Das Inzidentalom der Nebenniere

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M E D I Z I N
Das Inzidentalom
der Nebenniere
Achim Heintz1
Theodor Junginger1
Jürgen Beyer2
Peter Kann2
Cornelia Jaursch-Hancke3 Erleichtert eine neue Operationstechnik
Ulf Niemann1 die Entscheidung zur Operation?
Zusammenfassung
Endoskopisch-chirurgische Techniken haben
seit 1992 zunehmend Bedeutung in der Nebennierenchirurgie erlangt. Endoskopisch stehen
heute ein transperitoneal-laparoskopischer
und ein retroperitoneoskopischer Zugang zur
Verfügung. Vorteil des transperitonealen Zugangs ist, dass die Operation in einer präformierten Körperhöhle mit guter Übersicht erfolgt, es besteht jedoch das Risiko der Verletzung intraabdominaler Organe. Dieses Risiko
wird durch den retroperitoneoskopischen Zugang umgangen, nachteilig ist hier die schwierigere anatomische Orientierung während der
Operation. Die Komplikationsrate des endoskopischen Zugangs ist mit gemittelt sieben
Prozent gering. Im Hinblick auf die durch die
Verbesserung der bildgebenden Verfahren
häufiger diagnostizierten Inzidentalome können mit der endoskopischen Technik Tumoren
D
as Spektrum der chirurgischen
Therapie von Nebennierentumoren wurde in den vergangenen
Jahren durch die Einführung der endoskopischen Adrenalektomie, die
erstmals von dem Kanadier Gagner
1992 (12) transperitoneal laparoskopisch durchgeführt wurde und zwischenzeitlich auch retroperitoneoskopisch möglich ist (17, 25), wesentlich erweitert.
Parallel zu dieser Entwicklung werden heute durch die zunehmende Verbreitung hochauflösender bildgebender
Verfahren vermehrt Raumforderungen
der Nebenniere diagnostiziert. Diese zufällig diagnostizierten Raumforderungen werden als Inzidentalome bezeichnet, ihre Prävalenz liegt bei der computertomographischen Untersuchung zwischen 0,3 und fünf Prozent (6, 27).
Das therapeutische Vorgehen beim
Inzidentalom wird kontrovers diskutiert und stellt den behandelnden Arzt
vor das Problem des weiteren Vorgehens: Genügt eine Verlaufsbeobachtung oder soll der Tumor operativ entfernt werden? Im Hinblick auf diese
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bis zu einer Größe von 6 cm risikoarm – bei geringer Traumatisierung – entfernt werden. Bei
malignomsuspekten Nebennierentumoren mit
einer Größe über 6 cm besteht unverändert die
Indikation für das konventionelle transperitoneale Vorgehen.
Schlüsselwörter: Inzidentalom, endoskopische
Adrenalektomie, Nebennierenchirurgie, retroperitoneoskopischer Zugang, Laparoskopie
Summary
Endoscopic Approach of Adrenal
Incidentaloma Surgery
Endoscopic techniques are being used increasingly in adrenal gland surgery. Today
either a laparoscopic or a retroperitoneoscopic
approach is being chosen as an access in minimal invasive adrenalectomy. One advantage
Grafik 1
of the transperitoneal approach is the good
overview of the abdominal cavity, but there is
also the risk of intraabdominal organ injury.
The retroperitoneoscopic access to the adrenal
gland avoids these disadvantages, but since
there is only a minor space for preparation
anatomical orientation is more difficult. The
complication rate of the endoscopic approach
approximates seven per cent. Concerning the
rising frequency of accidentally diagnosed
tumours of the adrenal gland the endoscopic
approach represents a technique which allows
removal of these tumours up to a size of 6 cm
with low morbidity. In cases of a larger tumour
of the adrenal gland suspected for malignancy
the conventional transperitoneal approach is
indicated.
