Exkursion Erzlagerstätte Schauinsland 05.04.2014 A. Danilewsky, J. Richter 1. 1.1 1.2 Geologische Übersicht und Entstehung der Erzgänge Geologische Übersicht des Schwarzwaldes Grundgebirge des Bereichs Schauinsland - Kappler Tal a) Paragneis b) Amphibolite c) Gänge 1.2 1.3 Entstehung der Erzgänge Erzgänge und Mineralbestand 2. Historischer Überblick und Bergbauperioden 3. Aufbereitung und Verhüttung 4. Literatur Anlage A: Auszug TK 25 8013 Freiburg SE, Wanderweg Anlage B: Auszug Geologische Karte 2 1. Geologische Übersicht und Entstehung der Erzgänge 1.1. Geologische Übersicht des Schwarzwalds Prävariszisch: Variszisch: Mesozoisch: Tertiär: Bildung von Paragneisen aus Sedimenten (Arkosen, Grauwacken), Orthogneisen aus Graniten, Amphiboliten aus gabbroiden Gesteinen Anatexis, Intrusionen von Graniten und Ganggesteinen => Grundgebirge Sedimentation des Deckgebirges (noch erhalten im Westen im Rheingraben und in der Vorbergzone sowie nach Osten: Schichtstufenland) => Deckgebirge Aufwölbung und damit Abtragung der Sedimente, Rheingrabenbruch Gebiet Schauinsland: Heute nur noch Grundgebirge des "Zentralschwarzwälder Gneiskomplexes" und geringe quartäre Bodenbildung Abb. 1.1: Übersicht der Geologie des Schwarzwalds mit den wichtigsten Bergbaugebieten, aus [1] 3 1.2 Grundgebirge des Bereichs Schauinsland - Kappler Tal a) Paragneis ("Renchgneis") Mineralbestand: Feldspat: Plagioklas (18-41% Anorthit) Orthoklas (nur 0-10, max. 17 Vol.-%) Quarz Glimmer: Biotit untergeordnet: Hornblende, Cordierit, Sillimanit akzessorisch: Granat, Apatit, Zirkon, Titanit Gefüge: deutlich lagig Ursprung: Arkosen (feldspatreiche Sandsteine), Grauwacken (reich an Glimmer, Tonminerale, feinkörnig), Schiefer Genese: prävariszische Regionalmetamorphose, Katazone: T > 600 °C, p > 4 kbar (Amphibolitfazies) danach variszische Absenkung mit Anatexis Anatexis: regionale Mobilisation in verschiedenen Stufen, zuerst die hellen Gemengteile (Sprossung der Feldspäte: Blastese, Bildung von gangartigen Schlieren mit Feldspat und Quarz) Diatexis: vollständige Mobilisation einschließlich der dunklen Gemengteile führt zu schlierigen, granitartigen Gesteinen, inhomogen b) Amphibolite Mineralbestand: Amphibol: Hornblende Ca2(Na,K)0.5-1(Mg,Fe2+)3-4(Fe3+,Al)2-1[O,OH,F)2/Al2Si6O22] (Alumosilikat, Zweierdoppelketten von SiO4-Tetraedern, C2 - 2/m) Feldspat (Plagioklas, serizitisiert) akzessorisch: Granat, Biotit, Apatit, Titanit, Pyrit Gefüge: klein- bis mittelkörnig schiefrig bis schlierig Ursprung: magmatisch: Diabas, Gabbro, Basalt (also basische, Plagioklas-reiche Gesteine) sedimentär: dolomitische, eisenschüssige Mergel 4 c) Gänge Lamprophyr Gefüge: porphyrisch Grundmasse: Einsprenglinge: Akzessorien: Plagioklas, wenig Quarz und Alkalifeldspat meist Biotit, wenig Pyroxen (Diopsid) Kalzit, Chlorit, Hornblende, Titanit, Apatit, Pyrit, Hämatit Aplitgranit Gefüge: klein- bis mittelkörnig, wenig porphyrisch Hauptbestandteile: Plagioklas (An 5-15%), Orthoklas, Quarz und Biotit, Muskowit, Cordierit, z.T. Turmalin Akzessorien: Titanit, Anatas, Apatit, Zirkon, Granat, Andalusit Ruscheln lockere Zerrüttungszonen längs von Bewegungsflächen (fest: Mylonite), sandig - tonig Letten vorwiegend tonig, sehr feinkörnig 5 1.2. Entstehung der Erzgänge Abb. 1.2: Entstehung der Erzgänge schematisch aus [2,3]: (1) Oberkarbon: Ende der variszischen Tektonik (2) Oberkarbon - Perm: Intrusion von Ganggraniten, Bildung von Scherzonen (3) Jura - Kreide: Entstehung der Ruschelstörungen, linkslaterale Scherung (4) Tertiär: rechtslaterale Scherung, dreiphasige Hydrothermalmineralisation Die Herkunft der hydrothermalen Wässer ist in Abbildung 1.3 dargestellt. Die Ergebnisse stammen aus der Untersuchung der Flüssigkeitseinschlüsse hauptsächlich der Gangmineralien. Die chemisch Zusammensetzung der Flüssigkeitseinschlüsse gibt Auskunft über die Zusammensetzung der Ausgangsflüssigkeit. Vor allem die Salinität, und hier das Verhältnis von Br – Cl gestatten Aussagen über die Herkunft des Wassers: meteorisches Wasser, Süßwasser oder Meerwasser. Erdöleinschlüsse in Zinkblende zeigen die Signatur den Pechelbronner Schichten und deuten damit auf eine Vererbung im Jungtertiär hin [2]. 6 Abb. 1.3: Herkunft der hydrothermalen Wässer und Ausfällung (aus [2,3]) 7 1.3 Erzgänge und Mineralbestand Gangstreichen: Fallen: Mächtigkeit: Einordnung: NNW - SSE (20 - 60°) (Literaturangabe, prüfen !!!) steil W (70 - 80°) stark schwankend 0,5 - 3,0 m Quarz –Schwerspat – Kalkspatgänge mit Pb – Zn – Erzen mit 3 Mineralisationsphasen, z.T. mit Brekzien-Bildung Paragenese Gangarten: 1. 2. 3. 4. 5. 6. Quarz (Grundquarz, Hornstein) Älterer Kalkspat (derb) Älterer Schwerspat (Hauptschwerspat) Braunspat (Ankerit) Jüngerer Schwerspat (fehlt häufig) Jüngerer Kalkspat (XX) Paragenese Erze: 1. 2. 3. 4. 5. Erste Generation Zinkblende, Bleiglanz Ältere Kiesgeneration (Kupferkies, Pyrit) Zweite Generation Zinkblende, Bleiglanz Dritte Generation Zinkblende, Bleiglanz Jüngere Kiesgeneration (Pyrit, Markasit) Zinkblende (Sphalerit) ZnS Td - 4 3m Bleiglanz (Galenit) PbS Oh - m 3 m Kupferkies (Chalkopyrit) CuFeS2 D2d - 4 2m Pyrit FeS2 Th – m 3 Markasit FeS2 D2h - mmm (niedrigere Bildungstemperatur wie Pyrit) Abb. 1.4: Typischer Gang, I. Feldstrecke über Leopoldsohle: Zinkblende I, Kalkspat I, Zinkblende II, Quarz II (Schürenberger 1954) aus [2] SiO2 CaCO3 BaSO4 CaFe[CO3]2 BaSO4 CaCO3 D3 - 32 D3d - 3 m D2h - mmm C3i – 3 D2h - mmm D3d - 3 m 8 Sekundäre Bildungen: a) Pb: Cerussit Wulfenit PbCO3 PbMoO4 D2h - mmm C4 – 4 b) Zn: Pyromorphit Pb5(PO4)3Cl Hemimorphit Zn4Si2O7(OH)2 x H2O Hydrozinkit Zn5[(OH)3/CO3]2 C6h - 6/m C2v - mm2 C2 - 2/m (Krusten, bildet sich noch rezent) c) Sonstige: Limonit Malachit Silber Fe – O – OH Cu2[(OH)2/CO3] Ag Krusten(meist feinkörniger Goethit FeOOH) C2 - 2/m Oh - m 3 m Lage der Haupterzgänge und das Grubengebäude Abb. 1.5: Seigerriß