Der Sachverständige im Zivilprozeß

Werbung
Sachverständigenwesen
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Einführung
Zertifizierung von Sachverständigen
Organisationen der Sachverständigen
Vertragsbeziehung zum Auftraggeber
Pflichten des Sachverständigen
Das Gutachten
Schiedsgutachten
Schiedsgericht und Schiedsspruch
Haftung von Sachverständigen
Das Honorar des Sachverständigen
Der Sachverständige im Zivilprozeß – das Gerichtsgutachten
Durchführung einer Ortsbesichtigung im Rahmen eines
Zivilprozesses
• Sonstiges
Das Gerichtsgutachten
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Das Gerichtsverfahren - Grundkenntnisse
Beweise im Gerichtsverfahren
Der Beweisbeschluß
Vorgehen des Sachverständigen nach Erhalt des
Auftrags
Zusammenarbeit mit dem Gericht
Verhalten gegenüber den Parteien
Das Gutachten
Stil des Gerichtsgutachtens
Durchführung einer Ortsbesichtigung
Vorbereitung auf ein mündliches Gutachten
Sonstiges
Der Zivilprozeß
Gericht
Partei
Streitgegenstand
Partei
Die Parteien haben im Verfahren eine sehr starke Position. Sie bestimmen,
worüber gestritten wird (Klage).
Daraus ergeben sich Grenzen für den Richter und natürlich auch für
den Sachverständigen.
Tatbestand
Rechtsnorm
§
Rechtsfolge
Die Rechtsnorm ist die
Anspruchsgrundlage
des Antragstellers.
Er begehrt ein Urteil,
das ihm die Rechtsfolge
sichert.
Beispiel: Schadenersatz
für eine Beschädigung
Im Zivilprozeß müssen
die Antragsteller beweisen,
daß der behauptete Sachverhalt der Wahrheit
entspricht
Es genügt nicht, einen Anspruch zu erheben, man muß auch den Beweis
antreten können.
Der Verhandlungsgrundsatz
Der Zivilrichter ermittelt nicht.
Es ist den Parteien überlassen, die Tatsachen vorzutragen, auf der die
gerichtliche Entscheidung aufbauen soll.
Der Richter darf nur die Tatsachen bei der Urteilsfindung
berücksichtigen, die die Parteien vorgetragen haben.
Weiß er selbst zufällig mehr, darf er das nicht verwerten.
streitig oder unstreitig?
„Unstreitig“ ist für das Gericht, was die Parteien übereinstimmend
als wirklich geschehen oder wirklich seiend vortragen.
„Streitig“ ist, was eine Partei nicht gelten lassen will.
Es kommt dabei nur auf die Parteien an, nicht darauf, wie es aus Sicht
eines Dritten (Sachverständiger) wirklich ist.
Was ist unstreitig?
Wenn der Sachvortrag beider Parteien übereinstimmt.
Wenn eine Partei etwas vorträgt, und die andere es
nicht bestreitet.
Floskeln wie: „Soweit im folgenden Tatsachen nicht
ausdrücklich zugestanden werden, werden sie
bestritten.“ reichen nicht.
Das Bestreiten muß konkret und substantiiert erfolgen.
Beweiserheblichkeit
gehören zum Tatbestand
beweiserhebliche
Tatsachen
über andere
Dinge braucht
nicht Beweis
erhoben zu
werden.
und
sind streitig
Beweisantrag
Grundsätzlich bestimmen die Parteien, ob und wie Beweis erhoben wird,
nicht der Richter.
Das Gericht kann die Parteien darüber belehren, daß sie den Antrag
auf Beweiserhebung stellen können.
Wenn eine Partei versäumt, Beweis über eine Tatsache erheben
zu lassen, die für sie günstig ist, wird der Richter die Konsequenz
zuungunsten der Partei ziehen, die den Beweis zu erbringen hat.
Subsumption
Sachverhalt
Tatbestand
Rechtsfolge
Gesetzbuch,
Vertrag
Urteil
Entspricht der Sachverhalt dem Tatbestand?
Klage
1. Instanz
Amtgericht oder Landgericht
Urteil
Berufung
2. Instanz
Landgericht oder OLG
Urteil
Revision
3. Instanz
OLG oder BGH
Zurückverweisung
Zeuge, sachverständiger Zeuge oder
Sachverständiger?
Der Zeuge berichtet über seine Wahrnehmungen.
Der sachverständige Zeuge hat seine Wahrnehmungen
kraft besonderer Sachkunde gemacht.
Sachverständiger ist, wer nur wegen seiner besonderen
Sachkunde vernommen wird.
Auf die Unterscheidung kommt es wegen der Höhe der Entschädigung an.
Zeuge oder Sachverständiger
Ausnahme:
Augenscheinsgehilfe
oder „Beweismittler“
Ein Zeuge berichtet über Wahrnehmungen,
die er nicht im Auftrag des Gerichts gemacht hat,
sondern mehr oder weniger zufällig während seiner
Anwesenheit bei bestimmten Geschehnissen.
Es muß sich nicht um Zufalls-Wahrnehmungen handeln.
Sachverständige sind austauschbar,
sie können wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden,
Zeugen nicht.
Ein abgelehnter Gerichtsgutachter kann Wahrnehmungen
ggf. als Zeuge aussagen.
vgl. Bayerlein, 2002, S. 264
Beweise im Zivilprozeß
Der Sachverständige im Zivilprozeß
die klassischen 5 Beweismittel
•
•
•
•
•
Augenschein
Zeugenvernehmung
Urkunden
Parteivernehmung
Sachverständigengutachten
Die Beweismittel dienen der Feststellung
des wahren Sachverhalts.
Der Sachverständige
ist Gehilfe des Richters
bei der Beschaffung der
Tatsachengrundlage
für das Urteil
Bayerlein sieht Gefahren in der
Bezeichnung Gehilfe
Bayerlein, 2002, S. 263
Das Beweisverfahren dient der Feststellung der relevanten Tatsachen
Beweisen bedeutet im Zivilprozeß, dem Gericht die Überzeugung von der
Wahrheit oder Unwahrheit einer Behauptung über Tatsachen zu verschaffen.