Key words: incidentaloma, endoscopic adrenalectomy, adrenal surgery, retroperitoneoscopic approach, laparoscopy
Operationstechnik
Transperitoneale laparoskopische
Adrenalektomie
Lagerung der Patienten zur retroperitoneoskopischen Adrenalektomie
Frage soll in diesem Beitrag das Vorgehen beim Inzidentalom – unter spezieller Berücksichtigung der endoskopischen Adrenalektomie – dargestellt
werden.
1 Klinik und Poliklinik für Allgemein- und Abdominalchirurgie (Direktor: Prof. Dr. med. Theodor Junginger) der
Johannes Gutenberg-Universität, Mainz
2 Klinik und Poliklinik Innere Medizin, Endokrinologie und
Stoffwechselerkrankungen (Direktor: Prof. Dr. med. Jürgen Beyer) der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz
3 Deutsche Klinik für Diagnostik, Fachbereich Endokrinologie, Wiesbaden
Die Operation wird üblicherweise in Seitenlage über vier Arbeitstrokare durchgeführt. Nach Anlage eines Pneumoperitoneums wird im ersten Schritt bei der
rechtsseitigen Adrenalektomie das Ligamentum triangulare der Leber durchtrennt. Der Schwerkraft folgend fällt die
Leber unter leichtem Zug nach links medial, wodurch die Vena cava inferior zur
Darstellung kommt. Nachdem die Nebennierenvene dargestellt ist, wird diese
zwischen Clips durchtrennt. Die Nebenniere wird dann unter Durchtrennung
der arteriellen Zuflüsse aus dem Retroperitoneum ausgelöst. Zur linksseitigen
Adrenalektomie wird der retroperitoneale Raum zwischen Milz und seitlicher
Bauchwand eröffnet. Die auf der linken
Seite in die Nierenvene mündende Nebennierenvene wird durchtrennt. Die
Nebenniere wird entsprechend dem
rechtsseitigen Vorgehen aus dem Retroperitoneum ausgelöst (13, 24).
✁
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Retroperitoneoskopische
Adrenalektomie
Grafik 2
und Gefäßverletzungen) finden sich im
Vergleich zwischen trans- und retroperitonealem Zugang geringfügig günstigere Ergebnisse für den retroperitoneoskopischen Zugang (6,1 Prozent versus
3,8 Prozent) (36). Die Letalität nach endoskopischer Adrenalektomie ist niedrig (0,27 Prozent) (Tabelle 1).
Die Operation wird in Seitenlage
a
über einen lumbalen oder alternativ in Bauchlage über einen
dorsalen Zugang durchgeführt.
Die Operation erfolgt über drei
bis vier Trokare, die bei dem lumbalen Zugang im Bereich des
konventionellen Flankenschnitts
Eigene Ergebnisse beim
angeordnet sind (Grafik 1). Beim
Inzidentalom
dorsalen Zugang werden die
Trokare unterhalb der zwölfVon 1994 bis 1999 wurden an der Klinik
ten Rippe platziert. Im ersten
und Poliklinik für Allgemein- und AbSchritt wird ein artifizieller
dominalchirurgie der Johannes GutenRaum im Retroperitoneum geberg-Universität, Mainz, 196 Adrenalschaffen. Hierzu wird zunächst
b
ektomien durchgeführt (endoskopisch
stumpf mit dem Finger ins Retro141, konventionell 55) (Grafik 3).
peritoneum eingegangen, nach38 Patienten wurden unter der Diafolgend wird ein Raumbildungsgnose eines Inzidentaloms operiert.
trokar eingeführt (Grafik 2a).
