N E T ZW E R K Netzwerk Neuroendokrine Tumoren Heft 3-2002 http://www.karzinoid.net Inhalt Editorial 1 Publik ● Forum für Karzinoid-Patienten im Internet 2 ● Ansprechpartner für NeT-Patienten 3 ● Adventsbasar im Dezember 2001 3 ● Wohin nach der Operation? 4 Veranstaltungsberichte ● ● 4. Deutscher Selbsthilfekongress am 21. September 2001 in Bad Homburg 5 Patiententreffen im Raum Erlangen-Nürnberg 7 Erfahrungsberichte ● So ging es nach der 90Yttrium-DOTATOC-Behandlung weiter 8 ● Zufällig entdeckte Rundherde in den Lungenspitzen veränderten mein Leben 8 Meine Magenpolypen entpuppten sich als seltener neuroendokriner Tumor 9 Behandlungserfolge durch die 90Yttrium-DOTATOC-Therapie in der Schweiz 9 ● ● ● Diagnose: Tumor! Was nun? 10 ● Die Stationen meiner Erkrankung – Rückblick und Bewertung 11 ● Manches hätte besser laufen können... 13 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, Sie halten heute die 3. Ausgabe der Glandula NeT in Ihren Händen, mit Beiträgen die im Wesentlichen von Betroffenen mit neuroendokrinen Tumoren (NeT) gestaltet wurden. Damit wird die Glandula NeT ihrer Aufgabe gerecht, Informationen zu den Karzinoiden zu sammeln und zu veröffentlichen, aber auch zu helfen, Kontakte unter den Betroffenen zu knüpfen. Das Netzwerk NeT mit seinen Regionalgruppen in Deutschland und das Berliner Netzwerk haben gemeinsam diese neue Möglichkeit für die Betroffenen geschaffen, sich Informationen über dieses seltene und für viele unverständliche Krankheitsbild zu beschaffen. Unter der Internetseite http://www.karzinoid.net haben wir nun zusätzlich ein Forum eingerichtet, in dem sich Patienten im Internet über ihre Krankheit austauschen können. Ich hoffe, dass Sie zahlreich die angebotene Gelegenheit zur Diskussion wahrnehmen. An die behandelnden Ärzte und Wissenschaftler geht mein Appell, mehr als bisher die Chance wahrzunehmen, für die Leser der Glandula NeT Artikel in verständlicher Form zu schreiben. Auch können neue Behandlungsformen in der Glandula NeT vorgestellt werden. Viel Spaß beim Surfen und viele Informationen beim Lesen dieses Heftes. Ihr Prof. Dr. med. Johannes Hensen 1 Publik Forum für Karzinoid-Patienten im Internet Liebe Mitglieder, auf vielfachen Wunsch wurde auf der Internetpräsenz unserer Schwestergesellschaft Netzwerk Hypophysen- und Nebennierenerkrankungen e.V. ein eigenes Forum extra für Karzinoiderkrankungen und die multiple endokrine Neoplasie Typ I eingerichtet. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme und einen regen Gedankenaustausch! Hier die Adresse: www.glandula-online.de/foren.htm Liebe Leserinnen und Leser, eine Zeitschrift wie die unsere lebt vor allem von ihren Lesern. Deshalb möchten wir gerne unsere Rubrik Leserbriefe erweitern. Schreiben Sie uns, wenn Sie Fragen an den wissenschaftlichen Beirat haben oder den Kontakt und Austausch mit anderen Betroffenen oder Angehörigen suchen! Wir freuen uns über jede Zuschrift und bemühen uns, diese zeitnah zu beantworten. Wenn Sie es wünschen, drucken wir Ihre Zuschrift auch anonym in der Glandula NeT ab. Bitte senden Sie Ihre Briefe an: Netzwerk NET Klinikum Hannover Nordstadt Medizinische Klinik Haltenhoffstr. 41 30167 Hannover oder per Fax: 0511/ 970-1738 ˇ oder per Mail: [email protected] Kontaktwünsche können Sie auch direkt an unsere Redakteurin senden: Frau Brigitte Söllner Lärchenweg 10 91058 Erlangen 2 Publik Neue Ansprechpartnerin für den Berliner Raum Ansprechpartner für NeT-Patienten – nach PLZ-Gebieten geordnet – Gebiet 1 Liebe Leserinnen und Leser der Glandula NeT, ab sofort können Sie im PLZ-Gebiet 1 auch Frau Regina Hanack kontaktieren. Sie erreichen Sie unter folgender Anschrift: Regina Hanack Heidelkampweg 63 12437 Berlin Tel. 030/534 65 40 Christiane Henckel Martha-Arendsee-Str. 12 12681 Berlin Tel. 030/545 21 96 Regina Hanack Regina Hanack Heidelkampweg 63 12437 Berlin Tel. 030/534 65 40 Petra König Schluchseestraße 49 13469 Berlin Tel. 030/402 13 23 Gebiet 2 Die Anna Marwedel Irensweg 19 22307 Hamburg Tel. 040/691 40 19 Anita Blohm Steinb. Mühlenweg 17a 21244 Buchholz Tel. 04181/53 87 Gebiet 3 finden Sie auch im Internet. Besuchen Sie uns auf unserer Homepage http://www.karzinoid.net Adventsbasar im Dezember 2001 Miteinander – nicht nebeneinander! Unter diesem Motto fand unsere erste große vorweihnachtliche Aktion im Rahmen einer Wohltätigkeitsveranstaltung statt. Die Selbsthilfegruppen beider Kliniken der Charité – Klinikum Mitte und Virchow-Klinikum – Neuroendokrine Tumoren Selbsthilfegruppe e. V., Onkologisches Patientenseminar, Deutsche Rheumaliga, Akromegalie und Hyperhidrotis wurden unter einem Dach zusammengefasst. Wir danken der Verwaltung der Charité, insbesondere Herrn Prof. Dr. Dietel, für die bereitgestellten Räume und die Eröffnungsrede sowie Herrn Prof. Dr. Wiedenmann für die Unterstützung der Neuroendokrinen Tumoren Selbsthilfegruppe e.V. Unsere Besucher überraschten wir mit einer schön geschmückten Glashalle, mit Keramik, Seiden- und Aquarellmalerei, einer großen Tombola, Verkaufsständen mit Kaffee und Kuchen sowie verschiedenen Informationsständen. Die Kindertanzgruppe „Bettina Klicks“ erfreute uns mit ihrem Auftritt. Der Postchor Berlin unter Leitung von Habakuk Traber begleitete uns auf wunderbare Weise mit schönen Liedern aus aller Welt in die Vorweihnachtszeit. Wir danken allen Sponsoren, ohne die die Tombola nicht so erfolgreich geworden wäre. Auch allen Helfern und Beteiligten ein recht herzliches Dankeschön! Wir grüßen die Mitarbeiter der „Glandula NeT“ und ihre Leser und wünschen ein friedvolles neues Jahr 2002. NeuroendokrineTumoren Selbsthilfegruppe e.V. Berlin Der Vorstand Hartmut Lemke Leibnitzstr. 8 30989 Gehrden Tel. 05108/45 98 Ute Gerbig Am Sonnenhang 1 34388 Trendelburg Tel. 05671/62 41 Gebiet 6 Wolfgang Bodek Banhofstr. 5 61206 Wöllstadt Tel. 06034/89 37 Oranna Schmitt-Schwarz Im Bungert 43 66701 Beckingen Tel. 06835/41 04 Heinz Wade Riemenschneiderstr. 8 63322 Rödermark Tel. 06074/998 20 Gebiet 8 Helmut Först Kaspar-Späth-Str. 25 81549 München Tel./Fax 089/68 80 07 67 Gebiet 9 Hans-Dieter Allmendinger Birkenstr. 8 91334 Hemhofen Tel. 09195/86 48 Willi Müller Anton-Bruckner-Str. 25 91052 Erlangen Tel. 09131/369 55 Ursula Steinecke A.