Irrtümer sind nie absolut ausgeschlossen, weshalb der hohe Grad an
Wahrscheinlichkeit ausreicht, der bei möglichst erschöpfender und
gewissenhafter Anwendung der Mittel zur Erkenntnis entsteht.
freie Beweiswürdigung
§ 286 Freie Beweiswürdigung
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der
Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme
nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche
Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil
sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend
gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses
Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
Beweis des ersten Anscheins
Ein Satz der Lebenserfahrung wirkt ohne förmliche
Beweisaufnahme so überzeugungskräftig, daß die
beweispflichtige Partei sich mit seiner
Hilfe der ihr obliegenden Beweislast entledigen kann.
Der muß es
gewesen sein.
offenkundige Tatsachen
Reisekostenrechnung
Der muß ja
über Salzburg
gefahren sein
Reise am 30.02.02
Nürnberg-München
gefahrene Kilometer: 450
Beweis durch Augenschein
besser: Wahrnehmungsbeweis
Ortsbesichtigung
Hier dringt
Wasser ein!
Das Fenster
ist undicht!
In der
Wohnung
stinkt es
unerträglich!
Der Lärm ist
ja unerträglich!
Zeugenbeweis
der häufigste, aber unzuverlässigste Beweis
Zeuge kann jeder sein, der nicht
Partei ist.
Herr Richter, und
dann habe ich genau
gesehen, wie das
grüne Männchen aus
dem UFO kletterte.
Urkundenbeweis
§ 415 Beweiskraft öffentlicher Urkunden über Erklärungen
(1) Urkunden, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen
ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben
versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in
der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind (öffentliche Urkunden),
begründen, wenn sie über eine vor der Behörde oder der
Urkundsperson abgegebene Erklärung errichtet sind, vollen Beweis des
durch die Behörde oder die Urkundsperson beurkundeten Vorganges.
(2) Der Beweis, dass der Vorgang unrichtig beurkundet sei, ist zulässig.
Die Urkunde muß vorgelegt werden.
Das Angebot, die Urkunde vorzulegen, reicht nicht.
frühere Gerichtsgutachten als Urkundenbeweis
Gerichtsgutachten
über die
Auswirkungen der
Grundwasserabsenkung
auf das Waldwachstum
auf dem Grundstück
Gemarkung
Niederolm Flurstück 3/180
Ein Gerichtsgutachten aus einem
parallelen Verfahren kann ggf. als
Urkundenbeweis herangezogen werden.
Wenn es jetzt um das Nachbargrundstück geht,
kann auf das Gutachten zurückgegriffen werden.
Privaturkunden
§ 416 Beweiskraft von Privaturkunden
Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben
oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind,
vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von
den Ausstellern abgegeben sind.
Beweis durch Parteivernehmung
§ 445 Vernehmung des Gegners; Beweisantritt
(1) Eine Partei, die den ihr obliegenden Beweis mit anderen
Beweismitteln nicht vollständig geführt oder andere Beweismittel
nicht vorgebracht hat, kann den Beweis dadurch antreten, dass sie
beantragt, den Gegner über die zu beweisenden Tatsachen zu
vernehmen.
(2) Der Antrag ist nicht zu berücksichtigen, wenn er Tatsachen betrifft,
deren Gegenteil das Gericht für erwiesen erachtet.
Der Sachverständigenbeweis
§ 403 Beweisantritt
Der Beweis wird durch die Bezeichnung
der zu begutachtenden Punkte angetreten.
Gutachten
Unbedingt beachten!
Der Sachverständige darf ohne
vorherige Rückfrage bei Gericht
niemals von einem Beweisbeschluß
abweichen!
Bayerlein, 2002, S. 273
Der Sachverständigenbeweis
§ 404 Sachverständigenauswahl
(1) 1Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung
ihrer Anzahl erfolgt durch das Prozessgericht. Es kann sich auf die
Ernennung eines einzigen Sachverständigen beschränken. An Stelle der
zuerst ernannten Sachverständigen kann es andere ernennen.
(2) Sind für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich bestellt,
so sollen andere Personen nur dann gewählt werden, wenn besondere
Umstände es erfordern.
(3) Das Gericht kann die Parteien auffordern, Personen zu bezeichnen, die
geeignet sind, als Sachverständige vernommen zu werden.
(4) Einigen sich die Parteien über bestimmte Personen als Sachverständige,
so hat das Gericht dieser Einigung Folge zu geben; das Gericht kann jedoch
die Wahl der Parteien auf eine bestimmte Anzahl beschränken.
Der Sachverständigenbeweis
Der Sachverständige hilft dem Richter auf seinem Fachgebiet.
Sachverständige sollten auch nur dann herangezogen werden, wenn
besonderes Fachwissen zur Feststellung der Tatsachen notwendig ist.
Kommt es nur darauf an, ob Risse in der
Wand sind, kann das auch vom Richter
festgestellt werden.
Kommt es auf die Ursache an (Senkung
des Geländes oder Überschallknall eines
Jets), muß ein Sachverständiger zugezogen
werden.
Einfluß der Parteien auf die Wahl des
Gerichtsgutachters
Wenn sich die Parteien auf einen
Sachverständigen einigen, ist das
Gericht daran gebunden.
Hat das Gericht aber Zweifel an dem
Sachverständigen, kann es von sich aus
ggf. einen weiteren Gutachter beauftragen.
Das wird nur ausnahmsweise geschehen,
denn das Gericht wird den Parteien seine
Zweifel mitteilen.
vgl. Bayerlein 2002, S. 290
Gutachten wegen mangelnden Sachverstandes
des Gerichts
Im Normalfall fordern die Parteien
ein Gutachten als Beweismittel.
In diesem Fall müssen sie dann
einen Vorschuß leisten, damit das
Gutachten bezahlt werden kann.
Es gibt aber auch den Fall, daß
das Gericht von sich aus ein
Gutachten in Auftrag gibt.
