Basiswissen | Skripte ◮ Neurobiologie | Erregungsleitung | am synaptschen Spalt Skript Erregungsleitung am synaptschen Spalt Übersicht 1 Einleitung 1 2 Die Synapse 1 3 Neurotransmitter 4 4 Informationsverarbeitung 5 5 Taurin 9 © Karlsruhe 2014 | SchulLV | Verena Bessenbacher, Melissa Käß Vervielfältigung nur innerhalb einer Lehrer-/Klassen- oder Schullizenz und mit Hinweis auf BioLV erlaubt. www.BioLV.net Basiswissen | Skripte ◮ Neurobiologie | Erregungsleitung | am synaptschen Spalt Skript 1 Einleitung Gerade hast du dir einen Energiedrink gekauft. Als du dir die Liste mit den Inhaltsstoffen durchliest, fällt dir ein Stoff besonders auf: Taurin. Im Internet findest du folgende Angaben zu diesem Stoff: ◮ Steckbrief Taurin organische Säure bei Zimmertemperatur farblos, kristallin kommt natürlich im menschlichen Körper vor Neurotransmitter Aufgaben im Stoffwechsel: stabilisiert das Membranpotential, bedingt den Einstrom von Ca2+ -Ionen in Neuronen ... Taurin scheint in der Neurobiologie eine wichtige Rolle zu spielen. Den Begriff Membranpotential kennst du bereits aus unserem Skript Erregungsleitung an Neuronen. Zur Erinnerung: Als Membranpotential bezeichnet man das Potential, das an der Membran im Interzellularraum herrscht. Bei einem nicht erregten Neuron liegt das Membranpotential bei ca. -70 mV. Man spricht dabei vom Ruhepoten- tial der Zelle. Wird die Zelle nun erregt, entsteht ein Aktionspotential, dabei wird das Membranpotential aufgrund des vermehrten Einstroms positiv geladener Ionen zunehmend positiv. Auf diese Weise wird ein Signal innerhalb von Neuronen weitergegeben. Von Neuron zu Neuron funktioniert das anders: über Synapsen. Wie die Erregungleitung an Synapsen abläuft, erfährst du in diesem Skript. Neurotransmitter und Ca2+ -Ionen spielen dabei eine wichtige Rolle. Welche Aufgaben diese Komponenten an den Synapsen über- nehmen, wird nun Schritt für Schritt erklärt. 2 Die Synapse Die kleinen rundlichen Ausstülpungen am Ende von Neuronen sind sogenannte synpatische Endknöpfchen. Zusammen mit dem Dendriten der Nachbarzelle und dem synaptischen Spalt, der zwischen Endknöpfchen und Dendrit liegt, bilden sie die Synapse. Synapsen sind die Stellen im Nervensystem, über die eine Nervenzelle mit einer anderen Zelle verbunden ist und an denen Signale von einem Neuron an das Empfängerneuron bzw. eine andere Zelle weitergegeben werden. Dabei werden elektrische Signale in chemische umgewandelt. An der postsynaptischen Membran wird dann wieder ein elektrisches Signal produziert. Durch die Vorgänge an der Synapse wird die nahtlose Reizübertragung sichergestellt. Wichtig: Synapsen befinden sich nicht nur zwischen zwei Neuronen sondern auch zwischen Neuron und Muskel-, Sinnes- oder Drüsenzellen. © Karlsruhe 2014 | SchulLV | Verena Bessenbacher, Melissa Käß Seite 1/9 Vervielfältigung nur innerhalb einer Lehrer-/Klassen- oder Schullizenz und mit Hinweis auf BioLV erlaubt. www.BioLV.net Basiswissen | Skripte ◮ Neurobiologie | Erregungsleitung | am synaptschen Spalt Skript ◮ Abläufe an der Synapse In Abbildung 1 sind die an der Synapse ablaufenden Vorgänge graphisch dargestellt. Über die in Klammern stehenden Buchstaben kannst du im Text immer