Sechsmal wurde die Operation transDurch Dilatation eines Ballons,
peritoneal laparoskopisch durchgeder sich an der Spitze des Trokars
führt. In 32 Fällen erfolgte der Eingriff
befindet, wird der artifizielle
über einen retroperitoneoskopischen
Raum im Retroperitoneum ausZugang. Bei einem Patienten (2,6 Progeweitet (Grafik 2b). Nach Auszent) wurde der Eingriff konventionell
tausch des Raumbildungstrokars
über einen Flankenzugang beendet.
gegen einen Blocktrokar wird
ein Pneumoretroperitoneum mit Raumbildungstrokar (a) zur Schaffung eines artifiziellen Die Patienten, zwölf Männer und 26
Frauen, waren im Median 60 (40 bis 74)
Kohlendioxid angelegt. In den Raums im Retroperitoneum (b)
Jahre alt. Bei der anästhesiologischen
entfalteten
retroperitonealen
Raum werden anschließend zwei bis drei Größe von 14 cm endoskopisch entfer- Risikoeinschätzung überwogen die
weitere Trokare eingeführt, über welche nen, sehen Marescaux et al. die Grenze höheren ASA-Klassifikationen (ASA
die Operation erfolgt. Hierbei werden bei 9 cm (14, 24). Die durchschnittliche 2: n = 12, ASA 3: n = 23, ASA 4: n = 3).
die oben aufgeführten Gefäßstrukturen Operationszeit liegt heute sowohl beim Die Tumoren waren bei 16 Patienten
trans- als auch beim retroperitonealen auf der rechten und in 22 Fällen auf der
entsprechend durchtrennt (17, 25).
Zugang für den erfahrenen Operateur linken Seite lokalisiert, die mediane
bei etwa zwei Stunden (14, 38). Die Tumorgröße betrug 6 (2 bis 10) cm
Ergebnisse der endoskopischen Konversionsrate, das heißt der Umstieg (Grafik 4). Intraoperativ wurde bei eiauf die konventionelle Operation, kann nem linksseitigen retroperitoneoskopiAdrenalektomie
für den endoskopischen Eingriff
Grafik 3
Betrachtet man zunächst die Tumor- gemittelt mit 5,5 Prozent angegröße, so kommt die endoskopische geben werden (Tabelle 1). UnAdrenalektomie – sei es auf trans- oder terschiede im Hinblick auf die
retroperitonealem Weg – vorwiegend Konversionsrate sind zwischen
bei kleinen Nebennierentumoren zur dem trans- und retroperitoneaAnwendung. Gemittelt liegt die durch- len Zugang nicht nachweisbar.
schnittliche Tumorgröße in allen Stu- Gründe zur Konversion sind
dien zwischen 2,5 und 4,8 cm (Tabelle nicht beherrschbare Blutungen,
1). Während beim retroperitoneoskopi- präparatorische Probleme mit
schen Zugang – aufgrund der räumli- sich daraus ergebenden zu lanchen Enge in dem artifiziell geschaffe- gen Operationszeiten sowie die
nen Raum – die maximale Größe des fehlende Darstellbarkeit der Indikationsspektrum bei den eigenen Patienten. Bei dem Patientfernten Tumors bei den eigenen Pa- Nebenniere bei kleinem Neben- enten mit ektoper ACTH-Produktion erfolgte bei Bronchialkartienten 8 cm nicht überschritt, schwan- nierentumor und sehr adipösem zinoid eine palliative beidseitige Adrenalektomie. Bei sieben
Patienten mit einem zentralen Cushing-Syndrom führten wir
ken die Angaben für den transperito- Patienten. Hinsichtlich schwe- eine beidseitige Adrenalektomie bei persistierendem Cusnealen laparoskopischen Zugang. Wäh- rer Komplikationen (Nachblu- hing-Syndrom nach vorangegangener Hypophysenoperation
rend Gagner et al. Tumoren bis zu einer tung, Organ- [Pankreas/Milz] durch.
