3D-Gebäudeerkennung anhand von Laserscannerdaten Bildquelle: Volker Mayrhofer Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 1 Gliederung: • automatische Akquisition • Laserscanning - allgemeine Betrachtungen • spezifische Ansätze zur 3D-Gebäudeerkennung • Dekomposition komplexer Gebäude in Primitive • Rekonstruktion der Dachgeometrie und -topologie • andere Ansätze - ein kurzer Überblick • Fazit Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 2 Automatische Akquisition: Motivation: Warum ist es notwendig, diesen Prozess der 3D-Gebäudeerkennung zu automatisieren? Problem: Großflächigkeit Ziel: – schneller und wirtschaftlicher – über längeren Zeitraum gesehen nicht so kostenintensiv wie herkömmlich photogrammetrische Verfahren – Anpassung an die wachsenden Bedürfnisse in Bezug auf Genauigkeit, Grandularität, Detaillierungsgrad, Konkurrenzdenken, Vereinheitlichung, Objektivität, Darstellungsqualität, Wirtschaftlichkeit, Fortschritt… Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 3 Verschiedene Möglichkeiten: Es können bzgl. Ausgangsdaten zwei Verfahren unterschieden werden: • aus Luftbildern • aus Laserscannerdaten (hierauf wird im folgenden eingegangen) Luftbildverfahren: Bildquelle: Fischer et al. (1998) Laserscannerverfahren: Bildquelle: Brenner und Haala (2000) Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 4 Laserscanning - allgemeine Betrachtungen: • besteht aus Laserentfernungsmesser und Scanner • Messprinzipien: Laufzeit- oder Bildquelle: Stefan Wagenknecht und Elmar Csaplovics (2000) Phasenmessung • 83000 Messungen pro Sekunde • Messgenauigkeit liegt bei 50 cm in Lage und 10 - 15 cm in Höhe • Messdichte liegt bei bis zu 4-5 Punkten pro Quadratmeter • Verfahren liefert 3D-Koordinaten der reflektierten Punkte • Oberflächenmodell (noch kein Stadtmodell, nicht objektbezogen) • manche Laser mit „first“ und „last pulse“ zur Vegetationserkennung Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 5 Zwei konkrete Ansätze: Wie werden die Grundformen der einzelnen Gebäude modelliert? • Dekomposition komplexer Gebäude in Primitive Bildquelle: Brenner (2000) (Claus Brenner & Norbert Haala, 2000) Wie werden die Dächer der unterschiedlichsten Gebäude konstruiert? • Rekonstruktion der Dachgeometrie und -topologie (Claus Brenner, 2002) Bildquelle: Chen und Murai Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 6 Dekomposition komplexer Gebäude in Primitive: Prinzipielle Idee: Zerlegung der Gebäude in Primitive (Quader, Würfel) Vorteil: Rekonstruktion auch komplexerer Gebäude möglich! Problem: dann aber hoher Modellierungsaufwand! Zuvor Rückgriff auf Katastergrundrisse (2D-Daten) • Zerlegung der Grundrisse in Rechtecke • Position, Orientierung und Größe der 3D-Primitive gegeben • fehlt: Höhe des Gebäudes, Dachform und Dachneigung Ausblick: Bei besonderen Einzelgebäuden sollte ggf. ein anderes Verfahren eingesetzt werden, oder aber Aufnahme durch terrestrischen Laserscanner! • höhere Genauigkeit, besseres Auflösungsvermögen • generell für Fassadenaufnahmen (siehe Vortrag von Michaela Mann) Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 7 2D-Katastergrundrisse: Grundlage: Verwendung von existierenden 2D-Grundrissen der Gebäude (ALKIS) Vorteile: • enthaltendes Vorwissen ermöglicht eine weitgehende Automation des Prozesses • bessere Integrität zwischen 2D- und 3D-Daten und Erleichterung der Fortführung der Datenbestände • bestimmte Richtigkeit der Daten in der Lage wird gewährleistet • Fehler, wenn 2D-Datenbestände nicht vollständig (vermessen) sind, oder nicht aktuell Bildquelle: Brenner und Haala (2000) Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 8 Ablauf der 3D-Gebäuderekonstruktion: Bildquelle: Brenner und Haala (2000) Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 9 Schätzung der fehlenden 3D-Parameter: Schätzung der 3D-Parameter: • welches Primitiv aufgrund der Kleinsten-Quadrate-Schätzung kleinsten Restfehler aufweist, wird gewählt • Bestimmung der fehlenden Parameter der Primitive: • Flachdach: Höhe • Satteldach: Dachhöhe und -neigung • Walmdach: Dachhöhe und -neigung, abhängig von Breite und Höhe des zugrundeliegenden Rechtecks Satteldach Walmdach Bildquelle: Zeimetz (2002) Flachdach Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 10 Visualisierung der einzelnen Gebäude: Komplexe Gebäude = verschachtelte Primitive • Vereinigung: durch einen CSG-Baum (constructive solid geometry) • Blätter sind Grundprimitive • innere Knoten sind Transformationen (Vereinigung, Schnittbildung, Differenz) Bildquelle: Brenner (2000) Es werden aber meist nur die äußeren Flächen benötigt (innere Verschachtelungen unwichtig!) Randflächendarstellung Bildquelle: Brenner (2000) Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 11 Rekonstruktion der Dachlandschaft: Rekonstruktion der Dächer aus Daten des Digitalen Oberflächenmodells (DOM) • Einfach: Satteldach Walmdach da gute Näherung von ebenen Dachoberflächen Pultdach Krüppelwalmdach Mansarddach • Nachteil: relativ geringe Messpunktdichte Zeltdach Schrittweises Vorgehen: Bildquelle: Oliver Czapalla (1999) • Segmentierung • Selektion von Regionen • Bildung der Dachtopologie Sheddach Bildquelle: Brenner (2002) Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 12 Rekonstruktion der Dachgeometrie: Segmentierung: Unterteilung des DOM in stückweise ebene Segmente Robustes Schätzverfahren RANSAC: • iteratives Schätzverfahren Bildquelle: Brenner (2002) • versucht Fehler aufgrund einer falschen Beobachtung zu vermeiden, indem zur Schätzung mit kleinstmöglicher Anzahl von Beobachtungen gestartet wird, um Parameter zu schätzen • des weiteren hängt Anzahl der Beobachtungen von geschätzten Parametern ab • Auswahl der Beobachtungen erfolgt zufällig und wird mehrmals wiederholt • Lösung, mit größter Anzahl kompatibler Beobachtungen, wird als richtig angesehen Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 13 RANSAC: Bildquelle: Brenner (2000) RANSAC-Algorithmus: • etliche Auswahlen von drei Punkten innerhalb verbleibender Gesamtregion • Berechnung der zugehörigen Ebene für jede Auswahl • Bestimmung kompatibler Punkte zu dieser Ebene • Auswahl der größten zusammenhängenden Region • Gesamtregion um diese Region reduziert und Algorithmus iterativ fortgesetzt Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 14 Rekonstruktion der Dachtopologie: Selektion von Regionen: man muß unwichtige Regionen entfernen und Dach durch Regionen konstruieren Idee: jede Flächenregion hat einen Normalenvektor (senkrecht auf Fläche) Verhältnis Normalenvektor zu entsprechender Grundrisskante: Normalenvektor in der Projektion auf die Ebene senkrecht auf entsprechender Grundrisskante „kompatibel (c)“ • „kompatibel zum Vorgänger (p)“ und „kompatibel zum Nachfolger (n)“ • „senkrecht nach links (l)“ und „senkrecht nach rechts (r)“ • „entgegen dem Vorgänger (a)“ und „entgegen dem Nachfolger (b)“ Für jede bekannte Dachstruktur und Einzelheiten, wie Dachgauben usw., gibt es zugehörige Regel: z.B.: eine Seite eines Walmdaches mit Dachgaube: c l r c Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 