-Puschkin-Str. 4 99743 Nordhausen Tel. 03631/88 16 97 3 Publik Wohin nach der Operation? Diese Frage stellt sich den meisten Patienten, wenn sie aus der Klinik entlassen werden. Wir haben für Sie deshalb eine Übersicht mit Nachsorge- und Kurkliniken zusammengestellt, die sich bei uns gemeldet haben und auch endokrinologisch behandeln*. Kiel SCHLESWIGHOLSTEIN MECKLENBURGVORPOMMERN Schwerin HAMBURG BREMEN Reha-Klinik Reinhardsquelle Carl-Zeiss-Allee 5 34537 Bad Wildungen/Reinhardshausen Tel.: 05621/808-0 Fax: 05621/808-222 E-Mail: [email protected] Internet: www.zeiss-kliniken.de BERLIN- NIEDERSACHSEN Hannover Magdeburg BRANDENBURG SACHSENANHALT NORDRHEINWESTFALEN SACHSEN Düsseldorf Erfurt Bonn HESSEN RHEINLANDPFALZ Dresden THÜRINGEN Wiesbaden Klinik Bavaria An der Wolfsschlucht 1–2 01731 Kreischa Tel.: 035206/53303, 53304, 53305, 53306 Fax: 03526/53333 Mainz Rhön-Klinik Dr. Siegmund Nachf. Fritz-Staemer-Str. 9 36129 Gersfeld/Rhön Tel.: 06654/15-0 SAARLAND Fax: 06654/15-399 Saarbrücken Potsdam Stuttgart BADENWÜRTTEMBERG Klinik Bad Rippoldsau Fürstenbergstraße 38 77776 Bad Rippoldsau-Schapbach Tel.: 07440/800 Fax: 07440/80862 E-Mail: [email protected] Internet: www.klinik-bad-rippolsau.de BAYERN München Rhön-Reha-Klinik der BfA Kurhausstrraße 20 97688 Bad Kissingen oder Postfach 2080 97670 Bad Kissingen Tel.: 0971/8502 Klinikum Berchtesgadener Land Malterhöh 1 83471 Schönau am Königssee Tel.: 08652/93-0 Fax: 08652/95-1650 E-Mail: [email protected] Internet: www.schoen-kliniken.de * Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Angaben der Kliniken wurden nicht geprüft. Bitte teilen Sie uns Ihre Erfahrungen mit! 4 Veranstaltungsberichte 4. Deutscher Selbsthilfekongress am 21. September 2001 in Bad Homburg In den sehr gut besuchten Podiumsdiskussionen wurde hitzig debattiert. Am 21. September 2001 fand im Kurhaus von Bad Homburg der 4. Deutsche Selbsthilfekongress statt. Eingeladen waren Selbsthilfegruppen, Ärzte und Apotheker aus dem gesamten Bundesgebiet. Mit 200 Anmeldungen war dies der bisher größte Selbsthilfetag – 40 verschiedene Selbsthilfegruppen und Vereine nahmen teil. Vom Netzwerk waren Herr Kessner (Vorstand) und Frau Kapitza (Büro Hannover) vertreten. Zu den Themenschwerpunkten gehörten vor allem die Finanzierung und die zukünftige Rolle von Selbsthilfegruppen in Deutschland. Workshops wurden unter anderem zum Thema „Überzeugende Öffentlichkeitsarbeit für Selbsthilfegruppen“ angeboten. Die Veranstaltung begann mit der Begrüßung durch den Veranstalter Herrn Gerd Thomas und den Oberbürgermeister der Stadt Bad Homburg, Herrn Reinhard Wolters. Herr Wolters unterstrich die Notwendigkeit, der Selbsthilfe mehr Anerkennung zukommen zu lassen, von großen Strukturen abzurücken und sich mehr hin zu Netzwerken und dem ortsnahen Ansatz der Selbsthilfe zu orientieren. 71,5 Millionen Krankenkassengelder – wo sind sie geblieben? Dies war das Thema der ersten Podiumsdiskussion, an der Vertreter von Selbsthilfegruppen, der KV Hessen und dem Bundesverband der Betriebskrankenkassen teilnahmen. Es wurde hitzig über die Antragswege und Vergabepraktiken der Krankenkassen für die den Selbsthilgegruppen zustehenden Gelder diskutiert. Von der einen Mark, die jede Krankenkasse pro Mitglied der Selbsthilfe zukommen lassen soll, wurden tatsächlich höchstens 30 Pfennige weitergegeben. Verständlicherweise sind die Selbsthilfegruppen sehr erbost darüber, zumal durch die Selbsthilfe ja erhebliche Präventionsarbeit geleistet und somit ja eigentlich Kosten einspart werden. Viele Gruppen sind finanziell am Rande der Handlungsfähigkeit und aus diesem Grund auf die Gelder dringend angewiesen. Selbsthilfegruppen agieren bevorzugt vor Ort In der zweiten Podiumsdiskussion wurde das Thema „Die zukünftige Rolle der Selbsthilfe im Gesundheitswesen“ behandelt. In seinem Einführungsvortrag warf Herr Dr. Winfried Kösters* einige sehr provokative Ideen auf, z.B. die Selbsthilfe bundesweit in eine * Herr Dr. Kösters (Journalist und Publizist im Gesundheitswesen) hat ein Buch geschrieben mit dem Titel: „Selbsthilfe in Bewegung“. Wir werden dieses Buch in einer der nächsten Ausgaben vorstellen. 5 Veranstaltungsberichte Bei den lebhaften Diskussionen gab es auch sehr kritische Fragen und Kommentare zum Gesundheitswesen sowie zu den finanziellen Problemen der beteiligten Verbände und Institutionen. Kritisiert wurden dabei insbesondere die Abrechnung und Verteilung der Gelder durch die Krankenkassen. „Gesundheitspartei“ zusammenzufassen, um dadurch erheblichen Einfluss auf die Gesundheitspolitik nehmen zu können. Es wurde aber auch darüber gesprochen, dass kaum bzw. keine Patienten in den Entscheidungsgremien der Gesundheitspolitik vor Ort sitzen und dass diesbezüglich dringend Abhilfe geschaffen werden muss. In der Diskussion kristallisierte sich heraus, dass viele Gruppen ihre Arbeit mehr vor Ort ausbreiten möchten, anstatt sich in großen Bundesverbänden zu organisieren. Klar wurde aber auch, dass das Netzwerk sehr gute Ansätze sowohl für die lokale als auch für die Arbeit auf Bundesebene hat. So bessern Selbsthilfegruppen ihre Finanzen auf Im Anschluss an die beiden Podiumsdiskussionen folgte eine Präsentation von Ideen zur Aufbesserung der Finanzen von regionalen Selbsthilfegruppen. Unter anderem wurden diese Möglichkeiten genannt: ● Dosensammelaktionen (genehmigungspflichtig) ● Ansprechen von Stiftungen im Gesundheitswesen ● Gerichte anschreiben für die Aufnahme in den Verteiler für Bußgelder ● Durchführung von lokalen Info- Tagen mit Spendensammelaktionen ● Suchen von Sponsoren und Förderern auf lokaler Ebene ● Verkaufsstände auf Stadt- und Volksfesten ● Spenden von Sport- und Hobbyvereinen 6 Die Moderation der zweiten Podiumsdiskussion übernahm Herr Dr. Winfried Kösters. In seinem Vortrag sprach er die zukünftige Rolle der Selbsthilfe im Gesundheitswesen an und nannte Fakten, Trends, Visionen und Strategien. Nach seinen Vorstellungen, die er leidenschaftlich und überzeugend vortrug, könnten viele Milliarden DM eingespart werden, wenn die vielen Tausend Selbsthilfegruppen in Deutschland einen höheren Stellenwert bekämen, z.B. indem sie sich zu einer „Gesundheitspartei“ zusammenschlössen. Tipps zur Öffentlichkeitsarbeit Nach der Mittagspause fanden verschiedene Workshops statt, z.B. „Besonderheiten im Umgang mit Demenzpatienten“ und „Verwirrte alte Menschen verstehen und betreuen“. Für die Selbsthilfegruppen besonders interessant war der Workshop „Überzeugende Öffentlichkeitsarbeit für Selbsthilfegruppen“. In diesem Workshop wurden viele praktische Tipps gegeben, wie man regional oder auch bundesweit die Selbsthilfegruppen in der Öffentlichkeit bekannt machen kann. Die wichtigste Rolle spielen hierbei die Presse und der lokale Rundfunk. Ein größerer Bekanntheitsgrad in der Öffentlichkeit bedeutet, dass man viele Menschen erreichen und ihnen somit auch helfen kann. Alles in allem war die Stimmung sehr angenehm, und es war