsprozess Notwendigkeit für die Beschaffung von Welt & Mensch Zwischenfazit Zur Plausibilität Der eschatologische Aspekt Freiheit „versus“ Erfolg Gottes Kritik Diskussion 2 1) John Hick 1922 in Scarborough (Yorkshire) geboren Theologe und Religionsphilosoph 1953 Weihe zum presbyterianischen Pastor Professuren an Universitäten in England und den USA, seit 1993 emeritiert Vertreter einer liberalen, pluralistischen Religionstheologie „Hauptwerk“: Religion. Die menschlichen Antworten auf die Frage nach Leben und Tod (1996); Originalausgabe: An Interpretation of Religion (1989) 3 1) Einführung Ausgangssituation: Glauben an Gott rational vertretbar? „Augustinus“ vs. Evolution – nun Akzeptanz atheistischer Forderungen? Angebot einer möglichen Sichtweise Bedingungen für jede Theodizee: 1. 2. Widerspruchsfreiheit Kohärenz Wahrscheinlichkeit und Plausibilität erforderlich Hauptansätze christlicher Theodizee a) b) Augustinisch Irenäisch Vorwissenschaftliches Weltbild 4 3) Schöpfungsprozess Anhaltender Schöpfungsprozess in 2 Phasen (P) P Mensch ist… Entwicklung Relation zum Göttlichen 1 Bild Gottes Allmähliche Entstehung Göttliches erkenn- & erfahrbar, 2 gottähnlich des homo sapiens zum intelligenten & religiösen Lebewesen Kontaktaufnahme möglich, Gottesbild noch primitiv Wachstumsprozess, freie Entscheidung für Gottebenbildlichkeit vollkommene Gottebenbildlichkeit möglich; Tier „Mensch“ „Kind Gottes“ Vollendung des Prozesses im Eschaton 5 4) Menschliche Unvollkommenheit Warum? 2 Beziehungsebenen: (1) Mensch – Gott Zielannahme: Gott wünscht sich Personen, die ihn in Freiheit erkennen und lieben Voraussetzung: epistemische Distanz (2) Mensch – Mensch Zielannahme (mod.): Gott will endliche Personen mit der wertvollsten, sich selbst frei zu erarbeitenden Form moralischer Güte, die ihn erkennen und lieben Voraussetzung: Zunächst unvollkommene Wesen mit Entwicklungspotential 6 4) Sündenmatrix als Ausgangsbasis 2 Naturen des Menschen: 1) Niedere Natur: bedingt durch evolutive Abstammung 2) Höhere Natur: zeigt sich in ethischen Denk- und Verhaltensweisen, mit Zivilisation anwachsend Spannungsfeld zwischen naturgegebener Selbstbezogenheit und herausgebildeten Werten Ursprung des Übels: In animalistischer Selbstsüchtigkeit des Menschen als Folge der Evolution/ seiner unvollkommenen Schöpfung „Verantwortungslastumkehr“ Sündhafte Welt als Plattform für Erschaffung der Menschheit durch Zusammenwirken Gottes und der Menschheit 7 4) Notwendigkeit des Übels Komponenten des nicht-moralischen Übels: Schmerz (physisch) und Leid (mentaler und emotionaler Schmerz) Warum lässt Gott aber auch natürliches Übel (Naturkatastrophen, Krankheiten…) zu? Verweis auf Ursprung des moralischen Übels Entwicklung der Personalität des Menschen ist erst als ein Ergebnis von Reaktionen auf verschiedene, unvorhersehbare Herausforderung möglich Eine moralische und spirituelle Entwicklung von Menschen ist in einem leidfreien Paradies nicht vorstellbar Interpretation des Übels: Mittel zur Seelen-/ Personenbildung 8 5) Zusammenfassung der Hypothese 1. „Absicht“ Gottes: Erschaffung endlicher, vollkommener Personen in freier Beziehung zu ihrem Schöpfer 2. Logische Unmöglichkeit der Erschaffung in vollkommenen Zustand 3. Erschaffung des Menschen „via“ Evolution, allgemein unvollkommen, in einer herausfordernden und religiös ambivalenten Umwelt 4. Moralische und natürliche Übel als notwendige Bedingungen eines Prozesses, in dem Gott schrittweise seinen Plan verwirklicht. 