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´
Tabelle 1
1
C
´
Übersicht über Ergebnisse in der Literatur
Jahr
Fallzahl
Zugang
Größe
(cm)
Konversion
(Prozent)
Komplikation
(Prozent)
Letalität
(Prozent)
Brunt (5)
1996
24
T
2,7
–
16,6
0
Staren (36)
1996
21
T+R
3,2
8,6
–
0
Walz (41)
1996
30
R
3,6
16,6
0
0
Duh (10)
1996
37
T+R
2,5
0
8,1
2,7
Thompson (39)
1997
50
T
2,9
12,2
12
0
Gagner (14)
1997
97
T
4,5
3
12
0
Gasman (15)
1998
23
R
2,6
0
8,6
0
Filiponi (11)
1998
50
T
4,8
0
0
0
Pujol (28)
1999
30
T+R
3
7
8
0
Imai (21)
1999
40
T+R
2,8
2,4
5
0
Eigene
2000
147
T+R
3,8
4
4
0
Autor
T, transperitoneal; R, retroperitoneal
schen Eingriff die Pleura verletzt, was
die passagere Einlage einer Pleuradrainage erforderlich machte. Weitere intra- oder postoperative Komplikationen traten nicht auf (Komplikationsrate eins von 37 [2,7 Prozent]), kein Patient verstarb postoperativ. Der mediane
Blutverlust lag bei 50 (0 bis 450) ml.
Die postoperative Liegedauer der endoskopisch operierten Patienten betrug im Median fünf (drei bis 14) Tage.
Die histologische Aufarbeitung der
Nebennieren zeigte in 27 Fällen ein Nebennierenrindenadenom, bei sechs Patienten eine noduläre Hyperplasie,
zweimal eine Nebennierenzyste, zweimal ein Hämatom und in einem Fall ein
Nebennierenrindenkarzinom (Abbildung).
Diskussion
Die Beantwortung der Frage, ob die endoskopische Adrenalektomie beim Inzidentalom die Entscheidung zur Operation erleichtert, muss sich daran orientieren, welche Vor- und Nachteile
diese neue Technik gegenüber den konventionellen Zugangswegen zur Nebenniere aufweist.
Die Vorteile des konventionellen
transperitonealen Zugangs liegen in der
guten Exposition des Operationssitus,
was vor allem bei Nebennierenkarzino½ Jg. 98½
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men, Phäochromozytomen oder großen Nebennierentumoren, die einseitig
oder bilateral lokalisiert sind, von Bedeutung ist. Die Operationszeit beträgt
in Abhängigkeit von der Tumorgröße
und dem Operateur durchschnittlich
1,5 bis 2,5 Stunden. Der Vorteil der
guten Exposition des Operationssitus
wird jedoch mit höheren Komplikationsraten und einer größeren Patientenbelastung erkauft. Die Komplikationsraten liegen zwischen neun und
35 Prozent, die Letalität beträgt zwei
Prozent und steigt in Abhängigkeit
von der Indikation in der Gruppe der
Patienten mit Nebennierenkarzinomen
auf bis zu 43 Prozent an. Die post´
operative Liegedauer kann mit durchschnittlich sieben bis zehn Tagen angegeben werden (22, 23, 32).
Die konventionellen extraperitonealen Zugänge – sei es über einen
lumbalen oder über einen dorsal-paravertebralen Zugang – führen demgegenüber zu einer geringeren Traumatisierung der Patienten. Die Operationszeiten sind kurz und liegen zwischen 70
und 130 Minuten. Die Komplikationsrate ist mit fünf bis zehn Prozent deutlich geringer als die des konventionellen transperitonealen Zugangs, die
Letalität kann mit einem bis zwei
Prozent angegeben werden. Postoperativ sind die Patienten vier bis
fünf Tage hospitalisiert. Der
Tabelle 2
Nachteil des extraperitoneaAnteil der malignen Erkrankungen bei allen
len Zugangs ist die schlechte
endoskopisch operierten Patienten
Exposition des Operationssitus, weswegen sich die InAnzahl der
Karzinom
Autor
Jahr
Operationen
Anteil/Prozent
dikation zum extraperitonealen Zugang vor allem
Duh (10)
1996
37
1/2,7
beim kleinen NebennierenWalz (41)
1996
32
0
tumor ergibt (23, 30, 32).
