Expertenchat Expertenchat zur Fettabsaugung 29. Juni 2011, 19.00 – 20.00 Uhr Öffentlicher Chat mit Prof. Dr. Marcus Lehnhardt (Chefarzt der Klinik für Hand-, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie an der BG-Unfallklinik in Ludwigshafen) Ich habe eine Frage: Ich bin 31 Jahre alt, wiege 105 Kilo und bin 184 groß. Jetzt sagt mir die Überschrift von dem Chat schon, dass man mir den Bierbauch nicht absaugen kann. Aber warum eigentlich nicht? Generell ist Fettabsaugen nicht zur Gewichtsreduktion geeignet. Man kann mit dieser Technik Problemzonen behandeln, etwa Reiterhosen bei der Frau (diese seitlichen Polster). Auch einen Bauch kann man flacher machen. Aber wenn das Gesamtgewicht zu hoch ist, entstehen zu viele Dellen, Unförmigkeiten und die Gefahr von Wundheilungsstörungen ist sehr hoch. Das Gewicht muss vor einer OP runter – durch Diät, Magenband oder Magenverkleinerung. Wie viel kann man denn maximal absaugen? Ab wann wird es unseriös? Ich kann Ihnen im Vertrauen sagen: Angeboten wird alles! Natürlich wird alles angeboten. Damit lässt sich viel Geld verdienen. Wo Geld zu holen ist, sind natürlich auch entsprechende Anbieter. Tun Sie das niemals. Vorher schicke ich Ihnen Bilder von Todesfällen. Man kann maximal vier Liter absaugen, das ist die Grenze, danach wird es gefährlich. Die Kosten für eine solche Operation liegen insgesamt bei etwa 3000 bis 5000 Euro. Da hat man doch schon eine Vorstellung. Aber ist es seriös, zu sagen: Vier Liter jetzt absaugen – und in einem halben Jahr noch einmal vier Liter, bis der Bauch weg ist? Ich plane nicht, das zu machen, sondern bin mir bewusst, dass ich erstmal abspecken müsste. Aber es würde mich interessieren, ob so etwas geht. Mehrfachabsaugungen sind möglich. Das Risiko bezieht sich eher auf jede einzelne Operation. Für einen Bierbauch gibt es aber auch andere Techniken. Bei einer sogenannten „Fettschürze“ (wenn der Bauch über der Unterhose nach unten hängt), ist unter Umständen eine Fettschürzenresektion besser. Dabei wird das überflüssige, erschlaffte Gewebe zwischen Bauchnabel und Schambereich entfernt. Das zahlt eventuell sogar die Kasse. Interessant, aber da gibt es doch sicher „Richtwerte“ – in Kilogramm, die man minimal haben muss, oder? Nein, es gibt keine Richtwerte. Wichtig für eine Krankenkassenbewilligung ist die Frage, ob es durch die „Fettschürze“ etwa zu Entzündungen in den Hautfalten kommt, zu Pilzinfektionen, Hautproblemen, Hygieneproblemen, die einfach aufgrund der Gewebemasse entstehen. Aber auch hier verlangen die meisten Kassen zunächst eine Gewichtsreduktion. Das wird individuell beurteilt. Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen Langenbeck-Virchow-Haus Luisenstraße 58-59, 10117 Berlin Fon: 030 / 28 00 44 50 Fax: 030 / 28 00 44 59 www.dgpraec.de [email protected] Ich bin eine Frau, will ein bisschen Fett absaugen, bin eigentlich schlank und mache Sport. Mich verwirren aber jetzt die ganzen Techniken. Welche Technik, also welche Kanüle setzen Sie ein? Ihren Angaben zufolge sind Sie eine idealer Kandidat für eine Fettabsaugung. Haben Sie eine Problemzone, die durch Sport nicht weggeht, ist eine Absaugung eine seriöse Sache. Die Technik ist prinzipiell überall gleich. Es wird mit unterschiedlich starken (etwa der Umfang eines Bleistiftes) Kanülen, die vorne stumpfe Öffnungen haben, gesaugt. Einige Operateure benutzen zusätzlich Ultraschall, das macht aber nicht so einen großen Unterschied. Ich habe gelesen, dass es da noch spezielle Techniken mit Wasser oder mit Laser gibt? Ja, der Laser verstärkt das „Schmelzen“ des Fettes unter der Haut, so dass es besser abgesaugt werden kann. Das sind aber Feinheiten der Technik, die für den Patienten nicht so wichtig sind. Wichtig ist, dass Ihr Operateur über Erfahrung verfügt. Fragen Sie ihn, wie oft er das schon gemacht hat, wie hoch seine Komplikationsrate ist. Wie groß sind denn die Narben und wo sind die dann? Es gibt nur ganz kleine Stichkanäle, die weniger als 5 Millimeter lang sind. Die werden meist in einer Hautfalte