4.6 Cholera Erreger Vibrio cholerae (Biovar cholerae und Biovar el Tor), (gramnegative, kommaförmige, stark bewegliche aerobe Stäbchen). Verbreitung Die Krankheit ist im Gangesdelta endemisch und breitete sich im 19. und 20. Jahrhundert in mehreren Pandemiewellen auf mehrere Kontinente aus. Seit 1991 tritt Cholera v. a. in Südamerika (Peru 1991), Südostasien (Indonesien) und Afrika (mehrere Staaten Westund Zentralafrikas 1998/99) auf. Länder mit niedrigem Hygienestandard sind von der Cholera vermehrt betroffen. In Europa vereinzelte importierte Cholerafälle. In Deutschland wurden seit 2001 insgesamt 6 importierte Cholerafälle an das Robert Koch-Institut übermittelt. Infektionsländer waren Indien, Pakistan und Thailand. Für den Durchschnittsreisenden ist das Cholera-Risiko äußerst gering. Infektionsweg Die Erregeraufnahme erfolgt hauptsächlich über kontaminiertes Trinkwasser oder Nahrungsmittel. Seltener ist die direkte Übertragung von Mensch zu Mensch. Der Mensch ist wahrscheinlich das einzige Reservoir. Die asymptomatische Erregerausscheidung ohne jegliche Anzeichen einer Infektion ist sehr häufig. Auch nach durchgemachter Erkrankung können die Erreger noch einige Wochen lang ausgeschieden werden. Dauerausscheider sind sehr selten. Möglicherweise dienen auch Planktonbestandteile als Reservoir, die ihrerseits Fische und Schalentiere kontaminieren können. Der Erreger kann in feuchter Umgebung unter Umständen mehrere Wochen überleben. Inkubationszeit einige Stunden bis ca. 5 Tage. Symptomatik Die klinische Symptomatik wird durch die Wirkung eines Exotoxins verursacht. Die Anlagerung des Toxins an die Darmzelle führt zu einer Aktivierung der Adenylatzyklase mit entsprechender Störung des Elektolytaustausches und damit zu einer sekretorischen Diarrhoe. Eine Schädigung der Schleimhautzellen tritt nicht ein. Die Erkrankung beginnt plötzlich mit Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall. Die unter Umständen massiven Durchfälle werden zunehmend wässrig (Reiswasserstühle), es kann zu Flüssigkeitsverlusten bis zu 20 l/Tag kommen. Die Patienten leiden unter starken Wadenkrämpfen, es kommt zu zunehmender Exsikkose, Elektrolytentgleisung und Azidose. Ohne Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution trüben die Patienten zunehmend ein und es kann zum Exitus aufgrund von Nierenversagen und Kreislaufschock kommen. Die Letalität der unbehandelten Erkrankung kann bis zu 60% betragen. Rasante Verläufe mit schwerer Dehydratation und Tod innerhalb einiger Stunden sind möglich. Bei rechtzeitiger Flüssigkeitsund Elektrolytsubstitution ist die Prognose gut. Asymptomatische und milde klinische Verläufe mit Erregerausscheidung kommen vor. Diagnostik Direkter Nachweis der beweglichen Erreger im Stuhl oder Erbrochenem mittels Dunkelfeld- oder Phasenkontrastmikroskopie. Die sichere Diagnose erfolgt durch kulturellen Nachweis in einem geeigneten Selektivmedium. Bei Ausbrüchen ist eine Serotypisierung und ggf. molekulare Feintypisierung sinnvoll. (Arbeiten mit dem Erreger erfordern Sicherheitslaboratorien der Klasse 2.) Differenzialdiagnose Durchfälle anderer Genese u. a. hervorgerufen durch Infektionen mit Shigellen, Salmonellen, Staphylokokken; Intoxikationen. Therapie Ausgleich des Elektrolyt- und Flüssigkeitshaushaltes (Glukose und Elektrolyte), ggf. Behandlung von Azidose und Hypoglykämie. Die Gabe von Antibiotika spielt eine untergeordnete Rolle. Prophylaxe, Immunität Die Cholera ist gemäß internationaler Vorschriften eine der vier Quarantänekrankheiten. Wichtig ist eine sorgfältige Nahrungsmittelhygiene. Seit einigen Jahren ist ein relativ gut wirksamer oraler Cholera-Impfstoff verfügbar. Er hat vor allem Bedeutung zur Eindämmung von Ausbrüchen, z. B. bei Hilfseinsätzen in aktuellen Epidemiegebieten mit eingeschränkten hygienischen Bedingungen (Krisenregionen, Flüchtlingslager). Wichtige Voraussetzung für die Verhütung bzw. Eindämmung von Cholera-Epidemien ist die Bereitstellung von sauberem Trinkwasser und die Verbesserung der Sanitärverhältnisse. Gesetzliche Regelungen Nach § 6, Abs. 1 IfSG besteht Meldepflicht für Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod. Weiterhin besteht nach § 7, Abs. 1 IfSG Meldepflicht für den direkten oder indirekten Erregernachweis. Nach § 12, Abs. 1 IfSG besteht Übermittlungspflicht vom Gesundheitsamt an die zuständige oberste Landesgesundheitsbehörde und von dieser an das RKI, das die Information an die WHO weitergibt. Nach § 42 Abs. 1 IfSG dürfen Personen, die an Cholera erkrankt sind oder den Erreger ausscheiden, nicht beschäftigt werden mit dem Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen von Lebensmitteln in Küchen von Gaststätten oder sonstigen Einrichtungen mit Gemeinschaftsverpflegung.