Geschlechtergerechte Hochschulzulassungsverfahren Dr. Andrea Löther CHE-Hochschulkurs „Hochschul-Auswahlverfahren 27. Oktober 2005 Inhalt 1. Einleitung: Gütekriterien und Geschlechtergerechtigkeit 2. Voraussetzungen: Relevante Ergebnisse aus der Geschlechterforschung 3. Analyse einzelner Instrumente 4. Auswahlverfahren: grundlegende Empfehlungen Gütekriterien Fairness: Angehörige von bestimmten Bewerbergruppen dürfen nicht systematisch benachteiligt werden Ansatz für geschlechtergerechte Zulassungsverfahren Geschlecht als Kategorie Differentielle Validität Akzeptanz Heterogene Studierendenschaft Geschlecht Soziale Herkunft Ethnische Herkunft / Migrationshintergrund Nationalität Regionale Herkunft (Ost – West) Behinderung Alter Gender Mainstreaming „Gender Mainstreaming besteht in der (Re-) Organisation, Verbesserung, Entwicklung und Evaluierung der Entscheidungsprozesse, mit dem Ziel, dass die an politischer Gestaltung beteiligten AkteurInnen den Blickwinkel der Gleichstellung zwischen Frauen und Männern in allen Bereichen und auf allen Ebenen einnehmen.“ (Europarat) Gender Mainstreaming ist ... die Strategie, um Akteure und Akteurinnen zu befähigen durchgängig gender-kompetent und also gleichstellungsorientiert zu handeln.“ (Susanne Baer) Voraussetzungen, um Geschlechtergerechtigkeit und Fairness zu implementieren Offenheit und Bereitschaft, Geschlecht als Kategorie wahrzunehmen (fachspezifisches ) Wissen, um in den jeweiligen Handlungsbereichen Geschlechteraspekte zu erkennen und gleichstellungsorientiert zu bearbeiten Leistungskurswahl NRW (Jg 12 und 13) im Schuljahr 2003/2004 100% 80% 60% 40% 20% 0% Mathematik Physik Chemie Mädchen Quelle: Statistisches Landesamt, TeDiC Biologie Jungen Informatik Technik Anteil von Jungen und Mädchen, die Leistungskurse wählen (2004) 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Deutsch Englisch Mathematik Informatik Jungen Quelle: Studierendensurvey Physik Mädchen Chemie Biologie Technik Frauenanteile an BA- und MAAbschlüssen, 2000 und 2004 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Masterabschluss Bachelorabschluss 2000 2004 Quelle: Statistisches Bundesamt, CEWS Studierquote Studienberechtigter nach Geschlecht, sozialer Herkunft, Art der Hochschulreife und Durchschnittsnote (in %) 90 90 79 79 73 67 58 41 m w Abitur Ø-Note: < 2,5 m w FH-Reife Ø-Note: >= 2,5 Herkunftsgruppe: hoch m w Abitur Ø-Note: < 2,5 m w FH-Reife Ø-Note: >= 2,5 Herkunftsgruppe: niedrig Quelle: HIS-Studienberechtigtenbefragung 2002, Berechnungen Elke Middendorf Selbstselektion: Self-Assessment Informationen und Vorstellungen zum Studienfach Vorstellungen über Fächer sowie Fächerkultur beinhalten Geschlechterbilder und –stereotype Vorstellungen und Stereotype durch Informationsmaterial korrigieren Kenntnis-Tests: Mathematik, Logik, ... Vorkenntnisse können durch geschlechterspezifische Leistungskurswahl geprägt sein Selbstselektion: Self-Assessment Persönlichkeitstest: Interessentest, Handlungskontrolle, Lernmotivation, Selbstwirksamkeit Beachtung geschlechtsspezifischer Interessenstrukturen Geschlechtergerechte Sprache Mädchen und Jungen ansprechen Abbildungen Männer und Frauen, auch in untypischen Situationen Geschlechterspezifische Interessenstruktur Interessenstruktur von Schülerinnen und Schülern der 9. - 11. Jahrgangsstufe R 110,0 100,0 C I 90,0 80,0 E A S Schüler