Skript Kapillarelektrophorese

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1. Historische Entwicklung
Vor mehr als 100 Jahren wurde das 1. Gesetz von Kohlrausch definiert (unabhängiges Gesetz
der Ionenwanderung):
Geladene Teilchen wandern in Lösung unter Einfluss eines elektrischen Feldes mit
unterschiedlicher Geschwindigkeit.
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde für diese Formulierung der Begriff der
Elektrophorese eingeführt. Die unterschiedlichen Wanderungsgeschwindigkeiten von
geladenen Molekülen beruhen zum einen auf verschiedenen Ladungsdichten sowie auf
unterschiedlichen
Reibungswiderständen,
die
der
Wanderungsgeschwindigkeit
entgegenwirken.
Eingeführt wurde die klassische Elektrophorese von Tiselius in den 30er Jahren des letzten
Jahrhunderts. Tiselius verwendete mit Elektrolytlösung imprägnierte Papierstreifen oder
Gele um geladene Moleküle voneinander zu trennen. Mit dieser Methode war es Tiselius
möglich selbst Makromoleküle mit geringen Ladungsdichtendifferenzen zu trennen.
Allerdings besitzt die klassische Gel bzw. Papierelektrophorese auch zwei entscheidende
Nachteile:
Zum einen ist eine quantitative Analyse nur mittels Remissionsmessungen möglich, die in
den meisten Fällen erst nach Anfärbung vorgenommen werden kann und somit stark
fehlerbehaftet ist.
Weiterhin dürfen keine allzu großen Spannungen angelegt werden, da es sonst zur
Austrocknung der Papierstreifen bzw. Gele kommt (Joulesche Wärme).
Zur Behebung der Kühl- und Detektionsprobleme in der klassischen Elektrophorese wurde
Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts versucht, die elektrophoretische Trennung in
offenen Rohren durchzuführen, wie es auch heute noch bei der GC bzw. HPLC üblich ist.
Hierbei traten jedoch neue Probleme durch Konvektionsströmungen im Elektrolyten auf.
Die eigentliche Entwicklung der Kapillarelektrophorese startete Anfang der 70er Jahre mit
Pionierarbeiten von Mikkers, Verheggen und Evereats. Durch Verwendung von Kapillaren
aus Teflon oder Quarzglas mit Innendurchmessern von 200 bis 500 µm konnten die
Probleme der klassischen bzw. offenen Elektrophorese reduziert werden.
Hocheffiziente Trennleistungen wurden allerdings erstmals 1981 von Jorgenson und Lukas
erzielt, in dem sie den Durchmesser der Kapillare auf 50 – 100 µm erniedrigten. Aufgrund
des geringen Durchmessers und des damit verbundenen günstigeren Oberflächen-VolumenVerhältnisses war es nun möglich, den störenden Einfluss der thermisch induzierten
Konvektion fast komplett auszuschalten. Des Weiteren verwendeten sie HPLC-Detektoren
zum direkten Nachweis der getrennten Substanzen in der Kapillare.
2. Aufbau:
Der schematische Aufbau einer Kapillarelektrophorese ist in Abbildung 2.1 skizziert. Für die
Trennung wird eine mit Puffer gefüllte Quarzkapillare verwendet. Hierbei handelt es ich in
den meisten Fällen um eine Polyimid beschichtete Quarzkapillare mit einem Durchmesser
von 50 – 100 µm und einer Gesamtlänge von 30 bis 100 cm. Zu Beginn wird die Probe in
eine mit Puffer gefüllte Kapillare eingespritzt. Anschließend werden die Enden der Kapillare
in Puffergefäße eingetaucht und eine Spannung von maximal 30 KV angelegt. Durch anlegen
eines elektrischen Feldes migrieren die geladenen Moleküle der Probe unterschiedlich
schnell in Richtung Outlet und durchqueren dabei einen Detektor (UV, Leitfähigkeit,
Fluoreszenz etc.), mit dem eine qualitative und quantitative Auswertung erfolgen kann.
