Kapitel 1 Schubfachprinzip

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Kapitel 1
Das Schubfachprinzip
Inhalt
1.1 Das Prinzip
Tauben und Taubenschläge
1.2 Einfache Anwendungen
Die Socken des Professor Mathemix, Gleiche Zahl von Bekannten
1.3 Cliquen und Anticliquen
1.4 Entfernte Punkte im Quadrat
1.5 Differenzen von Zahlen
1.6 Teilen oder nicht teilen
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1.1 Das Prinzip
Schubfachprinzip. Seien m Objekte in n Kategorien
(“Schubfächer”) eingeteilt. Wenn m > n ist, dann gibt es mindestens
eine Kategorie, die mindestens zwei Objekte enthält.
Oft wird das Schubfachprinzip auch als „Taubenschlagprinzip“
bezeichnet: Wenn m Tauben in n Taubenschlägen sitzen und m >
n ist, dann sitzen in mindestens einem Taubenschlag mindestens
zwei Tauben.
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Einfache Beispiele
• Unter je 13 Personen gibt es mindestens zwei, die im selben Monat
Geburtstag haben.
• Unter je drei Personen haben mindestens zwei dasselbe Geschlecht.
• Unter je 12 Studierenden gibt es mindestens zwei aus demselben
Fachbereich.
• Unter je 50 Studierenden gibt es mindestens zwei mit derselben
Semesterzahl.
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1.2 Einfache Anwendungen
1.2.1 Die Socken des Professor Mathemix
In der Sockenkiste von Professor Mathemix befinden sich 10 graue
und 10 braune Socken.
Der Professor nimmt – in Gedanken versunken – eine Reihe von
Socken heraus.
Wie viele muß er herausnehmen, um
(a) garantiert zwei gleichfarbige,
(b) garantiert zwei graue Socken zu erhalten?
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Wie viele Socken? – Lösung
Lösung. Wir teilen die Socken des Professors in zwei Kategorien
ein: In die Kategorie der grauen und die der brauen Socken.
(Im Schubfachprinzip ist dann n = 2.)
(a) Wenn Professor Mathemix m = 3 Socken seiner Kiste entnimmt,
so sind nach dem Schubfachprinzip mindestens zwei aus derselben
Kategorie. Also hat er entweder zwei graue oder zwei braune Socken
gezogen.
(b) Wenn er aber darauf besteht, zwei Socken seiner Lieblingsfarbe
grau zu bekommen, so muß er im schlimmsten Fall 12 Socken
ziehen, denn die ersten 10 könnten ja alle braun sein. 
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Gleiche Zahl von Bekannten
1.2.1 Satz. In jeder Gruppe von mindestens zwei Personen gibt es
zwei, die die gleiche Anzahl von Bekannten innerhalb dieser Gruppe
haben.
(Voraussetzung: Die Relation “bekannt sein” ist symmetrisch; das
heißt: aus der Tatsache, daß X mit Y bekannt ist, folgt, daß Y mit
X bekannt ist. Wir können also sagen „X und Y sind bekannt“.
Außerdem wollen wir zu den Bekannten einer Person nicht diese
Person selbst rechnen.)
Beweis. Mit Hilfe des Schubfachprinzips.
Objekte: die Personen der Gruppe. Sei m die Anzahl der Personen.
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Die Kategorien
Wir fassen diejenigen Personen in einer Kategorie zusammen, die
die gleiche Anzahl von Bekannten haben.
K0 diejenigen, die überhaupt keine Bekannten haben;
K1: diejenigen, die einen einzigen Bekannten haben;
...
Km–1: diejenigen Menschen, die alle anderen m–1 kennen.
Allgemein: In der Kategorie Ki befinden sich diejenigen Personen,
die genau i Bekannte innerhalb der Gruppe haben.
Dies sind genau m Kategorien, also genau so viele wie Objekte –
???
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Der Trick
Trick: Von den Kategorien K0 und Km–1 tritt höchstens eine auf.
Mit anderen Worten: Wenn eine von diesen Kategorien ein Objekt
enthält, dann die andere bestimmt nicht.
Warum? Wir betrachten die Situation, dass mindestens eine Person
P in der Kategorie Km–1 enthalten ist. Dann müssen wir zeigen,
dass K0 leer ist.
Das bedeutet, dass P alle anderen Personen der Gruppe kennt.
Dann kennen aber auch alle Personen der Gruppe die Person P
(“bekannt sein” ist symmetrisch!). Also hat jede Person der Gruppe
mindestens einen Bekannten. Das heißt, dass keine Person in der
Kategorie K0 ist.
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Beweisabschluss
Es gibt also höchstens m–1 Kategorien, die überhaupt eine Person
enthalten.
Jetzt können wir das Schubfachprinzip anwenden.
Dieses liefert uns eine Kategorie mit mindestens zwei Objekten, also
zwei Personen mit der gleichen Anzahl von Bekannten. 
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1.3 Cliquen und Anticliquen
1.3.1 Satz. Unter je 6 Personen
gibt es stets drei, die sich paarweise kennen („Clique“)
oder drei, die sich paarweise nicht kennen („Anticlique“).
Beweis. Wir greifen irgendeine Person P1 heraus und betrachten
zunächst deren Bekannte.
Jede der fünf anderen Personen ist entweder bekannt oder nicht
bekannt mit P1. Da 5 > 22 ist, hat P1 also entweder (mindestens)
drei Bekannte oder (mindestens) drei Nichtbekannte in der Gruppe.