Die Ergebnisse des endoGagner (14)
1997
97
3/3,1
skopischen Eingriffs (soGasmann (15)
1998
23
1/4,3
wohl transperitoneal-laparoskopisch als auch retroFilipponi (11)
1998
50
2/4
peritoneoskopisch) zeigen,
Pujol (28)
1999
30
1/3,3
dass das Indikationsspektrum dem der konventionelImai (21)
1999
40
0
len extraperitonealen ZuEigene
2000
141
2/1,4
gänge entspricht und der en1
C
´
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´
Tabelle 3
1
C
´
Vergleich der endoskopischen (E) und offenen, konventionellen (O) Adrenalektomie
Autor
OP-Dauer
(MInuten)
Fallzahl
O
Komplikationen
(Prozent)
E
O
E
158*1
O
Liegedauer
(Tage)
E
O
E
52
5,5
8,5*1
3,5*1
Dudley (9)
23
36
85*1
Thompson (39)
50
50
60*1
90*1
26
7
7*1
4*1
Bonjer (4)
30
42
90*2
138*2
29
6
7*2
3,5*2
*1 Mittelwert; *2 Median
doskopische Eingriff vor allem bei
kleinen Nebennierentumoren angewendet wird. Auch Phäochromozytome, die immerhin bei 2,9 bis neun Prozent der Inzidentalome nachgewiesen
werden, können bei ausreichender
Vorbehandlung mit einem AlphaBlocker endoskopisch sicher operiert
werden. Dies zeigen zahlreiche Patientenserien ohne ernsthafte intraoperative Komplikationen. Die häufig
erst gegen Ende der endoskopischen
Operation durchführbare Ligatur der
Nebennierenvene scheint bei entsprechender Vorbehandlung eine untergeordnete Rolle zu spielen (7, 10, 14, 26,
40).
Zur Bedeutung der endoskopischen
Adrenalektomie beim Nebennierenkarzinom liegen keine ausreichenden
Daten vor. Insgesamt ist der Anteil
endoskopischer Operationen beim
Malignom mit unter fünf Prozent gering (Tabelle 2). Ushiyama et al. (34)
beschrieben den Fall einer Patientin,
die unter der Diagnose eines CushingSyndroms bei benignem linksseitigem
Nebennierentumor mit einer Größe
von 5 cm operiert wurde. 19 Monate
später wurde bei ihr ein disseminiertes
Rezidiv eines Nebennierenkarzinoms
diagnostiziert, woraus die Autoren eine Kontraindikation für das endoskopische Vorgehen ableiten. Andererseits kann der erfahrene Operateur
die onkologisch-chirurgischen Prinzipien auch endoskopisch einhalten, aus
diesem Grund halten Heniford et al.
(18) – unter der Voraussetzung, dass
ein erfahrener Operateur den Eingriff
durchführt – den endoskopischen Zugang auch beim Malignom für gerechtfertigt.
Bei fehlenden prospektiv-randomisierten Studien zum Vergleich konven-
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tionelle versus endoskopische Operation können nur retrospektive Untersuchungen herangezogen werden.
Thompson et al. (38) zeigten bei insgesamt 100 Patienten (laparoskopische,
transperitoneale Adrenalektomie versus konventionelle dorsal-paravertebrale Adrenalektomie) eine signifikant
kürzere stationäre Verweildauer der
endoskopisch operierten Patienten (5,7
versus 3,1 Tage) und einen signifikant
niedrigeren Schmerzmittelbedarf bei
einer höheren Patientenzufriedenheit.
Nachteilig waren die signifikant längeren Operationszeiten (167 versus 127
Minuten) sowie die höheren Kosten
des endoskopischen Zugangs (7 000
versus 6 000 Dollar). Besonders beachtenswert erscheint die hohe Rate
der Patienten mit Schmerzen und
Taubheitsgefühl sowie Relaxationen
nach konventionellem Zugang bei
zwangsläufig durchtrennten Nervenästen (54 versus null Prozent). Bonjer
et al. (4) sowie Dudley et al. (9) zeigten
in vergleichbaren Studien signifikant
niedrigere Komplikationsraten nach
Grafik 4
Größenverteilung der Inzidentalome der eigenen
Patienten
dem endoskopischen Vorgehen (2,6
beziehungsweise 5,5 Prozent versus
7,1 beziehungsweise 52,1 Prozent)
(Tabelle 3).