genau verfolgen, welcher Schritt gerade erläutert wird. Am synaptischen Endknöpfchen kommt ein Aktionspotential vom Axon an (a). Durch diese elektrische Spannung öffnen sich die spannungsgesteuerten Ca2+ -Kanäle. Dabei handelt es sich um Kanalproteine, die sich in der präsynaptischen Membran befinden. Bedingt durch den elektrischen Gradienten und den Diffusionsdruck zwischen Zellinnerem und extrazellulärem Raum beginnen die Ca2+ -Ionen durch die Ca2+ -Ionenkanäle in das synaptische Endknöpfchen einzuströmen (b). Die Vesikel, in denen sich Neurotransmitter (= Botenstoffe) befinden, wandern durch die erhöhte Ca2+ Konzentration zur Membran der Synapse (c), verschmelzen dort mit ihr und setzen ihre Transmitter Präsynaptische Membran: Die Membran vor dem synaptischen Spalt, am Endknöpfchen, heißt präsynaptische Membran. An dieser Membran wird das Signal ausgegeben. Postsynaptische Membran: Die Membran nach dem synaptischen Spalt, am Dendriten, heißt postsynaptische Membran. An dieser Membran wird das Signal empfangen. in den synaptischen Spalt frei (d). Da eindeutig ein Stofftransport aus dem Neuron hinaus erfolgt, handelt es sich bei diesem Prozess um Exozytose. Die Neurotransmitter sind die chemischen Signale, welche die Information durch den synaptischen Spalt zur benachbarten Zelle tragen. Im nächsten Schritt diffundiert der Neurotransmitter durch den synaptischen Spalt und lagert sich an Rezeptoren der postsynaptischen Membran an (e). Durch dieses Signal öffnen sich die Na+ Ionen-Kanäle an der postsynaptischen Membran und Na+ -Ionen strömen ein (f). Aufgrund der einströmenden positiven Ladungsträger entsteht eine postsynaptische Depolarisation und es wird ein postsynaptisches Potential ausgelöst (g), das bspw. eine Muskelkontraktion zur Folge hat, wenn es sich um eine Verknüpfung zwischen Neuron und Muskelzelle handelt. Währenddessen spaltet ein Enzym den Neurotransmitter in die entsprechenden Spaltprodukte (h). Durch diese enzymatische Deaktivierung wird eine dauerhafte Aktivierung der Rezeptoren verhindert, denn die Spaltprodukte passen strukturbedingt nicht mehr an die Bindungsstellen des Rezeptors. Einige Neurotransmitter werden nicht enzymatisch gespalten, sondern über Vesikel zurück in das Endknöpfen transportiert. Andere werden in speziellen Neuronen, den Gliazellen, eingelagert und können dort weiterverarbeitet werden. Die Spaltprodukte diffundieren über den synaptischen Spalt zurück (i). Im Inneren des Endknöpfchens werden die Spaltprodukte erneut zusammengesetzt. Der dadurch neu synthetisierte Neurotransmitter kann nun wieder in Vesikel aufgenommen werden, der Vorgang kann erneut ablaufen. Im synaptischen Endknöpfchen wird die erhöhte Ca2+ -Konzentration mithilfe der Calciumionenpumpe aus dem Endknöpfchen entfernt. © Karlsruhe 2014 | SchulLV | Verena Bessenbacher, Melissa Käß Seite 2/9 Vervielfältigung nur innerhalb einer Lehrer-/Klassen- oder Schullizenz und mit Hinweis auf BioLV erlaubt. www.BioLV.net Basiswissen | Skripte ◮ Neurobiologie | Erregungsleitung | am synaptschen Spalt Skript (a) Ca 2+ Synapisches Endknöpfchen Ca 2+ Ca 2+ (b) Ca 2+ Ca Ca 2+ 2+ (c) Vesikel (d) synaptischer Spalt (f) Na+ Na+ + Na Na+ Na+ (i) freigesetzte Transmitter (e) Spaltprodukte (h) (g) postsynaptische Membran (am Dendriten) Legende: Ca2+-Ionen-Kanäle Na+-Ionen- Kanäle Rezeptor der postsynapischen Membran Enzym spaltet Transmitter Postsynaptisches Potential Aktionspotential Abb. 1: Vorgänge an der Synapse Die meisten Synapsen sind chemische Synapsen und nutzen Neurotransmitter zur Signalübermittlung zwischen zwei Neuronen. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel: Es gibt auch Synapsen, die in der Lage sind, das elektrische Signal, das vom Aktionspotential in den Endknöpfchen ankommt, direkt zu übermitteln. Diese Synapsen heißen elektrische Synapsen. Botenstoffe, die außerhalb einer Zelle wirken, werden als First Messenger bezeichnet. Sie wirken als Liganden, d. h. dass sie dazu in der Lage sind, an bestimmte Rezeptoren der postsynaptischen Membran zu binden. Botenstoffe, die innerhalb einer Zelle wirken, heißen Second Messenger. Die Konzentration des Second Messengers wird maßgeblich durch den First Messenger bestimmt. Second Messenger geben innerhalb der Zelle das Signal weiter, das sie durch den First Messenger erhalten haben. Ein Fist-Messenger-Prinzip, also die einfache Signalübertragung an Synapsen, wurde bereits erläutert. Die Neurotransmitter setzen außerhalb der Zelle an Rezeptoren an und steuern © Karlsruhe 2014 | SchulLV | Verena Bessenbacher, Melissa Käß Seite 3/9 Vervielfältigung nur innerhalb einer Lehrer-/Klassen- oder Schullizenz und mit Hinweis auf BioLV erlaubt. www.BioLV.net Basiswissen | Skripte ◮ Neurobiologie | Erregungsleitung | am synaptschen Spalt Skript direkt den Ionenfluss an den Ionenkanälen. Beim Second-Messenger-Prinzip docken Neurotransmitter an Rezeptoren andocken, die allerdings indirekt zur Öffnung von Ionenkanälen führen. Nachfolgend stellen wir dir eines der von Wissenschaftlern am besten verstandenen SecondMessenger-Systeme vor: Wird der Neurotransmitter Noradrenalin (= First Messenger) ausgeschüttet, bindet er an Rezeptoren an der postsynaptischen Guanosintriphosphat (GTP): Membran. Das verursacht eine Aktivierung des sogenannten G-Proteins (= GTP- Verbindet sich die Nukleobase Guanin mit einem Zucker, so entsteht das Nukleosid bindendes Protein). Das G-Protein ist für die Aktivierung eines Enzyms zuständig, Guanosin. GTP = Guanosin + drei Phosphatreste das in der Lage ist, ATP in ein cAMPMolekül (= Second Messenger) umzuwandeln. cAMP verursacht schließlich die Aktivierung des Enzyms Proteinkinase A. Es überträgt eine Phosphatgruppe u. a. auf Ca2+ -Kanalproteine, die sich in der postsynaptischen Membran befinden. Durch die Phosphorylierung öffnen sich die Kanalproteine und Ca2+ -Ionen können in das Innere Adenosintriphosphat (ATP): Verbindet sich die Nukleobase Adenin mit einem Zucker, so entsteht das Nukleosid Adenosin. ATP = Adenosin + drei Phosphatreste Cyclisches Adenosinmonophosphat (cAMP): Durch verschiedenen Umbauprozesse der Membran einströmen. Der Neurotransmitter Noradrenalin, der als First Messenger kann aus dem Molekül ATP ein cAMPMolekül entstehen. Dieses Molekül besitzt wirkt, hat damit eine lange Signalkette in Gang gebracht. Als Resultat folgt ein post- nur noch eine Phosphatgruppe. synaptisches Potential. 