gut, mit Vertretern anderer Selbsthilfegruppen über Probleme und Erfahrungen zu reden. Nicole Kapitza, Netzwerk-Büro Hannover Veranstaltungsberichte Patiententreffen im Raum Erlangen-Nürnberg Seit dem letzten Bericht in der Glandula NeT über unsere ersten beiden Patiententreffen in Erlangen fanden inzwischen zwei weitere Gesprächsabende statt. Am 8.11.2000 und am 27.6.2001 trafen wir uns in der Bibliothek der Uniklinik in Erlangen. Bei beiden Treffen war auch Frau Dr. Pavel anwesend. Durch sie sind diese Diskussionsabende für uns Patienten inzwischen so wertvoll und attraktiv geworden, dass die Teilnehmer nicht nur aus der näheren Umgebung, sondern teilweise aus ganz Süddeutschland anreisen. Vor Beginn der eigentlichen Diskussion wurde jeweils kurz über Neues aus der Arbeit des Netzwerkes berichtet und über Vorschläge zur Weiterarbeit diskutiert; hier die wichtigsten Gedanken: ● ● ● „Patienten fragen, Fachleute antworten“ als Rubrik in der Glandula NeT Gute Idee, aber bei halbjährlichem Erscheinen der Glandula NeT ist eine Antwort bestenfalls nach einem halben Jahr zu erwarten. „Welche Kliniken haben Erfahrung mit der Behandlung von Karzinoidpatienten?“ Vor allem neue Patienten stellen diese Frage. Wer kann dabei helfen? Berichte in der Glandula NeT Ein Bericht über den eigenen Krankheitsverlauf ist der Anfang zu vielen Kontakten mit anderen Patienten! Berichte über Verlauf und Erfolg von Therapien: Warum welche Therapie? Wie war der Verlauf? Welcher Erfolg wurde erreicht? Darüber sollten sowohl Patienten als auch Ärzte jeweils aus ihrer Sicht berichten. Beim letzten Patiententreffen wurde auch kurz über das dritte Patientenseminar der Universitätsklinik Berlin berichtet, das am Hans-Dieter 6.10.2001 unter der wissenschaftlichen Lei- Allmendinger tung von Prof. Dr. Wiedenmann im Campus Virchow-Klinikum stattfand. Es wurde versprochen, dass Kurzfassungen der Fachreferate in der nächsten Glandula NeT veröffentlicht werden.* Bei dieser Gelegenheit wurden auch persönliche Kontakte zum Vorstand der neu gegründeten „Neuroendokrine Tumoren Selbsthilfegruppe e. V.“ in Berlin hergestellt. In mehreren Gesprächen wurden Erfahrungen ausgetauscht. Beide Vereine wollen in Zukunft eng miteinander zusammenarbeiten. An beiden Patiententreffen in Erlangen ergaben sich im Anschluss an den organisatorischen Teil schnell rege Diskussionen über allgemeine und persönliche Probleme und Beschwerden im Zusammenhang mit der Krankheit der Patienten. Und wie schon bei den früheren Gesprächsabenden war die Zeit im Nu verflogen und der Fahrplan der Bahn drängte die ersten Gäste zum Aufbruch. Hans-Dieter Allmendinger, Hemhofen * Leider ist bei uns noch nichts eingegangen – trotz Erinnerung. Die Redaktion Einladung zum nächsten Patiententreffen Als vorläufiger Termin für unser nächstes Treffen wurde der Herrn Willy Müller, Telefon 09131 / 36955 oder Herrn Hans-Dieter Allmendinger, Telefon: 09195 / 8648 7. März 2002 in der Woche davor telefonisch zu informieren. festgelegt. Tagungsort ist wieder die Bibliothek der Uniklinik Erlangen, Krankenhausstr. 12 und Beginn um 18°° Uhr. Da diesmal die Einladung über die Glandula NeT erfolgen kann, werden wir Sie nicht zusätzlich noch per Telefon einzeln ansprechen. Wir bitten Sie jedoch, von Ihrer Teilnahme oder Ihrer Absage entweder Grund für diese Vorgehensweise ist vor allem, dass Frau Dr. Pavel ihre Teilnahme an diesem Treffen nur unter der Voraussetzung zusagen konnte, dass sie nicht aus beruflichen Gründen verhindert ist. Sollte dies wider Erwarten der Fall sein, würden wir den Termin kurzfristig verschieben und könnten Sie bei Ihrem Anruf darüber informieren. Impressum: GLANDULA NeT ist die Mitgliederzeitschrift der bundesweiten Selbsthilfe-Organisation „Netzwerk Neuroendokrine Tumoren“, Sitz Hannover. Die Zeitschrift erscheint zweimal jährlich. Internet-Adresse: http://www.karzinoid.net Herausgeber: Prof. Dr. med. Johannes Hensen, Medizinische Klinik, Klinikum Hannover Nordstadt, Hannover, E-Mail: [email protected] Redaktion: Brigitte Söllner, Erlangen Fotos: privat, Layout und Gestaltung: Klaus Dursch, Fürth, Druck: Raum Druckerei GmbH, Oberasbach Redaktionsanschrift: Redaktion GLANDULA NeT Netzwerk Neuroendokrine Tumoren, Klinikum Hannover Nordstadt, Medizinische Klinik, Haltenhoffstr. 41, 30167 Hannover Tel. 0511/970-1743, Fax 0511/970-1738, E-Mail: [email protected] Diese Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt, Nachdruck nur mit Genehmigung und Quellenangabe. Jede beruflich (gewerblich) genutzte Fotokopie verpflichtet zur Gebührenzahlung an die VG Wort, 80336 München, Goethestraße 49. Keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung von Redaktion und Herausgeber wieder. Wichtiger Hinweis: Medizin und Wissenschaft unterliegen ständigen Entwicklungen. Autoren, Herausgeber und Redaktion verwenden größtmögliche Sorgfalt, daß vor allem die Angaben zu Behandlung und medikamentöser Therapie dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Eine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben ist jedoch ausdrücklich ausgeschlossen. Jeder Benutzer muß im Zuge seiner Sorgfaltspflicht die Angaben anhand der Beipackzettel verwendeter Präparate und ggf. auch durch Hinzuziehung eines Spezialisten überprüfen und ggf. korrigieren. Jede Medikamentenangabe und/oder Dosierung erfolgt ausschließlich auf Gefahr des Anwenders. Mit Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des wissenschaftlichen Beirats des Netzwerks oder der Redaktion wieder. 7 Erfahrungsberichte So ging es nach der 90Yttrium-DOTATOCBehandlung weiter Wie in der letzten Glandula NeT angekündigt, berichtet Ihnen Herr Lemke in dieser Ausgabe über den weiteren Verlauf seiner Erkrankung nach der 90Yttrium-DOTATOC-Behandlung im Kantonsspital in Basel. Zunächst ist positiv zu vermerken, dass die Computertomographie vom Bauchraum, aufgenommen im Juni 2001 und Anfang dieses Jahres, kein Tumorwachstum nachwies. Die Sonographieberichte deuten sogar auf eine Verkleinerung der kleinen Tumoren hin. Die Blutwerte sind für die weitere Behandlung entscheidend Hartmut Lemke Eigentlich wollte der Onkologe zur Behandlung nunmehr wiederum sogleich Interferonalpha einsetzen. Dies musste jedoch wegen meines schlechten Blutbild-Befundes zurückgestellt werden. Nach der Behandlung mit 90 Yttrium-DOTATOC am 8. Januar und 6. März 2001 haben sich meine Blut- und Nierenwerte wie folgt entwickelt: Für mich völlig überraschend: Karzinoid-Metastasen in der Kopfhaut Negativ ist allerdings, dass sich auf der Kopfhaut drei Metastasen von bis zu 1 cm Durchmesser