Hinsichtlich des Verfahrens (endoskopisch trans- oder retroperitoneal)
weisen beide Zugänge spezifische Vorund Nachteile auf. Die transperitoneale endoskopische Operation erfolgt in einer präformierten Körperhöhle mit einer daraus resultierenden
besseren Übersicht und einer einfacheren anatomischen Orientierung.
Nachteilig ist jedoch, dass zur Freilegung der Nebennieren ausgedehntere
präparatorische Schritte nötig sind,
was mit Komplikationen verbunden
sein kann. Der Vorteil des retroperitoneoskopischen Zugangs ist, dass die
Bauchhöhle nicht eröffnet wird und
die damit assoziierten Komplikationen vermieden werden. Allerdings ist
die anatomische Orientierung im Retroperitoneum schwieriger als beim laparoskopischen Vorgehen.
Praktisches Vorgehen
Beim Nachweis eines Inzidentaloms
der Nebenniere hat der behandelnde
Arzt folgende Fragen zu beantworten:
❃ Besteht eine klinische oder subklinische Hormonaktivität, und wie
hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass
der Tumor eine Hormonaktivität entwickelt?
Wird ein Inzidentalom der Nebenniere nachgewiesen, erfolgt zum Ausschluss beziehungsweise Nachweis einer Hormonaktivität eine Basisdiagnostik, welche eine Bestimmung der
Katecholamine im 24-Stunden-Urin,
einen Dexamethason-Test sowie eine
Elektrolytbestimmung im Serum umfasst (32). Bei Begleiterkrankungen
wie Hypertonie, Diabetes mellitus,
Fettstoffwechselstörungen und diffuser Adipositas sollte die endokrinologische Diagnostik erweitert werden,
um einen subklinischen Hyperkortisolismus nicht zu übersehen (30). Zu der
Frage einer sich im Langzeitverlauf
entwickelnden Hormonaktivität liegen keine systematischen Verlaufsbeobachtungen vor. Barry et al. (1) fanden bei 224 Patienten mit einem Inzidentalom von einer durchschnittli½ Jg. 98½
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chen Tumorgröße von 2 cm (1 bis 6) zunahme aufgrund des erhöhten Maliund einer durchschnittlichen Nach- gnomrisikos die Indikation zur Operabeobachtungszeit von sieben Jahren tion besteht. Eine Ausnahme stellen
klinisch in keinem Fall einen Hinweis hier radiologisch eindeutig diagnostiauf eine sich entwickelnde Hormon- zierte Nebennierenzysten und Angioaktivität.
lipome dar, bei denen sich die Opera❃ Ist der Tumor maligne oder ist ei- tionsindikation erst bei auftretender
ne maligne Entartung zu erwarten?
Symptomatik ergibt. Bei hormoninakNeben radiologischen Kriterien wie tiven Inzidentalomen mit einer Größe
einer computertomographisch nach- von weniger als 3 cm sollte eine Verweisbaren Inhomogenität und unre- laufsbeobachtung erfolgen (35). Kongelmäßigen Begrenzung des Tumors, trovers wird jedoch die Frage diskuist in den meisten Studien die Größe tiert, inwieweit hormoninaktive Tudes Inzidentaloms das wichtigste Kri- moren mit einer Größe zwischen 3 und
terium bezüglich des Risikos
einer möglichen Malignität.
Nebennierenkarzinome weisen zum Diagnosezeitpunkt
in über 90 Prozent der Fälle
eine Größe von mehr als 5
cm auf, wogegen von 10 000
Raumforderungen der Nebenniere mit einem Durchmesser von weniger als 6 cm
weniger als eine Läsion einem Nebennierenkarzinom
entspricht (29). Hat der Patient eine Tumorerkrankung in
der Vorgeschichte, sind MetaAbbildung: 38-jährige Patientin, die unter der Diagnose eistasen die häufigste Ursache nes hormoninaktiven Inzidentaloms operiert wurde. Die poeiner zufällig diagnostizierten stoperative Diagnose ergab ein vier Zentimeter großes NeRaumforderung der Neben- bennierenkarzinom.