Dies dient jedoch nicht dem
Beweis von Tatsachen, sondern
soll den mangelnden Sachverstand des Gerichts ausgleichen.
Darf der Sachverständige Vorschläge zur
Beweiserhebung machen?
Amtsermittlungsgrundsatz
Beibringungsgrundsatz
Ja,
aber mit Einschränkungen, soweit
der Streitstand vom Antrag einer
Partei bestimmt ist. Hier dürfen
Gericht und SV nicht über den
Klageantrag hinausgehen.
Der SV darf gegenüber dem
Richter solche Vorschläge
vorbringen. Der Richter hat die
Pflicht, einen klaren Beweisantritt
bezüglich der beweisbedürftigen
Parteibehauptungen seitens der
Parteien herbeizuführen.
Der SV kann also anregen, eine
Ortsbesichtigung vorzunehmen
oder einen anderen,
spezialisierten SV mit der Klärung
eines Sachverhalts zu
beauftragen.
vgl. Ulrich 2007, S. 221 f.
Der Beweisbeschluß
• Einweisungstermin
• Anknüpfungstatsachen
typischer Ablauf
evtl.
Einweisungstermin
Klage
Schriftsätze
Beweisbeschluß
Gutachten
evtl.
Ortstermin
mdl. Verhandlung
Erläuterung des
Gutachtens
Urteil oder
Vergleich
Einweisungstermin
404a Abs. 5 ZPO (eingefügt 1991)
Der Einweisungstermin dient der Einweisung des Gutachters in
den Auftrag.
Das soll helfen, einen präzisen Beweisbeschluß abzufassen.
Herr Richter, ich bin mir
nicht ganz sicher, ob ich den
Schaden nur nach der
Aktenlage bewerten soll, oder
ob ich eine Ortsbesichtigung
mit den Parteien durchführen
soll.
Fragen Sie im Zweifel bei Gericht nach, ob
Sie einen Ortstermin vereinbaren sollen.
Erläutern Sie dem Richter, warum das ggf.
notwendig ist oder ggf. warum darauf auch
verzichtet werden kann.
Gelegentlich ist zwischen dem Ereignis und der
Verhandlung soviel Zeit vergangen, daß man
vor Ort nichts mehr erkennen kann.
unklare und unglückliche Beweisbeschlüsse
Beweisbeschlüsse werden regelmäßig von technischen Laien formuliert,
und die Parteien nehmen Einfluß auf die Formulierungen. Manchmal
gehen die Beweisbeschlüsse am Kern der Sache vorbei.
Im Zweifel sollte der SV daher mit dem Richter Rücksprache nehmen.
Entweder erreicht er Rückendeckung für sein geplantes Vorgehen,
oder es kommt zu einer Ergänzung des Beweisbeschlusses.
Falls Beweisbeschlüsse unglücklicherweise so formuliert sind, daß sie
dem SV Rechtsfragen stellen, können diese zurückgegeben werden.
Es gibt Grenzbereiche, z.B. im Hinblick auf die Feststellung einer
Mietminderungsquote. Manche Gerichte halten das für eine Aufgabe des
Sachverständigen.
Kgl. Bay. Amtsgericht
Kgl. Bay. Amtsgericht
Beweisbeschluß
Beweisbeschluß
... hatte der Bauunternehmer
die Pflicht, auf Bedenken
hinzuweisen? .....
... konnte der Bauunternehmer
die Planungsfehler und die
Materialfehler erkennen? .....
vgl. Bayerlein, 2002, S. 307
Herr Vorsitzender, nach
dem Beweisbeschluß soll
ich beurteilen, woran der
Baum gestorben ist. Darf
ich dazu ..... ?
Rufen Sie den Richter
bzw. den Berichterstatter der
Kammer ruhig an, wenn Sie Fragen
haben.
Bei eher allgemeinen Fragen besteht eine
gute Chance auf telefonische Antwort.
Bei speziellen Fragen nur, wenn der Richter
die Akten gut kennt.
vgl. Bayerlein 2002, S. 313
Das Gericht bestimmt die
Anknüpfungstatsachen, die der
SV verwenden darf.
Anknüpfungstatsachen
Ergänzende Informationen seitens einer
Partei dürfen nur verwendet werden, wenn
sie durch die gerichtliche Beweisaufnahme
bestätigt oder unstreitig geworden sind.
Im Zweifel muß der SV den Richter nach der
Verwertbarkeit fragen.
Ulrich, 2007, S. 204 f.
Befundtatsachen
Verantwortlichkeit für die Anknüpfungstatsachen
Sind sie ihm vorgegeben,
ist der Sachverständige prinzipiell
nicht für die Richtigkeit der
Anknüpfungstatsachen verantwortlich.
Sind die vorgegebenen Anknüpfungstatsachen technisch unmöglich, wird
der Sachverständige darauf hinweisen.
Amtsgericht Murnau
.........
.........
Legen Sie bei der Erstellung
Ihres Gutachtens folgendes
zugrunde:
Bestandesalter 55
Bestockungsgrad 1,1
.........
.........
Es kommt natürlich auch vor, daß der
Sachverständige damit beauftragt wird,
Anknüpfungstatsachen selbst zu ermitteln.
Anknüpfungstatsachen im Gutachten festhalten!
Alternativgutachten
Als Alternativgutachten wird ein Gutachten bezeichnet, bei dem die
Anknüpfungstatsachen noch nicht sicher sind.
Der SV kann den Auftrag erhalten, das Gutachten auf der Basis
von zwei (oder mehr) Sets von Anknüpfungstatsachen zu erstellen.
Eine solche Vorgehensweise kann zur Beschleunigung des Verfahrens
dienen.
Ohne eindeutigen Auftrag des Gerichts sollte ein Gutachter aber
diesen Weg nicht wählen, sondern ggf. notwendige Anknüpfungstatsachen erst klären lassen.
Beweisbeschluß
Der Sachverständige soll
feststellen, ob der Schaden
durch Trockenheit oder
durch die Einwirkung
von Pflanzenschutzmitteln
entstanden ist.
