| Ladenalltag Basiswissen Gesundheitsprodukte Lebensmittel mit hoher Wertstoffkonzentration (A bis I) Sich mit besonders wertvoller Nahrung etwas Gutes tun – das ist ein wichtiges Kaufmotiv für Naturkostkunden. Sie suchen gezielt nach Nahrungsmitteln, in denen sich wertvolle Nährstoffe konzentrieren. In dieser und der nächsten Ausgabe stellen wir die wichtigsten vor. Welche halten ihr Versprechen – und welche nicht? // Gudrun Ambros 2 3 4 ©Fotolia.com ©Fotolia.com 5 ©Fotolia.com 1 ©iStockphoto 3 Aronia: Ihren Ruf als Zellschützerin verdankt die Apfelbeere ihren Farbstoffen, den Anthocyanen. Davon steckt in der kleinen Beere zwei- bis siebenmal so viel wie in der Johannisbeere. Anthocyane wirken antioxidativ, schützen also die Zellen vor schädlichen Umwelteinflüssen. Außerdem liefert die Apfelbeere vergleichsweise viele Carotinoide, denen gefäßentspannende Wirkung nachgesagt wird. Das senkt den Blutdruck und schont das Herz. Die Indianer setzten sie gegen Erkältungen ein – die Beere stammt aus Nord­ amerika, wächst aber inzwischen auch in Europa und Russland. Roh schmecken Aronia säuerlich herb und machen die Zunge pelzig. 4 Bierhefe: Bierhefe ist reich an Vitaminen der B-Gruppe, an Pantothensäure und Enzymen. Sie soll gegen Appetitlosigkeit wirken und die Heilung von Akne und Furunkeln unterstützen. Die Hefezellen sollen probiotisch wirken und damit die natürliche Darmflora im Gleichgewicht halten. Die Wirkung selenhaltiger Hefen gegen Rheuma, gegen Lebererkrankung und als Gefäßschutz ist nicht ausreichend belegt. Mögliche Nebenwirkungen: migräneartige Kopfschmerzen, Blähungen, Wechselwirkung mit Arzneimitteln. 5 Cranberry: Die große Verwandte der Preiselbeere wird in Nord­ amerika geerntet. Sie heißt auch Moosbeere, ist leuchtend rot und schmeckt sehr sauer. Charakteristisch ist ihr hoher Gehalt an Proanthocyanidinen, starken Antioxidantien also, und an Tanninen, die als Gerbstoffe wirken. Erwiesen ist, dass nach dem Genuss von Cranberrys der Harn deutlich mehr Salicylsäure enthält, damit deutlich saurer ist. Cranberrys sollen Infektionen der Harnwege bekämpfen und Herz und Gefäße elastisch und gesund erhalten. Welche Stoffe dabei wie wirken, ist umstritten. 6 Gelee Royale: Dem Futtersaft, mit dem Honigbienen ihre Königinnen aufziehen, wird seit Jahrtausenden eine Vielzahl an gesundheitsfördernden Wirkungen zugesprochen. Ähnlich auch dem Propolis, einer von Bienen gesammelten und produzierten harzartigen Masse. Gelee Royale enthält antibiotische Wirkstoffe, Propolis > ©Fotolia.com Manchen Lebensmitteln wird eine besonders gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben. Man kann sie als einfaches Nahrungsmittel kaufen, als Nahrungsergänzungsmittel oder als Arznei. Während bei einfachen Lebensmitteln Zutatenverzeichnis und Mindesthaltbarkeitsdatum nicht fehlen dürfen, müssen Nahrungsergänzungsmittel beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit BVL angemeldet sein. Auf der Packung muss unter anderem die tägliche Verzehrsmenge empfohlen sowie vor dem Überschreiten dieser Dosis gewarnt werden. Produktaussagen, die auf eine Krankheit Bezug nehmen,dürfen nur auf Arzneimitteln stehen. Nachdem in den beiden vorigen