Bewegung, Sport und Gesundheit - Zusammenhänge Thomas Letzian & Kerrin Kemlein-Schiller • • • • • Definitionen Problemstellung Physiologische Wirkung Teiltheorien als Möglichkeit Modellansätze • • • • • • Theorie der Handlungsveranlassung Health-Belief -Modell Selbstverwirklichungserwartung Salutogenese – Modell Locus of Control – Theorie Soziale Unterstützung • Exemplarische Wirkungsweise Definitionen Bewegung „Ortsveränderung der menschlichen Körpermasse in Raum und Zeit.“ (Woll, Banzer 1998) Sport „Physische Aktivität, die durch Bewegung der Skelettmuskulatur erzeugt wird und einen Anstieg der körperlichen Leistungsfähigkeit über das Normalniveau heraus erfordert“ (nach Bouchard & Shephard, 1994) Gesundheit WHO: „Zustand völligen körperlichen und geistigen Wohlbefindens" Antonovsky: „Wir sind alle sterblich. Ebenso sind wir alle, solange noch ein Hauch von Leben in uns ist, in einem gewissen Ausmaß gesund.“ Problemstellung »Ist Sport gesund? »Auf welche Weise wirkt der Sport auf den Menschen? »Welche Theorien und Erklärungsansätze gibt es? Gesundheitliche Wirkung als physiologische Anpassung Auswirkungen des Sports: • im med. Sinne funktionelle Betrachtung, d.h. physiolog. Anpassung wird als zentrales Geschehen betrachtet Verschiedene Wirkungsweisen des Sports Internistischer Bereich Kardiovaskuläre Wirkung Hämodynamische Wirkung BewegungsApparat Knochen Psychiatrie/ Psychosomatik Seele Bänder Metabolische Wirkung Endokrinologische Wirkung Sehnen Selbstbewußtsein Sozialbewußtsein Warum die med. Betrachtungsweise? • Überprüfung durch Evaluation • Med. Ausbildung basiert auf naturwissenschaftl. Ausbildung, deshalb: Ärzte sind „Opinion-Leader“ Risikofaktorenmodell Definition: Beschwerden und Erkrankungen sind gekoppelt an ungünstige Bedingungen des körperlichen Zustandes und der Lebenssituation Ziel: Physische Gesundheitsressourcen stärken Fazit dieser Sichtweise Nicht nur positive Sichtweise hinsichtlich der funktionellen Kriterien, sondern auch sozial-psychologische Anpassung Nebenprodukte Teiltheorien als Möglichkeiten Aufnahme bekannter Theorien aus Medizin, Pädagogik, Psychologie » Objektivierung von Interpretationen » Strukturieren von Beobachtungen und Erfahrungen » Zweck- und Zielorientierung » Bildung einer Basis für mehrdimensional ausgerichtete Sporttherapie Theorie der Handlungsveranlassung BI = w1Aact + w2SN BI Aact SN w1/w2 > Verhaltensabsicht > individuelle Einstellung gegenüber dem jeweiligen Gesundheitsverhalten > subjektive Norm > situative Faktoren Einfaches Modell der Handlungsveranlassung Schematischer Ablauf: Bewertung des Nutzens Wichtige Bezugsperson Einstellung zum Sport Subjektive Norm Vorsatz zur Aufnahme sportlicher Aktivität Erweitertes Modell der Handlungsveranlassung Verfahren der Handlungsveranlassung • Nach Ajzen/Fishbein 1980 • Ziel: • Aufklärung des Zusammenhanges zwischen Einstellung und Verhalten • Voraussetzung: • Menschen handeln im Einvernehmen mit Intentionen • Funktioniert, wenn: • Verhalten und Intentionen möglichst konkret und detailliert beschrieben werden Health-Belief -Modell Health-Belief-Modell oder Modell gesundheitlicher Überzeugung • Handeln ist rational bestimmt, abhängig von subjektiver Vulnerabilität und Verwundbarkeit • Gesundheitsverhalten bestimmt von Bedrohung und Kosten-Nutzen-Abwägung • 1987 überarbeitet , in drei Faktoren zerlegt: • Motivation • Glaube an präv. Gesundheitsmaßnahmen • Person muss überzeugt von Anfälligkeit gegenüber Krankheit sein • Bsp.: „Rückenschule“ Selbstwirksamkeit Definition: Aufgrund bisheriger Erfahrungen auf seine Fähigkeiten und verfügbaren Mittel vertrauen zu können und davon ausgehen zu können, ein bestimmtes Ziel auch durch Überwindung von Hindernissen am Ende tatsächlich erreichen zu können. Selbstwirksamkeitstheorie • • Synonym zu „Kompetenzerwartung“ Erwerb von Kompetenzerwartung • Definition: Selbsteinschätzung einer Person über eigene Konflikt-bzw.Problemlösungsfähigkeit von Zielsetzung und Selbstbewertung Wie kann Kompetenzerwartung erworben werden? 