GS: Die Verfassung der Spartaner SS 09 Ulrike Schroer M.A. 04.05.2009 Agoge: Das spartanische Erziehungswesen Referenten: Andreas von Detten, Christian Schmeichel und Sebastian Solbach 1.) Wer wird in Sparta von wem erzogen und mit welchen Mitteln? 2.) Welche Abschnitte gibt es in der spartanischen Erziehung? 3.) Was erfahren wir über die Erziehung der Mädchen aus den Quellen? 1.) Xen. Lak. Pol. I, 3-4 (3) [...] Die anderen Gesetzgeber geben denjenigen Mädchen, die künftig Kinder bekommen sollen, eine möglichst schlichte Ernährung und möglichst wenig Zukost. [...] so halten es die anderen Griechen für richtig, daß auch die Mädchen in häuslicher Abgeschiedenheit Wolle bearbeiten. Wie kann man nur erwarten, daß Mädchen, die auf solche Weise erzogen wurden, irgendetwas Großartiges zur Welt bringen? (4) Lykurg glaubte indes, daß auch Sklavinnen geeignet seien, Kleidungsstücke herzustellen; die wichtigste Aufgabe für freie Frauen, so meinte er, sei jedoch, Kinder zu gebären; deshalb verordnete er zunächst, daß das weibliche Geschlecht seinen Körper nicht weniger übe als das männliche. Sodann führte er ein, daß die Mädchen – ebenso wie die Knaben – im Wettkampf gegeneinander ihre Schnelligkeit und Körperkraft messen sollten [...]. Lehrern, damit sie Lesen und Schreiben, die Musik und die Übungen in der Palaistra lernen. Darüber hinaus verweichlichen sie die Füße ihrer Kinder, indem sie ihnen Schuhe geben, und schwächen den Körper durch Wechsel von Kleidung; den Magen betrachten sie als Maß für ihre Nahrung. (2) Lykurg aber, statt daß ein jeder privat Sklaven als paidagogoi für seine Kinder einsetzt, stellte sie unter die Aufsicht eines Mannes, der aus derselben Schicht wie diejenigen kommt, die die höchsten Ämter bekleiden; dieser wird daher auch paidonomos genannt. Lykurg ermächtigte ihn, die Knaben zu versammeln, sie zu mustern und Leichtsinn hart zu bestrafen. Ihm stellte er ebenfalls eine Gruppe von angehenden Männern zur Seite, denen Peitschen gegeben wurden, um – falls nötig – zu strafen, so daß dort große Scheu und strenger gehorsam herrscht. (3) Statt die Füße durch Schuhe zu verweichlichen, ordnete Lykurg an, sie durch Barfußgehen zu kräftigen [...]. (4) Und anstatt sie durch Gewänder zu verhätscheln, verordnete er, sie sollten sich das Jahr hindurch an ein Gewand gewöhnen, da er glaubte, daß sie so besser gegen Kälte und Hitze gewappnet wären. (5) In Bezug auf die Ernährung bestimmte er, daß der junge Mann soviel zum gemeinsamen Mahl beitrage, daß sie einerseits nicht durch Übersättigung beschwert würden, sie andererseits aber den Mangel zu ertragen lernten; denn er war der Überzeigung, daß diejenigen, die so erzogen würden, eher ohne Nahrung Anstrengungen ertragen könnten, sollte es erforderlich sein, daß sie länger, wenn es befohlen würde, mit der gleichen Ration auskämen, daß sie weniger einer Zukost 2.) Xen. Lak. Pol. I, 10 (10) Lykurg erließ also Gesetze über die Kindererziehung, die den Bestimmungen im restlichen Griechenland entgegengesetzt waren [...]. 3.) Xen. Lak. Pol. II, 1-11 (1) Nachdem ich mich mit der Zeugung befaßt habe, will ich mich jetzt auch der Erziehung beider (der Lakedaimonier und der anderen Griechen) darlegen. Bei den anderen Griechen geben die, welche behaupten, ihre Söhne am besten zu erziehen, diese in die Obhut von Dienern, (sogennanten) paidagogoi, sobald die Kinder verstehen können, was zu ihnen gesagt wird, und schicken sie sofort zu 1 bedürften, daß sie bereitwilliger jede Speise annähmen und daß sie gesünder lebten. [...] (6) Damit sie jedoch durch Hunger nicht zu sehr gequält würden, erlaubte er ihnen zwar nicht, sich ohne Anstrengung das zu nehmen, was sie darüber hinaus noch wünschten, gestand ihnen aber zu, einiges zu stehlen, um den Hunger zu stillen. (7) Es wird, wie ich meine, keinem unbekannt sein, daß er nicht aus Unvermögen, sie zu versorgen, ihnen