BioHandel-Ausgaben die Nahrungsergänzungsmittel vorgestellt wurden, widmen sich diese und die nächste Ausgabe Lebensmitteln, denen eine hohe Konzentration an wertvollen Stoffen zugeschrieben wird. 1 Acai: Die Beere wächst auf der Euterpe Oleracea-Palme im Amazonas-Regenwald. Ihr Geschmack wird als fettig, erdig, säuerlich oder, wenn gesüßt, auch als schokoladig beschrieben. Sie liefert Fett, Proteine und Antioxidantien, Ballaststoffe, Calcium und Kalium. Ihr Fettsäuremuster soll dem des Olivenöls ähnlich sein. Ihre antioxidative Wirkung beruht auf bioaktiven Substanzen, vermutlich primär auf Anthocyanen, das sind rot-blau-schwarz färbende sekundäre Pflanzenstoffe. Bislang wurde die antioxidative Wirkung der Acai nur im Labor belegt. Die Unabhängige Gesundheitsberatung UGB erklärt, dass Anthocyane beispielsweise auch in roten Trauben und Kirschen enthalten sind. 2 Arganöl: Der Arganbaum gedeiht ausschließlich im Südwesten Marokkos. Sein mühsam gewonnenes orangefarbenes Öl gibt Berberfrauen ihr Auskommen. Es liefert feines nussiges Aroma und 80 Prozent ungesättigte Fettsäuren. Andere Öle, wie etwa Rapsöl, sind ernährungsphysiologisch günstiger zusammengesetzt, analysierte die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Die Stärke des Arganöls liegt also im Aroma und in der Unterstützung der Berberfrauen. 11|12 BioHandel 55 Ladenalltag Gesundheitsprodukte 7 8 > darüber hinaus auch Stoffe, die Viren und Pilze bekämpfen. Gelee Royale gilt vor allem als vitalisierend und antriebssteigernd, Propolis soll die Immunabwehr erhöhen. Empfindliche Personen können auf beide Produkte stark allergisch reagieren. 7 Goji: Die länglichen Wolfsbeeren gedeihen in unseren Breiten an Zierbüschen, werden aber meist in getrockneter Form als chinesische Importware angeboten. Sie schmecken mild-süßlich. Als herausragende Inhaltsstoffe gelten Antioxidantien, unter anderen Carotinoide wie Lutein und Zeaxanthin, die vermutlich die Augen schützen können. Die Goji-Beere ist Bestandteil der traditionellen chinesischen Medizin, Belege ihrer gesundheitsfördernden Wirkung stehen aber noch aus. Bislang heißt es, sie sei nicht wertvoller als einheimisches Beerenobst. Darüber hinaus warnten Verbraucherzentrale und Foodwatch, weil Goji bei Kontrollen durch Pestizidbelastung auffielen. 8 Granatapfel: Die apfelähnliche Scheinfrucht aus dem Mittelmeerraum liefert erfrischenden Saft, vor allem aber mit rotem Fruchtfleisch ummantelte Samen. Für zahlreiche angenommene gesundheitserhaltende Wirkungen gibt es keine wissenschaftlich belastbaren Studien oder Belege, eventuell aber, laut Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen Hinweise auf einen leicht blutdrucksenkenden Effekt, vergleichbar der Wirkung von Orangensaft. Achtung: Granatapfelsaft oder –samen können mit Medikamenten in Wechselwirkung treten. 9 Gräser: Das Gras(gemüse) aus Weizen, Gerste oder Dinkel soll, wenn es 15 Zentimeter hoch ist, den höchsten Nährstoffreichtum in sich speichern. Dann wird es geerntet und zu Saft, Pulver oder Tabletten verarbeitet. Der Geschmack: grasig-süßlich. Es seien offenbar alle essentiellen Aminosäuren, Mineralstoffe und wichtige Vitamine vorhanden, darüber hinaus sekundäre Pflanzenstoffe und Chlorophyll in hoher Konzentration, stellte die Unabhängige Gesundheitsberatung UGB fest. Eine Studie am Rubner-Institut ergab für Weizengras erhöhte Werte an Lutein, einem sekundären Pflanzenstoff, der für Auge und Sehkraft von Bedeutung ist und als Antoxidans wirkt. 