Wissenschaft und Politik im Gespräch: Perspektiven forschungsgeleiteter Verbraucherpolitik 22.10.2010 Die Rolle von Bedürfnissen im Lebensmittelkonsum Implikationen für die Verbraucherpolitik Dr. Corinna Manig Max-Planck-Institut für Ökonomik Abteilung für Evolutionsökonomik Veränderungen im Lebensmittelkonsum • Engelsches Gesetz (Engel, 1857) • Höheres Einkommen führt zu höherer Gewichtung der Qualität ggü. der Quantität (z.B. Manig u. Moneta, 2009) • Höhere Gewichtung sensorischer Reize beim Essen ° Aussehen ° Intensiver Geschmack ° Texturen bei verarbeiteten Lebensmitteln stark ausgeprägt 2 Individuen sind… • Heterogen in ihren Präferenzen und Vorlieben • In ihrem Verhalten schwer zu prognostizieren • Nicht immer rational, sondern folgen Heuristiken, ihrer Gewohnheit, dem Beispiel anderer Individuen… Was sind die gemeinsamen Faktoren, die den (empirisch und experimentell) zu beobachtenden Konsummustern zu Grunde liegen? 3 Bedürfnisse • Genetisch-fixierte Prädispositionen, die von allen Menschen geteilt werden • Angebohrene Bedürfnisse sind: ° ° ° ° ° ° Nahrung Wasser Wärme Körperliche und sensorische Anregung Status oder soziale Anerkennung ….. 4 Bedürfnisse und Konsumwissen • Befriedigung von Bedürfnissen aufgrund von Deprivation motiviert Handlungen Konsumaktivitäten (Witt, 2001) • Konsumwissen als Sammlung der Erfahrungen und Informationen vorheriger Konsumaktivitäten wie befriedigt welche Aktivität welches Bedürfnis? • Konsumwissen spiegelt den kompletten Erfahrungsschatz des Individuums in Bezug auf Bedürfnisbefriedigung wider beinhaltet somit auch soziale und kulturelle Normen 5 Essen als Kombinationsgut • Lebensmittel können mehrere Bedürfnisse simultan befriedigen • Hunger ist nicht mehr Hauptmotiv für Lebensmittelkonsum, aber Kalorien werden immer konsumiert • Höhere Kalorienaufnahme als notwendig? ° Kalorienaufnahme spielt während des Konsumaktes eine untergeordnete Rolle • Neubestimmung der Qualität von Lebensmitteln ° Stärkeres Auseinanderfallen von objektiver und subjektiv empfundener Qualität 6 Implikationen (I) • Übergewicht als Folge von hohem Kalorienkonsum • Informationsbereitstellung durch ° Angebotsseite: Nährwerttabellen, „Health Claims“, … ° Andere Quellen: Ernährungsempfehlungen, „Five-a-day“, Aufklärungskampagnen,… • ABER: Informationsvielfalt wird nicht genutzt bzw. führt zu keiner/geringer Veränderung der Konsumentscheidung (Downs et al., 2009), da ein anderes Bedürfnis im Vordergrund steht 7 Implikationen(II) • Eingriffe sind schwer normativ zu fundieren ° Wann ist ein Lebensmittel ungesund? • ABER: Erfahrungen aus dem Tabakkonsum als Vorlage Steuern und Kampagnen können eine Änderung des Konsumwissen bzw. der sozialen Norm bewirken 8 Implikationen(III) • Persönlich wahrgenommene Qualität ≠ objektive Qualität ° Maß für objektive Qualität notwendig ° Möglicher Indikator: Grad der Verarbeitung, Zusatzstoffe ° „Gatekeeper“-Funktion des Einzelhandels: Erhöhung der Anzahl der Produkte mit objektiv hoher Qualität ° Höhere Qualität der Lebensmittel als Ausdruck eines bewußteren Essverhaltens 9 Fazit • Vielfältige Bedürfnisse spielen eine Rolle im Lebensmittelkonsum – nur wer die Motive hinter der Konsumhandlung versteht, kann diese auch beeinflussen • Informationen scheinen Essverhalten nur bedingt zu verändern • Alternative Instrumente notwendig – unter Einbeziehung sowohl der Konsumenten, als auch der Einzelhändler und Produzenten 10 .. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. 11