gelegt und sind kaum zu sehen. Dadurch, dass sie so klein sind, sieht man nach ein paar Monaten in der Regel nichts mehr. Ich will Fett absaugen lassen – aber jetzt habe ich gelesen, dass das abgesaugte Fett an anderer Stelle im Körper „wiederkommt“ bzw. „wandert“. Stimmt das? Das ist Unsinn. Die einmal abgesaugte Fettzelle kommt nicht wieder. Die ist weg. Nehmen Sie aber nach einer Fettabsaugung massiv zu, muss der Körper irgendwo hin mit dem zusätzlichen Gewebe. Das wird dann an anderen Stellen eingelagert. Aber in der Regel sind die meisten so stolz auf ihren neuen „Bauch“, dass sie motiviert sind und eher versuchen abzunehmen, um an anderen Stellen auch besser auszusehen. Kommt das Fett denn an genau der gleichen Stelle wieder (also auch wenn man danach auf seine Ernährung achtet)? Gibt es also eine Art „ZellErneuerung“? Nein, abgesaugtes Fett kommt an dieser Stelle nicht wieder. Wenn sie jetzt massiv zunehmen, bildet sich an der abgesaugten Stelle eher eine Delle, denn hier ist das Fett ja weg. Fettzellen lagern Fett ein. Wenn man sie absaugt, sind sie weg. Sie können sich schon neu bilden, aber nur in geringer Anzahl. Bei Gewichtszunahme würden Sie um den abgesaugten Bereich massiv zulegen, und im abgesaugten Bereich nur ein wenig. Aber es wäre nicht ratsam, nach einer Absaugung massiv zuzunehmen. Was passiert eigentlich mit dem Fett nach der Fettabsaugung? Ist das Sondermüll? Oder kann ich das mitnehmen? Das ist, wie alles im OP-Saal, Sondermüll und wird verbrannt. Bisher wollte das noch niemand haben. Es sieht auch nicht so schön aus. Geringe Mengen werden manchmal wieder eingespritzt, um Konturen oder kleine Dellen auszugleichen. Kann man mit dem abgesaugten Fett tatsächlich gleich die Brust vergrößern oder ist das eher ein Märchen? Nein, das ist kein Märchen – prinzipiell ist das möglich. Der Großteil des eingespritzten Fettes stirbt aber ab und wird vom Körper abgebaut (etwa 50-70 Prozent). Um eine Brust merklich zu vergrößern, muss man also sehr viel einspritzen und in der Regel auch zwei- bis dreimal. Geringe Volumeneffekte sind deshalb möglich, wahre Vergrößerungen eher nicht. Auch die Formung des Fettes ist bei der Einspritzung nicht ganz leicht. Diese Art Operation hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt und wird sicher noch besser werden. Gibt es denn eigentlich irgendwelche seriösen Mittel, den Bauch (ohne Sport und Abnehmen) zu verkleinern, die nicht mit Absaugen zu tun haben? Ich denke an den „Bauch-Weg-Gürtel“, an das Einwickeln in Alufolie, an irgendwelche leichten Stromstöße oder Vibrationen … Nein, es gibt keine Möglichkeiten, außer Fett zu verbrennen (Sport), zu verbrauchen (Diät) oder eben durch Absaugung oder eine offene Operation zu entfernen. Alle anderen Techniken zeigen definitiv keinen Effekt. „Passiv“ Fett zu verlieren geht leider nicht – weder durch Gürtel, noch durch sonstige Außeneinwirkung. Wie hoch ist bei Ihnen denn die Komplikationsrate? Und wie lange bin ich „außer Gefecht“ nach so einem Eingriff? Wir führen hier vor Ort Absaugungen bis zwei Liter ambulant durch, bis vier Liter stationär (also mit Übernachtung) für zwei bis drei Tage. Sie müssen nach der Absaugung ein Mieder tragen – oder einen Bauchgurt. „Außer Gefecht“ wären Sie nur für zwei bis drei Tage. Das ist eher problemlos. Ist das dann Vollnarkose oder nur örtlich? Bis zwei Liter reicht eine örtliche Betäubung, die in der Lösung enthalten ist, die vor der Absaugung unter die Haut gespritzt wird und die Fettzellen verflüssigt. Bei mehr als 2 Liter Vollnarkose. Ein Grund mehr, eher wenig abzusaugen. Dann spart man auch das Geld der Narkose und den stationären aufenthalt. Wird heute eigentlich mehr abgesaugt als früher? Wie ist Ihre Erfahrung? Nein, es wird nicht mehr abgesaugt als früher. Es gab in den 90er-Jahren einen regelrechten „Run“ auf Liposuktionen – aber leider durch viele unseriöse Eingriffe auch viele Komplikationen. Die Leute sind heute aufgeklärter, informieren sich, fragen nach einer zweiten Meinung, bevor sie sich entscheiden.