10 Guarana: Das Samenpulver aus einer brasilianischen Liane schmeckt erdig, herb und bitter. Es enthält große Mengen an Koffein, das in Ballaststoffe eingebettet ist, so dass der anregende Stoff 56 BioHandel 11|12 10 im Körper erst nach und nach abgegeben wird und seine Wirkung lange anhält. Das Koffein belebt Stoffwechsel, Atmung und geistige Aktivität, lässt Erschöpfung, Hunger und Durst vergessen. Zu viel Guarana kann den Blutdruck erhöhen, Nervosität und Zittern hervorrufen und den Schlaf beeinträchtigen. 11 Hagebutten: In den Früchten der Heckenrose stecken Flavone, Fruchtsäuren, B-Vitamine, vor allem aber Vitamin C – 400 bis 5.000 mg pro 100 Gramm frischer Früchte. Das heißt: Auch wenn durch Trocknung oder Kochen viele Vitamine verloren gehen, kann eine ansehnliche Menge übrigbleiben. Weniger bekannt ist das Galaktolipid in Hagebutten. Ein Pulver aus den säuerlich schmeckenden Fruchtschalen lindert erwiesenermaßen schmerzhafte Gelenk­ arthrose, indem es die Entzündung zurückdrängt. 12 Holunder: Sowohl die Blüten als auch die Beeren können verwendet werden. Holunderblüten sind reich an Flavonoiden und organischen Säuren, die Früchte enthalten ätherisches Öl, Flavonoide und Anthocyane wie Sambucin und Sambucyanin, außerdem B-Vitamine, Folsäure und Vitamin C. Blütentee soll helfen, fiebrige Erkältungen auszuschwitzen. Wissenschaftlich belegt ist das nicht, aber eine Erfahrung der Volksmedizin. Der Vitamin-C-haltige Beerensaft soll ebenfalls helfen, die Abwehrkräfte zu stärken. Er soll schleimbildend wirken und damit das Abhusten erleichtern, außerdem etwas entwässern und so schwache Blasenentzündungen bekämpfen. Unreife Früchte enthalten Sambuginin, das Blausäure freisetzen kann. Auch reife Früchte sollten nicht roh verzehrt werden, weil das zu Übelkeit und Erbrechen führen kann. 13 Ingwer: Ätherische Öle wie Zitral oder Zingiberen und Scharfstoffe wie Gingerole sorgen für zitronige Schärfe. Sie kurbeln die Bildung von Speichel, Magen- und Gallensaft an, was Appetit und Verdauung anregt. Wie das genau funktioniert, wissen die Wissenschaftler noch nicht. Erwiesen ist, dass die aus Südostasien stammende Wurzel Übelkeit und Erbrechen bekämpft und die Verdauung unterstützt. Weniger bekannt ist, dass Ingwer Schmerzen lindern soll, mit Gingerolen, die offenbar im Körper ähnlich wirken wie Acetylsalicylsäure. Bei Schwangerschaftsübelkeit, Gallenkoliken und empfindlichem Magen ist Ingwer nicht das Mittel der Wahl. Außerdem: Wer regelmäßig Ingwer zu sich nimmt, sollte vor einer Operation damit pausieren, denn Ingwer kann auch Blut verdünnen.< ©Fotolia.com 13 ©iStockphoto 12 ©Fotolia.com 11 9 ©Fotolia.com 6 ©Fotolia.com > | Von Acai bis Ingwer – die gesundheitsfördernde Wirkung der verschiedenen Lebensmitteln ist bei vielen nicht wissenschaftlich belegt. Dennoch liefern sie häufig besonders hohe Konzentrationen an bestimmten Nährstoffen.