Kapitel 5 Operative Planungsprobleme 5.1. Prognoseverfahren Ziel aus Vergangenheits-Daten Schlüsse über die zukünftige Nachfrage ziehen wichtig bei: bei Endprodukten, wenn man Make to Stock (und nicht Make to Order) betreibt wenn es sich um geringwertige Güter (Hilfsstoffe, Verschleißteile, C-Produkte, etc.) handelt, bei denen sich der Aufwand für andere Verbrauchsermittlungsverfahren nicht lohnen würde bei untergeordneten Erzeugnissen, die in sehr vielen übergeordneten Erzeugnissen eingehen, sodass der Bedarf einen sehr regelmäßigen Verlauf annimmt wenn die Daten für programmorientierte Verfahren nicht zur Verfügung stehen (z.B. Ersatzteilverbrauch) SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 2 Verfahren Erklärende Prognosen: bringen den zukünftigen Verlauf in Zusammenhang mit anderen Zeitreihen (z.B. Konjunktur) eher für Branchen, nicht für einzelne Produkte geeignet u. U. von Interesse für langfristige Planung Regression, OLS Univariate Prognosen: ermitteln mutmaßliche Nachfragewerte allein aufgrund vergangener Nachfragwerte des jeweiligen Produktes besonders wichtig für Mittelfristplanung Zeitreihenprognose SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 3 Verfahren II singuläre Ereignisse: Kenntnisse über künftige Ereignisse, die man nicht aus den Vergangenheitswerten der Zeitreihe entnehmen kann, die jedoch den Nachfragverlauf nachhaltig beeinflussen. z.B. Steigerung des Bierverbrauchs aufgrund einer bevorstehenden Milleniumsfeier, Marketingaktionen, Gesetztesänderungen, etc. werden meist als einfacher Zuschlag berücksichtigt Wir werden uns hier vorrangig mit Zeitreihenprognosen (II) befassen. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 4 Zeitreihenprognose Gegeben: Zeitreihen {r: = 1,…t}, d.h. die Daten von r1 bis rt-1 und der aktueller Wert rt Prognoseaufgabe: vom Gegenwartszeitpunkt = t aus Prognosen pt+k = rt(t+k) für einen zukünftigen Wert in Periode t + k erstellen. Der Index gibt den Zeitpunkt an, bis zu dem die Daten vorliegen, der Wert in der Klammer den Zeitpunkt für den die Prognose abgegeben wird. Wenn nun für die Perioden t+1 bis t+k Prognosen pt+1, ... , pt+k abgegeben werden, so ergibt sich durch Vergleich mit der sich dann tatsächlich realisierenden Nachfrage rt+1, ... , rt+k jeweils ein Prognosefehler et+1, ... , et+k, wobei e = r - p SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 5 Zeitreihenprognose II Ferner kann man in der gewählten bzw. ermittelten Formel für pt+k auch k < 0 wählen und so ex-post Prognosen für die Zeitpunkte 1, ... t berechnen, ebenso wie die ex-post Prognosefehler e1, ... , et. Letzteres z.B. um die Güte diverser Prognoseverfahren zu bewerten. Zeitpunkte 1 2 … t Beobachtungen r1 r2 … rt Prognose Prognosefehler ex-post-Prognose ex-post Prognosefehler SS 2005 p1 p2 … pt e1 e2 … et Operations Management t+1 … t+k pt+1 … pt+k et+1 … et+k Kapitel 5 / 6 Zeitreihenprognose III Maßzahlen für die Güte einer Prognose stellen Mittelwert und Streuung der Prognosefehler dar. Für die ex-post Prognosefehler gilt: t 1t e bzw. 1 1 t 1 2 e 1 Diese einfachen und aus Mathematik bzw. Statistik wohlbekannten Größen haben durchaus große Aussagekraft. Dennoch wird in der betrieblichen Praxis häufig die scheinbar leichter zu verstehende Größe MAD (mean absolute deviation, mittlere absolute Abweichung) verwendet: MAD 1t t t e 1 sowie die Spannweite max e min e die deutlich weniger Information bieten. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 7 Zeitreihenprognose IV Wir besprechen einige einfache univariate Prognoseverfahren, die auf Zeitreihen mit: rt (1) konstantem Verhalten (2) trendförmigem Verhalten Trend t Zeitreihe steigt merkbar über die Zeit (3) saisonalem Verhalten angewandt werden. rt Saisonalität t jahreszeitliche Schwankungen SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 8 5.1.1 Zeitreihen mit konstantem Verhalten Zeitreihen mit konstantem Verhalten weisen weder Trend noch Saisonalität auf und sind am einfachsten zu behandeln. Dabei sind folgende Vorgangsweisen denkbar: 5.1.1.1 naive Prognose, Letztwert - Prognose rˆt t k rt Man nimmt an, dass sich die Nachfrage in Zukunft wie in der Gegenwart entwickeln wird, d.h. die Vergangenheit wird ignoriert. Falls die Nachfragewerte aber doch um einen Mittelwert schwanken, ist es sinnvoller, Vergangenheitswerte mit einzubeziehen (Mittelbildung). SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 9 5.1.1.2 Gleitender Durchschnitt Der gleitende Durchschnitt prognostiziert die Zeitreihe einfach als Mittelwert (Durchschnitt) der Nachfrage über einem „Träger“ der letzten n Nachfragewerte rt-n+1, ... , rt: rt t k Mt wobei der Schätzwert Mt der Zeitreihe im Zeitpunkt t wie folgt definiert ist. Mt k 1 n rt n 1 ... rt „Gleitend“ ist der Durchschnitt insofern, als bei einer Prognose im nächsten Zeitpunkt t+1 der älteste Wert rt-n+1 durch den neuen Wert rt+1 „verdrängt“ wird. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 10 Gleitender Durchschnitt II Wesentlich für die Güte der Prognose ist die Wahl des Zeitraums n: n zu klein man reagiert zu stark auf nichtsystematische (d.h. stochastische) Schwankungen. n zu groß man kann temporäre systematische Schwankungen nicht mehr erfassen. Nachteil des Verfahrens ist die Tatsache, dass zunächst alte Vergangenheitswerte als gleichwertig mit dem neuesten Nachfragewert behandelt werden und dann plötzlich überhaupt ignoriert werden. Dieser Nachteil wird im folgenden Verfahren behoben, in dem Vergangenheitswerte „langsam in Vergessenheit geraten“ bzw. ihre Relevanz verlieren. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 11 5.1.1.3 einfache Exponentielle Glättung Man prognostiziert: rˆt t k Gt k wobei der Schätzwert Gt das mit gewichtete arithmetische Mittel aus altem Schätzwert Gt-1 (aus den Beobachtungen bis zum Zeitpunkt t-1) und neuer Information rt ist: Gt rt 1 Gt 1 , 0,1 Man kann die Beziehung für t-1 einsetzen: mit Startwert G1 = r1 Gt 1 rt 1 1 Gt 2 Gt rt 1 rt 1 1 2 Gt 2 Man erhält auf diese Weise: SS 2005 Operations Management Gt 1 rt 0 Kapitel 5 / 12 Exponentielle Glättung II Dies gilt sofern die Zeitreihe wirklich lange in die Vergangenheit zurückverfolgt werden kann. Für großes ist der Faktor (1-) allerdings verschwindend klein, sodass praktisch kein Fehler begangen wird wenn nur eine endliche Summe betrachtet wird. Der Schätzwert ergibt sich durch "exponentielle" Gewichtung der Vergangenheitswerte. Name "exponentielle Glättung" „Glättung“ bedeutet, dass die geglättete Zeitreihe {Gt} weniger Schwankungen aufweist, als die ursprüngliche, {rt} Die Rekursionsformel für die Gt läßt sich auch schreiben als: Gt Gt 1 rt Gt 1 d.h. die neue Schätzung unterscheidet sich von der alten um den durch gewichteten (vorherigen) Schätzfehler rt – Gt-1. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 13 Exponentielle Glättung III Die Wahl von ist ähnlich kritisch wie die von n beim gleitenden Durchschnitt: = 0 Gt = Gt-1 und die Schätzung reagiert überhaupt nicht auf die neue Zeitreiheninformation = 1 es zählt nur der Gegenwartswert rt In der Praxis wählt man häufig = 0,1 bis = 0,3. Oft wird auch durch Simulation optimiert. Wichtig: Achten sie daruf, dass genügend Vergangenheitswerte vorhanden sind, bzw. dass ein guter Anfangswert G1 bekannt ist. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 14 Exponentielle Glättung IV Beispiel: folgende Nachfragedaten: t 1 2 3 4 5 6 rt 15 21 17 18 22 27 α = 0,2 G2 = 18 G3 = 0,2 * 17 + 0,8 * 18 = 17,8 rˆ3 (3 k ) 17,8 G4 = 0,2 * 18 + 0,8 * 17,8 = 17,84 rˆ4 (4 k ) 17,84 G5 = 0,2 * 22 + 0,8 * 17,84 = 18,67 rˆ5 (5 k ) 18,67 G6 = 0,2 * 27 + 0,8 * 18 ,67 = 20,34 rˆ6 (6 k ) 20,34 Offensichtlich schwankt die geglättete Zeitreihe {Gt} weniger als die ursprüngliche, {rt}. SS 2005 z.B. Mittelwert der ersten beiden Werte Operations Management Kapitel 5 / 15 5.1.2 Zeitreihen mit trendförmigem Verhalten 5.1.2.1 Lineare Regression (OLS) – Methode der kleinsten Quadrate rt Trend 1 r Man approximiert die Werte rt durch eine möglichst gut passende Gerade Rt = α + βt und die Prognose erfolgt über rˆt t k (t k ) k t Dabei werden und so bestimmt, dass die Summe der Quadrate der Abweichungen rt - Rt minimal wird: t [rt ( t )]2 min 1 SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 16 Lineare Regression II Als Ergebnis dieser einfachen Optimierungsaufgabe erhält man (wenn die Beobachtungen zu den Zeitpunkten 1, 2, ... , t vorliegen): t r ( ) t 1 und r ( ) 2 1 wobei r 1 t t r der Mittelwert der Beobachtungen ist und der 1 Mittelwert der Zeitpunkte (der erklärenden Variablen). Bei äquidistanten Beobachtungen der erklärenden Variablen (wie bei Zeitpunkten meist gegeben) gilt: = (erster Zeitpunkt + letzter Zeitpunkt)/2 SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 17 Lineare Regression III Also gilt: t 1t 1t t t 1 2 t 1 2 1 Randbemerkung: Bei nicht-äquidistanten Beobachtungen 1, ... n der erklärenden Variablen t bzw. Beobachtungspunkten (1, r1), ... , (n, rn) ist die Formel leicht abzuändern: t ri ( i ) i 1 t ( i ) 2 und r t , wobei r 1t ri i 1 SS 2005 Operations Management i 1 t und 1t i i 1 Kapitel 5 / 18 Lineare Regression IV Klarerweise ist diese Formel für äquivalent mit Darstellungen in der t Literatur, wo der Zähler von durch ri r ( i ) i 1 bzw. der Nenner von durch i t i i 1 i 1 t 2 t 2 ersetzt ist. Dieses Verfahren wird in Fällen angewandt, falls mehrer Einflussgrößen vorhanden sind (hier: Spezialfall einer Zeitreihe), wobei keine Unterscheidung aufgrund des Alters einer Beobachtung gemacht wird. Falls das Alter doch eine Rolle spielt, kann eine abgeänderte Form der exponentiellen Glättung angewendet werden. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 19 5.1.2.2 trendbereinigte Exponentielle Glättung Diese entspricht der einfachen exponentiellen Glättung wobei ein Korrekturterm für den Trend verwendet wird: rˆt t k Bt Tk k wobei Bt rt 1 [ Bt 1 T ] Dabei ist T der Betrag, um den die Nachfrage im Durchschnitt pro Periode steigt. Da T zumeist nicht bekannt ist, wird T selbst mittels exponentieller Glättung bestimmt: SS 2005 ... Schätzwert für den Trend T basierend auf den Daten r0 bis rt Operations Management Kapitel 5 / 20 Trendbereinigte Exponentielle Glättung II Schritt 1 bestimme den neuen Schätzwert für den Absatz: Bt rt 1 [ Bt 1 Tt 1 ] Schritt 2 bestimme den neuen Schätzwert für den Trend: Tt [ Bt Bt 1 ] 1 Tt 1 Schritt 3 bestimme den Prognosewert für t+k: rˆt t k Bt + Tt k SS 2005 Operations Management k Kapitel 5 / 21 Trendbereinigte Exponentielle Glättung III Beispiel: folgende Nachfragedaten: t 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 rt 15 21 17 18 22 27 23 29 32 28 25 32 ersten 3 Beobachtungen Startwert für den Trend T3 = 1 Startwert für den Schätzwert B3 = 18 wir wählen α = β = 0.2 Schätzwert für Periode 4: B4 = 0,2 * 18 + 0,8 * [18+1] = 18,8 T4 = 0,2 * 0,8 + 0,8 * 1 = 0,96 Prognose (für k=1): r‘4(5) = 18,8 + 0,96 = 19,76 Prognose (für k=2): r‘4(6) = 18,8 + 2*0,96 = 20,72 SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 22 Trendbereinigte Exponentielle Glättung IV Schätzwert für Periode 5: B5 = 0,2 * 22 + 0,8[18,8 + 0,96] = 20,21 T5 = 0,2 * 1,41 + 0,8 * 0,96 = 1,05 Prognose (für k=1): r‘5(6) = 20,21 + 1,05 = 21,26 Schätzwert für Periode 6: B6 = 0,2 * 27 + 0,8 [20,21 + 1,05] = 22,41 T6 = 0,2 * 2,2 + 0,8 * 1,05 = 1,28 Prognose (für k=1): r‘6(7) = 22,41 + 1,28 = 23,69 SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 23 Trendbereinigte Exponentielle Glättung V Schätzwert für Periode 7: B7 = 0,2 * 23 + 0,8[ 22,41 + 1,28] = 23,55 T7 = 0,2 * 1,14 + 0,8 * 1,28 = 1,25 Prognose (für k=1): r‘7(8) = 23,55 + 1,25 = 23,69 T 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Rt 15 21 17 18 22 27 23 29 32 28 25 32 Bt 18 18,8 20,21 22,41 23,55 25,64 28,05 29,33 29,71 31,22 Tt 1 rˆt1(t ) SS 2005 0,96 1,05 1,28 1,25 1,41 1,62 1,55 1,32 1,35 19,76 21,26 23,69 24,8 27,06 29,67 30,88 31,02 Operations Management Kapitel 5 / 24 5.1.3 Zeitreihen mit saisonalem Verhalten für die mittelfristige Planung von besonderer Bedeutung (Zeitraum von ein bis zwei Jahren): bei vielen Produkten sind jahreszeitliche Schwankungen typisch. Zunächst berechnet man sog. momentane Saisonkoeffizienten: rt St Mt wobei Mt wieder der gleitende Mittelwertschätzer ist. Mittelt man St noch über L + 1 Saisonkoeffizienten (den gegenwärtigen und L vergangene) gleicher Phase S t S t ... S t L ˆ S t : L 1 so erhält man den Zeitreihenschätzwert: SS 2005 Operations Management rˆt M t Sˆt Kapitel 5 / 25 Zeitreihe mit Saisonalem Verhalten II Dabei gibt die Länge der Saison an (z.B. bei monatlichen Zeitreihen und Jahressaison ist = 12). Als Prognose erhält man: rt t k Mt St k wobei man den zur Phase t+k passenden letzten Schätzwert des Saisonkoeffizienten S‘t+k- verwendet. (Ist k > , so benutzt man S‘t+k-2 bzw. S‘t+k-3 usw.). SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 26 Zeitreihe mit Saisonalem Verhalten III Beispiel: folgende Nachfragedaten (halbjährlich, = 2): Per. 1/98 2/98 1/99 2/99 1/00 2/00 1/01 2/01 t 1 2 3 4 5 6 7 8 rt 7 10 9 11 8 13 10 13 Offensichtlich ist im ersten Halbjahr die Nachfrage im Normalfall niedriger. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 27 Zeitreihe mit Saisonalem Verhalten IV 1. Schritt: Ermittlung der momentanen Saisonkoeffizienten St = rt / Mt Mt 8,5 9,5 10 9 10,5 11,5 11,5 St 1,18 0,95 1,1 0,89 1,24 0,87 1,13 gemittelte Saisonkoeffizienten über mehrere Jahre (hier über alle) Ŝ t SS 2005 wobei Mt = Mittelwert von rt-1 und rt 1,18 0,95 1,14 0,92 1,17 Operations Management 0,90 1,16 Kapitel 5 / 28 Zeitreihe mit Saisonalem Verhalten V Zusatz: oft werden die gemittelten Saisonfaktoren so korrigiert, dass die Summe über einen saisonalen Zyklus ergibt. Die Saisonfaktoren für 2001 wären also wie folgt: Ŝ7 0,9*2/(0,9 1,16) 0,87 S 8 1,16 * 2 / (0,9 1,16) 1,13 Schätzwert rˆt M t Sˆt rt rt 1 ( t ) SS 2005 10,0 und Einschrittprognose rˆt 1(t ) M t 1 Sˆt 2 9,03 11,4 8,28 12,3 10,4 13,3 11,2 9,5 10,3 9,66 13,5 Operations Management 10,4 Kapitel 5 / 29 5.1.4 Zeitreihen mit Trend und Saisonalität ebenfalls für die mittelfristige Planung von besonderer Bedeutung Grundidee dieses Prognoseverfahrens: 1. Ermittlung der Saisonkoeffizienten 2. Saisonbereinigte Zeitreihe: Beobachtung / Saisonkoeffizienten 3. lineare Regression (oder exp. Glättung) der saisonbereinigten Zeitreihe 4. Prognose = Wert der Regressionsgerade * Saisonkoeffizienten Obiges Beispiel: Saisonbereinigte Zeitreihe (Saisonkoeffizienten 0,9 bzw. 1,16) Z t SS 2005 7,77 8,62 70 9,48 8,88 Operations Management 11,2 11,1 11,2 Kapitel 5 / 30 Zeitreihe mit Trend und Saisonalität II Diese Werte seien nun die rt, die mittels Regression analysiert werden sollen. Der Mittelwert der Beobachtungen ist: r = (7,77+8,62+10+9,48+8,88+11,2+11,1+11,2)/8 = Mittelwert der Zeitpunkte ist: = 4,5 78,25/8 = 9,78 t r ( ) = - (7,77*3,5) - (8,62*2,5) - (10*1,5) - (9,48*0,5) 1 + (8,88*0,5) + (11,2*1,5) + (11,1*2,5) + (11,2*3,5) = 19,705 t ( )2 = (3,52 + 2,52 + 1,52 + 0,52)*2 = 42 1 SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 31 Zeitreihe mit Trend und Saisonalität III Es ist ein Trend nach oben zu erkennen: = 19,705/42= 0,47, = 9,78 - 0,47*4,5 = 7,67 rˆ8 (t ) [7,67 0,47 t ] Sˆt 2n SS 2005 z.B. für n = 1 bzw. n = 2, ... rˆ8 (9) [7,67 0,47 9] 0,9 10,71 Operations Management Kapitel 5 / 32 5.2 mittelfristige Produktionsprogrammplanung 5.2.1 mittelfristige Produktionsprogrammplanung mittels LP dynamische Produktionsprogrammplanung besitzt 2 Stufen: SS 2005 Beschäftigungsglättung (aggregierte Gesamtplanung), d.h. Ausgleich der Kapazitätsbeanspruchung über das Jahr. Diese mittelfristigen Überlegungen erfolgen auf aggregiertem Niveau (Produktgruppen, Monatsbasis) unter Verwendung von Nachfrageprognosen. kapazitierte Hauptproduktionsprogrammplanung (master production schedule), sprich kurzfristige detaillierte Festlegung der konkreten Produktmengen in den einzelnen Perioden (Hauptprodukte auf Wochenbasis) unter Verwendung der Vorgabe der Beschäftigungsglättung und detaillierterer Nachfrageprognosen. Operations Management Kapitel 5 / 33 Mittelfristige PPP mittels LP II Ziel: Erstellung eines mehrperiodigen Produktionsprogramms auf der Basis eines LP-Modells. In diesem Fall erfolgt der Ausgleich zwischen den einzelnen Perioden durch Lagerbildung. dadurch wird eine gewisse Unabhängigkeit zwischen Produktion und Nachfrage geschaffen („Emanzipation“). dabei gilt die Lagerbilanzgleichung: yjt = yj,t-1 + xjt - djt wobei: xjt ... Produktionsmenge von Produkt j in Periode t, yjt ... Lagerbestand des Produktes j am Ende der Periode t, (Variable) djt ... Bedarf an Produkt j in Periode t (Prognose). SS 2005 Operations Management (Variable) (Parameter) Kapitel 5 / 34 Mittelfristige PPP mittels LP III Zur Vermeidung von Kapazitätsengpässen kann nicht nur vorproduziert werden, sondern auch Zusatzkapazität in Anspruch genommen werden. n einfachste Kapazitätsrestriktion: aij x jt bit uit j 1 wobei: uit ... genutzte Zusatzkapazität von Segment i in Periode t, bit ... Produktionskapazität von Segment i in Periode t, (Variable) aij ... durch Produkt j verursachte Kapazitätsbeslastung von Segement i. (Parameter) SS 2005 Operations Management (Variable) Kapitel 5 / 35 Mittelfristige PPP mittels LP IV Schwieriger ist der Fall, wenn Vorlaufperioden zu betrachten sind, in diesem Fall ist: aijv ... durch Produkt j verursachte Kapazitätsbelastung von Segment i in Vorlaufperiode Vj ... Anzahl der Vorlaufperioden von Produkt j n Vj aijv x j ,t v bit uit Kapazitätsrestriktion: j 1 v 0 ferner definiert man: T … Anzahl der Perioden n … Anzahl der Produkte m … Anzahl der Segmente SS 2005 hj … Lagerkosten pro Einheit von Produkt j und Periode zi … Zusatzkosten in Segment i pro Einheit genutzter Zusatzkapazität Uit … maximal mögliche Zusatzkapazität in Segment i in Periode t Operations Management Kapitel 5 / 36 Mittelfristige PPP mittels LP V T n T m K h j y jt zi uit min t 1 j 1 Lager + Zusatzkosten t 1 i 1 yjt = yj,t-1 + xjt - djt für j = 1,...,n und t = 1,...,T n Vj aijv x j ,t v bit uit für i = 1,...,m und t = 1,...,T j 1 v 0 uit Uit für j = 1,...,n und t = 1,...,T xjt, yjt, uit 0 für i = 1,...,m, j = 1,...,n und t = 1,...,T yj0 gegeben für j = 1,...,n ... Anfangslagerbestände SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 37 Mittelfristige PPP mittels LP VI Beispiel (aus Kapitel 8.3, Günther und Tempelmeier, Produktion & Logistik) Segment 1 Dabei sind 2 Endprodukte A und B herzustellen, die aus Baugruppen C, D und E bestehen, wobei dort wieder Einzelteile F und G eingehen (jeweils 1 Einheit). Dies ist in nebenstehender Abbildung illustriert: v=0 A 1 v=1 C B 1 1 D Segment 2 v=2 1 E 1 F 1 G Segment 3 Im Segment 1 werden also die Endprodukte erzeugt, in Segment 2 die Baugruppen C und D sowie in Segment 3 die übrigen Vorprodukte. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 38 Mittelfristige PPP mittels LP VII Der Kapazitätsbedarf pro Stück im entsprechenden Segment sei aus den Arbeitsplänen bekannt und in folgender Tabelle angegeben (z.B. in Stunden): Erzeugnis A B C D E F G Kapazitätsbedarf pro Stück 1 2 1 3 4 2 1 Die beiden Endprodukte verursachen also in den 3 Segmenten folgende Kapazitätsbelastung unter Berücksichtigung der Vorlaufperioden. Endprodukt A Endprodukt B Produktionssegment Produktionssegment 0 1 - - 2 - - 1 - 4 - - 3 4 2 - - - - - 3 Vorlaufperiode SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 39 Mittelfristige PPP mittels LP VIII n Vj Die Kapazitätsrestriktionen a ijv x j, t v b it u it für die 3 Segmente lauten also: j1 v 0 1xAt + 2xBt 4xA,t+1 + 3xB,t+1 4xB,t+1 + 3xB,t+2 - u1t b1t Segment 1 (A und B) - u2t b2t Segment 2 (C und D) - u3t b3t Segment 3 (E bis G) Hinzu kommen die übrigen Bedingungen aus obigem LP. Um es überschaubar zu halten, hat es nur 2 Entscheidungsvariablen (Produktions-menge von A und B). Die anderen Mengen sind aus der Endproduktmenge ableitbar. Im einem (oft computerunterstützten) PPS-Systemen erfolgt nach der Planung des kurzfristigen Produktionsprogrammes (z.B. mit LP wie hier): Materialbedarfsplanung - wann werden welche Rohstoffe in welcher Menge benötigt? Auftragsterminierung und Ressourcenbelegung - Belegung der einzelnen Anlagen mit Aufträgen unter Beachtung aller Kapazitätsschranken SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 40 5.2.2 mittelfristige Programmplanung ohne LP Unter der Voraussetzung linearer Produktionszusammenhänge ist das LP ein geeignetes Verfahren, um bereits recht komplexe Situationen der mittelfristigen Planung optimal zu gestalten. Da die Berechnung für mehrere Perioden und Produkte bzw. Produktgruppen allerdings schon aufwendig sein kann, sind noch andere (einfachere) Planungsverfahren üblich. Die Idee (etwa gleichzeitig mit LP in fünfziger Jahren) stammt aus der Regelungstheorie und beruht im Prinzip auf denselben Überlegungen wie die exponentielle Glättung. Mittelfristplanung bedeutet, einen prognostizierten Nachfrageverlauf so gut wie möglich zu erfüllen man versucht, die Produktion so „einzuregeln“, dass sie Abweichungen von der Nachfrageprognose zum Anlaß nimmt, die Produktion zu korrigieren. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 41 Mittelfristige PPP ohne LP II Im einfachsten Falle folgt man z.B. der linearen Rekursionsbeziehung wobei: x jt x j ,t 1 rˆjt x j ,t 1 y jt y j ,t 1 y jk ... “Richt-Lagerbestand“ , ... Glättungskonstanten. Je größer und desto stärker führen Abweichungen zu Korrekturen. Lineare Entscheidungsregeln sind ähnlich ausbaufähig wie LP-Modelle. Nachteil: es ist nicht möglich, strikte Ressourcenbeschränkungen zu berücksichtigen (oft kein großes Problem, da nur Grobplanung). Vorteil: reagieren glatter auf stochastische Schwankungen als LPs aufgrund der glatteren Periodenverknüpfung geringere Nervosität. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 42 5.3 Losgrößenplanung - Lagerhaltung Bei Lagerhaltungsmodellen unterscheidet man: deterministische Modelle (Nachfrage wird als bekannt vorausgesetzt) – stochastische Modelle (Wahrscheinlichkeitsverteilungen über die Nachfragemengen bekannt) – z.B. Newsboy, Servicegrade, ... statische Modelle (konstante Nachfrage - Betrachtung einer typischen Bestellperiode) – z.B. EOQ (Wurzelformel) dynamische Modelle (Nachfrage variiert mit der Zeit) – z.B. WagnerWhitin Ein-Produktmodelle - z.B. EOQ, Wagner-Whitin, Newsboy Mehr-Produktmodelle, wobei hier zu unterscheiden ist: – mit unabhängigem Bedarf (aber z.B. gemeinsamer Kapazitätsbeschränkung) – mit abhängigem Bedarf (z.B. Vorprodukte bei mehrstufiger Produktion) SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 43 5.3.1 Mehrstufige dynamische Mehrproduktmodelle 5.3.1.1 Erzeugnisorientierte Dekomposition ohne Kostenanpassung Die einfachste Vorgangsweise, die in der Praxis weit verbreitet und in vielen PPS-Systemen implementiert ist, ignoriert die Kostenwirkungen der Losgrößenentscheidung für ein Produkt auf die Vorgängerprodukte. Die grundsätzliche Vorgangsweise ist wie folgt. Beginne mit dem Endprodukt und plane es mittels Einprodukt-Heuristik oder WW-Verfahren. (Allgemeiner wird nach den Dispositionsstufen vorgegangen und mit den Endprodukten begonnen) Plane die unmittelbaren Vorgängerprodukte, wobei sich der Bedarf für diese Vorgängerprodukte aus den Losgrößenentscheidungen der übergeordneten Produkte ergibt, usw. (Allgemeiner: wenn eine Dispositionsstufe abgearbeitet ist, gehe zur nächsten) SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 44 Erzeugnisorientierte Dekomposition II Beispiel: N = 2 Produkte, T = 4 Perioden, a12 = 1, Bedarf, Rüstkosten und Lagerkosten wie folgt: Produkt t=1 t=2 t=3 t=4 Si hi i=1 - - - - 120 10 i=2 10 10 10 10 100 11 Planung über erzeugnisorientierte Dekomposition ohne Kostenanpassung: Zunächst wird das Endprodukt i = 2 geplant. Nach Silver-Meal ergeben sich folgende Lose: 2 t = 1: 100/1 < [100 + 1110]/2 = 105 d.h. q21 = 10, u.s.w. also keine Losbildung q22 = 10, q23 = 10, q24 = 10. 1 1 Es ergibt sich somit folgender Sekundärbedarf für das Vorprodukt 1: SS 2005 Produkt t=1 t=2 t=3 t=4 Si hi i=1 10 10 10 10 120 10 Operations Management Kapitel 5 / 45 Erzeugnisorientierte Dekomposition III Nach Silver-Meal ergeben sich folgende Lose: t = 1: 120/1 > [120 + 1010]/2 = 110, aber 110 < [120 + 1010 + 10210]/3 = 140 d.h. Losbildung: q11 = 10 + 10, q12 = 0. t = 3: 120/1 > 110, d.h. Losbildung: q13 = 10 + 10, q14 = 0. Die Gesamtkosten sind dann 840: Produkt 2: 4 Rüsten, also 400 Produkt 1: 2 Rüsten, 2 Lagern, also 240 + 200 = 440 Zum Vergleich: Losbildung schon beim Endprodukt: q21 = 20, q22 = 0, q23 = 20, q24 = 0 Dies ergibt Bedarfsmengen für das Vorprodukt 1: SS 2005 Produkt t=1 t=2 t=3 t=4 Si hi i=1 20 0 20 0 120 10 Operations Management Kapitel 5 / 46 Erzeugnisorientierte Dekomposition IV Nach Silver-Meal ergeben sich folgende Lose: t = 1: 120/1 > [120 + 0]/2 = 60, aber 60 < [120 + 0 + 10220]/3 = 173,3 d.h. Losbildung: q11 = 20, q12 = 0. t = 3: analoge Losbildung: q13 = 20, q14 = 0. Die Gesamtkosten sind dann 660: Produkt 2: 2 Rüsten, 2 Lagern, also 200 + 220 = 420 Produkt 1: 2 Rüsten, also 240 Die Lösung aus dem vorigen Abschnitt lässt sich also um über 20% verbessert! Die Losbildung beim Endprodukt sollte nämlich berücksichtigen, dass die hier getroffenen Entscheidungen die Kosten bei den untergeordneten Produkten beeinflussen. Dies führt zur Idee der Kostenanpassung, d.h. man versucht durch systematische Erhöhung der Lagerkosten und/oder Rüstkosten die Folgekosten bei den untergeordneten Produkten schon bei der Losbildung mittels Einproduktmodell zu berücksichtigen. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 47 5.3.1.3 Erzeugnisorientierte Dekomposition mit Kostenanpassung bei konvergierender Produktstruktur Annahme: Vorliegen einer konvergierenden Produktstruktur (d.h. jedes Produkt (bis auf die Endprodukte) hat einen eindeutig bestimmten Nachfolger) Es gibt verschiedene Ansätze die zumeist wie folgt vorgehen: Bei Ermittlung der modifizierten Kosten wird von konstanten Primärbedarfsmengen ausgegangen, wobei wir hier nur Primärbedarfsmengen für das Endprodukt n = N zulassen wollen, also Bedarf/Periode = 1 T d Nt (Endprodukt); T t 1 Bedarf pro Periode = 0 sonst. Multiplikatoren i ermittelt, die angeben, wie oft (im Schnitt) ein Los des Nachfolgerproduktes n(i) während eines Zyklus von Produkt i aufgelegt wird. Bei geschachtelten Politiken muss also immer i 1 gelten, Auf Basis von i werden dann (ausgehend von den untergeordneten Produkten) die Lagerkosten und/oder Rüstkosten modifiziert. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 48 Varianten Variante 1: motiviert durch Überlegungen zum ELSP mit konvergierender Produktstruktur werden folgende Multiplikatoren ermittelt sodann werden die Rüstkosten korrigiert: S j S j wobei die Lagerkosten hj nicht verändert werden. Si i V( j) i S n( i ) h i Im obigen Beispiel: 1 i S i h n( i ) 120 11 1,15 100 10 S 2 100 120 115 , 204,35 Silver-Meal für Endprodukt 2: q21 = 20, q22 = 0, q23 = 20, q24 = 0, denn 204,35/1 > [204,35 + 1110]/2 = 157,18 < [204,35 + 330]/3 = 178,12 SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 49 Varianten II Variante 2: ähnlich wie Variante 1, berücksichtigt aber i 1, also Si h n(i ) i max1, S n(i ) h i Variante 3: berücksichtigt auch noch die Ganzzahligkeit der i, usw. Es gibt auch Formulierungen über den systemweiten Lagerbestand. All diese Verfahren sind zwar etwas rascher als das folgende Verfahren von Afentakis, liefern aber in der Regel schlechtere Lösungen. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 50 5.3.1.4 Verfahren von Afentakis Es gibt eine Vielzahl an Heuristiken, die man nach folgendem Gesichtspunkt einteilen kann: erzeugnisorientierte Dekomposition: man betrachtet unabhängige Einproduktmodelle, die dann eventuell (z.B. durch Kostenanpassung) gekoppelt werden; periodenorientierte Dekomposition: man betrachtet simultan alle Produkte und erweitert schrittweise den Planungshorizont Ein typischer Vertreter der letzteren Gruppe ist das Verfahren von Afentakis (1987). Dabei wird schrittweise für t = 1, 2, ... , T eine näherungsweise optimale Lösung Q(t) für das Planungsintervall [1, t] ermittelt. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 51 Afentakis II Wir gehen davon aus, dass nur für das Endprodukt N ein Primärbedarf dNt vorliegt. q11 v1N d N1 Startlösung Q(1) = = q N1 v d NN N1 Wir erläutern den Schritt von t-1 t: SS 2005 q1(t 1) Ausgangspunkt: Q(t - 1) = wobei qi (t 1) ( qi1,..., qi ,t 1 ) q (t 1) N Ferner sei i,t-1 die letzte Produktionsperiode von Produkt i, also die letzte Periode mit positiver Losgröße. Operations Management Kapitel 5 / 52 Afentakis III Es wird nun die Politik Q(t), also qi (t ) ( qi1,..., qit ) für alle i ermittelt. Dabei bleiben alle Produktionsperioden erhalten, und der Bedarf an Produkt i der Periode t wird entweder durch Erhöhung der Produktionsmenge in i,t-1 gedeckt oder durch Neuauflage eines Loses an Produkt i in einer der Perioden i,t-1 + 1, ... , t. Es stehen also t + 1 i,t-1 mögliche Perioden zur Verfügung, in denen der Bedarf der Periode t produziert werden kann. Ferner soll die Politik geschachtelt sein, d.h. es wird nur dann ein Los für i aufgelegt, wenn für alle direkten (und damit auch indirekten) Nachfolger ein Los aufgelegt wird: xit = 1 xn(i),t = 1. Diese Eigenschaft ist bei jeder optimalen Politik erfüllt, sodass es sinnvoll ist, sie auch im Rahmen der Heuristik zu verlangen. Unter allen Politiken, die a) und b) erfüllen, ermittle man die kostengünstigste Variante. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 53 Afentakis IV Beispiel: T = 3, N = 3. Endprodukt 3 und Vorprodukte 1 und 2 wobei a13 = a23 = 1 und aij = 0 sonst. Rüstkosten S1 = 8, S2 = 10, S3 = 5. Lagerkosten h3 = 3, h1 = h2 = 1 (bzw. systemweite Kosten H1=H2=H3=1). Primärbedarfsmengen für Endprodukt 3: d31 = 5, d32 = 9, d33 = 8. Zu Beginn und am Ende seien alle Lagerbestände = 0. Startlösung t=1: jedes Produkt in t=1 produzieren. x11 1 q11 5 X (1) x21 1 also Q (1) q21 5 x 1 q 5 31 31 SS 2005 Operations Management mit Kosten 8 + 10 + 5 = 23 Kapitel 5 / 54 Afentakis V 1 Iteration t = 1: Es bestehen 5 potentielle Politiken, wobei nicht geschachtelte bereits weggelassen wurden: X ( 2) 1 1 SS 2005 Lösung: Kosten: 1 0 1 0 1 0 23 + 9(1+1+1) = 50 1 0 1 0 1 1 1 1 1 0 1 1 1 0 1 1 1 1 23 + 9(1+1) + 5 = 46 23 + 9 +8+5 = 45 23 + 9 + 10 + 5 = 47 Operations Management x12 x22 x32 1 1 1 1 1 1 23 + 8 + 10 + 5 = 46 Kapitel 5 / 55 Afentakis VI Iteration t = 2: Es bestehen 8 potentielle Politiken: 1 1 0 1 0 0 1 1 0 1 1 0 1 0 0 1 1 1 1 1 1 1 0 0 1 1 1 1 1 0 1 0 1 1 1 1 = 77 45 + 8(1+2) + 5 = 74 45+ 82 + 8 + 5 = 74 45 + 8 + 10 + 5 = 68 1 1 1 1 0 1 1 1 1 1 1 0 1 1 0 1 1 1 1 1 1 1 1 0 1 1 1 1 1 0 1 1 0 1 1 0 45 + 8+10+ 5 = 68 46 + 8(1+1) + 5 = 67 46 + 8 + 8 + 5 = 67 46 + 8(1+1+1) = 70 Lösung: Kosten: 45 +8(1+2+1) Lösung: Kosten: SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 56 Afentakis VII Näherungsweise optimale Politik für Zeitraum [1, ..., 3]: 1 1 0 X (3) 1 1 0 1 1 1 oder 1 1 1 X (3) 1 1 0 1 1 1 Die zugehörigen Losgrößenentscheidungen sind: 5 17 0 Q (3) 5 17 0 5 9 8 SS 2005 oder 5 9 8 Q (3) 5 17 0 5 9 8 Operations Management Kapitel 5 / 57 5.3.2 LP-Modelle für mehrstufige dynamische Modelle ohne Kapazitätsbeschränkungen 5.3.2.1 LP-Modell mit „normalen“ Lagerbeständen i ... Index für die Vorprodukte (i = 1,...,N-1) N ... Index des Endproduktes t ... Index für die Perioden hi ... Lagerhaltungskostensatz für Produkt i Si ... Rüstkosten für Produkt i dit ... Effektive Nachfrage nach Produkt i in Periode t (Primärbedarf) qit ... Losgröße des Produkts i in Periode t yit ... Lagerbestand des Produkts i am Ende der Periode t N(i) ... SS 2005 (t = 1,...,T) Menge der direkten Nachfolger des Produktes i Operations Management Kapitel 5 / 58 LP-Modell mit „normalen“ Lagerbeständen II aij ... Direktbedarfskoeffizient, d.h. Menge an Produkt i, die direkt in 1 Einheit Produkt j eingeht (Zahl bei Pfeil i j im Gozintographen) 1 falls Weiters sei xit 0 falls qit 0 eine Binärvariable, die Losauflage anzeigt qit 0 Annahme: die Produktion der Periode t steht zur Befriedigung der Nachfrage t zur Verfügung und dass keine Fehlmengen zugelassen sind. Da die gesamte Nachfrage befriedigt werden muss, ist die gesamte Produktionsmenge vorgegeben, weshalb die konstanten variablen Produktionskosten weggelassen werden können. Beispiel: N = 3 1 1 1 2 3 2 SS 2005 1 Einheit Endprodukt 3 besteht aus 1 Teil Vorprodukt 1 und aus 2 Teilen Vorprodukt 2. In Vorprodukt 1 steckt noch 1 Einheit von Vorprodukt 2. N(1) = {3} N(2) = {1, 3} N(3) = {} Operations Management Kapitel 5 / 59 LP-Formulierung Kosten C hi yit Si xit min! t 1i 1 y Nt y N ,t 1 qNt d Nt Lagerbilanzen yit yi ,t 1 qit dit aij q jt jN (i ) yi0 yiT 0 Rüstkostenverrechnung: qit xit für alle t = 1,..., T für alle i = 1,..., N - 1; t = 1,..., T für alle i = 1,..., N für alle i = 1,..., N; t = 1,..., T wobei M eine große Zahl ist. Nicht-Negativität: qit 0; yit 0 für alle i = 1,..., N; t = 1,..., T Binärvariable: xit 0,1 für alle i = 1,..., N; t = 1,..., T SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 60 5.3.2.2 LP-Modell mit „systemweiten“ Lagerbeständen statt den obigen Formulierungen wird der systemweite Lagerbestand verwendet: Yit yit vij y jt jN *(i ) ... systemweiter Lagerbestand des Produkts i am Ende der Periode t, d.h. jene Menge an Bauteil i, die als Bauteil i oder eingebaut in übergeordnete Produkte im Lager vorrätig ist, dabei ist vij ... Verflechtungs(Gesamt-)bedarfskoeffizient an Produkt i bzgl. Produkt j, d.h. Menge an Produkt i, die direkt oder indirekt in 1 Einheit Produkt j eingeht, und N*(i) ... Die Rückrechnung von Yit zu yit erfolgt über SS 2005 Menge aller (auch indirekten) Nachfolger Operations Management yit Yit aijY jt jN (i ) Kapitel 5 / 61 LP mit „systemweiten“ Lagerbeständen II analog definiert man: H i hi V(i) akihk kV (i ) ... Obiges Beispiel: Menge aller direkten Vorgänger des Produktes i N*(i) = N(i) hier z.B.: a23 = 2, Also Y2t = y2t + 1y1t + 3y3t V(1) = {2}, V(3) = {1, 2} Wenn z.B. h1 =2, h2 = 1, h3 = 6, dann H2 = 1, H1 = 2 - 1 = 1, H3 = 6 - 12 - 21 = 2 1 1 1 2 3 2 SS 2005 ... systemweiter Lagerhaltungskostensatz für Produkt i , wobei Operations Management v23 = 2 + 1 = 3 Kapitel 5 / 62 LP - Formulierung C Kosten HiYit Si xit min! t 1 i 1 Yit Yi ,t 1 qit dit vij d jt LagerjN *(i ) bilanzen: Yi0 YiT 0 keine Fehlmengen: Rüstkostenverrechnung: Yit für alle i = 1,..., N; t = 1,..., T für alle i = 1,..., N aijYit 0 jN (i ) qit xit für alle i = 1,..., N; t = 1,..., T wobei M eine große Zahl ist. Nicht-Negativität: qit 0;Yit 0 für alle i = 1,..., N; t = 1,..., T Binärvariable: xit 0,1für alle i = 1,..., N; t = 1,..., T SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 63 