Kreiskrankenhaus des Vogelsbergkreises in Alsfeld GmbH Schwabenröder Straße 81 36304 Alsfeld Telefon 06631 98-0 www.kreiskrankenhaus-alsfeld.de Pressemitteilung 2013-03 Mit „DIANA“ ist das Alsfelder Krankenhaus Vorreiter bei der Behandlung von Iliosacralgelenk-Schmerzen Ärztefortbildung um das Thema „Faszien“ – Vier Vorträge von Experten VOGELSBERGKREIS (kiri). Es hat inzwischen Tradition: Statt sich zum Rindskopfoder Heringsessen zu verabreden, treffen sich die niedergelassenen Ärzte der Region nach dem turbulenten Faschingswochenende zu einer Fortbildung im Alsfelder Kreiskrankenhaus. Dieses Mal hatte die Abteilung „Unfallchirurgie und Orthopädie“ unter der Leitung von Chefarzt Dr. Arno Kneip die Organisation und inhaltliche Ausgestaltung übernommen und zu dem Schwerpunktthema „Faszien“ – die WeichteilKomponenten des Bindegewebes, die den ganzen Körper als ein umhüllendes und verbindendes Spannungsnetzwerk durchdringen – eingeladen. Gut 40 niedergelassene Kolleginnen und Kollegen – darunter nicht nur Allgemeinmediziner sondern auch Fachärzte wie Unfallchirurgen, Orthopäden, Internisten, HNO- oder Augenärzte – waren erneut der Einladung der Alsfelder Klinik gefolgt und trafen sich im Nebenraum der Cafeteria zu der vierstündigen Veranstaltung, für die die Landesärztekammer nach einem abschließenden Test auch Fortbildungspunkte vergab. Bevor Kneip und seine Oberärzte in die eigentliche Thematik einstiegen, nutze der Chefarzt die Gelegenheit, auf die Entwicklung des Krankenhauses in den letzten Jahren einzugehen – humorvoll mit Hilfe von bildhaften Vergleichen zu „Luxusdampfern“, „Sportboten“, „Segelboten“ und „Galeeren“. Dabei erläuterte er für die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen nicht nur den aktuellen Stand der Fusionsverhandlungen, sondern ging auch auf personelle Veränderungen ein. Um den Medizinern deutlich zu machen, dass trotz Personalwechsel die Qualität der Arbeit im Haus gehalten und stets verbessert wird, stellte Kneip den neuen Chefarzt der Allgemein-, Visceral- und Gefäßchirurgie vor, der die Abteilung anstelle des scheidenden Chefarztes Dr. Jochen Klotz übernehmen wird, und sich in Kürze auch der Öffentlichkeit vorstellt. Mit der eigentlichen Fortbildung beginnend, widmete sich Oberarzt Dr. Sami Öztürk, Hand- und Fußspezialist des Hauses, den Themen „Dupuytren’sche Kontraktur“ und dem „Karpaltunnel-Syndrom“. Bei beiden Erkrankungen erläuterte der erfahrene Chirurg die Symptome, Diagnostik, Verlauf und Behandlungsmöglichkeiten – von konservativen bis operativen Methoden inklusive Nachsorge. Die „Dupuytren-Kontraktur“ ist eine gutartige Erkrankung des Bindegewebes der Handinnenfläche. Die Ursache hätte bis heute nicht gefunden werden können. Betroffen seien meistens der Ring- oder Kleinfinger, und das vorwiegend bei Männern. „Charakteristisch für die Erkrankung ist das Auftreten von Knoten und Strängen an der Innenfläche der Hand“, erklärte Öztürk. In frühen Stadien könne das weitere Wachstum der Bindegewebsveränderungen durch Bestrahlungen der Handinnenfläche verlangsamt oder gar aufgehalten werden. Reiche dies nicht aus, bestünde die Möglichkeit einer minimal-invasiven Therapie, innerhalb derer der Strang mit einer dünnen Nadel perforiert und dann zerrissen wird. Sei das Ergebnis nicht zufriedenstellend, stünde eine offene Operation der Hand an, bei der das gesamte befallene Gewebe entfernt werde. Das „Karpaltunnel-Syndrom“ bezeichne eine Einengung des Nervus medianus im Bereich der Handwurzel. Typisches Erstsymptome seien nächtlich auftretende Schmerzen oder Missempfindungen, die von der Hand in den gesamten Arm einstrahlen könnten. Später würden die Beschwerden zunehmend tagsüber auftreten, im