Abzählbarkeit und¨Uberabzählbarkeit von Mengen

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Abzählbarkeit und Überabzählbarkeit von
Mengen
Florian Modler und Martin Kreh
15. März 2012
Zusatzmaterial
1 Definition
Definition 1 (Mächtigkeit): Sei A eine Menge. Hat A endlich viele Elemente, so bezeichnen
wir mit |A| die Anzahl der Elemente von A. Sonst setzen wir |A| = ∞.
Definition 2 (Abzählbarkeit): Eine Menge M heißt abzählbar, wenn sie dieselbe
Mächtigkeit wie die Menge der natürlichen Zahlen N besitzt. Genauer, wenn eine Bijektion
f : M → N existiert. Andernfalls heißt die Menge überabzählbar.
2 Sätze und Beweise
Satz 1: Jede Teilmenge N ⊂ M einer abzählbaren Menge M ist abzählbar. Jede abzählbare
Vereinigung abzählbarer Mengen ist wieder abzählbar.
Beweis: M ist nach Voraussetzung abzählbar; dies bedeutet, dass M → N surjektiv ist. Wir
wählen nun eine surjektive Abbildung M → N , zum Beispiel die Funktion m 7→ m für m ∈ N ,
da N ⊂ M . Dann ist M → N → N als Verkettung surjektiver Abbildungen wieder surjektiv,
also ist N abzählbar.
Sei I = {i(n) : n ∈ N} eine abzählbare Indexmenge und zu jedem i ∈ I definieren wir
Xi := {xim : m ∈ N}
als die dazugehörige abgezählte Menge. Demnach gilt
[
[
Xi =
Xi(n) = {xi(n)
m : (m, n) ∈ N × N},
i∈I
n∈N
indem wir N als N × {0} ⊂ N × N auffassen. Wir müssen nun eine surjektive Abbildung
N × N → N finden. Dies geht so wie in (1). Jetzt haben wir also eine Surjektion gefunden und
sind fertig!
Satz 2 (Cantor): Es existiert keine surjektive Abbildung f : M → P(M ) einer Menge M in
ihre Potenzmenge P(M ).
Beweis: Sei dazu f : M → P(M ) eine beliebige Abbildung, die jedem x ∈ M eine Teilmenge
Mx := f (x) ⊂ M zuordnet. Wir betrachten die Menge
A := {x ∈ M : x ∈
/ Mx } ⊂ M.
Dann gilt A 6= Mx = f (x) für jedes x ∈ M . Demnach liegt also A ∈ P(M ) nicht im Bild von f ,
also kann f nicht surjektiv sein.
1
3 Erklärungen zu den Definition
Zur Definition 2 der Abzählbar- und Überabzählbarkeit: Es wird euch sicherlich
überraschen, wenn wir euch jetzt sagen, dass es verschiedene Unendlichkeiten gibt... Ja, das
muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen. Wenn ihr euch mit Unendlichkeiten
beschäftigt werdet ihr eine Menge an Paradoxen kennen lernen. Ein schönes Paradoxon ist das
so genannte Hilbert Hotel. Bevor wir uns dies aber anschauen, wollen wir kurz festhalten, dass
Abzählbarkeit so viel bedeutet wie dass man die Elemten der Menge, wie der Name schon sagt,
abzählen kann. Es wird erstaunen, dass dies beispielsweise bei den ganzen Zahlen möglich, bei
den reellen Zahlen nicht möglich ist. Das heißt konkret, dass Z abzählbar, aber R
überabzählbar ist. Aber der Reihe nach...
Beispiel 1: Stelle euch folgendes vor: Ihr wollt mit eurem Freund oder eurer Freundin Urlaub
machen und müsst dazu ein Hotelzimmer buchen. Jetzt nehmen wir mal an, dass dieses Hotel
unendlich viele Zimmer besitze. Ja, wir wissen, dass dies praktisch nicht möglich ist, aber es
soll nur ein Gedankenspiel sein! Gut, dann werdet ihr sagen: Auch hier haben wir ein
”
Problem. Wenn unendlich viele Gäste im Hotel sind, so kann kein weiterer Gast ein Zimmer
bekommen.“ Seid ihr euch da wirklich so sicher?
Es gibt einen Weg, dass auch dieser Gast (zum Beispiel ihr mit eurem Freund oder eurer
Freundin) ein Zimmer bekommt, obwohl eigentlich alle Zimmer belegt sind. Dazu macht man
einfach folgendes: Der Gast aus Zimmer 1 wechselt in das Zimmer 2, der Gast von Zimmer 2
geht in Zimmer 3 und so weiter... Damit wird also das Zimmer 1 frei und ihr könnt dort
einziehen. Da die Anzahl der Zimmer unendlich ist, gibt es sozusagen keinen letzten“ Gast,
”
der kein weiteres Zimmer bekommt. Dies kann man nun beliebig wiederholen und erhält so
Platz für beliebige, aber endlich viele Gäste... Gut, wir wissen natürlich auf, dass die Gäste
irgendwann die Schnauze voll haben und keine Lust mehr, die Zimmer zu wechseln, aber dies
sei mal dahin gestellt...