gebildet haben. Die größte Metastase ist mir im Herbst 2000 aufgefallen und wurde im April 2001 vom Hautarzt als Atherom (Grützbeutel) diagnostiziert. Bei einer Kontrolluntersuchung im Juli 2001 hatte sich eine zweite Metastase gebildet, so dass sich der Hautarzt entschloss, den großen Grützbeutel operativ zu entfernen. Der Eingriff erfolgte im Dezember 2001. Die Untersuchung der Gewebeprobe ergab, dass es sich um einen neuroendokrinen Tumor handelt. Das Ergebnis war für mich sehr überraschend, zumal ich bislang noch von keinem Mitpatienten gehört hatte, dass sich in der Kopfhaut Metastasen eines Karzinoids gebildet haben. Ich wäre daher in gleicher Weise betroffenen Mitpatienten sehr verbunden, wenn sie mit mir Kontakt aufnähmen. Für den Onkologe war das Untersuchungsergebnis der Gewebeprobe ein hinreichender Grund, sofort eine Computertomographie vom Bauchraum und der Lunge zu veranlassen. Gottlob hat Aufnahme vom Thorax ergeben, dass sich im Bronchialstamm und in der Lunge keine Metastasen abgesiedelt haben. 08.01.01 Leukozyten Hämoglobin Thrombozyten Kreatinin 4,6 12,2 202 72 06.03.01 02.05.01 6,7 13,0 278 68 3,0 11,7 129 – 22.08.01 19.11.01 4,7 9,6 101 113 4,2 9,4 129 156 10.01.02 5,9 10,4 187 – Somit sind Anzeichen für eine Regeneration des Blutbilds vorhanden. Bei weiterer Erholung kann auf eine Knochenmarkspunktion verzichtet und die Behandlung mit Interferon-alpha fortgesetzt werden. Die niedrigen Hämoglobin-Werte haben zu einer erheblichen Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit geführt. Ich werde deshalb zum 1. März dieses Jahres mit halber Stelle in die Altersteilzeit gehen. Zu meinem Krankheitsbild möchte ich noch ausführen, dass ich seit zwei Jahren etwa dreimal im Jahr einen Kreislaufkollaps erleide, dessen Ursache nicht aufgeklärt werden konnte. Dadurch hat sich eine große psychische Belastung auch für meine Frau ergeben, die jeweils vor der Entscheidung steht, ob sie den Notarzt rufen soll oder nicht. Inzwischen kann sie mich aber durch Hochlagern der Beine wieder zu Bewusstsein bringen. Hartmut Lemke, Gehrden Zufällig entdeckte Rundherde in den Lungenspitzen veränderten mein Leben Die Entdeckung meiner Karzinoiderkrankung im September 2000 beruhte auf einem Zufall, wie sicherlich bei den meisten anderen Patienten auch. Ich bin 57 Jahre alt, und dies ist meine Krankengeschichte: Ich hatte eine dreiwöchige Grippe überstanden, als mein Internist mich vorsorglich zum Röntgen schickte. Da die Röntgenbilder Veränderungen zeigten (Rundherde verschiedener Größe in beiden Lungenspitzen), wurde ich zur Computertomographie überwiesen. Diese Untersuchung bestätigte, dass es mehrere Rundherde verschiedener Größe in der Lunge gab. Die behandelnden Fachärzte sagten mir, dass diese Rundherde nicht die Primärtumoren seien, sondern Streuungen. Da der Primärtumorschnellstens gefunden werden musste, wurde ich in das VirchowKlinikum Berlin zur Tumorsuche eingewiesen. Hier wurde ich drei Wochen lang von Kopf bis Fuß mit allen Spezialuntersuchungen 8 durchgecheckt. Aber es wurden keine weiteren Tumoren (Primärtumor) gefunden. Eine Bronchoskopie und Gewebsentnahme aus den Lungenrundherden ergab, dass es sich dabei um neuroendokrine Tumoren handelte mit einer Wachstumsfraktion von 5 %. Es besteht allerdings der Verdacht, dass es im rechten Leberlappen eine kleine Metastase gibt. Diese wird ständig beobachtet. Ich gehe jetzt alle drei bis vier Monate ins Virchow-Klinikum zum Durchchecken, da nach Ansicht des behandelnden Arztes noch irgendwo der Primärtumor sitzen muss. Im Verlauf des vergangenen Jahres habe ich gelernt, mit der Krankheit zu leben. Das bedeutet für mich, auf eine gesunde, bewusstere Lebensweise, keine Überanstrengungen und das Einhalten von Ruhezeiten zu achten. Außerdem bekomme ich dreimal wöchentlich Mistelspritzen. Erfahrungsberichte Meine Magenpolypen entpuppten sich als seltener neuroendokriner Tumor Vor 4 Jahren hat meine Firma, für die ich fast 30 Jahre als Börsenmaklerin mit durchschnittlich 12 Stunden täglich tätig war (was mir aber immer sehr viel Spaß gemacht hat), in Berlin geschlossen, und ich wurde nach Frankfurt/Main „zwangsversetzt“. Obwohl ich ursprünglich aus Frankfurt stamme, war ich darüber sehr unglücklich. Meine damals bereits seit etwa einem Jahr bestehenden – bislang unbehandelten – Magenschmerzen wurden nach einem weiteren halben Jahr so unerträglich, dass ich schließlich doch zum Arzt ging und bei mir eine Gastroskopie durchgeführt wurde. Nach dem „Schlauchschlucken“ wurden 3 Magenpolypen festgestellt, die nicht schlimm seien, aber trotzdem heraus müssten, da sie gelegentlich „kippen“ können. Den ganzen oder nur den halben Magen herausnehmen? Mittlerweile hatte ich durch einen Headhunter wieder einen Arbeitsplatz in meinem geliebten Berlin. Meine neue Chefin wollte mich zum 1. Dezember 1997, ich sagte ihr aber, dass ich wegen einer „Kleinigkeit“ eine Woche ins Krankenhaus müsse. Also einigten wir uns auf den 1. Januar 1998. Ich hatte meine Wohnung in Frankfurt gekündigt, hatte hier in Berlin eine neue Wohnung – und die Ärzte fragten mich nach ein paar Tagen großer Ungewissheit (mit meinem Befund war etwas nicht in Ordnung, und ich musste ca. 10- bis 12-mal einen Schlauch schlucken) ganz unvermittelt, ob sie mir den halben oder den ganzen Magen herausnehmen sollen. Denn ich hätte einen sehr, sehr seltenen multifunktionalen neuroendokrinen Tumor des Magens. Ich hatte das Gefühl, mir würden die Beine unter dem Körper weggerissen... Mein großes Glück war, dass das Markus-Krankenhaus in Frankfurt eine Lehranstalt der Frankfurter Universitätsklinik war und die Ärzte dort genau „erforscht“ haben, um welche Art Erkrankung es sich bei mir handelte. Nach einigen Überlegungen (was kann man da noch überlegen bei so einer Entscheidung?) einigten wir uns auf den kompletten Magen. Das Herausnehmen des halbe Magens hätte für mich jeden Monat eine Gastroskopie bedeutet, und man hätte mir nach einem Monat schon sagen können, dass die verbliebene Magenhälfte auch noch entfernt werden müsste. Das war für mich wirklich keine Alternative, denn ich hätte mich erneut einer schweren Operation unterziehen müssen. Mittlerweile hatte ich zudem erfahren, dass man sehr wohl ohne Magen lange leben kann. Renate M. Prack Das Spät-Dumping-Syndrom macht mir zu schaffen Eine Woche nach meiner Klinikentlassung kam ich für drei Wochen in eine Reha-Klinik, wo es mir nicht sonderlich gut ging. Aber ich musste fit sein; denn mein Umzug nach Berlin und die Vorbereitung auf die neue Arbeitsstelle standen ja bevor. Mit der neuen