Der Sachverständige besieht sich
das Objekt und stellt fest, daß es
weder Trockenheit noch Pflanzenschutzmittel waren, sondern der
türkische Riesenbastkäfer die
wirkliche Ursache ist.
Der SV bewegt sich noch im Rahmen
des Auftrags, wenn er ein Gutachten
schriebt, in dem er nachweist, daß
weder die Trockenheit noch die
Pflanzenschutzmittel ursächlich
gewesen sein können.
vgl. Bayerlein, 2002, S. 317 f.
Erkennbar unrichtige oder technisch unmögliche
Anknüpfungstatsachen
In Zivilprozessen werden manchmal
Dinge unstreitig, die sich tatsächlich ganz
anders zugetragen haben oder ganz
anders zu erklären sind.
Kläger K behauptet etwas,
Beklagter B bestreitet das nicht.
Dadurch wird der Sachverhalt unstreitig.
Er kann sich aber so nicht zugetragen
haben, oder er ist sicher nicht so
zu erklären.
Nun bekommt der Gutachter den Auftrag, auf dieser Grundlage ein Gutachten
zu erstatten. Er erkennt aber, daß es so nicht gewesen sein kann.
Was soll er tun?
Er kann bei Zugrundelegung des zwar unstreitigen, aber unzutreffenden
Sachverhalts kein zutreffendes Gutachten erstellen.
Also muß er sich an das Gericht wenden und um Weisung bitten.
Vorgehen des Sachverständigen
nach dem Erhalt des Auftrags
Checkliste für Aufträge des Gerichts
•
Vollständigkeit der Akten
• eigene Sachkompetenz
• Gründe für eine Ablehnung
• Klarheit der Beweisfrage
• Sind die notwendigen Unterlagen vorhanden?
• Reicht der Auslagenvorschuß?
• Ist die Vereinbarung eines Pauschalhonorars oder von bestimmten
Stundensätzen angezeigt?
• Reicht die Zeit, kann der evtl. gesetzte Termin eingehalten werden?
vgl. Bayerlein 2002, S. 315
Anfrage
des
Gerichts
Fällt das
gar nicht, nur zum Teil
oder ganz in mein
Fachgebiet?
Wenn die Fragestellung das Fachgebiet bzw. die spezielle Sachkunde
des Sachverständigen überschreitet, muß er anregen, einen zweiten
Sachverständigen zu beauftragen.
Mit Zustimmung des Gerichts kann er ggf. mit dem zweiten SV
zusammenarbeiten (einheitliches Gutachten) oder in einer Teilfrage
dessen Stellungnahme einholen.
Antrag auf SV-Auftrag
Anforderung Vorschuß
Eingang Vorschuß
Anfrage an SV
Prüfung durch SV,
auch im Hinblick auf
den Kostenrahmen
(Vorschuß)
Bestätigung durch SV
Der SV muß auch prüfen, ob der von den
Parteien gezahlte Vorschuß zur Deckung
der Kosten des Gutachtens etwa ausreicht.
Fällt die Rechnung später deutlich höher aus,
ist das Honorar in Gefahr!
Sachverständige dürfen keine Zeugenvernehmung durchführen.
Benötigt ein SV Informationen von einem in den Akten benannten Zeugen,
kann er diese ggf. von dem Zeugen einholen, aber nur nach Rücksprache
mit dem Gericht.
Die Parteien dürfen der Beweisaufnahme beiwohnen
Unbedingt beide Parteien vom Ortstermin benachrichtigen.
Besser ist es, den Termin mit beiden Parteien abzustimmen.
Evtl. Rechtsanwälte und Parteien informieren.
Das gilt auch, wenn der SV der Meinung ist, die Parteien könnten
nichts zur Aufklärung beitragen.
Nie nur mit einer Partei ein Objekt besichtigen!
Merkblatt zur Durchführung einer Ortsbesichtigung vom
Institut für Sachverständigenwesen
angemessene Frist einhalten
telefonieren Sie nicht mit den Parteien
Frau Maier, bitte
rufen Sie die Parteien
wegen der Verschiebung
des Termins auf nächsten
Montag an.
Herr Rechtsanwalt, Herr
Perte bittet um
Verschiebung des
Termins auf Montag.
Vermeiden Sie, in ein
Gespräch über das
Verfahren gezogen zu
werden.
Ruft eine Partei bei Ihnen im Büro an,
lassen Sie sich verleugnen, wenn das
möglich ist.
Zusammenarbeit mit dem Gericht
§ 404a Leitung der Tätigkeit des Sachverständigen
(1) Das Gericht hat die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten und kann
ihm für Art und Umfang seiner Tätigkeit Weisungen erteilen.
(2) Soweit es die Besonderheit des Falles erfordert, soll das Gericht den
Sachverständigen vor Abfassung der Beweisfrage hören, ihn in seine
Aufgabe einweisen und ihm auf Verlangen den Auftrag erläutern.
(3) Bei streitigem Sachverhalt bestimmt das Gericht, welche Tatsachen der
Sachverständige der Begutachtung zugrunde legen soll.
(4) Soweit es erforderlich ist, bestimmt das Gericht, in welchem Umfang
der Sachverständige zur Aufklärung der Beweisfrage befugt ist, inwieweit
er mit den Parteien in Verbindung treten darf und wann er ihnen die
Teilnahme an seinen Ermittlungen zu gestatten hat.
(5) 1Weisungen an den Sachverständigen sind den Parteien mitzuteilen.
2Findet ein besonderer Termin zur Einweisung des Sachverständigen statt,
so ist den Parteien die Teilnahme zu gestatten.
notwendige Zeugenaussagen
Muß das Gutachten auf den Aussagen von Zeugen aufgebaut werden,
muß das Gericht die Zeugenvernehmung vor Erstattung des Gutachtens
durchführen.
Es ist zweckmäßig, wenn der Sachverständige an der Beweisaufnahme
teilnimmt.