5.3.3 konvergierende Produktionsstruktur Falls jedes Produkt (bis auf das Endprodukt) genau einen Nachfolger besitzt (konvergierende Produktstruktur, Montageprozeß), so vereinfachen sich die obigen Formeln etwas. In der ersten Formulierung kann man yit yi,t 1 qit dit durch jN (i ) aij q jt für alle i = 1,..., N - 1; t = 1,..., T yit yi,t 1 qit dit ai,n(i )qn(i ),t für alle i = 1,..., N - 1; t = 1,..., T ersetzen, wobei n(i) der einzige Nachfolger von i ist, also N(i) = {n(i)}. In der Formulierung mit systemweitem Lagerbestand ergibt sich folgende Vereinfachung: keine Fehlmengen SS 2005 Yit ai,n(i )Yi,n(i ) 0 Operations Management Kapitel 5 / 64 konvergierende Produktionsstruktur II Im Rahmen der Kostenanpassung findet der systemweite Ansatz ebenfalls Verwendung: Variante 4: hier wird von systemweiten Lagerkosten Hi ausgegangen und die i werden etwas anders ermittelt: S n( i ) H i sodann werden die Kosten wie folgt korrigiert: S j S j SS 2005 i S i H n( i ) S i i V( j) i und H H j j Operations Management H i i V( j) i Kapitel 5 / 65 5.3.3 Weiterführende Bemerkungen zu Kapazitätsbeschränkungen Im Rahmen der LP-Modelle lassen sich Kapazitätsbeschränkungen natürlich leicht formal berücksichtigen. Bei den Heuristiken verursacht die Tatsache Schwierigkeiten, dass man infolge von Kapazitätsengpässen in der Zukunft eventuell schon jetzt mehr (als scheinbar kostengünstig ist) produzieren muss, und eventuell auch nur Teile von Periodenbedarfen in einer Vorperiode auf Lager produzieren muss. Bei einstufigen Problemen nennt man diese Klasse von Problemen CLSP (capacitated lot sizing problem) und das bekannteste Verfahren ist das von Dixon und Silver. Bei mehrstufigen Problemen (MLCLSP, multi level CLSP) werden oft allgemeine heuristische Ansätze wie Simulated Annealing eingesetzt; siehe z.B. Domschke -Scholl - Voß (1993). SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 66 5.4. Maschinenbelegung Maschinenbelegungsprobleme (scheduling) befassen sich mit der zeitlichen Zuordnung von Aufträgen zu Arbeitsträgern bzw. Maschinen und umgekehrt unter Beachtung vorgegebener Zielsetzungen und Restriktionen. Dabei ist zu beachten, dass zu jedem Zeitpunkt jede Maschine höchstens einen Auftrag bearbeiten und jeder Auftrag nur von höchstens einer Maschine gleichzeitig bearbeitet werden kann. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 67 5.4.1 Begriffe Bei einem Maschinenbelegungsproblem sind n Aufträge oder Jobs (j = l,...,n) auf m Maschinen (Mi für i = l,...,m) zu bearbeiten. Dazu sind für jeden Auftrag j in der Regel folgende Daten gegeben: aj Auftragsfreigabe- oder Bereitstellungszeitpunkt bzw. termin (release date) des Auftrags j Stehen alle Aufträge zum Zeitpunkt aj = 0 zur Bearbeitung bereit, bezeichnet man das Problem als statisch, ansonsten als dynamisch. fj gewünschter Fertigstellungstermin (due date) des Auftrags j tji Bearbeitungszeit (oder -dauer, processing time) von Auftrag j auf Maschine i Werden alle oben erwähnten Größen als bekannt vorausgesetzt, so liegen deterministische Modelle vor; andernfalls (stochastische Ankunftszeitpunkte oder Bearbeitungszeiten) spricht man von stochastischen Modellen. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 68 Reihenfolgearten Ein Auftrag j läßt sich in gj verschiedene Arbeitsgänge Aj1,...,Ajgj unterteilen, die in einer fest vorgegebenen Reihenfolge zu bearbeiten sind. Diese Reihenfolge bezeichnen wir als Arbeitsgangfolge. Sie ist in der Regel technologisch determiniert. Läßt sich jedem Arbeitsgang Ajh eines Auftrags j eindeutig eine Maschine jh zuordnen, so bezeichnet man die zeitliche Reihenfolge, in der die einzelnen Arbeitsgänge von j die Maschinen zu durchlaufen haben, als Maschinenfolge j = (j1,...,jgj)von j. Die Maschinenfolgen sind damit ebenfalls durch technologische Erfordernisse festgelegt. Die Reihenfolge, in der die einzelnen Aufträge auf einer Maschine i zu bearbeiten sind, heißt Auftragsfolge von i. Dabei können mehrere Aufträge gleichzeitig um dieselben Maschinen konkurrieren. Die Auftragsfolge ist nicht vorgegeben, sondern Gegenstand der Planung. Eine zeitliche Zuordnung von Arbeitsgängen zu Maschinen heißt (zulässiger) Ablaufplan, falls alle Reihenfolgebedingungen sowie weitere Restriktionen eingehalten werden. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 69 5.4.2 Darstellungsmöglichkeiten Beispiel: statisches Jobshop-Problem mit 3 Maschinen und 3 Aufträgen: jeder Auftrag besteht aus gj = 3 Arbeitsgängen diese Aufträge sind in Reihenfolge Aj1, Aj2, Aj3 zu bearbeiten Maschine μj1 Auftrag Arbeitsgang Ajh j\i 1 2 3 j\h 1 2 3 1 3 3 2 1 1 2 3 2 3 2 3 2 2 3 1 3 3 4 1 3 2 1 3 Auftrag Bearbeitungszeit tji Maschinennummer μjh Auftrag 2 wird also zuerst auf M2, dann auf M3 und zuletzt auf M1 bearbeitet der erste AG (auf M2) nimmt 3 ZE in Anspruch SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 70 5.4.2.2 Maschinenfolgegraph, Ablaufgraph Die Vorgaben hinsichtlich der Arbeitsgang- und der Maschinenfolgen lassen sich in folgendem Maschinenfolgegraphen veranschaulichen. Jede Knotenbezeichnung entspricht der Maschine jh, die den Arbeitsgang h des Auftrags j auszuführen hat. Arbeitsgang h=1 h=2 h=3 j=1 1 2 3 Auftrag j=2 2 3 1 j=3 2 1 3 SS 2005 Operations Management Maschinenfolgegraph: Angabe jeder Knoten entspricht einer Maschine i = jh Kapitel 5 / 71 Ablaufgraph II Bei der Bestimmung von Auftragsfolgen ist für jede Maschine i festzulegen, in welcher Reihenfolge die einzelnen Aufträge j = 1, 2, 3 auf ihr zu bearbeiten sind. Dabei sind innerhalb des Maschinenfolgegraphen jeweils die Knoten mit derselben Maschinenbezeichnung i durch zusätzliche Pfeile, die jeweils genau einen Weg bilden, zu verbinden. Der entstehende Graph heißt Ablaufgraph. Ablaufgraph: Entscheidung Arbeitsgang h=1 h=2 h=3 Das nebenstehende Bild zeigt den Ablaufgraphen für obiges j=1 1 2 3 Problem, wenn die Aufträge auf der Maschine 1 in der Auftrag j=2 2 3 1 Reihenfolge 1, 3, 2, auf der Maschine 2 in der Reihenfolge 3, 2, 1 und auf der Maschine 3 j=3 2 1 3 in der Reihenfolge 2, 1, 3 bearbeitet werden. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 72 5.4.2.3 Gantt-Diagramm Bei Gantt-Diagrammen werden die Bearbeitungszeiten über der Abszisse (Zeitachse) sowie die Maschinen bzw. die Aufträge über der Ordinate aufgetragen. Man unterscheidet eine maschinenorientierte (gebräuchlichere Variante) und eine auftragsorientierte Darstellung. 3 maschinenorientiertes Gantt-Diagramm 2 2 3 2 1 Auftrag 1 1 SS 2005 2 1 Leerzeit 1 3 3 4 5 3 2 6 Operations Management 7 8 9 10 11 12 Kapitel 5 / 73 Gantt-Diagramm II 3 auftragsorientiertes Gantt-Diagramm 2 1 2 3 2 3 1 Maschine 1 1 2 3 1 2 4 5 6 7 3 8 Wartezeit 9 10 11 12 Hier sind alle Arbeitsgänge unter Berücksichtigung der Reihenfolgebeziehungen des Ablaufgraphen frühestmöglich eingeplant. Dabei entsprechen die schraffierten Felder den Leerzeiten der Maschinen bzw. den Wartezeiten der Aufträge. Da die Maschinen unterschiedliche Auftragsfolgen aufweisen, handelt es sich um einen normalen Ablaufplan, aber um keinen Permutationsplan. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 74 5.4.3 Semiaktive und aktive Ablaufpläne Semiaktive Ablaufpläne haben die Eigenschaft, dass der Beginn keines AG zeitlich vorgezogen werden kann, ohne eine Maschinenfolge zu verletzen oder eine Auftragsfolge zu ändern. Beispiel: (maschinenorientiertes Gantt-Diagramm) nicht semiaktiv 2 1 2 1 Auftrag 1 1 2 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 semiaktiv 2 1 2 1 Auftrag 1 1 SS 2005 2 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Operations Management Kapitel 5 / 75 Semiaktive und aktive Ablaufpläne Zu jedem zulässigen Ablaufplan existiert ein zugehöriger semiaktiver Ablaufplan, der leicht zu ermitteln ist: man verschiebt einfach alles so weit wie möglich nach links. Offensichtlich ist obiger Ablaufplan zwar semiaktiv, aber dennoch sehr schlecht. Aktive Ablaufpläne: kein AG kann zeitlich vorgezogen werden, ohne den Beginn mindestens eines anderen AGs zu verzögern es darf nur die Auftragsfolge verändert werden Klarerweise ist jeder aktive Ablaufplan auch semiaktiv. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 76 Aktive Ablaufpläne Obiges Beispiel: Auftragsfolge an Maschine 2 ändern nicht aktiv 2 1 2 1 Auftrag 1 1 2 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 aktiv 2 2 1 1 Auftrag 1 1 SS 2005 2 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Operations Management Kapitel 5 / 77 5.4.4 Klassifikation Im Bereich deterministischer Modelle werden Probleme mittels Tripeln [α|β|γ] charakterisiert. Maschinenart und –anordnung α1: wenn die Aufträge aus nur einem Arbeitsgang bestehen: α1 = 0, wenn genau 1 Maschine zur Verfügung steht α1 = IP, wenn alle Maschinen identisch und gleichzeitig einsetzbar sind, bzw. gleiche Fertigungsgeschwindigkeiten auf allen Maschinen wenn die Aufträge aus mehreren Arbeitsgängen bestehen: α1 = F (Flow Shop): jeder Auftrag ist auf jeder Maschine genau einmal zu bearbeiten, und zwar in derselben Reihenfolge α1 = PF (Permutations-Flow Shop): „Überholverbot“: auf allen Maschinen ist die Reihenfolge identisch SS 2005 α1 = J (Job Shop): jeder Auftrag muss die Maschinen in einer eigenen, fest vorgegeben Reihenfolge durchlaufen α1 = O (Open Shop) die Reihenfolge ist frei und spielt keine Rolle Operations Management Kapitel 5 / 78 Klassifikation II Maschinenzahl α2: wird nichts angegeben, so wird eine beliebige Anzahl betrachtet. F|*|* = ? Flow Shop mit beliebig viel Maschinen J2|*|* = ? Job Shop mit 2 Maschinen Auftragszahl β1: J| |* ein Job Shop mit beliebig vielen und J|3|* eins mit 3 Aufträgen Unterbrechbarkeit β2: Wird nichts angegeben, dürfen die Aufträge nicht unterbrochen werden pmtn no wait es sind keine Unterbrechungen (bzw. keine Zwischenlageroder Wartezeiten) zwischen den Arbeitsgängen erlaubt. SS 2005 Unterbrechung ist möglich Operations Management Kapitel 5 / 79 Klassifikation III Reihenfolgebeziehungen β3: Wird nichts angegeben, dürfen die Aufträge beliebig gereiht werden prec tree Reihenfolgebeziehung entspricht einem gerichteten, zyklenfreien Graphen Reihenfolgebeziehung wird in Form eines gerichteten Baumes betrachtet Auftragsfreigabetermine und Nachlaufzeiten β4: Wird nichts angegeben, liegt ein statisches Problem vor aj nj SS 2005 unterschiedliche Auftragsfreigabetermine aj Nachlaufzeiten: nach der Bearbeitung benötigt der Auftrag j noch min. nj ZE bevor er fertig ist oder weiterverarbeitet werden kann Operations Management Kapitel 5 / 80 Klassifikation IV Die restlichen Untergruppen betreffen: β5 Bearbeitungszeiten β6 reihenfolgeabhängige Rüstzeiten bzw. Rüstkosten β7 Ressourcenbeschränkungen β8 Fertigstellungstermine SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 81 Klassifikation V Zielsetzungen γ: zmax symbolisiert eine zu minimierende maximale Zeitdauer (MinimaxZielsetzung); zj steht für eine zu minimierende (ggf. gewichtete) Summe von Zeitgrößen. z# verwenden wir zur Bestimmung einer zu minimierenden (ggf. gewichteten) Anzahl von Aufträgen mit bestimmten Eigenschaften (z.B. Verspätung). Durchlaufzeitbezogene Ziele Fertigstellungszeitpunkt Fj (realiserte Fertigstellung von Auftrag j) Wartezeit: Wji bezeichnet die Wartezeit von j auf Mi und Wj : SS 2005 m Wji ist die gesamte Wartezeit des Auftrags j i 1 Durchlaufzeit Dj = Fj – aj Bearbeitungszeitspanne eines Auftrags Operations Management Kapitel 5 / 82 Durchlaufzeitbezogene Ziele Minimierung der Summe der Durchlaufzeiten bzw. der mittleren Durchlaufzeit: n D: D j → min. bzw. D/n → min. (äquivalent, da n konstant] j1 Minimierung der maximalen Durchlaufzeit: D max : max D j j 1,..., n → min. Minimierung der Summe der Wartezeiten: n W : Wj → min. j1 SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 83 Kapazitätsorientierte Ziele Zykluszeit: Z : max Fj j 1,..., n Leerzeit: Li : Z Gesamtbearbeitungszeit n t ji j1 von Maschine i ist die Summe aller Zeiten, zu denen i keinen Auftrag bearbeitet. Offensichtlich ist die Minimierung der Zykluszeit äquivelent mit der Minimierung der Summe der Leerzeiten. Kapazitätsauslastung (ebenfalls äquivalent): n m t ji mZ → min. j 1 i 1 SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 84 Terminorientierte Ziele Terminabweichung: Tj = Fj – fj (effektiver minus geforderter Endzeitpunkt) Tj > 0 Strafkosten Tj < 0 Kapitalbindung Verspätung: Vj = max {0,Tj} . . . Terminüberschreitung Kapitalbindung wird hier ignoriert gebräuchliche terminorientierte Ziele: Minimierung der maximalen Terminabweichung / Verspätung Minimierung der maximalen Verspätung Minimierung der Summe aller Verspätungen Minimierung der verspäteten Aufträge SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 85 Zielbeziehungen Äquivalenz zweier Ziele wenn die Zielfunktionen durch lineare Umwandlungen mittels konstanter Parameter ineinander überführbar sind heißen sie äquivalent. es ist äquivalent die Summe oder den Mittelwert von Zielgrößen zu optimieren bei statischen Problemen (d.h. alle Aufträge werden zum Zeitpunkt 0 freigegeben) sind die Ziele F und D, bzw. Z und Dmax äquivalent. die Zielsetzungen Minimierung von Z, Lmax, L und L sowie die Maximierung der durchschnittlichen Maschinenauslastung sind äquivalent. die Zielsetzungen D, F, W und T sind äquivalent (gilt auch für die gewichteten Größen) SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 86 Dilemma der Ablaufplanung Zwischen den Zielen D und Z existiert keine der genannten Zielbeziehungen. Diese beiden Ziele sind in der Regel (bei Mehrmaschinenproblemen) zueinander konkurrierend, d.h. mit der Verbesserung des eines Zieles nimmt man zumeist eine Verschlechterung des anderen in Kauf. [Beispiel in Übung] Da Z zur Zielsetzung L der Leerzeitminimierung (Kapazitätsausnutzung) äquivalent ist, sind auch D und L zueinander konkurrierend. Dieser Sachverhalt wird als Dilemma der Ablaufplanung bezeichnet. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 87 5.4.5 Grundlegende Entscheidungs- und Prioritätsregeln Maschinenprobleme sind meist NP-schwer und in der Praxis müssen rasch Lösungen gefunden werden Heuristiken (sog. Prioritätsverfahren) Schritt 1 : Sortiere die Aufträge nach einer vorzugebenden Prioritätsregel. Schritt 2 : Plane die Aufträge in Sortierreihenfolge auf den Maschinen ein. bekanntesten Prioritätsregeln: Shortest Processing Time - Regel Longest Processing Time - Regel Sortierung nach fallenden Bearbeitungszeiten (Zykluszeit) Shortest Remaining Processing Time - Regel SS 2005 Sortierung nach wachsenden Bearbeitungszeiten (mittlere Durchlaufzeit) Sortierung nach wachsenden Restbearbeitungszeiten bei Aufträgen mit mehreren Arbeitsgängen Operations Management Kapitel 5 / 88 Entscheidungs- und Prioritätsregeln II Longest Remaining Processing Time - Regel Earliest Due Date - Regel SS 2005 Sortierung nach wachsenden gewünschten Fertigstellungsterminen auch als Jackson-Regel bekannt minimiert Verspätungen Earliest Release Date – Regel („first come, first serve“) Sortierung nach fallenden Restbearbeitungszeiten Sortierung nach wachsenden Bereitstellungsterminen Diese Verfahren dienen bei schwierigen Probleme zur Ermittlung suboptimaler (Start-)Lösungen. Bei eher einfachen Problemen können sie als exakte Verfahren eingesetzt werden. Operations Management Kapitel 5 / 89 5.4.6 Probleme mit zwei Aufträgen Wir betrachten Flow Shop und Job Shop-Probleme mit 2 Aufträgen (Ziel : Minimierung der Zykluszeit): Beispiel: [aus Domschke, Scholl und Voß (1993)] statisches Flow Shop mit vier Maschinen, Maschinenfolgen 1 = 2 = (1, 2, 3, 4) und folgenden Bearbeitungszeiten: j 1 2 3 4 t1j 3 1 1 3 t2j 1 3 3 1 Das Problem läßt in einem zweidimensionalen Koordinatensystem veranschaulichen, bei dem eine Achse jeweils einem der beiden Aufträge entspricht. Der Koordinatensprung Q = (0,0) repräsentiert den Zeitnullpunkt (Freigabezeitpunkt). SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 90 Probleme mit zwei Aufträgen II Sj: = i tji bezeichnet den frühestmöglichen Fertigstellungszeitpunkt des Auftrags j, wenn er - beginnend im Zeitpunkt 0 - ohne Unterbrechung gefertigt wird. Die Punkte Q und S = (S1,S2) spannen ein Rechteck (Operationsfeld) auf. Das Intervall [0,S1] läßt sich in m disjunkte Intervalle unterteilen, die aufgrund der Maschinenfolge 1 des ersten Auftrags in der Reihenfolge i = 1,...,1m angeordnet sind. Die Länge der Intervalle ist jeweils die Bearbeitungszeit t1j Analog ist [0, S2] unterteilbar. Für jede Maschine i wird durch die beiden Intervalle ein Rechteck definiert, das als Konfliktfeld bezeichnet wird. In der folgenden Abbildung sind die Konfliktfelder für das obige Beispiel grau eingezeichnet. Für die gesuchte minimale Zykluszeit Z* lassen sich Z = max {S1, S2} als untere Schranke und als triviale obere Schranke angegeben. In unserem Beispiel gilt Z = 8 und SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 91 Verfahren nach Akers S = (S1,S2) S2 M4 i=4 i=3 M3 Das Verfahren von Akers bestimmt im Operationsfeld einen kürzesten Weg zwischen Ursprung Q und Punkt S unter den Nebenbedingungen, dass i=2 M2 M1 Q= (0,0) i=1 M1 M2 M3 M4 S1 Z = 11 SS 2005 keines der (gelben) Konfliktfelder durchlaufen wird) der Weg nur aus senkrechten, waagrechten und diagonalen Abschnitten besteht. Z = 11 Z = 10 Operations Management Kapitel 5 / 92 Verfahren nach Akers II Unter diagonalen Abschnitten verstehen wir Strecken mit Steigung 1; sie bedeuten eine gleichzeitige Bearbeitung beider Aufträge auf verschiedenen Maschinen. Waagerechte Abschnitte bedeuten die alleinige Bearbeitung des Auftrags 1 und senkrechte die des Auftrags 2. Die Länge eines Weges von Q nach S ergibt sich dadurch, dass jede Bewegung eine Einheit nach rechts und/oder nach oben eine verstrichene Zeiteinheit bedeutet. mehrere Wege möglich (in unserem Beispiel 3). Während die beiden Wege der Länge Z = 11 Permutationsplänen entsprechen, gilt dies für den optimalen Plan mit Z = 10 nicht, da ein Überholen der Aufträge stattfindet, was man auch in den Gantt-Diagramm sieht: SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 93 Verfahren nach Akers III Auftrag 2 1 1 Maschine i=2 i=1 i=3 2 3 4 j=1 4 1 3 i=4 Zeit 2 1 j=2 2 2 j=2 1 j=1 Zeit Es ist nötig, die einzubeziehenden Wege zwischen Q und S systematisch abzuarbeiten Dazu wird ein gerichteter Graph G = (V, e, c) konstruiert. Seine Knotenmenge V umfasst die Quelle Q, die Senke S sowie für jede Maschine Nordwest- und die Südostecke des jeweiligen Konfliktfeldes. Seine Pfeilmenge E, deren Bewertungen c sowie die kürzeste Entfernung von Q nach S werden simultan durch den unten angegebenen Algorithmus ermittelt. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 94 Verfahren nach Akers IV Ausgehend von jedem von Q aus bereits erreichten Knoten p = (p1, p2) mit (aktuell) kürzester Entfernung von dp von Q, schreitet man so lange diagonal in Richtung S vorwärts, bis entweder der Rand des Operationsfeldes getroffen wird; dann führt man einen Pfeil (p, S) ein q i c(p, q) = q2 - p2 oder das Konfliktfeld einer Maschine i getroffen wird. r c(p, r) = r1 - p1 p Dann sind zur Umgehung des Konfliktfeldes i ein Pfeil von p zur Nordwestecke q von i und ein Pfeil von p zur Südostecke r von i einzuführen. Als Bewertung dient die verstrichene Zeit, also das Maximum der x- bzw. y-Distanzen. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 95 Verfahren nach Akers V Beispiel: Job Shop-Problem [J5n = 2Z]. Die Bearbeitungszeiten und Maschinenfolgen sind in den folgenden beiden Tableaus angegeben. Die Numerierung der Maschinen erfüllt bereits die Voraussetzungen des Algorithmus. i 1 2 3 4 5 h 1 2 3 4 5 t1i 3 5 3 2 4 t1i 4 1 3 2 5 t2i 4 3 3 3 2 t2i 1 2 3 4 5 Durch Addition der Bearbeitungszeiten erhält man S = (17, 15). Nun werden die Konfliktfelder der Maschinen gemäß den Auftragsfolgen eingetragen, wobei sie bei Job Shop Probleme nicht mehr „diagonal“ angeordnet sind. SS 2005 Operations Management Kapitel 5 / 96 Verfahren nach Akers VI 15 S G M5 13 F M4 E 10 M3 D 7 M2 B C 4 M1 A Q SS 2005 M4 2 M1 5 M3 8 M2 13 Operations Management M5 17 Kapitel 5 / 97 Verfahren nach Akers VII Die Anwendung des Verfahrens liefert: 8 5 11 C Lösung: A 9 7 Q F 2 D 6 S 8 4 G 4 B 6 SS 2005 E 12 Operations Management Kapitel 5 / 98 Verfahren nach Akers VIII Auftrag 2 1 2 i=1 3 i=1 i=1 2 4 i=1 7 i=1 i=4 10 13 i=1 i=1 15 18 21 Zeit Maschine j=1 5 4 j=1 3 j=2 F j=2 j=2 2 SS 2005 j=1 B 2 1 j=2 D j=2 j=1 j=1 4 Zeit 7 10 13 Operations Management 15 18 21 Kapitel 5 / 99 Verfahren nach Akers IX 15 S Das AkersVerfahren lässt sich auch anwenden, falls Auftragsfreigabetermine aj 0 vorgegeben sind (Konfliktfelder nach NO verschieben) bzw. auch falls andere Zielfunktionen berücksichtigt werden, z.B. Dmax und Wmax (durch geeignetes Umdefinieren der Pfeilbewertungen). G M5 13 F M4 E 10 M3 D 7 M2 B C 4 M1 A Q SS 2005 M4 2 M1 5 M3 8 M2 13 Operations Management M5 17 Kapitel 5 / 100