Chefin hatte ich mich mittlerweile geeinigt, dass ich erst zum 1. März 1998 anfangen sollte, was ich ihr bis heute sehr hoch anrechne. Der neue Job hat zwar Spaß gemacht, aber mir ging es zunehmend schlechter. Ich war sehr oft müde und schlapp und bin, wenn ich irgendwo ruhig saß, immer eingeschlafen. Mein Hauptproblem heute ist das so genannte „Spät-Dumping-Syndrom“, das heißt, etwa eine Stunde nach dem (zu vielen) Essen beginnt der Verdauungs vorgang, und alle Körperflüssigkeiten, also auch die aus dem Gehirn, wandern zum Darm und helfen bei der Verdauung. Daher kippt man fast um oder verhält sich wie ein Diabetiker, der eine schwere Unterzuckerung hat. Aufgrund dieser Beschwerden wurde ich letzten Sommer „Frührentnerin“. Im Augenblick geht es mir aber wieder besser, da ich mir jetzt die Tage so einteilen kann, wie ich es möchte. Ich muss ca. 10 kleine Mahlzeiten am Tag essen und mich insgesamt einfach etwas anders „arrangieren“, wie es so schön heißt. Für die Leser der Glandula NeT habe ich folgende Empfehlung: Man sollte, wenn man über sehr lange Zeit dieselben Beschwerden hat (wie in meinen Falle die jahrelangen erheblichen Magenschmerzen, die ich aber immer nur auf meine absolute Stress-Situation schob), doch einfach mal zum Arzt gehen! Renate M. Prack, Berlin Behandlungserfolg durch die 90Yttrium-DOTATOC-Therapie in der Schweiz Im März 1999 stellte meine behandelnde Ärztin vom Universitätsklinikum Charité Berlin, Campus Mitte, bei mir einen neuroendokrinen Tumor (Primärlokalisation Bauchspeicheldrüse) mit multiplen Lebermetastasen fest. Einen Monat später versuchte man, den etwa 13 cm großen Tumor durch eine Operation zu verkleinern. Aufgrund des Lokalbefundes war eine Tumorreduktion jedoch nicht möglich. Durch eine Sandostatin-Behandlung mit steigender Dosierung wurde zunächst ein Stillstand des Tumorwachstums erreicht. Im Herbst des Jahres 1999 wurde durch verschiedene bildgebende Verfahren aber eine Progression festgestellt. Dank der unermüdlichen Einsatzbereitschaft der Ärzte (unter der Leitung von Frau Oberärztin Dr. Gerl), Schwestern und Pfleger ist es trotz allem gelungen, die für mich negative Tendenz einzudämmen. Das Octreoscan brachte die Entscheidung In der Charité wurden verschiedenen Untersuchungen durchgeführt, um herauszufinden, welche Behandlungsmöglichkeiten für mich in Frage kämen. Dazu gehörte auch ein Octreoscan, d.h. eine 9 Erfahrungsberichte Somatostatin-Rezeptor-Szintigraphie, ein nuklearmedizinisches Verfahren, mit dem man Tumorzellen mit bestimmten Oberflächenstrukturen darstellen kann. Aufgrund der nuklearmedizinischen Beurteilung wurde mir die 90Yttrium-DOTATOC-Therapie in der Schweiz empfohlen. Diese radioaktive Therapie ist sehr kostenintensiv. Eine Therapieeinheit beinhaltet vier Krankenhausaufenthalte in jeweils sechswöchigen Abständen zu je 8000,00 DM. Bei der Krankenkasse wurde ein Antrag auf Kostenübernahme gestellt. Dieser wurde von der DAK jedoch mit folgender Begründung abgelehnt. ● Keine Standardtherapie. ● Die Therapie ist als experimentell einzustufen und sollte nur in klinischen Studien angewendet werden. ● Einzelfallentscheidung durch die Krankenkasse. Beginn der 90Yttrium-DOTATOC-Therapie Die Ärzte der Charité organisierten meine Verlegung in die Schweiz. Im Februar 2000 wurde im Kantonsspital Basel mit der 90YttriumDOTATOC-Therapie begonnen. Und so läuft ein Therapiezyklus ab: Nach einer körperlichen Voruntersuchung sowie Blutentnahmen erfolgte die Gabe einer nierenschützenden Infusion. Anschließend wurde mir die 90YttriumDOTATOC-Spritze verabreicht. Dr. Waldherr, mein behandelnder Arzt in der Schweiz, erklärte mir, dass die nuklearmedizinische Substanz, die für diese Spritze benötigt wird, aus den USA importiert wird. Das in der Schweiz hergestellte Yttrium wird dann mit dem radioaktiven Stoff kombiniert. Nach der Injektion erfolgte die Fortführung der Infusion mit insgesamt 2000 ml Hartmann-Hepa-Lösung (Nierenschutzinfusion). Nach 24 und 48 Stunden wurden szintigraphische Aufnahmen angefertigt. Diese zeigten, besonders nach der vierten Behandlung, eine deutlich zurückgehende gute bis sehr gute Speicherung des Radiopharmazeutikums im Bereich der gesamten Pankreasloge, in der Colonflexur, in den drei bekannten Lymphknotenmetastasen sowie im gesamten oberen rechten Leberlappen. Leichte Nebenwirkungen: Übelkeit und Erbrechen Nach der ersten Injektion von 90Yttrium-DOTATOC ging es mir nicht so gut. Mir wurde heiß, und ich musste mich häufig übergeben. Dies hielt einige Stunden an. Am nächsten Morgen waren diese Beschwerden zum Glück verschwunden. Vor dem nächsten Zyklus erhielt ich dann eine Infusion auf Kräuterbasis gegen Übelkeit. Die Übelkeit und das Erbrechen wurden dadurch etwas eingedämmt. Der Arzt erklärte mir, dass man vor dieser Therapie keine Angst haben sollte, weil man etwas Positives gegen seine Erkrankung unternähme. Eine gute Einstellung und Vertrauen zu seinem Arzt gehörten einfach dazu. Während der 30-minütigen Infusion vor der 90 Yttrium-DOTATOC-Infusion hatte sich mein behandelnder Arzt die Zeit genommen, mir alles ausführlich zu erklären (auch der Partner durfte mit im Behandlungszimmer bleiben). Mir hat die Therapie sehr gut geholfen! Im Juni 2000 wurde die Behandlung in Basel mit gutem Erfolg abgeschlossen. Eine Verlaufskontrolle durch die Ärzte der Charité in Berlin ergab, dass sich der Primärtumor auf 9,3 cm verkleinert hatte. Seit diesem Zeitpunkt gehe ich vierteljährlich zu Kontrolluntersuchungen in die Klinik. Das letzte Ergebnis dieser Untersuchungen (Mai 2001) ergab eine weitere Verkleinerung des Primärtumors auf 5,3 cm. Ein für mich sehr erfreuliches Resultat! Mir hat die 90Yttrium-DOTATOC-Therapie sehr geholfen. Traurig ist nur, dass die Krankenkasse diese Therapie ablehnte. Auch der Widerspruch wurde zurückgewiesen, so dass nur noch der gerichtliche Weg blieb. Ich hoffe, dass sich das in Zukunft ändern wird. Mein Rat für ebenfalls Betroffene: Man sollte sich durch negative Entscheidungen nicht beeinflussen lassen, denn wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Marion Rudolf, Neuendorf Diagnose: Tumor! Was nun? Wenn ein Mensch von seinem Arzt erfährt, er habe Krebs, so wird er von einem Augenblick zum nächsten von einem vermeintlich gesunden in ein schwer bzw. tödlich erkranktes Individuum verwandelt. Je nach Persönlichkeit und Temperament wird er zwischen den Extremen der totalen Verdrängung und der Selbstaufgabe hin und her schwanken. Dazwischen gibt es viele Nuancen, die je nach weiterem Behandlungserfolg oder -misserfolg häufig wechseln – ein „himmelhochjauchzend“ folgt in schneller Reihenfolge einem „zu Tode betrübt“ und umgekehrt. Mann stellt sich, je nach Lebenssituation, viele Fragen, wie etwa: Wieviel Zeit bleibt mir noch? Welche meiner Pläne kann ich noch verwirklichen? Kann ich verreisen? Wann wird der nächste Klinikaufenthalt sein? Wie werden die Tumor- und sonstigen Werte ausfallen? Was kann ich selbst tun, um gegen die Erkrankung anzukämpfen? Was wird aus meinem Partner, meinen Kindern? Soll ich über meine Krankheit sprechen oder sie verschweigen? Wie reagieren Freunde, Verwandte, Bekannte auf meine Offenbarung, sind sie überhaupt interessiert oder möchten sie als „Gesunde“ nicht behelligt werden? Hier erinnere ich mich an einen Ausspruch, der, so meine ich, von Kurt Tucholsky stammt und sinngemäß lautet: 10 „Wenn es dir gut geht und du reich bist, hast du viele ‚Freunde’, wenn es dir aber schlecht geht und du gar krank bist, passen alle deine Freunde in eine Telefonzelle!