Orthopädie Verstehen: Vortrag von Wilfried Kaufmann Therapeutenkongress in Bad Ems 2011 Mehr als 80 % der westlichen Bevölkerung leiden unter Beschwerden des Bewegungsapparates. Nimmt man die vorübergehenden Statikprobleme hinzu, hat jeder alternde Mensch mindestens einmal im Leben die Tücken der menschlichen Statik kennen gelernt. Warum ist unser Bewegungsapparat derart anfällig? Evolution und Bewegungsapparat • Die Erde war etwa 10 Milliarden Jahre unbelebt, bevor in der Ursuppe vor etwa 4,5 Milliarden Jahren das erste Leben entstand. Den Kräften der Gravitation waren diese Einzeller auf Grund ihrer winzigen Dimensionen gewachsen, zumal sie noch im Auftrieb des Wassers lebten. • Vor etwa 500 Millionen Jahren erschien die erste Evolutionsgruppe der Fauna im Wasser. Auch sie hatte kaum statische Probleme, da sie zumeist von starken Kalkpanzern und vom Auftrieb des Wassers gestützt wurden. • Vor etwa 400 Millionen Jahren entwickelten sich die ersten Landpflanzen (Urfarne). Der Gravitation setzten sie verhärtete Gefäße entgegen. • Vor etwa 350 Millionen Jahren erschienen die ersten Landtiere: Amphibien und Insekten, aber auch die ersten Wirbeltiere im Wasser • Vor etwa 200 Millionen Jahren verbreitete sich die zweite Evolutionsgruppe der Landtiere, u.a. die ersten Dinosaurier, die an Größe bis heute alles übertrafen. Evolutionär gesehen, begannen die Probleme am Bewegungsapparat mit dem Aufkommen der Mehrzeller. Je größer die Zellverbände wurden, desto mehr stellte sich das Problem, wie sich der Bewegungsapparat den Kräften des Druckes im Wasser und der Gravitation auf dem Lande anpasst. Der Bewegungsapparat der Wassertiere wird durch den Auftrieb des Wassers entlastet, aber mit zunehmender Wassertiefe durch den Wasserdruck belastet. Bei den Landtieren vollzog sich ein evolutionärer Quantensprung: Schutz gegen die Kräfte der Gravitation von außen durch einen Panzer (z.B. bei den Insekten) oder von innen durch eine Wirbelsäule (wie bei allen Wirbeltieren). Vor etwa 4 Millionen Jahren fingen unsere stammesgeschichtlichen Vorfahren an, die Vorderpfoten als Werkzeug ihres wachsenden Gehirns zu nutzen. Im Laufe der Evolution entwickelte sich das Gehirn immer weiter. Das Hauptmerkmal der Evolution ist, dass die Arten immer komplexer werden. Am bisherigen Endpunkt dieser Entwicklung steht der heutige Mensch mit seinem vergleichsweise riesigen Gehirn und dem zweibeinigen Gang. Wir sind (noch) keine Zweibeiner! Die Entwicklung zum Zweibeiner hat uns gewaltige Vorteile gebracht. Sie äußern sich heute durch die einmaligen geistigen und technischen Leistungen des Menschen in positiver, leider auch negativer Weise. Doch in unserer dualen Welt hat alles seine Kehrseite: Die Umwandlung der Vorderpfoten in die zwei Arme mit den feinfühligen Händen hatte Auswirkungen auf unseren Körperbau: • Sämtliche Organe, die über Jahrmillionen auf die Waagrechte ausgerichtet waren, wurden um 90 Grad in die Senkrechte aufgerichtet. So musste die Pumpleistung des Herzens vervielfacht werden. Der Verdauungstrakt wurde aus einer flachen, ruhigen Lage in eine der Gravitation ausgesetzte Drucklage verformt. Der Urogenitaltrakt wurde zusammen gezwängt, was sich heute durch die unterschiedlichen Geburtsweisen zwischen den Menschenaffen und dem Menschen ausdrückt. • Noch schwerer wiegt die Einwirkung der Gravitation auf den Bewegungsapparat des Zweibeiners Mensch. Die Motorik