3 Neurotransmitter Wie Hormone sind auch Neurotransmitter Botenstoffe. Hormone können dabei über den Blutkreislauf über weite Distanzen zu ihrem Bestimmungsziel transportiert werden. Neurotransmitter finden sich hingegen ausschließlich im synaptischen Spalt zwischen zwei Neuronen und überwinden zur Signalübermittlung eine kurze Strecke. Ihr Wirkungsgebiet ist damit stark eingeschränkt. In der Natur gibt es nicht nur eine Art von Neurotransmittern, sondern viele verschiedene. Einige Transmitter werden dir jetzt vorgestellt: Acetylcholin: Dieser Neurotransmitter ist im menschlichen Körper am wichtigsten. Aber nicht nur bei uns nimmt er eine Schlüsselfunktion ein, sondern bei allen Wirbeltieren und Wirbellosen. Dieser Neurotransmitter überbringt das Signal vom Neuron zur nachfolgenden Muskelzelle. Acetylcholin bewirkt die Öffnung von Ionenkanälen, die ein erregendes postsynaptisches Potential (EPSP) auslösen. Noradrenalin: Neben Acetylcholin spielt Noradrenalin im peripheren Nervensystem (PNS) eine zentrale Rolle. Aber auch im zentralen Nervensystem (ZNS) ist der Transmitter zu finden. Neben seiner Rolle als Neurotransmitter fungiert Noradrenalin auch als Hormon, es ist stark mit dem Botenstoff Adrenalin verwandt. Noradrenalin ist für starke Angstzustände verantwortlich und reguliert den Blutdruck. Es bewirkt die Öffnung von Ionenkanälen, die ein erregendes postsynaptisches Potential (EPSP) oder inhibitorisches postsynaptisches Potential (IPSP) auslösen. © Karlsruhe 2014 | SchulLV | Verena Bessenbacher, Melissa Käß Seite 4/9 Vervielfältigung nur innerhalb einer Lehrer-/Klassen- oder Schullizenz und mit Hinweis auf BioLV erlaubt. www.BioLV.net Basiswissen | Skripte ◮ Neurobiologie | Erregungsleitung | am synaptschen Spalt Skript Dopamin: Umgangssprachlich ist Dopamin vor allem als Glückshormon bekannt, da- bei handelt es sich keineswegs um ein Hormon, sondern ausschließlich um einen Neurotransmitter. Dopamin wird in großen Mengen im Gehirn ausgeschüttet und hat, wie viele Neurotransmitter, mehrere Funktionen. U. a. gibt es wie Acetylcholin Befehle an unsere Muskulatur und steuert die Durchblutung verschiedener Organe. Dopamin bewirkt die Öffnung von Ionenkanälen, die ein erregendes postsynaptisches Potential (EPSP) oder inhibitorisches postsynaptisches Potential (IPSP) auslösen Erinnerst du dich an die organische Säure Taurin aus unserem Anfangsbeispiel? Auch Taurin ist ein natürlich vorkommender Neurotransmitter. 4 Informationsverarbeitung Du weißt nun, wie eine Erregungsleitung am Neuron und an der Synapse abläuft. Doch was passiert mit den einzelnen Signalen an verschiedenen Orten des Neurons? Wie werden an Synapse, Perikaryon und Axon die Informationen verarbeitet? Diese Fragen wollen wir jetzt klären. Denn es gibt nicht nur ein Signal, das unbeachtet weitergeleitet wird, sondern es findet eine Bearbeitung der ankommenden Information statt (ähnlich der Signalverarbeitung eines Computers). ◮ Informationsverarbeitung an der Synapse Die Menge an Neurotransmitter, die in den synaptischen Spalt ausgeschüttet wird, richtet sich nach den Abständen der Aktionspotentiale, die am synaptischen Endknöpfchen ankommen. Kommen viele Aktionspotentiale in kurzen Zeitabständen an, so werden viele Neurotransmitter ausgeschüttet. Verstreicht jedoch eine längere Zeitspanne zwischen zwei am Endknöpfchen ankommenden Aktionspotentialen, werden weniger Neurotransmitter ausgeschüttet. Zu unterscheiden sind außerdem zwei Synapsenarten. 