niere. Zu den Tumoren, die
bevorzugt
in
die
Nebennieren 5 cm operativ entfernt beziehungsweimetastasieren, gehören das Melanom, se im Verlauf kontrolliert werden solldas Nierenzellkarzinom, das Lungen-, ten. Während einerseits das seltene
das Mamma- und das Magenkarzinom Auftreten eines Nebennierenkarzi(2, 8).
noms und die Mortalität der konvenSystematische Langzeitbeobachtun- tionellen Operation (ein Prozent) als
gen zur Wachstumstendenz benigner Argument für eine VerlaufsbeobachNebennierenadenome liegen nicht tung verwendet werden (32), wird anvor. Für eine geringe Wachstumsrate dererseits von verschiedenen Autoren
dieser Tumoren spricht jedoch, dass die Operationsindikation auch bei
kleine Adenome häufig und Adenome Tumoren im Größenordnungsbereich
mit einer Größe von mehr als 5 cm sel- zwischen 3 und 5 cm befürwortet (16,
ten beobachtet werden (19). Zudem 34, 35). Argumente für die Operation
lässt sich auch bei längerfristigen Ver- sind, dass in spezialisierten Zentren
laufskontrollen nur selten ein Größen- der Eingriff ohne Mortalität und mit
wachstum nachweisen (1, 19).
geringer Morbidität durchgeführt
❃ Welche Tumoren müssen ope- werden kann, Nebennierenkarzinome
riert werden beziehungsweise bei wel- in einem prognostisch günstigen Stadichen Tumoren ist eine Verlaufsbeob- um operiert werden und – gerade dem
achtung ausreichend?
jüngeren Patienten – längerfristige
Konsens besteht darüber, dass bei Verlaufskontrollen erspart bleiben.
hormonaktiven Inzidentalomen und Schließt man sich dieser Argumentatibei inaktiven Inzidentalomen mit ei- on an, erleichtert die neue Technik der
ner Größe von mehr als 5 cm sowie ei- endoskopischen Adrenalektomie die
ner im Verlauf auftretenden Größen- Entscheidung zur Operation, da durch
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diese Technik die Morbidität und
Traumatisierung des Patienten weiter
reduziert werden konnten.
❃ Was ist das günstigste Operationsverfahren?
Hormonaktive Inzidentalome ohne
Malignomverdacht können durch die
endoskopische Operation schonender
und komplikationsärmer entfernt
werden als bisher mit der konventionellen Operation möglich. Eingeschränkt wird diese Aussage durch die
Tatsache, dass die endoskopischen
Operationen in nahezu allen größeren
Patientenserien von einem hochspezialisierten Operateur durchgeführt
wurden und somit Daten zur Mortalität und Morbidität bei breiterer Anwendung nicht vorliegen. Hinzu
kommt das Fehlen prospektiv randomisierter Untersuchungen zu dem
Vergleich endoskopische versus konventionelle Operation. Hormoninaktive und -aktive Inzidentalome
mit einer Größe von mehr als 6 cm
sollten wegen des erhöhten Malignomrisikos konventionell entfernt
werden. Der Eingriff erfolgt dann,
aufgrund der besseren Übersicht und
der Möglichkeit, eine paraaortale
und parakavale Lymphknotendissektion durchführen zu können, transabdominal. Sollte man sich bei hormoninaktiven kleinen Inzidentalomen
im Größenordnungsbereich zwischen
3 und 5 cm zur Operation entschließen, bietet sich aus den dargelegten
Gründen die endoskopische Operation als Verfahren der Wahl an.
❚ Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 2001; 98: A 1183–1189 [Heft 18]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser
und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.
Anschrift für die Verfasser:
Priv.-Doz. Dr. med. Achim Heintz
Klinik und Poliklinik
für Allgemein- und Abdominalchirurgie
der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Langenbeckstraße 1
55131 Mainz
A 1189
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