Schülerinnen R = praktisch-technisch I = intellektuell-forschend A = künstlerisch-sprachlich S = sozial U = unternehmerisch C = konventionell Selbstselektion: Information und Beratung für potenzielle Studienbewerber/innen (geschlechtergeprägte) Vorstellungen und Stereotype über Studienfächer korrigieren Geschlechtergerechte Sprache Abbildungen Vorauswahl Abiturnote Durchschnittsnote von Frauen besser (kleine Effekte) Belegte Leistungskurse Geschlechtsspezifische Leistungskurswahl Physik: 4% der Schülerinnen wählen Physik Angebot an Kursen in einzelnen Schulen Vorauswahl Berufsausbildung, Praktika 27% der Studienanfänger, 24% der Studienanfängerinnen absolvierten eine berufliche Ausbildung vor dem Studium möglicherweise problematisch, Praktikumsstelle in geschlechtsuntypischen Bereichen zu finden außerschulische Aktivitäten geschlechterspezifische Unterschiede bei den positiv gewerteten Aktivitäten beachten Studierfähigkeitstests Männer erzielen im Durchschnitt höhere Werte belegt über mehrere Studien (USA, D) Studierfähigkeitstests / schriftliche Verfahren unterschätzen das Potenzial von Frauen Mögliche Ursachen: Auswahl der Items (geschlechterspezifische Fähigkeiten) Validität: keine Geschlechterunterschiede Studierfähigkeitstests auf Geschlechterbias testen Item-Auswahl ändern Auswahlgespräche inkonsistente Forschungsergebnisse einige Studien: Frauen in mündlichen Verfahren geringfügig besser Vielzahl von beeinflussenden Faktoren Geschlechterzusammensetzung der Bewerbergruppe Geschlecht der Beurteilenden Geschlechterstereotype hinsichtlich der angestrebten Tätigkeit Auswahlgespräche Geschlechtergeprägte Wahrnehmungs- und Beurteilungsverzerrungen Vorurteils-Effekt (Stereotype): Personen, Tätigkeiten und Kompetenzen, Studienfächer Urteil nach Ähnlichkeit: Personen mit ähnlichen Eigenschaften (Geschlecht, soziale Herkunft ...) werden positiver beurteilt („Suche nach dem jüngeren Selbst“) Token-Effekt: Frauen, die sich in einer Auswahlkommission in der Minderheiten-Position befinden, beurteilen Bewerberinnen strenger Auswahlgespräche: Empfehlungen Strukturierte Gespräche Schulungen: geschlechterspezifische Wahrnehmung und Fehlerquellen bewusst machen angemessene Vertretung von Frauen und Männern in Auswahlkommissionen Gesamtverfahren: Empfehlungen geschlechterparitätische Besetzung von Gremien Einbeziehung von Experten/innen aus der Frauenund Geschlechterforschung sowie der Frauenoder Gleichstellungsbeauftragten bei der Entwicklung des Verfahrens Schulungen Gender Monitoring Gesamtverfahren: Gender Monitoring Geschlecht ist eine notwendige Analysekategorie bei der Evaluation von Hochschulzulassungsverfahren (Test-) Ergebnisse Studien und Metaanalysen zur Validität von Verfahren und Instrumenten Studien zur Akzeptanz von Verfahren Überprüfung des Verfahrens und der einzelnen Instrumente auf geschlechterspezifische Verzerrungen Gesamtverfahren: Gender Monitoring Statistiken Anteile von Männer und Frauen im Verlauf des Verfahrens (Bewerbung – Immatrikulation) Vergleich der Bewerbungs- / Immatrikulationszahlen mit vergleichbaren Studiengängen Vergleich mit Daten vor Einführung des Zulassungsverfahrens Dr. Andrea Löther Kompetenzzentrum Frauen in Wissenschaft und Forschung Universität Bonn Poppelsdorfer Allee 15 53115 Bonn Fon: +49.228.73-4837 Fax: +49.228.73-4840 [email protected] www.cews.org