1. Erregende Synapse: Bei sogenannten erregenden Synapsen wird das ankommende Signal qualitativ identisch weitergegeben. Es werden Transmitter in den synaptischen Spalt freigesetzt, die an der postsynaptischen Membran Na+ -Ionen-Kanäle öffnen. Diese Ionen depolarisieren das postsynaptische Neuron und ein exzitatorisches postsynaptisches Potential (= EPSP) entsteht, das am Axonhügel der Nervenzelle ein neues Aktionspotential auslöst. Das Signal ist eins zu eins weitergegeben worden, die postsynaptische Zelle ist erregt. 2. Hemmende Synapse: Bei einer hemmenden Synapse wird das ankommende Signal umgekehrt. Vesikel schütten Transmitter in den synaptischen Spalt aus, die an der postsynaptischen Membran an Rezeptoren andocken und dort K+ - oder Cl− -Ionen-Kanäle öffnen. Es entsteht am postsynaptischen Neuron eine Hyperpolarisation und somit ein inhibitorisches postsynaptisches Potential (= IPSP) durch den Einstrom von Cl− oder den Ausstrom von K+ . Dadurch hat die Zelle eine Spannung, die unter dem Ruhepotential von -70 mV liegt. Damit wird es schwieriger, ein Aktionspotential auszulösen, die postsynaptische Zelle ist gehemmt. ◮ Informationsverarbeitung am Perikaryon © Karlsruhe 2014 | SchulLV | Verena Bessenbacher, Melissa Käß Seite 5/9 Vervielfältigung nur innerhalb einer Lehrer-/Klassen- oder Schullizenz und mit Hinweis auf BioLV erlaubt. www.BioLV.net Basiswissen | Skripte ◮ Neurobiologie | Erregungsleitung | am synaptschen Spalt Skript Bei der Auslösung eines Aktionspotentials gilt das Alles-oder-nichts-Prinzip. Das bedeutet, sobald der Schwellenwert überschritten wird, wird ein Aktionspotential ausgelöst (alles). Wird der Schwellenwert nicht überschritten, kann kein Aktionspotential entstehen (nichts). Ein einzelnes von anderen Neuronen ankommendes Signal ist meist zu schwach, um ein Aktionspotential in der postsynaptischen Zelle auszulösen. Daher werden die von hemmenden und erregenden Synapsen ankommenden Signale am Perikaryon der postsynaptischen Zelle miteinander errechnet. Denn hier gilt das Alles-oder-nichts-Prinzip. Man unterscheidet dabei zwei unterschiedliche Situationen: Räumliche Summation: Signale kommen von unterschiedlichen Synapsen an einem Neuron an. Die ankommenden Signale werden summiert. Am Perikaryon ist die Signalübertragung folglich analog codiert. Je stärker der Reiz, desto größer ist die Spannungsamplitude. Je schwächer der Reiz, desto kleiner ist die Spannungsamplitude. Beispiel: Einem erregenden Signal wird der Wert 1 zugeordnet, einem hemmenden Signal der Wert -1. Kommen nun gleichzeitig ein erregendes und ein hemmendes Signal an, ist die summierte Erregung gleich Null, denn es gilt: 1 + (-1) = 0. An der postsynaptischen Zelle wird kein Aktionspotential ausgelöst. Wenn aber zwei erregende Signale gleichzeitig ankommen, wird die Zelle stark depolarisiert, denn es gilt nun: 1 + 1 = 2. Es wird ein EPSP ausgelöst. Außerdem kommt es vor, dass zwei hemmende