1. Direkt erworbene Erfahrung 2. Indirekte Erfahrung 3. Symbolische Erfahrung / verbale Beeinflussung 4. Gefühlserregung / Informationen aus wahrgenommenen körperlichen und emotionalen Zuständen Vereinfachtes Modell der Selbstwirksamkeitserwartung Annahme der Selbstwirksamkeit Aufnahme von sportlicher Aktivität Erhöhte sportspezifische Motivation Erfahrung der Selbstwirksamkeit Beeinflussung sportlichen Verhaltens durch folgende Faktoren • Wahrnehmung einer Gesundheitsbedrohung • Subjektive Verletzbarkeit • Verfügbarkeit protektiver Handlungen Ziele der Selbstwirksamkeitstheorien • Erreichen eines Zieles • Soll ich die Aufgabe annehmen? • Bis wohin werde ich kommen? • Wird die Aufgabe erfolgreich bewältigt? – Eigenverursacht – Nicht eigenverursacht • Menschen langfristig zu sportlicher Betätigung zu bringen Probleme • Kann etwas, was gesund ist auch Spaß bringen? • Wie wurde Sport bisher unter die Bevölkerung gebracht? • Was ist dagegen zu tun? Risikofaktorenmodell vs Schutzfaktorenmodell Risikofaktoren: Schutzfaktoren: Bewegungsmangel Regelmäßige körperliche Anstrengung Rauchen, Alkohol, Drogen Verzicht auf Suchtmittel Angst, Depressionen, Unzufriedenheit Positives soziales Umfeld (Kollegen, Familie, etc.) Ziellosigkeit , „Keine Zeit" Anerkennung, Freude, Spaß, Selbstvertrauen Vernachlässigte Vorsorgeuntersuchungen Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen Salutogenesmodell „... meine fundamentale philosophische Annahme ist, dass der Fluss der Strom des Lebens ist. Niemand geht sicher am Ufer entlang. Darüber hinaus ist für mich klar, dass ein Großteil des Flusses sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn verschmutzt ist. Es gibt Gabelungen im Fluss, die zu leichten Strömungen oder in gefährliche Stromschnellen und Strudel führen. Meine Arbeit ist der Auseinandersetzung mit folgender Frage gewidmet „Wie wird man, wo immer man sich in dem Fluss befindet, dessen Natur von historischen, soziokulturellen und physikalischen Umweltbedingungen bestimmt wird, ein guter Schwimmer?“ (Antonovsky) Salutogenese • Erforschen der Prozesse, die Gesundheit erhalten und fördern • Der Menschen wird als mehr oder weniger gesund und gleichzeitig mehr oder weniger krank betrachtet. • Heterostase als Urzustand Pathogenese • Ursachenforschung und Behandlung von Krankheiten, • Krankheitszentriert statt patientenorientiert, • Homöostase als Urzustand Dis-ease Psychophysische Stressoren Health-ease Psychophyschische Spannungszustände Widerstandsquellen Kohärenzsinn (SOC) Sport und Bewegung Das Kohärenzgefühl (Sense of Coherence) „Das SOC (Kohärenzgefühl) ist eine globale Orientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmaß man ein durchdringendes, andauerndes und dennoch dynamisches Gefühl des Vertrauens hat, daß die Stimuli, die sich im Verlauf des Lebens aus der inneren und äußeren Umgebung ergeben, strukturiert, vorhersehbar und erklärbar sind; einem die Ressourcen zur Verfügung stehen, um den Anforderungen, die diese Stimuli stellen, zu begegnen; diese Anforderungen Herausforderungen sind, die Anstrengung und Engagement lohnen.“ (Antonovsky, 1997). Kohärenzsinn: - Wird etwa bis zum 30. Lebensjahr erworben --> nur durch gravierende Einschnitte umstrukturierbar » Verständnis Stressoren sind erklärbar und einzuordnen » Handhabbarkeit Bewußtsein, dass die nötigen Widerstandsquellen vorhanden sind » Bedeutsamkeit Anforderung = Herausforderung Locus of Control-Theory sozialpsychologisches Modell (Rotter 1954, Lefcourt 1982) mit zwei grundlegenden Thesen - Der Mensch für sein eigenes Leben verantwortlich (internale Kontrollüberzeugung). - Unbeeinflussbare Faktoren [Glück, Zufall] bestimmen den Lebensweg (externale Kontrollüberzeugung). Locus of Control-Theory: Menschen internale Kontrollüberzeugung haben „gesündere“ Lebensweise (Wallston et al. 1978) Probleme: - Philosophische Richtung --> Überzeugungsarbeit - „paradox of control“ (Brownell 1993): hohes Ausmaß an Kontrolle meist nicht mit Realität vergleichbar --> Mensch ist nicht immer für seine eigenen Erkrankungen persönlich verantwortlich (Tumor) Die soziale Unterstützung ist kein Modell an sich! Grundfrage: Je mehr soziale Unterstützung (Geld, Freundschaften, Angebotsvielfalt), desto gesünder? Unterstützung Wahrgenommene Erhaltene - subjektives Empfinden - entscheidend - objektive Tatsachen - oft nicht bemerkbar Fazit: Paradigmawechsel: Wandel von funktioneller physiologischer Sichtweise zur Mehrdimensionalität! Sondergruppen – von funktioneller zu mehrdimensionaler Sichtweise • Funktionelle Betrachtungsweise rückt in den Hinterhalt • Sport im Leistungssinne spielt eine untergeordnetere Rolle • Mehrdimensionale Betrachtung hinsichtlich der sozialen Komponente Ziele der Mehrdimensionalität Förderung in Schaffung von sozialen Bindungen Soziale Interaktionen Bsp.: Betriebssport, Therapiegruppen(Spieler, Alkoholkranke,...)