Nehmen wir an, er habe drei Bekannte P2, P3 und P4.
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Fallunterscheidung
1. Fall: Unter den Personen P2, P3, P4 gibt es zwei, die sich kennen,
sagen wir: P2 und P3. Dann kennen sich P1, P2 und P3
gegenseitig. Daher ist die Behauptung richtig.
2. Fall: Keine zwei der Personen P2, P3, P4 kennen sich. Dann ist
P2, P3, P4 eine Menge von Personen, die sich gegenseitig nicht
kennen. Auch in diesem Fall gilt also die Behauptung. 
Bemerkung. 1928 bewies F. P. Ramsey (1903–1930) einen sehr
allgemeinen Satz: Zu je zwei natürlichen Zahlen m, n  2 gibt es eine
Zahl M, so dass für jede Menge von mindestens M Personen gilt:
Es gibt in dieser Menge entweder n Personen, die sich paarweise
kennen oder m Personen, die sich paarweise nicht kennen.
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1.4 Entfernte Punkte im Quadrat
Wir betrachten ein Quadrat der Seitenlänge 2 und fragen uns, wie
viele Punkte wir in das Quadrat einzeichnen können, die “weit
voneinander entfernt” sind.
1.4.1 Satz. Unter je fünf Punkten, die in einem Quadrat der
Seitenlänge 2 liegen, gibt es zwei, die einen Abstand  2 haben.
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Der Beweis
Beweis. Mit Hilfe des Schubfachprinzips.
Wir teilen das Quadrat der Seitenlänge 2 in in vier Teilquadrate der
Seitenlänge 1 ein.
Wir fassen die Punkte eines jeden Teilquadrats zu einer Kategorie
zusammen; es gibt also genau vier Kategorien.
Da es aber fünf Objekte (die Punkte) gibt, folgt mit Schubfachprinzip,
dass es eine Kategorie mit zwei Objekten gibt.
Das heißt: Es gibt ein Teilquadrat, in dem zwei der fünf Punkte
liegen. Da der maximale Abstand in einem Teilquadrat gleich 2
(die Länge der Diagonale) ist, haben diese beiden Punkte einen
Abstand  2. 
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1.5 Differenzen von Zahlen
1.5.1 Satz. Unter je sechs natürlichen Zahlen gibt es stets zwei,
deren Differenz durch 5 teilbar ist.
Beispiel: Sind die Zahlen 8, 17, 21, 25, 33, 49, so ergibt sich, dass
33 – 5 = 25 durch 5 teilbar ist.
Beweis. Um das Schubfachprinzip anwenden zu können, müssen
wir wissen, was die Objekte und was die Kategorien sind.
Die Objekte sind die 6 natürlichen Zahlen.
Diese werden nun in fünf Kategorien K0, K1, ..., K4 eingeteilt:
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Beweis
• K0: diejenigen Zahlen, die Vielfache von 5 sind,
• K1: diejenigen Zahlen, die bei Division durch 5 Rest 1 ergeben.
• K2: diejenigen Zahlen, die bei Division durch 5 Rest 2 ergeben.
• ...
• K4: diejenigen Zahlen, die bei Division durch 5 Rest 4 ergeben.
Da jede Zahl bei Division durch 5 den Rest 0, 1, 2, 3 oder 4
ergibt, ist jede Zahl in mindestens einer Kategorie enthalten.
Schubfachprinzip  es gibt eine Kategorie mit zwei Objekten.
Also gibt es zwei Zahlen, die bei Division durch 5 denselben Rest
ergeben. Das bedeutet: Die Differenz ist durch 5 teilbar. 
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1.6 Teilen oder nicht teilen
Erinnerung: Wir nennen zwei ganze Zahlen teilerfremd, wenn ihr
größter gemeinsamer Teiler 1 ist.
Zum Beispiel sind 7 und 12 teilerfremd, 8 und 12 aber nicht.
1.6.1 Satz. Unter je n+1 Zahlen der Menge {1, 2, 3, ..., 2n} gibt es
stets zwei teilerfremde.
Beweis. Unter je n+1 Zahlen der Menge {1, 2, 3, ..., 2n} gibt es
stets zwei aufeinanderfolgende;
diese Zahlen sind sicher teilerfremd. 
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Zwei Zahlen teilen sich
1.6.2 Satz. Unter je n+1 Zahlen der Menge {1, 2, 3, ..., 2n} gibt es
stets zwei Zahlen, von denen die eine die andere teilt.
Beweis. Seien a0, a1, ..., an die gewählten Zahlen.
Wir schreiben jede dieser Zahlen als Produkt einer Zweierpotenz und
einer ungeraden Zahl; das heißt
ai = 2eiui,
wobei ei eine natürliche Zahl (ei darf Null sein), und ui ungerade
ist. (Konkrete Beispiele: Wenn ai ungerade ist, dann ist ei = 0 und
ui = ai. Im Fall ai = 12 ist ei = 2 und ui = 3.)
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Beweisabschluss
Dann sind die ui ungerade Zahlen zwischen 1 und 2n.
Da es in diesem Intervall nur n ungerade Zahlen gibt,
muss es ein i und ein j (i  j) geben mit ui = uj (Schubfachprinzip).
Dann ist
ai = 2eiui und aj = 2ejui,
Dann teilt die Zahl mit der kleineren Zweierpotenz die andere. 
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