Abb. 2.1: Schematischer Aufbau einer Kapillarelektrophorese
3. Theorie
Wie schon angesprochen ist die Trennung in der Elektrophorese abhängig von den
unterschiedlichen Wanderungsgeschwindigkeiten der geladenen Moleküle. Die
Wanderungsgeschwindigkeit selbst ist wiederum abhängig von Ladungsdichte und Gestalt
der Ionen. Des Weiteren hängt sie von der Lösungsmittelviskosität (η0), der Temperatur (T),
dem pH-Wert und der angelegten elektrischen Feldstärke (E) ab. Prinzipiell wirken zwei
verschiedene Kräfte auf geladene Teilchen in Lösung, wenn sie einem elektrischen Feld
ausgesetzt werden. Hierbei handelt es sich um die elektrophoretische Kraft (Fel) und die
Reibungskraft (FR), die der Wanderung der Ionen entgegenwirkt (sie auch Abbildung 3.1). Die
elektrophoretische Kraft kann durch Gleichung 3.1 ausgedrückt werden:
Fep = z i ⋅ e0 ⋅ E
e0 : Elementarladung
zi : Anzahl der elektrischen Ladungen
(3.1)
Abb. 3.1: Schematische Abbildung der Kräfte die auf die geladenen Moleküle während der
Trennung in der Kapillarelektrophorese wirken
Unter Annahme einer kugelförmigen Molekülgestalt kann die Reibungskraft (FR) durch
Gleichung 3.2 beschrieben werden.
FR = 6 ⋅ π ⋅ η 0 ⋅ R h ⋅ ν ep
(3.2)
Rh : Hydrodynamischer Radius
νep : elektrophoretische Geschwindigkeit
η0 : Lösungsmittelviskosität
Während der Trennung in der Kapillare herrscht ein Kräftegleichgewicht zwischen den oben
beschriebenen Kräften. Für die die Wanderungsgeschwindigkeit ergibt sich somit:
ν ep =
zi ⋅ e0 ⋅ E
6 ⋅ π ⋅ η 0 ⋅ Rh
(3.3)
Mit Hilfe der Wanderungsgeschwindigkeit ist es möglich, die elektrophoretische Mobilität
(µep) der Ionen zu bestimmen. Diese Größe stellt für eine ionische Spezies eine Konstante dar
und repräsentiert die Wanderungsgeschwindigkeit bei einer Feldstärke von 1 V/m.
Elektrophoretische Mobilitäten von Kationen erhalten ein positives Vorzeichen, die der
Anionen ein negatives. Berechnet wird diese Größe nach Gleichung 3.4
µ ep =
E
ν ep
(3.4)
Mit Hilfe von Gleichung 3.3 folgt für die elektrophoretische Mobilität:
µ ep =
z i ⋅ e0
6 ⋅ π ⋅ η 0 ⋅ Rh
(3.5)
Die elektrophoretischen Mobilitäten welche nach Gleichung 3.5 berechnet werden können,
entsprechen nicht den Werten die in der Realität gefunden werden. Der Grund für diese
Abweichung liegt in der Tatsache, dass in dieser Formel nicht die Wechselwirkung der zu
analysierenden Ionen mit ihren Gegenionen berücksichtigt wird. Sie gilt streng nur für
sphärische Partikel in unendlich verdünnten Lösungen, die in der Realität nicht vermessen
werden können. Aus diesem Grund muss die Wechselwirkung mit den Gegenionen
berücksichtigt werden, die sich hauptsächlich durch den Relaxationseffekt bzw. den
elektrophoretischen Effekt bemerkbar macht (siehe auch Debye-Hückel-Theorie; PCGrundpraktikumsskript).
3.1 Elektroosmotischer Fluss
Ein zweiter wichtiger elektrokinetischer Effekt in der Kapillarelektrophorese ist die
Elektroosmose. Man versteht darunter die Bewegung einer Elektrolytlösung relativ zu einer
geladenen Oberfläche durch ein angelegtes elektrisches Feld. Prinzipiell basiert dieses
Phänomen auf der Theorie von Helmholtz und Stern. Geht man von einem 2-Phasensystem
aus, das aus einer stationären festen Phase und einer beweglichen Phase besteht, bildet sich
aufgrund des angelegten elektrischen Feldes eine elektrische Doppelschicht aus. Wegen des
niedrigen pK-Werts von Quarzkapillaren, die in der Kapillarelektrophorese standardmäßig
verwendet werden, sind sie bei nahe zu jedem pH-Wert auf der Oberfläche negativ geladen.