Er kann anregen, daß das Gericht den Zeugen zusätzliche Fragen stellt.
Unmögliches wird verlangt
Wieviel war der durch den
Waldbrand völlig vernichtete
Wald wert?
Nicht selten gibt es Beweisfragen, die für den SV aus objektiven
Gründen nicht eindeutig zu beantworten sind.
Rückfragen und sich Anweisungen geben lassen.
Dem Gericht möglichst alle in Frage kommenden Schätzungsumstände
im Gutachten mitteilen.
Das Gericht braucht Anhaltspunkte zur Anwendung von § 287 ZPO
287 ZPO gilt für das Gericht, nicht für den Sachverständigen
Ausräumung von Unklarheiten
Einweisungstermin
404a ZPO
Ortsbesichtigung mit Anwesenheit
des Gerichts
Das kann der SV anregen.
unerwartet hohe Kosten
§ 407a Abs. 3 ZPO
Schon bei voraussichtlichen Überschreitungen des
Kostenvorschusses von 10% sollte der Sachverständige
dem Gericht Mitteilung machen.
unerwartet hohe Kosten
Dr. K. Osten
Gutachter
Sehr geehrte Damen und Herren,
nach Durchsicht der Akten halte ich
zur Klärung der Beweisfrage eine
Feinschicht-Durchsicht-Analyse für
notwendig. Diese ist aber mit Kosten
von etwa € 20.000 verbunden. Dieser
Betrag übersteigt nicht nur den
Vorschuß, sondern steht möglicherweise in einem Mißverhältnis zum
Streitwert. Daher bitte ich um Weisung,
wie ich weiter verfahren soll.
Hochachtungsvoll
Stellt sich während der
Arbeiten heraus, daß
diese den Vorschuß
übersteigen werden, muß
der SV die Arbeit einstellen, dem Gericht
Meldung erstatten und
die Weisung des Gerichts
abwarten.
Ergänzungsgutachten
Gutachten
zur Ergänzung
des Gutachtens vom 1.3.07
zur Schätzung des
Verkehrswertes des
Waldgutes Silberwald
kein Grund
zum Ärgern
• mangelhafte Instruktion des
SV
• Auftreten neuer
Gesichtspunkte
• nachträgliche Veränderung der
Tatsachenlage
• unvollständige oder ungenaue
Ausführung des
Gutachtenauftrags
• Fragen der Parteien nach
Durchsicht des Gutachtens
(schriftliche Anhörung des SV)
Manchmal auch von der
2. Instanz angefordert
Sachverständige sollten nicht direkt
bei den Parteien Unterlagen
(Urkunden o.ä.) anfordern, sondern
über das Gericht.
Eine solche Handlungsweise könnte
die Gefahr der Ablehnung wegen
Befangenheit begründen.
An das
Amtsgericht Freudenstadt
Aktenzeichen ......
vgl. Ulrich 2007, S. 216
Sehr geehrte Damen und Herren,
bitte veranlassen Sie, daß mir die
Klägerin die folgenden Unterlagen
überläßt:
1.
2.
Mit freundlichen Grüßen
E.X. Perte
Sachverständiger
Rückgabe von Akten
Amtgericht Obernburg
Sehr geehrter Herr SV,
bitte schicken Sie umgehend die Gerichtsakten zurück.
Mit freundlichen Grüßen
G. Recht
Amtsrichter
Selbstverständlich muß ein
Sachverständiger mit ihm
überlassenen Akten und
anderen Dingen sorgfältig
umgehen und diese umgehend
zurückgeben, wenn er sie nicht
mehr braucht oder sie vom
Gericht angefordert werden.
zügige Bearbeitung
Der gerichtliche Sachverständige ist verpflichtet, das Gutachten
zügig zu erstatten.
Es können ihm Fristen gesetzt werden.
In der Praxis werden oft Absprachen zwischen den
Gerichten und den Sachverständigen getroffen.
vgl. Ulrich, 2007, S. 205
Selbstverständlich muß auch
ein privat beauftragter SV so
zügig arbeiten, daß für sein
Gutachten wichtige Tatsachen
nicht durch den Zeitverzug
verlorengehen bzw. nicht
mehr festgestellt werden
können.
Verhalten gegenüber den Parteien
Der SV sollte keine Unterlagen
von einer Partei anfordern, ohne
die andere Partei darüber zu
informieren.
Unterlagen von einer Partei
Vermeiden Sie Telefonate
mit einer Partei!
Es droht der Vorwurf der
Befangenheit!
Anforderungen von Unterlagen und Sachen zur
Untersuchung
Fordern Sie Unterlagen und
zur Erstellung des Gutachtens
notwendige Gegenstände schriftlich an.
Da nicht immer klar ist, welche Partei
was vorlegen muß, und bei fehlerhafter
Anforderung durch den Sachverständigen
ggf. ein Grund zur Ablehnung wegen
Besorgnis der Befangenheit gegeben
sein könnte, verwenden Sie gleichlautende
Schreiben.
Noch empfehlenswerter ist es, dem
Gericht mitzuteilen, was benötigt wird.
Dann fordert das Gericht die Unterlagen
an.
E.X. Perte
Sachverständiger
Verteiler
Dreher ./. Schweißer
hier ........
Sehr geehrte Damen und Herren,
zur Erstellung meines Gutachtens
bitte ich höflich um Übersendung
der folgenden Gegenstände und
Unterlagen:
1) ..................
2) ..................
Mit freundlichen Grüßen
E.X. Perte
Besorgnis der Befangenheit
Die Parteien können einen
Sachverständigen ablehnen.
Es kommt nicht darauf an, ob der
Gutachter befangen ist, sondern
darauf, ob eine vernünftige Partei ihn
für befangen halten kann.
Es kommt durchaus vor,
daß Parteien über Gutachter
einfach Behauptungen in
die Welt setzen, wenn sie
deren Hinzuziehung
verhindern wollen.
Die Partei, die den Gutachter ablehnt,
hat den Ablehnungsgrund glaubhaft
zu machen.