“ Viele, wenn nicht jeder von uns, hat sicherlich ähnliche oder gleiche Erfahrungen gemacht. Ich möchte das Positive dieses Verhaltens aus meiner Erfahrung hervorheben: Die wenigen Menschen, die einem Erkrankten mit echter Zuneigung und Anteilnahme begegnen, sind echte Freunde, auf die Verlass ist. Sie geben mir Mut für die Zukunft. Ein weiteres Thema für den Erkrankten ist das Verhalten des Partners/der Partnerin. Auch hier rangieren die Verhaltensweisen auf der Skala von Liebe, Fürsorge, Mitgefühl, Hilfsbereitschaft und Anteilnahme auf der einen Seite bis zur Ablehnung, Gefühllosigkeit und Ignoranz auf der anderen Seite. Ich hoffe, dass viele von uns mit Partnerinnen oder Partnern der ersten Kategorie zusammen sind. Das sind nur einige Gedanken, die mir während eines meiner Klinikaufenthalte durch den Kopf gingen. Ich würde mich freuen, wenn sie die Leser der Glandula NeT zur Diskussion anregen könnten. Wilfried Renner, Berlin Erfahrungsberichte Die Stationen meiner Erkrankung – Rückblick und Bewertung Bis zur klaren Diagnose „Karzinoiderkrankung“ im Juni 1997 durch Prof. Neuhaus in Berlin war es ein langer Weg. Die Diagnosen und Therapien niedergelassener Ärzte waren durchweg symptomorientiert. Hierzu gehörten eine „rezidivierende Duodenitis“ ebenso wie das wiederholte Feststellen einer „Gastritis“, die Nichtbeachtung von abdominalen dorsal gerichteten Druckempfindungen und letztlich festgestellte „funktionelle Störungen“. Die jeweilige Therapie richtete sich auf die Beseitigung des in der eingeengten Diagnose als pathologisch festgestellten Tatbestandes. Eigentlich wäre eine ganzheitliche Betrachtungsweise mit einer Ursachenerforschung angezeigt gewesen... Die Vorsorgeuntersuchungen waren stets ohne Befund Mein reduzierter Allgemeinzustand war in der Vergangenheit u. a. durch langjährige berufliche überobligatorische Anspannungen und Anstrengungen mit mehr als 60-Stunden-Woche sowohl im Angestelltenverhältnis wie freiberuflich geprägt. Sportliche Aktivitäten bildeten einen Ausgleich und schafften Gleichgewicht. Ich identifizierte mich mit meiner Arbeit, stellte hohe Anforderungen an mich selbst und fraß introvertiert die Probleme in mich hinein, die andere bei mir abluden. Die jährlich durchgeführten Vorsorgeuntersuchungen mit ihren Laborwerten und Messwerten lagen weitgehend im Normbereich. Bis zum Jahre 1997 wurde mir als sportlichem Nichtraucher bei Alkoholabstinenz Gesundheit bescheinigt. Die geäußerten Beschwerden wurden in den Vorjahren im Wesentlichen als funktionelle Störungen bewertet. Auf meinen Wunsch hin wurde bereits 1996 eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Abdomens durchgeführt. Die Auswertung durch den Radiologen ergab keinen pathologischen Hintergrund, so dass auch mein Hausarzt mir lediglich mehr Gelassenheit zur Erhaltung der Lebensqualität anriet. Eine Pankreatitis brachte das Karzinom an den Tag Im Juni 1997 folgte die nächste Vorsorgeuntersuchung. Das Sonogramm als Teil der Untersuchung wies dann allerdings eine ca. 3 cm große Läsion im Bauchbereich aus. In der Retrospektive zeigte sich diese Raumforderung bei genauerem Hinsehen dann auch in dem 1996 angefertigten Magnetresonanztomogramm (mit 2,5 cm). Nun wollte ich es genau wissen. Nach gemeinsamer Überlegung mit dem damaligen Arzt wurde ein ERCP-Termin (für eine endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie) anberaumt. Bei dieser Untersuchung wurde eine Gallengangstenose durch Schnitt beseitigt. In der Folge entwickelte sich eine nekrotisierende Pankreatitis, die mir hohes Fieber bescherte und eine Gewichtsabnahme von 12,5 kg in 8 Tagen bewirkte. In dieser bedrohlichen Situation veranlasste meine Frau gegen den chefärztlichen Rat der Klinik („man bedenke die hohen Transportkosten!“) eine sofortige private Überführung in das fast 500 km entfernt liegende Virchow-Klinikum der Humboldt-Universität in Berlin zu Prof. Neuhaus. Dort kam die Diagnose schnell und trocken: Pankreaskopfkarzinom. Trotz umfangreicher Nekrosen und bestehender Pankreatitis entschied sich Prof. Neuhaus nach einer genauen Analyse und einer Überlegungsfrist für die sofortige Operation. Ich wurde am nächsten Morgen nach Horst Günther der Methode von Kausch-Whipple operiert und nach weiteren vier Tagen in der Intensivstation auf ein normales Krankenzimmer verlegt. Am 9. Tag nach der Operation bekam ich dann den ersten Schluck zu trinken (1 Teelöffel Tee). Der weitere Heilungsverlauf verlief komplikationsfrei. Bei dem Karzinom handelte es sich um einen malignen non-funktionellen neuroendokrinen Tumor des Pankreas mit einer Angioinvasion. Die Proliferationsrate wurde nach histologischer Auswertung als gering dargestellt. Daher wurde auf eine Strahlen- und Chemotherapie verzichtet. Vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Ärzten Die gesamte Tumorbehandlung und Tumornachsorge liegen seither in den Händen von Prof. Neuhaus im operativen Bereich und in den Händen von Prof. Wiedenmann im klinischen Bereich (beide VirchowKlinikum). Die räumliche Entfernung zu meinem Wohnsitz (knapp 500 km) ist dabei unerheblich. Maßgeblich ist für mich die fachliche Kompetenz der behandelnden Ärzte und deren vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Patienten bei der Nachsorge. Die Behandlung durch ein und dasselbe Ärtzteteam hat einen weiteren Vorteil: Die bei den Untersuchungen – für die auch immer dieselben Geräte verwendet werden – ermittelten Messwerte können problemlos mit früheren Werten verglichen werden. Werden die Daten als Verlaufskurve aufgetragen, lässt sich u.U. ein Trend erkennen, der bei der Therapie