Die dissoziierten Silanolgruppen, die für die negativen Ladungen verantwortlich sind, stellen
die stationäre Phase dar. Kationen aus der mobilen flüssigen Phase werden aufgrund von
elektrostatischer Anziehung auf der Kapillarwand fixiert. Diese starre Grenzschicht wird auch
als Sternschicht bezeichnet. Um alle negativen Ladungen auf der Glasoberfläche
auszugleichen, werden weitere Gegenionen angelagert, die jedoch aufgrund ihrer
Hydrathülle nicht alle fixiert werden können. Deswegen entsteht eine diffuse Grenzschicht,
die als Gouy-Chapman-Schicht bezeichnet wird (Abbildung 3.1.1). Innerhalb der Sternschicht
nimmt das elektrische Potential mit zunehmender Entfernung linear ab. Sie steht im
Gleichgewicht mit der Gouy-Chapman-Schicht, in der sich das elektrische Potential
expotentiell mit dem Abstand verringert (Abbildung 3.1.2). Mit größer werdender
Entfernung verringert sich also die Coulombsche Wechselwirkung zwischen der negativ
geladenen Glasoberfläche und den Kationen, wodurch die Wanderung der diffusen
Grenzschicht zum negativen Pol ermöglicht wird. Die Gouy-Chapman-Schicht gleitet dabei
über die Sternschicht, was zu einer Scherfläche zwischen diesen beiden Schichten führt. Die
Elektroosmose ist abhängig vom Potential an der Scherfläche zwischen starrer und diffuser
Schicht. Dieses Zeta-Potential ist eine experimentell zugängliche Größe.
Abb. 3.1.1: Schematische Darstellung der Gouy-Chapman- bzw. Sternschicht
Abb. 3.1.2: Verlauf des elektrischen Potentials innerhalb der Gouy-Chapman- bzw. Sternschicht
als Funktion des Abstands
Wird in einer mit Elektrolyt gefüllten Kapillare parallel zur Oberfläche ein elektrisches Feld
angelegt, zieht dieses die Kationen in Richtung des negativen Pols. Infolge der inneren
Reibung wird die gesamte Flüssigkeit in der Kapillare ebenfalls in Richtung der Kathode
bewegt. Aufgrund des elektroosmotischen Flusses bildet sich ein stempelförmiges
Strömungsprofil aus und kein parabolisches Strömungsprofil wie es bei klassischen
chromatographischen Methoden (HPLC, GPC etc.) der Fall ist (Abbildung 3.1.3).
Abb. 3.1.3: Strömungsprofil in der CE und bei anderen klassischen chromatographischen
Methoden
Dieses Profil besitzt eine geringe Dispersion und führt daher zu schmalen Peaks und hohen
Trenneffizienzen.
Idealerweise
sollte
bei
der
Kapillarelektrophorese
zur
Bandenverbreiterung nur die Axialdiffusion beitragen, die man über das EinsteinSmoluchowskische Diffusionsgesetz beschreiben kann:
σ D2 = 2 ⋅ D ⋅ t mig
(3.1.1)
D : Diffusionskoeffizient des Analyten
tmig : Migrationszeit
σD2 : Bandenverbreiterung durch Diffusion
Will man den elektroosmotischen Fluss mathematisch beschreiben, muss zu Beginn ein
Ausdruck für das Zeta-Potential hergeleitet werden. Geht man vom Modell eines
Plattenkondensators aus, um die Doppelschicht zu approximieren, ergibt sich für das ZetaPotential (ζ):
ζ =
ω
P ⋅ε
(3.1.2)
ω : Ladungsdichte an der Wandoberfläche
ε : Dielektrizitätskonstante des Elektrolyten
P : Debye-Hückel-Parameter
Dabei ist der Debye-Hückel-Parameter (P) definiert als:
2000 ⋅ F 2
⋅
ε0 ⋅ ε ⋅ R ⋅ T
P =
4
µ
(3.1.3)
F : Faradaykonstante
R : Gaskonstante
ε0 : Dielektrizitätskonstante des Vakuums
T : Temperatur
µ : Ionenstärke
Die Ionenstärke (µ) berechnet sich nach:
µ =
ci : Konzentration aller Pufferbestandteile
zi : Ladungszahl aller Ionen
1
2
∑c
i
i
⋅ zi
(3.1.4)
Gleichung 3.1.2 und 3.1.4 zeigen, dass sich das Zeta-Potential und somit der
elektroosmotische Fluss umgekehrt proportional zur 4. Wurzel der Ionenstärke des
Elektrolyten verhält. Erhöht man also die Konzentration des Puffers, kommt es zu einer
Verringerung des elekroosmotischen Flusses. Wird hingegen der pH-Wert des Elektrolyten
erhöht, steigt der elektroosmotischen Fluss an.