Signal am Neuron ankommen. Die Folge ist eine Hyperpolarisation, denn: -1 + (-1)= -2. Es wird ein IPSP ausgelöst. Zeitliche Summation: Bei einer zeitlichen Summation kommen die Signale in zeitlich kurzen Abständen am Neuron an, sodass keine Zeit bleibt, ein Ruhepotential auszubilden. Sie werden nach dem oben beschriebenen Schema summiert. Nachfolgend stellen wir dir ein konkretes Beispiel für räumliche und zeitliche Summation vor. Das Beispiel ist einer Original-Abituraufgabe aus Baden-Württemberg nachempfunden: Abbildung 2 zeigt dir, wie eine Verknüpfung von vier Neuronen aussehen kann. Die Synapse von Neuron 1 schüttet bei Erregung hemmende Neurotransmitter aus, die Synapsen der Neuronen 2 und 3 hingegen erregende Neurotransmitter. Alle Signale kommen unabhängig von einander an Neuron 4 an. Die Diagramme an der linken Seite zeigen dir dabei, wie der Spannungsverlauf an den Synapsen über einen Zeitraum von 15 Millisekunden aussieht. © Karlsruhe 2014 | SchulLV | Verena Bessenbacher, Melissa Käß Seite 6/9 Vervielfältigung nur innerhalb einer Lehrer-/Klassen- oder Schullizenz und mit Hinweis auf BioLV erlaubt. www.BioLV.net Basiswissen | Skripte ◮ Neurobiologie | Erregungsleitung | am synaptschen Spalt Skript Membranspannung (mV) Neuron 1 0 -70 Messpunkt A Membranspannung (mV) 0 3 6 9 Synapse 1 12 15 Zeit (ms) Neuron 2 0 -70 Messpunkt B Synapse 2 Soma 0 3 6 9 12 15 Zeit (ms) Neuron 4 Dendrit Synapse 3 0 Membranspannung (mV) Axon -70 0 3 6 9 12 15 Zeit (ms) Neuron 3 Abb. 2: Verknüpfung von Neuronen Um zu erkennen, welche Auswirkungen die räumliche Summation hat, ist es nötig, den Spannungsverlauf von Neuron 1-3 zu den unterschiedlichen abgebildeten Zeitpunkten zuvergleichen. Wichtig ist, dass du immer alle drei Diagramme zum gleichen Zeitpunkt vergleichst. © Karlsruhe 2014 | SchulLV | Verena Bessenbacher, Melissa Käß Seite 7/9 Vervielfältigung nur innerhalb einer Lehrer-/Klassen- oder Schullizenz und mit Hinweis auf BioLV erlaubt. www.BioLV.net Basiswissen | Skripte ◮ Neurobiologie | Erregungsleitung | am synaptschen Spalt Skript Zeitpunkt 3 ms: Es kommen zu diesem Zeitpunkt drei Potentiale an Neuron 4 an. Eines von der hemmenden Synapse 1 und je eines der beiden erregenden Synapsen 2 und 3. Summiert man die ankommenden Signale nach der oben beschriebenen Regel, ergibt sich ein erregendes Signal am Perikaryon (-1 +1 +1 = 1). Zeitpunkt 6 ms: Aus den Diagrammen wird deutlich, dass keine Membranspannung von Neuron 1 und 3 ausgeht. Es kommt ausschließlich ein erregendes Signal von Synapse 2 an Neuron 4 an. Zeitpunkt 9 ms: Zu diesem Zeitpunkt kommen zwei Signale an Neuron 4 an. Ein hemmendes von Synapse 1 sowie ein erregendes von Synapse 2. Werden beide Signale summiert, findet keine Signalübertragung statt (-1 +1 = 0). Zeitpunkt 12 ms: Es kommt nur ein erregendes Signal von Synapse 2 an. Zeitpunkt 15 ms: Wieder kommen drei Potentiale gleichzeitig an Neuron 4 an. Ein hemmendes von Synapse 1 sowie zwei erregende von den Synapsen 2 und 3. Räumlich summiert ergibt das ein erregendes Signal (-1 +1 +1 = 1). Abbildung 4 stellt diesen Spannungsverlauf über 15 ms am Perikaryon graphisch dar. Nun gehen wir davon aus, dass der zeitliche Abstand von 3 ms