fortgeschrittenen Stadium könne es auch zu einem Muskelschwund im Bereich des Daumenballens, Schwäche beim Greifen und zu einer Minderung des Tastgefühls kommen. „Leichte Formen des Karpaltunnelsyndroms können konservativ behandelt werden, in schwereren Fällen muss eine chirurgische Therapie durchgeführt werden“, erklärt der Handspezialist. Die konservative Therapie erfolge über das Tragen spezieller Schienen oder auch das Anlegen von geformten Stützverbänden. Diesen könnten Beschwerden zumindest für eine Zeit lang beseitigen oder abmildern. Als unterstützende oder alternative Therapie könnten schmerzstillende und entzündungshemmende Medikamente verabreicht werden. „Bleibt die konservative Behandlung erfolglos“, rät der erfahrene Chirurg, „sollte, um bleibende Schäden zu vermeiden, eine Operation erfolgen – eine offene Operation oder ein endoskopischer Eingriff, der allerdings zu mehr Komplikationen führen kann.“ Danach ergriff Oberarzt Dr. Uwe Köppel das Wort. Der Unfallchirurg und Orthopäde hatte sich das Thema „Die Bedeutung des Fußes für die Körperstatistik“ vorgenommen – und dort speziell den Senk-Spreiz-Fuß. Köppel, der auch als niedergelassener Orthopäde in Romrod tätig ist, ging zunächst auf die Anatomie des Fußes und seine Entwicklung ein. Der Spreizfuß sei die häufigste erworbene Fehlstellung des Fußes. Dabei komme es durch die Absenkung des Fußquergewölbes zu einer Verbreiterung des Vorfußes. Bei einem Senkfuß dagegen handelt es sich um eine Absenkung des Längsgewölbes des Fußes, also eine Abflachung der Wölbung vom Vorderfußballen zur Ferse. Sind beide Gewölbe betroffen, liege ein Senk-Spreizfuß vor. In der Regel entstünden Senk-Spreizfüße durch untrainierte Fußmuskulaturen, ungeeignetes, ungesundes Schuhwerk, Fehlstellungen der Beine (O- oder X-Beine), Übergewicht, Bindegewebsschwäche oder durch erbliche Disposition. Bei einem SenkSpreizfuß käme es, so der Experte, zu einer chronischen Fehlbelastung der Knochen und Gelenke. Auch Muskeln, Sehnen und Bänder werden dauerhaft einseitig belastet und überdehnt. Die Folge – insbesondere im Bereich der fehlbelasteten Mittelfußköpfchen – seien die Ausbildung schmerzhafter Schwielen oder „Hühneraugen“ und Nervenreizungen. An der Innenseite des Vorfußes entstünde nicht selten ein schmerzhafter knöcherner Vorsprung, der so genannte Frostballen. Außerdem würde ein Senk-Spreizfuß die Entstehung von Krallen- und Hammerzehen begünstigen. Köppel warnt: „Unbehandelt können Senk-Spreizfüße auch zu ernsteren Problemen an Knöchel, Knie und Hüfte führen!“ Bei leichter Ausprägung eines Senk-Spreizfußes könne in vielen Fällen die normale Fußstatik mit Hilfe von orthopädischen Einlagen wiederhergestellt werden. Zusätzlich sollte mit spezieller Krankengymnastik und gezieltem Muskeltraining die Verbesserung der Fußstatik aktiv unterstützt werden. „Sollte die konservative Behandlung nicht zum gewünschten Erfolg führen und der Senk-Spreizfuß weiterhin Schmerzen verursachen, kann eine Operation Abhilfe schaffen“, so der Wiederherstellungschirurg. Die unterschiedlicher operativer Verfahren, mit deren Hilfe die Fehlstellungen des Fußes korrigiert und eine Wiederherstellung der Statik erreicht werden können, stellte Köppel seinen Kolleginnen und Kollegen vor, indem er einige seiner Fälle darstellte, diese mit Fotos und Röntgenbildern untermauerte und erläuterte, welche operativen Maßnahmen er jeweils erfolgreich vorgenommen hat. Oberarzt Dr. Mostofa Beizai – Wirbelsäulenspezialist des Alsfelder Kreiskrankenhauses – präsentierte den niedergelassenen Medizinern im dritten Beitrag des Tages eine neue Operationsmethode bei therapieresistenten Schmerzen am Iliosakralgelenk, die seit vergangenem Jahr in der Alsfelder