Durch die Smoluchowski-Gleichung kann man den Zusammenhang zwischen der
Volumenströmung (νeof) innerhalb der Kapillare, der Feldstärke (E) und dem Zeta-Potential
(ζ) beschreiben.
ν eof = −
ε ⋅ς
⋅E
η
(3.1.5)
Daraus ergibt dich die elektroosmotische Mobilität (µeof):
µ eof = −
ε ⋅ς
η0
(3.1.6)
Aus der vektoriellen Summe der elektrophoretischen und elektroosmotischen Mobilität (µep,
µeof) kann man nun die effektive Mobilität (µeff) berechnen:
µ eff = µ eof + µ ep
(3.1.7)
3.2 Joulesche Wärme
Der Stromfluss welcher durch anlegen einer Spannung an der Kapillare erzeugt wird, ist
abhängig von der spezifischen Leitfähigkeit des Puffers und vom Durchmesser der Kapillare
(d) und wird durch Gleichung 3.2.1 beschrieben:
I = U ⋅κ ⋅
d2 ⋅ π
4 ⋅ Lges
(3.2.1)
I : Stromstärke
U : Spannung
κ : Elektrolytleitfähigkeit
Lges : Gesamtlänge der Kapillare
Mit Hilfe des Ohmschen Gesetzes ist es möglich, die elektrische Leistung während des
Trennprozesses zu berechnen. Aufgrund der teilweisen Umwandlung der elektrischen
Leistung in Joulesche Wärme muss bei einer Verdopplung des Innendurchmessers der
Kapillare die Spannung geviertelt werden, damit die Leistung und somit die Joulesche
Wärme konstant bleiben. Die Verringerung der Spannung hat allerdings längere
Analysezeiten zur Folge. Weiterhin muss man mit einer starken Bandenverbreiterung durch
Probendiffusion rechnen, falls der Durchmesser der Kapillare erhöht wird. Um die Erzeugung
an Joulescher Wärme so gering wie möglich zu halten, ist es wichtig Kapillaren mit kleinen
Innendurchmessern und Puffer mit geringer Ionenleitfähigkeit bzw. Konzentration zu
verwenden.
3.3 Injektionsysteme
Bei der Kapillarelektrophorese gibt es zwei verschiedene Techniken mit denen man die
Probe in die Kapillare injiziert. Hierbei handelt es ich um die hydrodynamische- bzw.
elektrokinetische Injektion.
Beim der hydrodynamischen Injektion wird durch Anlegen eines Drucks am Eingang bzw.
durch Anlegen eines Vakuums am Ausgang eine Druckdifferenz (∆p) erzeugt, wodurch die
Probe in die Kapillare befördert wird. Die aufgegeben Probenmenge berechnet sich nach
dem Poisseuilleschen Gesetz für laminare Flüsse:
Vi =
∆p ⋅ π ⋅ r 4 ⋅ t inj
8 ⋅ η ⋅ L ges
(3.3.1)
Vi : Injektionsvolumen
r : Innendurchmesser der Kapillare
tinj : Injektionszeit
η : Viskosität der Probe
Bei der hydrodynamischen Injektion ist es wichtig, dass eine schnelles Ansteigen bzw.
Abfallen des Drucks vermieden wird, da dies zu nicht reproduzierbaren injizierten
Probenmengen führen würde. Aus diesem Grund erzeugt man in der Praxis kleine
Druckdifferenzen über einen längeren Zeitraum (10-30 s), was reproduzierbare Ergebnisse
gewährleistet.