ausreicht, um eine zeitliche Summation zu erhalten. Zwischen den Zeitpunkten 3 ms und 6 ms als auch zwischen den Zeitpunkten 12 ms und 15 ms werden die Potentiale summiert. Zwischen den Zeitpunkten 6 ms und 12 ms ist die Zeitspanne allerdings zu groß (6 ms), um eine zeitliche Summation hervorzurufen. Abbildung 4 zeigt dir den Spannungsverlauf mit zeitlicher Summation am Perikaryon: Spannung (mV) Spannung (mV) 0 0 Schwellenpotential Schwellenpotential -70 Ruhepotential -70 Ruhepotential 0 3 6 9 12 15 Abb. 3: Räumliche Summation © Karlsruhe 2014 | SchulLV | Verena Bessenbacher, Melissa Käß Zeit (ms) 0 3 6 9 12 15 Zeit (ms) Abb. 4: Zeitliche Summation Seite 8/9 Vervielfältigung nur innerhalb einer Lehrer-/Klassen- oder Schullizenz und mit Hinweis auf BioLV erlaubt. www.BioLV.net Basiswissen | Skripte ◮ Neurobiologie | Erregungsleitung | am synaptschen Spalt Skript Jetzt kennst du die Abläufe am Perikaryon, die dazu führen, dass ein Aktionspotential erzeugt werden kann. Wie entsteht nun ein Aktionspotential? ◮ Informationsverarbeitung am Axon Immer wenn der Schwellenwert von ca. -50 mV überschritten wird, entsteht am Axonhügel ein Aktionspotential, das über das Axon bis hin zu den synaptischen End- Aktionspotential Spannung (mV) 0 knöpfchen weitergeletet wird. In unserem Beispiel wird deutlich, dass der Schwellenwert innerhalb von 15 ms vier Mal überschritten wird. Als Folge davon entstehen Schwellenpotential vier Aktionspotentiale am Axonhügel. Abbildung 5 verdeutlicht das. Pro Schwellenwertüberschreitung wird genau ein Aktionspotential ausgelöst. Sobald der Schwellenwert überschritten ist, wird ein Aktionspotential ausgelöst (Alles-oder-nichts-Prinzip). Wird hingegen -70 Ruhepotential ankommendes EPSP ankommendes EPSP, zu schwach 0 3 6 9 12 15 Zeit (ms) Abb. 5: Entstehung von Aktionspotentialen der Schwellenwert unterschritten, kann kein Aktionspotential ausgelöst werden. 5 Taurin Taurin ist eines der bekanntesten Zusatzstoffe von Energy-Drinks. Verschiedene wissenschaftliche Studien konnten bisher jedoch keine Leistungssteigerung oder andere Wirkungen durch die zusätzliche Aufnahme von Taurin feststellen. Einigen Äußerungen ist zu entnehmen, dass Taurin die aufputschende Wirkung des Coffeins verstärkt. Wissenschaftliche Belege für diese Aussage gibt es seither keine. Trotzdem möchten wir abschließend kurz auf die neurobiologische Wirkungsweise von Taurin eingehen, denn diese organische Säure ist ein im menschlichen Körper natürlich auftretender Neurotransmitter. Er wird vom Körper selbst gebildet, wird jedoch auch über proteinhaltige Nahrungsmittel wie Käse oder Meerestiere aufgenommen. Im Zellinneren reguliert Taurin die Bewegungsrichtung von Na+ - und K+ -Ionen. Außerdem bedingt Taurin den Einstrom von Ca2+ -Ionen in Neuronen. Damit ist Taurin maßgeblich an der Aufrechterhaltung des Membranpotentials beteiligt. In Kombination mit weiteren Neurotransmittern wird durch Taurin an hemmenden Synapsen ein inhibitorisches postsynaptisches Potential ausgelöst. © Karlsruhe 2014 | SchulLV | Verena Bessenbacher, Melissa Käß Seite 9/9 Vervielfältigung nur innerhalb einer Lehrer-/Klassen- oder Schullizenz und mit Hinweis auf BioLV erlaubt. www.BioLV.net