15 Rekonstruktion der Dachtopologie: • „kompatibel (c)“ • „kompatibel zum Vorgänger (p)“ und „kompatibel zum Nachfolger (n)“ • „senkrecht nach links (l)“ und „senkrecht nach rechts (r)“ • „entgegen dem Vorgänger (a)“ und „entgegen dem Nachfolger (b)“ Bildquelle: Brenner (2000) Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 16 Vervollständigung der Dachtopologie: Bildung der Dachtopologie: Bildquelle: Brenner (2002) Nach Selektion verbleiben Lücken und müssen geschlossen werden • nicht trivial, da mit erzeugten Regionen meist mehrere Dachtopologien erzeugbar sind • keine simple Konstruktion, sondern Anwendung von Suchverfahren Empfehlenswert: • zunächst Einsatz zusätzlicher geometrischer Information • dann „Beschränkte Baumsuche“ zur Reduktion der Suche durch Beschränkung des Suchraumes • schnelleres Finden der Lösung • weniger Speicherkapazität des Prozesses notwendig Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 17 Rekonstruktion der Dachlandschaft: Ergebnis: Luftbild Ebenensegmentierung akzeptierte Flächen Vervollständigung durch Regeln durch Suchverfahren Bildquelle: Brenner (2000) Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 18 Andere Ansätze - ein kurzer Überblick: Herkömmliche photogrammetrische Verfahren (mit Luftbildern) oder Segmentierung von digitalen Oberflächen auch durch • Morphologische Segmentierung • Steigungssegmentierung • Ebenensegmentierung mit besonderem Augenmerk auf Bereichswachstumsverfahren, Gruppierung von Linien • Krümmungsbasierte Segmentierung • Richtungssegmentierung • Segmentierung basierend auf Höhenlinien Rekonstruktion von Gebäuden auch durch • auf Mittelachstransformation und Skelett basierte Grundrisse • grammatikalischer Ansatz zur Akzeptierung von Dachflächen • Ausgleichung komplexer Dachformen (Verweis: ausführliche Diskussion siehe Dissertation von Claus Brenner) Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 19 Fazit: • zwei konkrete Verfahren zur 3D-Gebäudeerkennung wurden vorgestellt • 1. Verfahren: einfache Primitive, eingeschränkte Dachformen, Dekomposition, semantische Klassifikation • 2. Verfahren: spezielle Dachformen möglich, wenig Semantik, Komposition der einzelnen Flächen, hohe Bedeutung der Topologie und Geometrie Generell: • Wahl des Verfahrens hängt von gewünschter Genauigkeit und Datenquellen ab • vollautomatische Verfahren noch nicht zu kaufen • die meisten semiautomatischen Verfahren zeigen jedoch erfolgsversprechende Ergebnisse (Erfolgsraten bis zu 95%) Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 20 Literaturhinweise: [1] C. Brenner: Dreidimensionale Gebäuderekonstruktion aus digitalen Oberflächenmodellen und Grundrissen. Dissertation, Fakultät für Bauingenieur- und Vermessungswesen, Universität Stuttgart, 2000 [2] C. Brenner: Automatische Stadtmodellierung aus Laserscan-Daten. In: Kartographie als Baustein moderner Kommunikation, Symposium 2002 in Königslutter am Elm, Kartographische Schriften, Band 6, Kirschbaum Verlag, Bonn, 2002 [3] C. Brenner: Building Reconstruction from Laser Scanning and Images. In: Proc. ITC Workshop on Data Quality in Earth Observation Techniques, Enschede, The Netherlands, November 2003 [4] C. Brenner, N. Haala: Erfassung von 3D Stadtmodellen. In: PFGPhotogrammetrie, Fernerkundung, Geoinformation, Heft 2/2000, 2000 [5] U. Lohr, A. Wehr: In: Airborne laser scanning - an introduction and overview. In: ISPRS Journal of Photogrammetry & Remote Sensing (2-3), 1954 Maria Lichtenstein - Seminar Geoinformation IV - 6.5.2004 Seite 21