Im Fall der elektrokinetischen Injektion nutzt man die Tatsache aus, dass das elektrische Feld
in der Kapillare einen elektroosmotischen Fluss bzw. eine elektrophoretische Mobilität
erzeugt. Taucht der Eingang der Kapillare in ein Probengefäß und wird ein elektrisches Feld
angelegt, migrieren die zu analysierenden Ionen in die Kapillare. Die Konzentration der
Probe kann man nach Gleichung 3.3.2 berechnen:
Qi =
( µ i + µ eof ) ⋅ π ⋅ r 2 ⋅ U ⋅ c i ⋅ t inj
Lges
(3.3.2)
Qi : Konzentration der injizierten Spezies i
ci : Konzentration der Spezies i im Probengefäß
µi : Elektrophoretische Mobilität der Spezies i
Durch Variation von angelegter Spannung bzw. Zeit kann die Probenmenge kontrolliert
werden. Ein großer Nachteil dieser Injektionsmethode ist jedoch die sogenannte
Ionendiskriminierung, die immer dann eine große Rolle spielt, falls sich die
elektrophoretischen Mobilitäten der ionischen Spezies in der Probe stark voneinander
unterscheiden. Ein weiterer Nachteil liegt in der Verdünnung des Probenreservoirs
hinsichtlich der Ionen mit einer hohen Mobilität, was bei Mehrfachmessungen nicht
vernachlässigt werden darf. Aufgrund der oben genannten Nachteile wird bei modernen
Geräten die elektrokinetische Injektion nicht mehr verwendet und ausschließlich mittels
hydrodynamischer Injektion injiziert.
3.4 Detektoren
Generell wird bei der Kapillarelektrophorese zwischen On-column- bzw. Post-column
Detektoren unterschieden.
Als On-column-Detektoren werden UV-VIS- bzw. Fluoreszenzdetektoren verwendet.
Aufgrund der geringen Schichtdicken der Kapillaren müssen höchste Anforderungen
bezüglich Empfindlichkeit, Rauschen und Streulichteinfluss gestellt werden. Im Fall der
Fluoreszenzdetektion kann der Nachteil der geringen Schichtdicken durch Verwendung von
Lasern als Lichtquelle ausgeglichen werden.
Die käuflichen Post-column-Detektoren beschränken sich auf Leitfähigkeitsdetektoren bzw.
Massenspektrometer.
3.5 Grundgrößen der Chromatographie
Aufgrund der Arbeiten von Jorgenson und Lukas können die klassischen Größen der
Chromatographie (Bodenhöhe (H), Bodenzahl (N), Selektivität) auch in der
Kapillarelektrophorese verwendet werden. Es ist allerdings zu beachten, dass die Signale bei
dieser Methode in den meisten Fällen die Form eines Dreiecks annehmen und nicht die Form
einer Gaußschen Glockenkurve wie z.B. bei der HPLC. Aus diesem Grund handelt es sich bei
der Übertragung der oben genannten Größen auf die Kapillarelektrophorese um eine
mathematische Näherung und nicht um eine exakte Beschreibung.
Die Migrationszeit (tmig) berechnet sich aus der Länge der Kapillare zum Detektor (Leff) und
der Wanderungsgeschwindigkeit der Probenkomponente (νeff):
t mig =
Leff
ν eff
(3.5.1)
Die Wanderungsgeschwindigkeit der Probenkomponente (νeff) ergibt sich aus der
vektoriellen Summe der elektrophoretischen Wanderungsgeschwindigkeit (νep) und der des
elektroosmotischen Flusses (νeof).
ν eff = ν eof ± ν ep
(3.5.2)
Durch Verwendung von Gleichung 3.5.2 erhält man somit für die Migrationszeit (tmig)
folgende Beziehung:
t mig =
Leff
(ν eof ± ν ep )
(3.5.3)
Bezüglich der Selektivität wird in der Chromatographie der Selektivitätsfaktor α
herangezogen. Er ist definiert als Quotient der Kapazitätsfaktoren (ki) der beiden zu
trennenden Analyten.