Wenn der SV früher einmal in einem
ähnlichen Fall ein Gutachten erstattet
hat, das für eine Partei einen ungünstigen
Ausgang erwarten läßt, ist das kein
Ablehnungsgrund.
vgl. Heck in Bayerlein, 2002, S. 28
Was ist von Parteivorträgen zu halten?
Parteivorträge sind ihrer Natur nach parteilich.
Den Parteien ist nur verboten, bewußt die Unwahrheit vorzutragen.
In der Regel tragen nicht die Parteien vor, sondern Anwälte.
Diese können sich immer darauf berufen, von den Parteien
nicht richtig informiert worden zu sein.
Die Parteien dürfen vermutete Umstände vortragen.
Sie dürfen auch Tatsachen weglassen.
Reaktion auf Einwendungen der Parteien
Oft werden Gutachten von Parteien kritisiert.
Das Gericht muß der Kritik nachgehen, auch wenn die Einwendungen
laienhaft vorgetragen werden.
Das Gericht kann den Sachverständigen um eine schriftliche
Stellungnahme bitten.
Wenn die Einwendungen berechtig sind, ändern Sie Ihre fachliche Beurteilung!
Geben Sie keine Stellungnahmen zu Kritik ab, wenn Sie vom Gericht
nicht dazu aufgefordert sind.
Das Gutachten
Bleiben Sie unbedingt im Rahmen des Beweisbeschlusses
Thema verfehlt!
Statt einer „5“ gibt es kein Geld!
Ist ein Sachverständigengutachtachten unverwertbar, weil der SV sich
nicht an den Beweisbeschluß gehalten hat und eine Ergänzung seines
Gutachtens ablehnt, so stehen dem SV irgendwelche Gebühren nicht zu.
Keine Rechtsausführungen im Gutachten
Vor allem zur Frage des Verschuldens keine Stellung nehmen!
Der Wasserschaden
ist durch das über
den Rand der Badewanne fließende
Wasser verursacht
worden.
Der Mieter hat den
Schaden durch das
Überlaufenlassen
der Badewanne
verursacht.
Ein SV, der auf Rechtsfragen eingeht, entwertet seine Arbeit.
Schlußfolgerungen nur auf der Basis von
Tatsachen
•
•
•
•
•
wahrscheinliche Fakten
streitige Erklärungen einer Partei
Vermutungen
Hypothesen
Ereignisse vom Hörensagen
reichen als Grundlage nicht aus
Umgang mit Zeugenaussagen
Wird das Gutachten eines SV auf der Grundlage von
Zeugenaussagen angefordert, sollte der Beweisbeschluß die
Aussage treffen, von welchen Tatsachen der SV ausgehen soll.
Oft gibt es sich widersprechende oder widersprüchliche Aussagen.
§ 404a Abs. 3
Der SV muß ggf. zurückfragen
404a(3) Bei streitigem Sachverhalt bestimmt das
Gericht, welche Tatsachen der Sachverständige der
Begutachtung zugrunde legen soll.
Eine Würdigung der Zeugenaussagen durch den SV wäre eine
Kompetenzüberschreitung. Das Gericht könnte sie auch später
anders würdigen.
Ausnahme: Der SV stellt fest, daß eine der sich widersprechenden
Aussagen aus technischer Sicht nicht richtig sein kann.
Besser keine eidesgleiche Bekräftigung
Die Verwendung des
Rundstempels steht einem
Eid nicht gleich.
Dieses Gutachten wurde von
mir nach bestem Wissen und
Gewissen .......
München, den 20.2.2007
E.X. Perte
Unterlassen Sie solche Formulierungen,
wenn Sie nicht ausdrücklich verlangt
werden.
Vergessen Sie aber die
Unterschrift nicht!
Wie beurteilt das Gericht das Gutachten?
• Wurde die Beweisfrage verstanden?
• Beantwortet das Gutachten die Beweisfrage?
• Entsprechen die tatsächlichen
Voraussetzungen, von denen der SV ausgeht,
dem Sach- und Streitstand? (unstreitige und
bewiesene Tatsachen als
Beurteilungsgrundlage)
• Sind die Folgerungen des SV logisch zwingend
oder nur wahrscheinlich?
Stil des Gerichtsgutachtens
Stil des Gerichtsgutachtens
Akteninhalt nicht unnötig wiederholen.
keine Schärfen
keine Werturteile
Verfasser von Privatgutachten nicht herabwürdigen.
Zurückhaltung
kein Eigenlob
„nach gründlichem Studium der
umfangreichen Akten ....“
keine Ratschläge und Empfehlungen an das Gericht
Es droht ein Antrag auf Ablehnung.
Kürze und Klarheit
Stil des Gerichtsgutachtens
unnötige Fachausdrücke vermeiden
notwendige Fachausdrücke erläutern
Schlußfolgerungen so darstellen, daß die Gedankenkette, die zu dem
Ergebnis führt, vollständig mitgeteilt wird. Also die Gründe offenlegen.
Das Gericht muß die Gründe in das Urteil übernehmen. Daran ist
bei den Formulierungen zu denken.
Ein Gutachten, das es dem Gericht nicht ermöglicht, den Gedankengängen
des SV nachzugehen, sie zu prüfen und sich ihnen entweder anzuschließen
oder sie abzulehnen, wird für den Rechtsstreit als unverwertbar angesehen.
Es droht der Verlust des Entschädigungsanspruchs!
Stil des Gerichtsgutachtens
Photos dienen der Erläuterung der
Sachverhalte, aber Gutachten sind
keine Bilderbücher.
Die in Worte gefaßten Anknüpfungstatsachen sollen den Lesern
(Richter, Parteien) die Prüfung der Folgerichtigkeit ermöglichen.
Sätze wie:
„Die Problematik ergibt sich aus den beigefügten Fotos.“
sind völlig unzureichend.
Ulrich 2007, S. 313
Stil des Gerichtsgutachtens
Das Gutachten muß sich auf das Beweisthema beschränken.
