Die reellen Zahlen, Mathematik

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Naturwissenschaft
Daniela Dossing
Die reellen Zahlen
Studienarbeit
RWTH Aachen – WS 2001/ 2002
Lehrstuhl A für Mathematik
„Zahlen im Mathematikunterricht“
Referentin: Daniela Dossing
17.12.2001
Die reellen Zahlen
1
Einleitung ..........................................................................................................................1
2
Weierstraß: Aggregate ....................................................................................................1
3
Fundamentalfolgen..........................................................................................................4
4
Dedekind: Schnitte ..........................................................................................................5
4
Hilbert: Die axiomatische Methode ...............................................................................6
5
Literatur .............................................................................................................................8
1
Einleitung
Heute fassen wir die reellen Zahlen als Elemente eines vollständig geordneten Körpers auf. Bis zum 5.
vorchristlichen Jahrhundert noch beherrschte die Vorstellung, daß alle Dinge in ganzen Zahlen ausgedrückt
werden können, das Weltbild. Dieses wurde von den Pythagoreern, einer einflußreichen mathematis chen Schule,
geprägt. Allerdings war es auch ein Pythagoreer, nämlich Hippasus von Metapont1 , welcher durch die
Entdeckung inkommensurabler Streckenverhältnisse dieses Weltbild zerstörte und sich dafür die Strafe der
Götter einhandelte. Er hat am Pentagramm, dem Ordenssymbol der Pythagoreer, festgestellt, daß hier zwei
Strecken nicht kommensurabel sind, d.h. nicht in derselben Maßeinheit angegeben werden können.
Wagt man nun den Sprung ins 19.Jahrhundert, so muß man feststellen, daß in dieser Zeit nun zahlreiche
Versuche zur Präzisierung des Begriffs der reellen Zahlen unternommen worden sind.
Einige dieser Präzisierungsversuche sollen nun in den folgenden Abschnitten näher besprochen werden.
2
Weierstraß: Aggregate
Cauchy formulierte 1821 das nach ihm benannte Konvergenzkriterium und setzte es mit den bekannten
Rechengesetzen als evidente Eigenschaft der reellen Zahlen voraus. Ein Beweis dieses Konvergenzkriteriums,
wie er zu einer strengen Begründung der Analysis gehört, ist aber nur mit Hilfe einer exakten Definition der
reellen Zahlen zu führen. Mit K. Weierstraß (1815 – 1897) wurden die Überlegungen zur Begründung der
reellen Zahlen in die mathematischen Grundvorlesungen aufgenommen. Leider sind uns heute davon nur zum
Teil kritisch beurteilte Schülerschriften überliefert.
Ich möchte die nähere Untersuchung Weierstraß’ Theorie mit seinem Zitat Weierstraß’ beginnen:
„Die Arithmetik basiert nur auf dem Begriff der Zahl und bedarf weder des Postulats noch irgendwelcher
Grundsätze.“
1
ca. 500 – 450/ 440 v. Chr.
1
Dieses Zitat macht deutlich, daß mit der Definition des Begriffs „Zahl“ alle Regeln der Arithmetik herleitbar sein
müssen. Dies macht dann ein Axiomensystem der Arithmetik überflüssig. Den Begriff „Zahl“ versucht
Weierstraß dabei durch die Tätigkeit des Zählens zu verdeutlichen und schließlich zu definieren.
(2.1) Definition. Zählen ist eine Zusammenfassung von Einheiten.
(2.2) Beispiel. Für die Gültigkeit folgender Regeln
a + b = b + a,
(a + b) + c = a + (b + c)
hat Weierstraß nur das Argument zur Verfügung, daß in beiden Summen dasselbe Quantum von Einheiten
vorhanden ist.
Weierstraß geht mit seiner Definition des Zählens sogar noch weiter, indem er zuläßt, daß auch unendlich viele
Einheiten in einer Zahl zusammengefaßt werden können. Man erhält somit folgende Erweiterung obiger
Definition:
(2.3) Definition. Zählen besteht aus dem Herausgreifen gleichartiger Dinge bestimmter Beschaffenheit aus
einem Aggregat ungleichartiger, die dann in der Vorstellung als bestimmte Vielheit zusammengefaßt werden.
Eine vollständige Anschauung des gesamten Aggregates erhält man, indem man diese Operation auf alle
verschiedenen Arten von Dingen anwendet, die das Aggregat enthält. Weierstraß geht aber noch von einem
weiteren zentralen Begriff aus:
(2.4) Definition. Unter einer Zahlgröße versteht man eine Zusammenfassung aller bestimmter Vielheiten unter
sich gleichartiger Dinge, aus denen das Aggregat besteht. Treten mehrere Einheiten auf, so heißt die Zahlgröße
komplex.
(2.5) Beispiel. Man kann beispielsweise
∞
∑b
n =1
a n (a n , b n ganze Zahlen) als eine Zahlgröße auffassen mit der
n
Begründung, daß die Einheiten 1 jeweils in der Anzahl a n vorkommen.
bn
Nach diesen begrifflichen Klärungen beginne ich nun, Weierstraß’ Theorie der positiven reellen Zahlen
vorzustellen, die Frage nach der Einordnung der negativen reellen Zahlen in diese Theorie ist sehr technisch und
würde den Rahmen des Vortrages sprengen, so daß an dieser Stelle darauf verzichtet wird.