α =
t − t0
k2
= 2
k1
t1 − t 0
(3.5.4)
t1,2: Retentionszeiten der Analyten
t0 : Totzeit
In der Kapillarelektrophorese gibt es keine Totzeit (t0). Aus diesem Grund vereinfacht sich
Gleichung 3.5.4 zu:
α =
t mig,2
t mig,1
(3.5.5)
tmig1,2 : Migrationszeiten der Analyten 1 und 2
Die theoretische Bodenhöhe (H) sowie die Trennstufenzahl (N) sind durch Formel 3.5.6
miteinander verknüpft:
N =
Leff
H
(3.5.6)
Die Breite eines Peaks lässt sich durch seine Standardabweichung oder Varianz (σ2)
darstellen. Wie bei anderen chromatographischen Methoden ist H als die auf die effektive
Länge der Kapillare (Leff) bezogene Varianz (σ2) definiert:
H =
σ2
Leff
(3.5.7)
Die Quadratwurzel der Varianz kann wiederum durch Gleichung 3.5.8 ausgedrückt werden:
σ =
Leff ⋅ W
4 ⋅ t mig
(3.5.8)
W: Basispeakbreite
Setzt man Gleichung 3.5.8 in Gleichung 3.5.7 ein, erhält man für die theoretische Bodenhöhe
(H):
H =
Leff ⋅ W 2
2
16 ⋅ t mig
(3.5.9)
Mit Hilfe von Gleichung 3.5.6 ergibt sich für die theoretische Bodenzahl (N):
 t mig
N = 16 ⋅ 
W



2
(3.5.10)
Unter Verwendung der Halbwertsbreite W0.5 (Breite des Peaks auf halber Höhe) erhält man
für N:
 t mig 

N = 5.54 ⋅ 
 W 0. 5 
2
(3.5.11)
4 Puffersysteme, Konzentration und pH-Werte
Den größten Einfluss auf die Trennleistung in der Kapillarelektrophorese hat der Puffer.
Folgende Forderungen muss ein Puffer in der Kapillarelektrophorese erfüllen:
1) Selektivität für die zu trennenden Ionen
2) Stabilität des Puffers, stabiler pH-Wert durch hohe Pufferkonzentration
3) Geringe UV-Absorption bei verwendeter Detektorwellenlänge
4) Das Gegenion sollte eine geringe Mobilität besitzen
5) Anpassung der Mobilität zwischen Analyt- und Pufferionen
Die Pufferkonzentration sollte so gewählt werden, dass der EOF noch groß genug ist um
schnelle Analysezeiten zu gewährleisten. Des Weiteren sollte die Konzentration so groß sein,
dass während des Trennprozesses keine signifikanten Änderungen des pH-Wertes auftreten.
Ob bei verwendeter Pufferkonzentration eine Dispersion durch thermische Effekte vorliegt,
kann dadurch bestimmt werden, dass bei steigenden Feldstärken die resultierenden
Stromstärken im Puffer bestimmt und gegen die Spannung aufgetragen werden. Nach dem
Ohmschen Gesetz besteht ein lineares Verhältnis zwischen der Spannung und der
Stromstärke. Ist diese Gesetzmäßigkeit nicht mehr erfüllt, ist die Leitfähigkeit des Puffers
durch Erhöhung der Puffertemperatur in der Kapillare angestiegen. Wenn die Kühlung nicht
mehr ausreicht, um die Joulesche Wärme abzuführen, nimmt der Strom überproportional
mit der angelegten Spannung zu. Eine thermische Bandenverbreiterung kann in der
Kapillarelektrophorese vernachlässigt werden, solange der Gültigkeitsbereich des Ohmschen
Gesetzes nicht überschritten wird. Wird der lineare Bereich verlassen, muss entweder die
Pufferkonzentration, die Spannung oder der Kapillarinnendurchmesser verringert werden.
Effizienzverluste können ebenfalls durch Unterschiede in der Leitfähigkeit zwischen Analyt
und Pufferion auftreten. Nur wenn die Leitfähigkeit des zu analysierenden Ions mit der des
Puffers relativ identisch ist, werden symmetrische Peaks erhalten.
Beim Transport des Analyten zum Detektor kann der pH-Wert einen entscheidenden Einfluss
haben. Diese Tatsache kann auf zwei Ursachen zurückgeführt werden. Wie bereits erwähnt,
ist in den meisten Fällen die elektrophoretische Migration durch den elektroosmotischen
Fluss überlagert, dessen Größe durch die Dissoziation der Silanolgruppen an der
Kapillarwand beeinflusst wird (falls Quarzglaskapillaren verwendet werden). Weiterhin ist
die Beweglichkeit der zu analysierenden Probe von ihrem Dissoziationsgrad im Elektrolyten
abhängig. Deshalb kann durch die Variation des pH-Wertes die Trennung optimiert werden.