9 6) Plausibilität trotz des gegebenen Ausmaßes an Übel? Plausibilität hinsichtlich des moralischen Übels: Bei Akzeptanz der Bedeutung der Freiheit kann Rücknahme nicht erfolgen Plausibilität hinsichtlich des natürlichen Übels: Nicht vermeidbar, soll der dynamische Prozess der Entwicklung beibehalten werden; Wenn auch emotional unbefriedigend: Wegen der Verwirklichung höherer Güter und der zukünftigen Gegenwart bei Gott muss dies akzeptiert werden Gerechte wie Ungerechte? „Erfolgsentscheidend“ für Herausbildung von Personen 10 7) Der eschatologische Aspekt Vollkommene Abwendung von naturgebundener Selbstbezogenheit und Hinwendung zu Gott „hier“ offenbar nicht umsetzbar Falls Ziel Gottes „die Einheit der Menschheit in Gottes Gegenwart“, muss es in einem Jenseits erfolgen – nicht zuletzt wegen aller bereits unerfüllt Verstorbenen Himmel oder Hölle? Vollständigkeit der Rechtfertigung des Leids hängt von der Universalität des erreichten Heils ab! 11 8) Freiheit „versus“ Erfolg Gottes Evolutive Geschöpfe sind an bestimmte Gesetze gebunden. Für die Freiheit des Menschen impliziert dies zweierlei: • Auch sie unterliegt daraus resultierenden Grenzen • Auch sie kann an eine bestimme Natur gebunden sein Annahme: Von Natur aus sind Menschen auf Gott hin angelegt. Wird dieser nicht entsprochen, kann der Mensch keine Ruhe finden. Menschliche Freiheit und der endgültige, universale Erfolg Gottes lassen sich miteinander vereinbaren, da letztlich jeder Mensch in seiner begrenzten Freiheit (hinsichtlich Zeit, Art und Weise) auf Gottes Anfrage positiv antworten wird. 12 9.1) Kritik (Griffin, Sontag, Roth, Davis) (1) Ausmaß des Übels: Verhältnismäßigkeit zwischen Übel und Nutzen nicht gegeben; Zu viele konnten „Erlerntes“ nicht umsetzen (2) „Kosteneffektivität“ der Freiheit gegeben? Wertvoll genug? Für wen? (3) Personenvollendung im „Jenseits“ unter geg. Prämissen unrealistisch! (4) Universales Heil nicht in Übereinstimmung mit religiöser Tradition! (5) Epistemischen Distanz zu groß/ Insuffizienz einer nur annähernden Weltbeschreibung (6) Existenz des natürlichen Übels? … 13 9.2) Reaktion Hicks Ausgangssituation berücksichtigen! Für Gläubige Geheimnisfaktor größer! Kein detaillierter Plan zur Existenz der Welt im Status quo! Entscheidung Gottes, Mensch als freies Wesen zu erschaffen, muss akzeptiert werden! Zukünftige Leben qualitativ anders; indiv. Entwicklung entscheidend! Gottes Ziel nur bei Universalheil erfüllt! Leid von Tieren nicht mit menschlichen Maßstäben zu messen! Aber Hinweis auf fernöstliches Denken: Universale Zusammenhänge! Diese Theodizee nicht als praktische Hilfe im Leid gedacht Erklärungsversuch, der Glaube und Vertrauen in Gottes Güte erfordert! 14 Literaturverzeichnis John Hick: An Irenean Theodicy. Theodicy, Critiques and Response in S.T. Davis (Hg.); Encountering Evil. Live options in Theodicy, Edinburgh 1981, 39-68 Norbert Hörster: Die Frage nach Gott, München 2005, 87-113 Irenäus: Adversus Haereses, Kapitel 38, zitiert nach http://www.ccel.org/ccel/schaff/anf01.ix.vi.xl.html [14.11.2008] Raymond Laia: Leid als Preis der Personwerdung. Die Frage nach dem Leid nach der Theodizee des John Hick, zitiert nach http://www.geocities.com/slaia/articles/hick.html [07.11.2008] 15