Klinik durchgeführt wird. Die neue Methode heißt kurz „DIANA“, kommt aus Amerika und wird seit wenigen Jahren an weltweit 70 Kliniken im Rahmen einer Studie durchgeführt. Alsfeld ist eine der Kliniken und kann bereits Erfolge vermelden. Das Iliosakralgelenk werde auch Kreuz-Darmbein-Gelenk genannt und sei ein wichtiges tragendes Gelenk, das sich zwischen der Hüfte und der Wirbelsäule befindet. Es sei ein straffes und wenig bewegliches Gelenk und könne durch Brüche oder Verrenkungen zu chronischen Schmerzen führen, da in der schmalen Gelenkspalte schnell Nerven eingeklemmt werden. Durch Mobilisation, Manuelle Therapie oder direkte, örtliche medikamentöse Schmerztherapie gelinge es oftmals, die Gelenkfunktion wieder herzustellen. Bei immer wiederkehrenden Verletzungen entstünde allerdings eine Arthrose. Diese bedeute für einige Patienten eine erhebliche Beeinträchtigung durch Schmerz, der schlecht zu beeinflussen sei. Blieben die Beschwerden länger bestehen, habe bisher nur die Möglichkeit bestanden, das Gelenk komplett zu versteifen. In den „alten Verfahren“ wurde dazu das Gelenk unter Druck gesetzt und nicht selten ein dem Gelenk naheliegender Nerv eingeengt. Auch Beizai denkt bei bestehendem Schmerz an einen operativen Eingriff – allerdings an „DIANA“. „Diana“ steht für „Distraktions-Interferenz-Arthrodese des Iliosakralgelenks“, bei der der Nerv geschont wird. In dieser Operationsmethode würden Schrauben eingesetzt werden, die das Gelenk weiten und damit den eingeklemmten Nerv entlasten. Gleichzeitig würden die Knochen in Teilbereichen „angefräst“ – so erklärt es Beizai“ – damit sie dort zusammenwachsen und zum Teil versteifen können. Durch diese Versteifung werde eine erneute Einklemmung des Nervs verhindert. Der Unterschied zu früheren OP-Methoden bestünde darin, dass diese OP reversibel sei und nicht das komplette Gelenk versteift werden müsse. Den Abschlussbeitrag der Fortbildung bestritt Chefarzt Dr. Arno Kneip. Er widmete sich der „Fibromyalgie“. Die Fibromyalgie – auch Weichteilrheumatismus genannt – sei eine schwere chronische und nicht heilbare Erkrankung. Sie sei durch weit verbreitete Schmerzen mit wechselnder Lokalisation in der Muskulatur, um die Gelenke und Rückenschmerzen und auch Druckschmerzempfindlichkeit sowie Begleitsymptome wie Müdigkeit, Schlafstörungen, Morgensteifigkeit, Konzentrations- und Antriebsschwäche, Wetterfühligkeit, Schwellungsgefühl an Händen, Füßen und Gesicht und viele weitere Beschwerden charakterisiert. „Sie ist schwierig zu diagnostizieren und auch schwierig zu behandeln“, gesteht der Chefarzt der Unfallchirurgie und Orthopädie des Krankenhauses. „Bei der Behandlung ist vor allem der Patient selbst gefragt!“ Kneip erläuterte die Symptomatik und die Diagnosemöglichkeiten, stellte aber deutlich heraus, dass neben Medikamentengabe vor allem der Patient zum Selbstmanagement seiner Erkrankung ermutigt werden sollte. Kneip: „Patientenschulung, der Einsatz von Medikamenten in Verbindung mit Sport- und Funktionstraining, physikalischen Therapien sowie Psychotherapie und Entspannungsmethoden sind die Möglichkeit, wie diese Patienten beschwerdeärmer werden.“ „Beschwerdeärmer“ – das war das Wort des Abends. Denn die vorgestellten Erkrankungen der Faszien seien oftmals – so gut die Fortschritte in der Medizin auch seien – nicht hundertprozentig wieder zu heilen. Wichtig sei bei allen Erkrankungen die Mitarbeit des Patienten. Grund genug für die Mediziner, selbst nach der vierstündigen Fortbildung im Anschluss noch den Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen zu suchen, um sich mögliche Tipps und Anregungen zu holen. Text/Foto: Anja Kierblewski - mArliK – büro für kommunikation, pr & design