Man überlegt sich ebenso, dass Platz für abzählbar unendlich viele Gäste ist. Dazu machen wir
folgendes: Der Gast aus Zimmer 1 zieht in Zimmer 2, der Gast aus Zimmer 2 geht in Zimmer
4, der Gast aus Zimmer 3 in Zimmer 6 usw. Damit werden also alle Zimmer mit ungerade
Zimmernummer frei und somit können abzählbar unendlich viele neue Gäste aufgenommen
werden.
Gut... treiben wir das Spielchen weiter. Was passiert, wenn abzählbar unendlich viele Busse
mit je abzählbar unendlich vielen Gästen das Hotel aufsuchen? Na ja... wir machen das so: Die
Gäste aus dem ersten Bus gehen in Zimmer 31 = 3, 32 = 9, 33 = 27, . . .. Die Gäste aus Bus 2
gehen dann in die Zimmer 51 = 5, 52 = 25, 53 = 125, . . . Allgemein gehen die Gäste aus Bus i in
die Zimmer p, p2 , p3 , . . ., wobei p die i + 1-te Primzahl ist. So finden alle Gäste ein Zimmer und
es sind dann noch unendlich viele Zimmer frei. Natürlich könnte man dies auch anders machen.
Überlegt euch wie!
Wie kann man sich jetzt vorstellen, dass es verschiedene Unendlichkeiten gibt... Nun ja... Ihr
werdet uns zu stimmen, dass es sowohl unendlich viele gerade natürliche Zahlen, als auch
unendlich viele gerade natürliche Zahlen gibt. Aber die Menge der natürlichen Zahlen muss
dann wohl irgendwie größer“ sein, denn diese beinhaltet ja gerade sowohl die geraden als auch
”
die ungeraden Zahlen.
Dieses Konzept wird durch die Mächtigkeit bzw. durch den Begriff der Abzählbarkeit erfasst.
Wir geben nun bekannte Beispiele von abzählbaren und überabzählbaren Mengen. Beispiel 2:
• Die Menge der natürlichen Zahlen N ist natürlich abzählbar, denn sie besitzt dieselbe
Mächtigkeit wie sie selbst bzw. die Identität Id : N → N ist eine einfache Bijektion.
• Auch die Menge der ganzen Zahlen Z ist abzählbar. Um dies zu beweisen, müssen wir
2
eine Abbildung zwischen den natürlichen Zahlen und den ganzen Zahlen angeben, die
bijektiv ist, also eine 1-1-Abbildung. Dies geht so: Schreibt euch mal alle natürlichen
Zahlen in eine Reihe und dann die ganzen Zahlen und zwar so:
1 2 3 4 5 6 ...
0 1 − 1 2 − 2 3 ....
Nun ordnet ihr also der 1 die 0, der 2 die 1, der 3 die −1 usw. zu. So erhaltet ihr eine
Bijektion und damit habt ihr bewiesen, dass Z abzählbar ist.
• Weitere abzählbaren Mengen sind die Menge der Primzahlen und der rationalen Zahlen
Q. Überlegt euch, wie ihr eine Bijektion erhaltet! Bei den rationalen Zahlen macht man
dies mit dem so genannten ersten Cantor’schen Diagonalargument.
Das erste Diagonalargument funktioniert wie folgt: Man bildet die natürlichen Zahlen
anhand einer Pfeilfolge auf die rationalen Zahlen ab und zwar die 0 auf die 0, die 1 auf
die 1, die 2 auf die 2, die 3 auf 12 usw. Zeichnet euch dies am besten einmal auf, dann
wird auch der Begriff von Diagonale“ deutlich. Wir haben dies in (1) getan.
”
1
1
2
1
3
1
4
1
...
1
2
2
2
3
2
4
2
...
1
3
2
3
3
3
4
3
...
1
4
2
4
3
4
4
4
...
..
.
..
.
..
.
..
.
..
.
(1)
Beispiel 3: Es wird euch vielleicht überraschen, dass die Menge der reellen Zahlen R
überabzählbar ist, das heißt wir finden keine Bijektion N → R! Komisch, oder? Denn die
rationalen Zahlen Q beispielsweise ist doch abzählbar wie wir in Beispiel 2 bemerkt haben.
Der Beweis dieser Tatsache folgt aus dem so genannten zweiten Cantor’schen
Diagonalargument. Ja, richtig. Das erste Diagonalargument begegnete schon uns schon in
Beispiel 2.
4 Erklärungen zu den Sätzen und Beweisen
Zu Satz 1: Dieser Satz ist recht nützlich, um zu zeigen, dass gewisse Mengen abzählbar sind.
Aus dem Satz 1kann man sofort folgendes schließen.
S
Beispiel: Die Mengen N, −N, Z = N0 ∪ −N und Q = n∈N n1 Z sind nach Satz 1 abzählbar.
3
Zum Satz von Cantor (Satz 2): Aus dem Satz von Cantor folgt insbesondere, dass die
Potenzmenge von N überabzählbar ist, denn wäre sie abzählbar, so gebe es eine surjektive
Abbildung f : N → P(N). Dies ist aber ein Widerspruch zum Satz von Cator.
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