berücksichtigt werden kann. Lebermetastasen machten weitere Operationen erforderlich Im November 1997 war ich für 4 Wochen in einer Reha-Klinik in Mölln. Das Jahr 1998 verlief unauffällig. Die vierteljährigen Nachuntersuchungen bestätigten zunächst einen kurativen Verlauf. Im April 1999 wiesen MRT und SRS (Somatostatin-RezeptorSzintigraphie bzw. Octreotid-Szintigraphie) eine Lebermetastase im Segment 5 sowie im Segment 4a unmittelbar neben den großen Gefäßen aus. Im Mai 1999 erfolgte eine Teilresektion der Leber mit Entfernung der singulären Metastase im Segment 5. Eine intraoperative Palpation (Diagnose durch Ertasten) bestätigte, dass keine weiteren Metastasen vorlagen. Im Oktober 1999 wurde bei der Kontrolluntersuchung nun doch eine progredient (zunehmend) wachsende Raumforderung im Segment 4a bestätigt. Ein Monat später wurden die Segmente 2, 3, 4 und 8 reseziert. Der postoperative Verlauf war unauffällig. Im November 2000 bescherte mir die Kontrolluntersuchung einen 11 Erfahrungsberichte erneuten hochgradigen Verdacht auf eine singuläre Lebermetastase im Segment 7. Die Ärzte boten mir zwei Therapiemöglichkeiten an: klassische Operation mit Leberteilresektion oder Lasertherapie. Sie schilderten mir die Vorteile der klassischen Operation wie folgt: Der Eingriff beinhaltet mit 7% ein relativ geringes Infektionsrisiko. Während der Operation besteht die Möglichkeit der Ultraschalluntersuchung und Palpation; außerdem kann das Operationsfeld bei Bedarf erweitert werden. Von Nachteil sind postoperative Vernarbungen und Verklebungen im Bauchraum. Bei der Lasertherapie handelt es sich dagegen um einen minimalinvasiven Eingriff. Die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus lässt sich in der Regel auf drei Tage begrenzen. Der Organismus wird geringer belastet. Allerdings geht die Lasertherapie mit einem 14%igen Infektionsrisiko einher. Die theoretisch geringere Treffsicherheit des Lasers birgt die Gefahr in sich, die Metastase möglicherweise nicht vollständig zu entfernen. Aus Sicherheitsgründen entschied ich mich schließlich für die klassische Operation mit Leberteilresektion, die im Februar 2001 von Prof. Neuhaus in Berlin vorgenommen wurde und komplikationslos verlief. Nach 10 Tagen wurde ich aus dem Virchow-Klinikum entlassen. Die Komplikationen setzten erst ein, nachdem ich wieder zu Hause war. Fieber und heftige Schmerzen erzwangen einen erneuten Krankenhausaufenthalt, jetzt aber in meiner Heimatstadt im Norden Deutschlands. Es hatte sich im Segment 6 der Leber ein großer Abszess gebildet, der durch eine 31/2 Wochen dauernde konservative Behandlung (mit Punktion/Aspiration und Spülung) ausgeheilt werden konnte. In der Reha-Klinik lernte ich ganzheitliche Behandlungsmethoden kennen Im Mai 2001 begann ich eine 5-wöchige Rehabilitation in der onkologischen Abteilung der Habichtswaldklinik in Kassel. Dort habe ich eine Ganzheitstherapie als Ergänzung der klassischen Behandlung mit ihren drei Säulen (Operation – Chemotherapie – Strahlentherapie) wahrgenommen und Methoden angewandt, die eine Stärkung der körpereigenen Immunabwehr zum Ziele haben. Seit meinem Aufenthalt in Kassel spritze ich ein Apfelmistelpräparat sowie Thym-Uvocal (ein Thymuspräparat) dreimal wöchentlich subkutan. Mit Visualisierungen nach Simonton, Meditationen, Bewegungstherapien, psychotherapeutischen Sitzungen, einer sog. orthomolekularen Nahrungsmittelergänzung (einer hochdosierten VitaminTherapie), einer gezielten Bewegungstherapie und durch regelmäßigen Sport habe ich die verschiedenen Einzeltherapiemaßnahmen ergänzt. Mein Ziel ist es, die diagnosebedingten medizinisch notwendigen Therapiemaßnahmen durch gezielte, nebenwirkungsfreie präventive Maßnahmen zu ergänzen, um den kurativen Weg zu ebnen, das Immunsystem zu stärken und so die Lebensqualität zu verbessern und die Selbstheilungskräfte zu stärken. Gedanklich steht also eine Salutogenese im Vordergrund meines optimistischen Denkansatzes und meiner Handlungen. Ich glaube, dass dieser Weg sinnvoll ist, zumal ein kanzerogener Defekt multikausal sein dürfte und das körpereigene Immunsystem, sofern es intakt ist, effiziente Arbeit auf breitester Ebene leistet. Umgekehrt entsteht ja meines Wissens ein Karzinom in der Regel auch erst dann, wenn der Körper mit seinen eigenen Waffen der Bedrohung einer kanzerogenen Zellmutation und des Wachstums dieser Zellen durch deren Vernichtung nicht mehr Herr wird. 12 Zusammenfassende Bewertung und Schlussfolgerungen Diese breite Darstellung soll Ihnen verdeutlichen, wie wesentlich es ist, in jedem Falle vollständige Klarheit über den eigenen Zustand zu bekommen, sich ggf. Sachverhalte durch insistierendes Nachfragen bis zum vollständigen Verständnis erläutern zu lassen und bei der Therapiefestlegung aktiv mitzuwirken, soweit es geht. Man bedenke: Die Folgen trägt der Patient. Erst eine genaue Diagnose lässt auch eine ursachengerechte Therapie zu. In der Krebstherapie haben für mich nach wie vor die klassischen Methoden der Operation, der Chemo- und Strahlentherapie Vorrang vor komplementären, adjuvanten oder alternativen therapeutischen Maßnahmen. Aus der Erkenntnis heraus, dass aber z.B. die Chemotherapie gerade bei den neuroendokrinen Tumoren oftmals nur einen marginalen Einfluss auf die Überlebenszeit des Patienten hat, scheint daher neben dem „positiven Denken“ die ergänzende Anwendung komplementärer Maßnahmen unbedingt erforderlich zu sein. Ich halte es für wichtig, zum behandelnden Arzt ein Vertrauensverhältnis aufzubauen (ähnlich etwa dem, wie es früher bei den Hausärzten in der Familie üblich war). Schließlich ist der Arzt neben den eigenen Beobachtungen und Erfahrungen sowie den Labor- und Messwerten vor allem auch auf die subjektive Darstellung durch den Patienten selbst, dessen Erklärungen, die Beschreibung von Empfindungen und Schmerzen sowie auf die Erfassung von dessen Erscheinungsbild und Verhaltensweise angewiesen. Das Ergebnis dieser aufgenommenen Informationen sollte gemeinsam besprochen werden. Besonders wichtig sind Verständnis, Trost und Unterstützung Ich habe nach der Whipple-OP 1997 und einer weiteren Überbrückungsfrist mit Rehabilitationsmaßnahmen von einem Jahr meine beruflichen Aktivitäten im Alter von 58 Jahren eingestellt. Ich habe diesen Schritt nicht bereut. Endlich komme ich dazu, meine Hobbies zu pflegen, lange beiseite gelegte Bücher zu lesen, Besuche abzustatten und Reisen in medizinisch gesicherte Gebiete zu unternehmen. Da ich ein Mensch bin, der hohe Anforderungen an sich selbst stellt, ungeduldig mit sich selbst umgeht und sich oftmals