des Grubengebäudes und Erschließung der Erzgänge (aus [2,3]) 9 2. Historischer Überblick und Bergbauperioden - ab 12. Jh. auf den Höhen des Schauinslands - 14. Jh. erste Blütezeit bei Haldenhof südl. Hofsgrund (Grube Dieselmuot) - 1340 Stiftung der "Schauinslandfenster" im Freiburger Münster - 1372 "Dieselmuoter Bergweistum" eine der ältesten Bergordnungen, erlassen durch Graf Egeno IV von Freiburg - 14. – 18. Jh. Abbau von Bleiglanz und Grünbleierz (Pyromorphit) im Bereich Willnau - 15. - 17. Jh. Rückgang des Bergbaus (Holzmange, 30-jähriger Krieg etc.) - ab 1724 Wiederaufnahme, hauptsächlich Pb von Bedeutung - 1803: 19 Stollen, aber nicht mehr befahrbar - ab 1876 Wiederaufnahme auf Zn, Verhüttung der alten Halden - 1889 Auffahrung des Kappler Stollens - 1899 Bau der 5,3 km Seilbahn bis Erzwäsche Kappel. Dort nur nassmechanische Aufbereitung - 1908 Auffahrung Leopoldstollen als Hauptförderstollen (1 km Querschlag) zum Roggenbachsschacht (Blindschacht, Hauptförderschacht über 500 m) - 1930 Stilllegung - 1935 Stolberger Zink AG - 1937 Flotation in Kappel - 1945 -1946 kriegsbedingte Pause - 1947 Durchschlag Tiefer Stollen zum Roggenbachschacht zur Entwässerung - 31.10.1954 endgültige Stilllegung Zusammensetzung der Erze: SiO2: 52,5 – 75,5 % Zn: bis zu 25 % Pb: bis zu 2,3 % Karbonate untergeordnet Feinverteilte Fahlerze (Cu, Sb, As) Ag: Ag: 0,03 % im Zinkerz 0,08 % im Bleierz Abb. 2.1: Schauinslandfenster im Freiburger Münster ca. 1320 - 1340 Zinkblende: Cd: 0,08 – 0,2 % Au, Pt: < 16 ppb In: 10 – 1730 Ge: 100 – 1200 ppm Ga: 200 ppm Förderung 1953: 200 t Roherz mit 0,9 % Pb, 5,4 % Zn, ca. 0,04 % Ag Förderung im 20. Jh.: 1,2 mio t Roherz, 70.000 t Zn (5,7 %), 12.000 t Pb (1,0 %), 12 t Ag (0,001%) Erschlossene Vorräte: ca. 500.000 t 10 3. Aufbereitung und Verhüttung - Ab 1908 Transport des Roherzes mit Seilbahn zur "Erzwäsche" - Poche: mechanisches Zerkleinern des Roherzes, meist mit Wasserkraft - Schlämmen: Reinigung und z.T. Trennung von Erz und Gangarten, meist durch abseigern (hoher Wasserbedarf !) - Flotation: Trennung verschiedener Erze, hauptsächlich durch unterschiedliches Benetzungsverhalten nach Chemikalienzusatz und Seigerung (hoher Wasserbedarf !) a) Zn: - Hauptverunreinigungen Zinkerz aus ZnS: Fe, Cd, In, .... - Abrösten der sulfidischen Erze: ZnS + 1,5 O2 → ZnO + SO2 + 104,95 kcal - Trockenes Verfahren zur Reduktion (ca. 60% der Weltproduktion von Zn): bei ca. 1100 – 1300 °C: 56,82 kcal + ZnO + C ↔ Zn + CO Rohzink: 97 -98 % Zn - Nasses Verfahren zur Reduktion: Elektrolyse von ZnSO4 - Lösung ZnO + H2SO4 → ZnSO4 + H2O - Fraktionierte Destillation: Feinzink 99,99 % Zn - Verunreinigungen wie In, Ge, Ga, Cd werden getrennt gereinigt und sind wichtige Rohstoffe z.B. Indium: als III-V-Verbindungshalbleiter InP unverzichtbar in der GlasfaserNachrichtentechnik als Halbleiter-Laser und Detektor (Wellenlänge ca. 1,6 µm: geringste Absorption und Dispersion in der