des Gehirns musste um 90 Grad umgepolt werden. Aus einer stabilen VierfachAbstützung wurde ein labiles Gleichgewicht auf zwei Beinen. Die Stabilisierung dieses labilen Gleichgewichtes übernahm die neue Motorik, die Muskelfunktionen wurden millionenfach verändert. Der kommende Mensch wurde durch Umformung des Beckens vom Baumwesen zunächst zum Fluchttier, dann zum Jäger. • Die Kernfrage lautet: Ist die Entwicklung des Menschen zum Zweibeiner abgeschlossen? Angesichts der Probleme, die wir mit unserem Bewegungsapparat haben, lautet die Antwort: Nein. Wir müssen unseren Bewegungsapparat gezielt unterstützen, damit er seine Aufgaben bis ins hohe Alter erfüllen kann. Die Evolution hat den Übergang vom Vierbeiner zum Zweibeiner besonders im Becken noch nicht ganz vollzogen. Durch die Aufrichtung des Körpers um 90 Grad ist die evolutionäre Schwachstelle zwischen dem 5. Lendenwirbel und dem Kreuzbein entstanden. Von der evolutionären Schwachstelle aus strahlt die Instabilität auf den ganzen Körper aus. Die Degenerative Lawine Die evolutionäre Schwachstelle von ventral. Die Wirbelsäule ruht in einem labilen Gleichgewicht auf dem Kreuzbein, gestützt durch die Muskulatur, die ihrerseits durch die Motorik gesteuert wird. Die evolutionäre Schwachstelle von dorsal. Die Processusarticularessuperiores bieten der Wirbelsäule kein stabiles Fundament. Deshalb sind in jedem Menschen - beginnend in früher Jugend Kreuzbeinkippungen jeglichen Grades und jeglicher Richtung vorprogrammiert. Kreuzbeinkippungen führen zu Beckenschiefständen und muskulären Dysbalancen. Durch den Beckenschiefstand werden die beiden Oberschenkelhälse unterschiedlich aus ihren Gelenkpfannen gezogen oder in sie hinein gedrückt. Es entstehen Dysplasien unterschiedlichen Grades. Kreuzbeinkippungen führen auch zu Verspannungen, die sich in das Bindegewebe und in die Organe fortsetzen. Die Physiologie schafft es nicht mehr, die Organe richtig zu versorgen, und es entstehen Krankheiten. Verspannungen sind neben genetischen Veranlagungen der Ursprung vieler Erkrankungen. Die Spinalnerven sind zuständig für den „Datentransport“ von den Organen vom Gehirn und umgekehrt. Liegen Verspannungen an den Spinalnerven vor, wird der Datenfluss verfälscht: Das Gehirn steuert auf Grund falsch erhaltener Daten fehl, und die Organe werden falsch oder ungenügend versorgt. Entgegenwirken können wir dieser Entwicklung durch geeignete Therapien am Tag und indem wir uns intensiv mit dem Thema Regeneration im Schlaf beschäftigen und eine passende Schlafunterlage für uns finden. Auf Grund der Gravitation wird unser Körper gegen den Erdmittelpunkt hin gezogen (Gewichtskraft). Sie ist verantwortlich für die oben beschriebene Degenerative Lawine, die mit der Kreuzbeinkippung beginnt und der Erkrankung endet. Die starke Belastung während des Tages durch die Gewichtskraft sollte im Schlaf durch eine der Gewichtskraft entgegenwirkende Kraft kompensiert werden: Gewichtskraft als Agonist und Zugkraft als Antagonist. ATHENE® – das weise Schlafsystem ermöglicht es Ihnen Ihre Schlafunterlage so einzustellen, dass die ganze Nacht eine minimale Zugkraft auf den Körper des Schläfers einwirkt. Diese Zugkraft steht als Antagonist der Gewichtskraft entgegen, die tagsüber im Körper Verspannungen erzeugt. Erreicht wird diese Wirkung durch individuell und Ihren Bedürfnissen angepasste eingestellte Bänder. . © Wilfried Kaufmann Mai 2011