Weierstraß macht zu Beginn seiner Theorie zwei Grundvoraussetzungen:
(1) Alle in einer Zahlgröße auftretenden Einheiten sind positive rationale Zahlen.
(2) Alle auftretenden Anzahlen sind positiv.
Um jedoch den Begriff der „endlichen Zahlgröße“, der dem der reellen Zahl entspricht, einführen zu können,
benötigt Weierstraß die folgende Definition:
(2.6) Definition. Eine Zahlgröße z heißt Bestandteil einer Zahlgröße a, wenn jedes Element von z auch Element
von a ist.
(2.7) Beispiel. z = 1 +
1 1
1 1 1
3 1
+ ist Bestandteil von a = 1 + + + , aber nicht von a’ = 1 + + .
2 4
2 4 8
4 8
Mit Hilfe dieses Begriffes ist nun folgende Definition möglich:
(2.8) Definition. Eine aus unendlich vielen Elementen bestehende Zahlgröße soll unendlich heißen, wenn jede
beliebige, aus endlich vielen Elementen bestehende in ihr enthalten ist, endlich, wenn es eine Zahlgröße letzterer
Art gibt, die nicht in ihr enthalten ist.
Für die oben definierten „endlichen Zahlgrößen“ werden dann, wie gewohnt, Rechenoperationen eingeführt, aus
denen dann die Rechenregeln abgeleitet werden. Dabei ist diese Einführung der Operationen unabhängig davon,
2
wie die betreffenden Zahlen eingeführt wurden, da die Operationen auf die entsprechenden Operationen und
Regeln in der Menge der rationalen Zahlen zurückgeführt werden.
Um den Begriff der „endlichen Zahlgröße“ nun anwenden zu können, bedient sich Weierstraß dem Prinzip der
Intervallschachtelung. Dieses Prinzip ist jedoch schon sehr alt und findet sich bereits bei den Babyloniern, denen
es um die Berechnung von Größen durch Näherungswerte ging2 . Weierstraß stellte nun die Wichtigkeit heraus,
daß die fortgesetzte Halbierung eines Intervalls (a, a + d) auf eine endliche Zahlgröße führt:
a’ = a + d (
ε1 ε 2 ε 3
+
+
+ ...),
2 4 8
wobei εi = 0 oder εi = 1 ist. Auch benutzte Weierstraß das Prinzip der Intervallschachtelung, um seinen
bekannten Satz zu beweisen, daß jede unendliche beschränkte Menge reeller Zahlen einen Häufungspunkt hat.
So lautet der Satz zumindest in unserem heutigen Sprachgebrauch. Weierstraß formulierte ihn wie folgt:
(2.9) Satz. Eine veränderliche Größe x möge unendlich viele reelle Werte zwischen endlichen Grenzen a, a + d
annehmen können; dann gibt es zwischen a und a + d mindestens eine Stelle a’ derart, daß in jeder Umgebung
derselben noch Werte vorhanden sind, welche die Veränderliche annehmen kann.
Beweis. Teilt man das Intervall a, a + d in die zwei a, a + ½ d; a + ½ d, a + d, so gibt es in mindestens einem der
beiden Intervalle unendlich viele der mö glichen Werte x’;
das erste Intervall derart sei a 1 , a 1 + ½ d; a 1 = a + ε1
d
, wo ε1 = 0 oder ε1 = 1 ist. Ebenso teilt man das Intervall
2
d
in die beiden a 1 , a 1 + ¼ d; a 1 + ¼ d, a 1 + ½ d, so sei hiervon das erste unendlich viele x’ enthaltende
2
d
d
d
a 2 , a 2 + ¼ d; a 2 = a 1 + ε2
= a + ε1
+ ε2
. So fährt man fort und erhält allgemein das Intervall
4
2
4
d
d
d
d
a n = a + ε1
+ ε2
+ ... + εn n , a n + n . Dabei sind die ε genau bestimmt, wenn die x’ bekannt sind. Dann
2
4
2
2
a1, a1 +
kann man von jedem ε sagen, ob es den Wert 0 oder 1 annimmt. Setzt man, was demnach möglich ist,
a’ = a + ε1
d
d
+ ε2
+ ... i.inf,
2
4
so ist offenbar:
a n ≤ a’ ≤ a n +
d
,
2n
denn:
d
d
d
≥ εn+1 n +1 + εn+2 n + 2 + ...
n
2
2
2
Die Länge
d
d
des Intervalls a n , a n + n kann beliebig klein gemacht werden; man hat also in den so erhaltenen
n
2
2
Intervallen eine Reihe von Umgebungen des Punktes a’, die beliebig klein gemacht werden können, und von
denen jedes unendlich viele Stellen x’ enthält. a’ ist folglich eine Stelle der behaupteten Art, und zwar eine ganz
bestimmte, da man von jedem Element
2
d
angeben kann, ob es einmal vorkommt oder nicht.
2k
z.B. Sexagesimalbrüche als Näherungswerte für
2
3
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