Glasfaser) b) Pb: - Hauptverunreinigungen Bleierz aus PbS: Cu, As, Ag - Röstreduktionsverfahren: bei Rotglut durchblasen von Luft: PbS + 1,5 O2 → PbO + SO2 (Röstarbeit) dann im Schachtofen mit Koks: PbO + CO → Pb + CO2 (Reduktionsarbeit) - Röstreaktionsverfahren: unvollständiges rösten: 3 PbS + 3 O2 → PbS + 2 PbO + 2 SO2 (Röstarbeit) weiteres erhitzen im "Herd" unter Luftabschluß: 3 PbS + 2 PbO → 3 Pb + 2 SO2 (Reaktionsarbeit) => Werkblei ca. 98 - 99 % Pb - Silberabtrennung von Ag durch Parkesieren, Pattinsonieren, Treibarbeit 11 Parkesieren: Schmelzpunkt TS für Ag: 961 °C Schmelzpunkt TS für Pb: 327 °C Schmelzpunkt TS für Zn: 419 °C Siedepunkt von Zn: 908 °C - Dichte: 10,5 g/cm3 Dichte: 11,3 g/cm3 Dichte: 7,1 g/cm3 t < 400 °C: Pb und Zn sind flüssig, aber praktisch nicht mischbar 2 flüssige Phasen trennen sich: Pb mit größerer Dichte unten, Zn oben Ag in Zn leicht löslich => Anreicherung im "Zinkschaum" oben Abtrennung des Ag-haltigen Zn-Schaumes beim Abkühlen Bildung von Zn-Ag- Mischkristallen, verunreinigt durch anhaftendes "Armblei" Erhitzen bis knapp über TS von Pb: abseigern des Armbleis Reichschaum von Zn enthält 75 % Pb und bis zu 10 % Ag durch Erhitzen über den Siedepunkt des Zn (908 °C) wird Zn abdestilliert Reichblei mit 8 – 12 % Ag => Treibarbeit Pattinsonieren: - bei 304 °C und 2,5 % Ag eutektischer Punkt im Phasensystem Pb – Ag - beim Abkühlen kristallisiert oberhalb 304 °C Ag-armes Pb - dauerndes Abschöpfen der reinen Pb-Kristalle mit gesiebten Löffeln führt zu einer AgAnreicherung im Reichblei von bis zu 2,5 % => Treibarbeit Treibarbeit: - Im Flammofen (Treibherd) im Windstrom wird Pb oxidiert, nicht aber das edlere Ag - Bleiglätte PbO (TS = 884 °C) läuft durch seitliche Rinnen ab, ein Teil verdampft oder wird von Ofenfütterung aufgenommen - Ag bleibt unter PbO zurück - wenn das letzte PbO – Häutchen aufreißt, lässt es das hochglänzende flüssige Ag durchblicken => Silberblick Blicksilber (Rohsilber) ca. 95 % Ag - weitere Reinigung elektrolytisch (Möbius-Verfahren) aus [5] 12 6. Literatur [1] K. Walenta Die Mineralien des Schwarzwaldes und ihre Fundstellen Weise 1992 [2] W. Werner, H. J. Franzke, G. Wirsing, J. Jochum, V. Lüders, J. Wittenbrink Die Erzlagerstätte Schauinsland bei Freiburg im Breisgau Berichte der Naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i.Br. Bd. 92(1) 2002 [3] W. Werner und V. Dennert Lagerstätten und Bergbau im Schwarzwald. - Ein Führer unter besonderer Berücksichtigung der für die Öffentlichkeit zugänglichen Bergwerke Sonderveröffentlichung des Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau BW, 2004 [4] B. Steiber Der Schauinsland. Geschichte - Geologie - Mineralisation Haltern (Bode) 1986 [5] Hollemann-Wiberg Lehrbuch der Anorganischen Chemie de Gruyter, x.te Aufl. Geologische Karte 1 : 25000 Blatt 8013 Freiburg SE + Erläuterungen von W. Wimmenauer und R. Hüttinger (1967), Geol. Landesamt BW TK 25 Blatt 8013 Freiburg SE