Bei pH-Werten kleiner 2 bzw. größer 12 wird der Stromtransport hauptsächlich durch
Protonen bzw. Hydroxidionen hervorgerufen. Aufgrund der hohen Mobilität dieser Ionen
wird eine große Stromstärke und somit auch eine hohe Joulesche Wärme erzeugt, die sich
nachteilig auf die Trenneffizienz auswirken kann.
5. Die elektrophoretische Mobilität von Polylelektrolyten
Wie schon in Abschnitt 3 angesprochen, kann Formel 3.5 nicht verwendet werden, um die
experimentell gefundenen elektrophoretischen Mobilitäten von geladenen Makroionen zu
berechnen, weil die Wechselwirkung mit den Gegenionen vernachlässigt wird. Muthukumar
konnte im Fall von Polyelektrolyten eine Theorie herleiten, mit der es möglich ist, die
experimentell gefundenen elektrophoretischen Mobilitäten zu berechnen:
µ =
zi ⋅ e
⋅ M ( χR g )
6 ⋅ π ⋅ η0 ⋅ Rg
Rg : Trägheitsradius der Probe
χ : Inverse Debye´sche Abschirmlänge
M(χRg) : Debye-Hückel-Korrekturfaktor
(5.1)
Der Unterschied zu Gleichung 3.5 besteht in dem Term M(χRg), der die zusätzlichen Effekte
aus der Debye-Hückel-Theorie berücksichtigt. Für Polyelektrolyte, die in einem Puffer mit
hoher Ionenstärke als statistisches Knäuel vorliegen, gilt für M(χRg):
M ( χR g ) =
1
(χ ⋅ Rg )
(5.2)
1 −1
v
v : Molmassen-Radien-Exponent
Daraus folgt für die elektrophoretische Mobilität von Polyelektrolyten die in Lösung als
statistisches Knäuel (µSK) vorliegen:
µ SK =
zi ⋅ e
6 ⋅ π ⋅ η0 ⋅ Rg ⋅ χ
1 −1
v
1
⋅
Rg
(5.3)
1 −1
v
Die effektive Ladung (zi) ist direkt proportional zum Molekulargewicht (M):
zi = k1 ⋅ M
(5.4)
k1: Konstante
Für das Molekulargewicht (M) gilt wiederum:
M = k 2 ⋅ Rg
1
v
(5.5)
k2 : Konstante
Setzt man die Gleichungen 5.4 und 5.5 in Gleichung 5.3 ein, erhält man:
µ SK =
k1 ⋅ k 2 ⋅ e
6 ⋅ π ⋅ η0 ⋅ χ
1 −1
v
⋅
Rg
Rg
1
v
1 − 1+ 1
v
= k ⋅
e
6 ⋅ π ⋅ η0 ⋅ χ
1 −1
v
(5.6)
k : Konstante
Gleichung 5.6 zeigt, dass Polyelektrolyte der gleichen chemischen Struktur ein
molmassenunabhängiges
Elutionsverhalten
besitzen
und
mittels
freier
Kapillarelektrophorese nicht voneinander getrennt werden können, insofern sie die gleiche
Konformation in Lösung besitzen.
Einen ähnlichen Ausdruck kann man auch für die elektrophoretische Mobilität von
stäbchenförmigen Polyelektrolyten (µSt) herleiten:
µ St = k *
e
6 ⋅ π ⋅ η0 ⋅ χ
1 −1
v
(5.7)
k* : Konstante
Die Konstanten k und k* aus Gleichung 5.6 bzw. 5.7 sind nicht identisch, was zur Folge hat,
dass Polyelektrolyte gleicher chemischer Struktur, jedoch unterschiedlicher Architektur (z.B.
statistisches Knäuel vs. Stäbchen) in der Kapillarelektrophorese getrennt werden können.
Muthukumar´s Theorie gilt nicht für geladene Oligomere. Sind die geladenen
„Makromoleküle“ aus weniger als 40 Monomereinheiten aufgebaut, ist es möglich, sie
mittels Kapillarelektrophorese voneinander zu separieren.
Weiterhin gilt diese Theorie nur dann, wenn die elektrischen Ladungen des Polyelektrolyts
homogen über das gesamte Makromolekül verteilt sind. A-B-Strukturen, welche aus
verschieden langen geladenen bzw. ungeladenen Blöcken bestehen, besitzen z.B. kein
molmassenunabhängiges Elutionsverhalten und können durch den Einsatz der
Kapillarelektrophorese voneinander getrennt werden.
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