Allgemeine akademische Betrachtungen, Kritik an Gesetzen,
Ratschläge für künftige Fälle sind unangebracht.
Ulrich, 2007, S. 321
Ein von einer Partei vorgelegtes Parteigutachten ist ein qualifizierter
Parteivortrag. Das Gericht muß diesen zur Kenntnis nehmen und
würdigen, ggf. auch für die Entscheidungsfindung heranziehen.
Deshalb muß sich auch der Gerichtsgutachter mit dem Parteigutachten
qualifiziert auseinandersetzen, muß die Ausführungen ernstnehmen und
ggf. bei seiner Beurteilung berücksichtigen.
Ist das Privatgutachten fehlerhaft, muß der SV klar aber sachlich sagen,
was anders zu sehen ist und warum.
vgl. Bayerlein, 2002, S. 362
Durchführung einer
Ortsbesichtigung
Ergibt sich nicht aus den Umständen, daß der Beweisbeschluß eine
Ortsbesichtigung erfordert, muß der Sachverständige durch Rückfrage
beim Gericht klären, ob er eine Ortsbesichtigung mit den Parteien
vornehmen soll.
Die Verwertung der Ergebnisse einer unangemeldet durchgeführten
„privaten Augenscheinseinnahme“ des Sachverständigen ist nicht
zulässig.
Ein gerichtlich beauftragter SV darf also beispielsweise nicht einen
Wald durch eine privaten Spaziergang erkunden und seine Beobachtungen
dann in einem Gutachten verwenden.
vgl. Ulrich 2007, S. 225
Verhalten bei einer Ortsbesichtigung
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
kommen Sie pünktlich
grundsätzlich müssen die Parteien oder ihre Vertreter anwesend sein
prüfen Sie, ob die Ortsbesichtigung ausnahmsweise auch ohne eine nicht
erschienene Partei durchgeführt werden kann
treten Sie immer ruhig und sachlich auf
klären Sie die Anwesenden über den Zweck der Begehung auf
verlesen Sie ggf. den Beweisbeschluß
halten Sie sich strikt an den Beweisbeschluß
Sie können den Ablauf nach sachlichen Gesichtspunkten bestimmen
brechen Sie ggf. die Begehung ab, wenn dazu Anlaß besteht, z.B. bei
einem tätlichen Angriff einer Partei auf Sie
Informieren Sie das Gericht über den Abbruch und den Grund dafür
Geben Sie den Parteien keine Auskunft über die vor Ort gewonnenen
Erkenntnisse
Beenden Sie den Ortstermin offiziell mit Zeitfeststellung
schreiben Sie ein Protokoll zum Ablauf
machen Sie sich dazu vor Ort Notizen
Merkblatt zur Durchführung
einer Ortsbesichtigung
IHK
Herr Richter, muß
ich auch den
Herrn X über den
Termin für die
Ortsbsichtigung
verständigen?
Erkundigen Sie sich ggf. beim
Gericht, wen Sie über den Termin
informieren müssen, und wer
ein Recht zur Teilnahme hat.
§ 357 Parteiöffentlichkeit
(1) Den Parteien ist gestattet, der Beweisaufnahme beizuwohnen.
(2) Wird die Beweisaufnahme einem Mitglied des Prozessgerichts oder
einem anderen Gericht übertragen, so ist die Terminsbestimmung den
Parteien ohne besondere Form mitzuteilen, sofern nicht das Gericht die
Zustellung anordnet.
Bei Übersendung durch die Post gilt die Mitteilung, wenn die Wohnung der
Partei im Bereich des Ortsbestellverkehrs liegt, an dem folgenden, im
Übrigen an dem zweiten Werktage nach der Aufgabe zur Post als bewirkt,
sofern nicht die Partei glaubhaft macht, dass ihr die Mitteilung nicht oder
erst in einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.
Verhalten beim Ortstermin
Bringt eine Partei einen technischen
Berater mit, sollte sich der SV nicht
auf Diskussionen mit diesem einlassen.
Der Berater darf der Partei Hinweise geben,
hat sonst aber keine Rechte.
Ortstermine auf Grundstücken setzen das Einverständnis der
berechtigten Personen voraus.
Wird das Einverständnis verweigert, muß der SV das Gericht
informieren und die gerichtliche Entscheidung abwarten.
Dies gilt z.B. auch dann, wenn die eine Partei Grundeigentümer ist und
der anderen Partei das Betreten des Grundstückes für die Ortsbesichtigung
verwehrt.
Der SV darf den Ortstermin nicht ohne die ausgeschlossene Partei durchführen.
siehe Ulrich, 2007, S. 229
Verhalten beim Ortstermin
Erscheint eine der Parteien nicht, kann der SV nach einer angemessenen
Wartezeit (mind. 20 Minuten) mit der Ortsbesichtigung beginnen.
Ulrich 2007, S. 230
Wenn Sie Photos machen,
verwenden Sie einen Zollstock o.ä.
Hilfsmittel, um die Proportionen deutlich
zu machen.
Fertigen Sie eine
Niederschrift.
Das Festhalten von Sachverhalten
auf einem Tonträger kann hilfreich sein,
nachteilig ist aber, daß die Parteien mithören,
was der SV in sein Diktiergerät spricht.
Äußern Sie sich nicht voreilig
gegenüber den Parteien zu
Ihren Schlußfolgerungen.
Es droht Ablehnung wegen
Befangenheit.
Ulrich, 2007, S. 232
Was tun, wenn eine Partei beim Ortstermin erklärt, sie
lehne den SV wegen Besorgnis der Befangenheit ab?
Versuchen Sie, den Richter telefonisch zu erreichen.
Sie müssen versuchen, den Richter entscheiden zu lassen.
Erreichen Sie den Richter nicht, oder teilt der Richter mit,
daß nicht sofort entschieden werden kann,
dürfen Sie den Ortstermin fortsetzen.
Versuchen Sie nicht sofort den Richter zu erreichen,
kann dies einen neuen Ablehnungsgrund darstellen.