für sein Umfeld verantwortlich fühlt, dabei in Stress gerät und die entstehenden Probleme in sich hineinfrisst, war bereits im Berufsbereich eine pathogenes Feld bereitet. Nach Aufgabe der beruflichen Aktivitäten bleibt jetzt „nur noch“ (weitgehend) der sog. selbsterzeugte Stress übrig, den es nun durch Bewusstseinsübungen sowie alternative Aktivitäten abzubauen gilt. An dieser Stelle helfen mir auch die Selbsthilfegruppen, in denen neben dem Erfahrungsaustausch die Solidarisierung und Unterstützung durch Mitpatienten Trost und Stärkung bringen und meine Lebensqualität ebenfalls verbessern. Besonders wichtig ist mir jedoch eine gute, verständnisvolle Partnerschaft, also meine Frau, die mir als Kraftquelle unersetzlich ist und für mich die Basis dafür bildet, das Machbare selbst zu gestalten, statt mich als hilfloses Opfer medizinisch notwendiger Aktivitäten zu fühlen. Solange mir dieses gelingt, habe ich einen großen Teil der Lebensqualität, die ich brauche. Dafür bin ich dankbar. Horst Günther, Flensburg Erfahrungsberichte Manches hätte besser laufen können.... Viele unserer Leser kennen das bestimmt aus eigener Erfahrung: Nicht immer klappt alles optimal, werden sofort die richtigen Maßnahmen ergriffen, um zur exakten Diagnose zu gelangen, und die bestmögliche Therapie eingeleitet. Ein 48-jähriger Patient, der seit 1987 mit der Diagnose Karzinoid lebt, erzählt hier nicht nur seine Krankheitsgeschichte, sondern nennt auch Fehler, die aus heutiger Sicht hätten vermieden werden können. Dabei geht es ihm nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum, anderen Betroffenen zu helfen, sofort den optimalen Weg zu finden. Erste Operation: Resektion des Karzinoids in der Lunge Im März 1987 wurde bei mir im Lungenmittellappen ein Karzinoid festgestellt, das bereits auf den Zwischenbronchus übergegriffen und große Lymphknotenmetastasen gebildet hatte. Die Diagnose erfolgte nach wiederholtem Bluthusten durch eine Bronchoskopie. Kurz zuvor hatte ein Lungenfacharzt meine Lunge anhand des Röntgenbildes noch als unauffällig beurteilt. Anlass für die Röntgenuntersuchung waren über Jahre hinweg aufgetretene Schmerzen im rechten Schultergelenk, die von verschiedenen Ärzten behandelt, aber nie zufriedenstellend beseitigt worden waren. Typische Karzinoid-Beschwerden wie Flush oder Durchfälle sind bei mir nicht aufgetreten. Das Karzinoid wurde durch eine Lobektomie (Entfernung des mittleren Lungenlappens) beseitigt. Nach der Operation erfolgten 1 /2 - bis 1/4-jährliche Kontrolluntersuchungen; eine spezielle Therapie wurde nicht durchgeführt. Aus heutiger Sicht vermeidbare Fehler: Ich hätte mich nicht mit der für mich vermeintlich positiven Diagnose zufrieden geben sollen, solange meine Beschwerden nicht vollständig beseitigt waren. Ein Jahr nach der Operation ist in jährlichen Abständen wieder Bluthusten aufgetreten. Bei Bronchoskopien konnten aber nie verdächtige Zellen entnommen werden. Mein Fehler in dieser Zeit war wohl, dass ich immer wieder in dasselbe Krankenhaus zu den Kontrolluntersuchungen ging. Diese relativ kleine Lungenfachklinik war nur mit einfachen Diagnosemöglichkeiten ausgestattet. Sie wurde mir empfohlen, da der dortige Chirurg bekannt dafür war, dass er organerhaltend operiert. Heute denke ich, dass gerade dies in meinem Fall schlecht war. Eine Computertomographie wurde erst nach mehreren Jahren durchgeführt. Es wäre wohl besser gewesen, wenn ich die Klinik gewechselt hätte. Nach der Resektion eines ausgedehnten Rezidivs nur noch naturheilkundliche Behandlung Auf Drängen einer Oberärztin, die neu an diese Klinik kam, wurde dann – angeblich nur aus diagnostischen Gründen – eine zweite Operation durchgeführt. Dabei stellte sich heraus, dass sich inzwischen ein weit ausgedehntes Rezidiv des Tumors gebildet hatte, das in die Pleura, den Herzbeutel und die Leber eingedrungen war. Ein wenige Tage nach der Resektion angefertigtes Computertomogramm zeigte eine etwa 1 cm große Metastase in der Leber. Im Klinikum Großhadern wurden kurz darauf szintigraphisch noch weitere Herde im oberen Mediastinum (mittleres Gebiet des Brustraumes), in der Leber und im Becken nachgewiesen. Ab Oktober 1994 ließ ich mich auf eigenen Wunsch hin ausschließlich naturheilkundlich behandeln: Spritzentherapie mit Iscador, Coenzymen, Ubichinon, Nigersan, Mucokehl, Ney Tumorin und Ney Thymun sowie eine Ernährungsumstellung auf zwei Drittel Rohkost. Aus heutiger Sicht vermeidbare Fehler: In der Zeit von 1994 bis 1998 habe ich mich nur auf Naturheilverfahren verlassen. Es wurden auch keine weiteren CTs gemacht. Zu dieser Zeit habe ich die sog. Apparatemedizin gemieden. Dabei berief ich mich immer auf einen Satz in einem Arztbericht der Lungenfachklinik: „Da eine zumutbare, erfolgversprechende Chemotherapie derzeit nicht existiert, beschränkt sich die weitere Therapie auf rein symptomatische Maßnahmen in Abhängigkeit von der Progredienz des Grundleidens.“ Eine Schilddrüsenoperation brachte mich auf den richtigen Weg Nur durch Zufall, aufgrund der genauen Beobachtung durch meine Frau, wurden Schilddrüsenveränderungen festgestellt, die sich ebenfalls als Metastasen des Karzinoids erwiesen. Die Nuklearmediziner an der Universität Regensburg veranlassten im Mai 1998 eine Schilddrüsenoperation und empfahlen mir im Anschluss daran eine Yttrium-DOTATOC-Therapie in Basel. Ich folgte diesem Ratschlag und unterzog mich bis November 1998 insgesamt vier Sitzungen. Diese Radionuklidtherapie hat bis Juli 2001 ein weiteres Fortschreiten der Erkrankung verhindert. Mittlerweile wurde festgestellt, dass sich vermutlich ein Lymphknoten im vorderen Mediastinum vergrößert hat. Die anderen Herde sind gleich geblieben. Daher werde ich im August 2001 eine weitere YttriumDOTATOC-Therapie durchführen lassen.* Insgesamt konnte ich mit dem Karzinoid bisher (14 Jahre seit der ersten Operation) recht gut leben. Ich konnte auch noch in meinem Beruf arbeiten und hoffe, dass dies auch weiterhin möglich ist. Aus heutiger Sicht vermeidbare Fehler: Ich bin wirklich nur rein zufällig zu dieser Radionuklidtherapie gekommen. Es wäre gut, wenn die Kliniken ihre ehemaligen Patienten über neue, erfolgversprechende Therapien inforrmieren würden. Bei Karzinoid-Patienten dürfte sich das in Grenzen halten. (Name und Anschrift des Betroffenen sind der Redaktion bekannt; Zuschriften leiten wir gerne weiter.) * Anmerkung der Redaktion: Der Erfahrungsbericht erreichte uns Anfang August 2001; ob die Behandlung erfolgreich war, wissen wir daher nicht. Redaktionsschluss für Ausgabe 4/2002 ist der 1. Oktober 2002 13