Ulrich, 2007, S. 234
Rechte der Parteien beim Ortstermin
Die Parteien dürfen selbst Messungen vornehmen
und die Messungen des SV überprüfen.
Sie dürfen auch die Objekte fotografieren.
Sie dürfen jedoch nicht den Sachverständigen
mit einer Videokamera aufnehmen oder seine
Äußerungen mit einem Tonbandgerät aufnehmen.
Bayerlein 2002, S. 337
Inhalte einer Niederschrift über den Ortstermin
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Datum und Ort der Niederschrift
geladene und erschienene Personen
Feststellung einer rechtzeitigen Ladung
Datum, Ort und Zeit der Besichtigung
streitige Erklärungen der Parteien, sofern diese sich
nicht aus den Akten ergeben
weitergehende wichtige Erklärungen der Parteien
(gütliche Einigung, Ablehnung des SV wegen Besorgnis
der Befangenheit)
besondere Vorkommnisse
besichtigte Gegenstände
tatsächliche Feststellungen über die Gegenstände
siehe Ulrich 2007, S. 233
Die Parteien haben nicht das Recht,
in sämtliche vom Sachverständigen erstellte
Unterlagen Einsicht zu nehmen.
Dazu gehören z.B. seine während einer Ortsbesichtigung
angefertigten Notizen
Anwesenheitsrecht der Parteien bei einem zweiten
Ortstermin
Auch im Falle eines notwendigen zweiten
Ortstermins haben die Parteien das Recht zur
Anwesenheit.
Der Gutachter muß also die Parteien verständigen, wenn
er noch eine Besichtigung vornehmen muß, weil er z.B.
vergessen hat, beim ersten Ortstermin eine notwendige
Messung vorzunehmen.
Allerdings ist in solchen Fällen eine Anfrage bei den Parteien
vertretbar, ob sie ggf. auf eine Teilnahme verzichten.
vgl. Bayerlein, 2002, S. 334
mündliche Erläuterung des schriftlichen
Gutachtens
Darauf haben die Parteien ein Recht.
Tischvorlage
zu den Fragen des
Klägers im Schriftsatz
1. ........
2. ........
zu den Fragen des
Beklagten im Schriftsatz vom ....
a) ......
b) .....
Das ist Ihr
Platz
Der Sachverständige darf eine Tischvorlage
mitbringen oder auch vorher an die Parteien
und das Gericht schicken.
Das ist oft empfehlenswert.
Vorbereitung auf ein mündliches Gutachten
Oft schicken die Gerichte Kopien der Schriftsätze der Parteien, in denen
Kritik am Gutachten geübt wird. Das ist aber nicht immer gewährleistet.
Sie können ggf. mit dem Gericht einen Termin zur Akteneinsicht vor
der mündlichen Verhandlung vereinbaren.
Ggf. werden Ihnen die Akten auf Anforderung auch noch einmal übersandt.
Nehmen Sie wichtige Unterlagen zur mündlichen Verhandlung mit,
z.B. Tabellenwerke.
ehrverletzende Fragen in der Verhandlung
Jedem Idioten, also sogar
Ihnen Herr Perte, muß es
einleuchten, daß ein Blinder
den Brandgeruch unmöglich
wahrnehmen konnte.
Deshalb frage ich Sie erneut,
.......
Warten Sie einen Moment,
ob der Richter etwas dazu sagt.
Wenn er nichts sagt, bitten Sie darum, die Frage
wortwörtlich ins Protokoll aufzunehmen.
Was tun, wenn sich die Fragestellung des
Gerichts nicht beantworten läßt?
Manchmal läßt sich das vom Gericht gewünschte Ergebnis nicht
erzielen.
Kann die Beweisfrage nicht mit „ja“ oder „nein“ beantwortet werden,
muß der SV das im Gutachten klar herausarbeiten und natürlich
begründen, warum das so ist.
Liegt es am eigenen Fachwissen, daß der SV die Beweisfrage nicht
beantworten kann, dann muß er den Auftrag zurückgeben.
vgl. Ulrich, 2007, S. 322
Sind die Nadelverfärbungen auf die Fluoremission
aus der Ziegelei des Beklagten zurückzuführen
oder auf den heißen Sommer 2003?
Die Frage mag sich im Jahr 2007 mangels gesicherter Beweise (Nadelproben)
nicht mehr beantworten lassen.
Ein Betriebswirt sollte sich dazu nicht äußern.
Sonstiges
Hinwirkung auf einen Vergleich
Beim Ortstermin
Im Gutachten
Nur auf Wunsch der
Parteien.
Wenn, dann optisch
getrennt vom Gutachten.
Schriftlichen Vorschlag
unterschreiben lassen.
Nur empfehlenswert, wenn
beide Parteien den Wunsch
nach einem Vorschlag
geäußert haben.
Sonst bleibt die
Verpflichtung zur Abfassung
des schriftlichen
Gutachtens.
Schweigepflicht
Der Inhalt von Gerichtsakten, Gutachten etc., von dem ein SV bei seiner
Tätigkeit als Gerichtsgutachter Kenntnis erlangt, unterliegt der Schweigepflicht.
Der SV muß sicherstellen, daß auch seine Hilfskräfte ggf. die Schweigepflicht
beachten.
Strafbarkeit kann sich nach verschiedenen Bestimmungen ergeben.
Gegenüber der Bestellungskörperschaft kann sich der SV ggf. nicht auf
die Schweigepflicht berufen, wenn diese sein Gutachten prüfen will.
Die Bestellungskörperschaften haben den gesetzlichen Auftrag zur
Überwachung der Sachverständigen.
vgl. Ulrich, 2007, S. 206 f., 211
Besonderheiten des Strafprozesses
Im Strafprozeß kommt es auf das in der Hauptverhandlung Gesagte an.
Daher ist ein Gutachten in erster Linie als mündliches Gutachten zu
erstatten.
Allerdings i.d.R. auf der Basis eines schriftlichen Gutachtens.
Funktion eines schriftlichen Gutachtens ist es, dem Richter die Zusammenhänge zu erläutern.
Herunterladen