gestattete, durch eigene Bemühungen und List die Nahrung zu beschaffen. [...] Es ist offenkundig, daß derjenige, daß seine ganze Erziehung darauf abzielte, die Knaben gewandter in der eigenverantwortlichen Beschaffung von Lebensmitteln und tauglicher für den Krieg zu machen. (8) Vielleicht wendet jemand nun ein, warum er, wenn der Stehlen für eine nützliche Sache hielt, demjenigen, der dabei ertappt wurde, viele Schläge auferlegte. Meine Antwort lautet: Weil auch bei den anderen Dingen, die Menschen lehren, sie denjenigen züchtigen, der seine Sache nicht richtig macht. Und jene bestrafen also diejenigen, die beim ungeschickten Stehlen ertappt werden. (9) Er setzte zugleich fest, es sei trefflich, so viel Käse wie möglich vom Altar der Artemis Orthia zu stehlen, und befahl anderen, die (Diebe beim Altar der Göttin) auszupeitschen, um damit zu verdeutlichen, daß es möglich ist, mit einer kurzen Zeit des Schmerzes sich einer langen Zeit des Ruhmes zu erfreuen. [...] (10) Um aber die Knaben selbst während der Abwesenheit des paidonomos nicht ohne Aufseher zu lassen, bestimmte Lykurg, daß jeder gerade anwesende Bürger ermächtigt sei, den Knaben vorzuschreiben, was er für gut erachte, und sie zu bestrafen, wenn sie sich irgendetwas zuschulden kommen ließen. Durch diese Einrichtung gelang es ihm, daß die Knaben auch größere Scheu (vor Verfehlungen) empfanden, denn sowohl Knaben als auch Männer haben vor nichts größeren Respekt als vor den Amtsträgern. (11) Damit die Knaben aber auch dann nicht ohne Aufseher wären, sollte zufällig einmal kein Mann zugegen sein, setzte er fest, daß der begabteste der jungen Männer (Eirenen) die Aufsicht über jede Abteilung führe; daher sind dort (in Sparta) die Knaben niemals ohne Aufseher. 4.) Xen. Lak. Pol. III, 1-5 (1) Wenn die Knaben aber ihre Altersstufe verlassen und in das Jünglingsalter hineinwachsen, entlassen die übrigen Griechen sie aus der Aufsicht des paidagogoi und schicken sie nicht mehr zu den Lehrern; niemand gebietet ihnen mehr und sie werden in Mündigkeit entlassen. Lykurg wiederum hat auch hiervon das Gegenteil angeordnet. (2) Da er nämlich beobachtete, daß in diesem Alter der Stolz am Größten sei, die Überheblichkeit ganz besonders hervortrete und sich stärkste sinnliche Begierden bemerkbar machten, legte er ihnen für diese Zeit die meisten Anstrengungen auf und richtete es so ein, daß sie so wenig wie möglich freie Zeit haben. (3) Überdies erließ er die Vorschrift, daß, wenn einer sich dieser Ausbildung entzeihe, er aller zukünftigen Ehren verlustig sei. Auf diese Weise bewirkte er, daß nicht nur die Beamten, sondern auch diejenigen, die sich der einzelnen im besonderen Maße annahmen, darauf achteten, daß die Knaben nicht durch feige Flucht vor ihren Pflichten in der Stadt jegliches Ansehen verlören. (4) Des weiteren verordnete er, um ihnen schamhaftes und bescheidenes Auftreten fest einzuprägen, daß sie in der Öffentlichkeit ihre Hände unter dem Gewand halten, schweigend gehen und nicht umherblicken, sondern ihre Augen nur auf das richten sollen, was vor ihren Füßen liegt. [...] (5) Von jenen (Jünglingen) jedenfalls wird man weniger einen Laut hören als von steinernen Statuen, man wird weniger ihre Augen ablenken als die von Bronzefiguren, und man wird sie für züchtiger halten als selbst die Jungfrauen in ihren Gemächern. Und wenn sie zu dem gemeinsamen Mahl kommen, muß man froh sein, eine Antwort von ihnen auf eine Frage zu erhalten. So trug er Sorge für die Jünglinge. 5.) Xen. Lak. Pol. IV, 1-2 (1) Im Gegensatz zu den meisten (Griechen) hat er auch das folgende angeordnet: In den anderen Städten nämlich ist jeder Herr über seine Kinder, seine Sklaven und seinen Besitz; Lykurg aber wollte es so einrichten, daß die Bürger, ohne sich zu schaden, voneinander Vorteile hätten, und bestimmte deshalb, daß jeder 2 gleichermaßen Herr über seine eigenen und die fremden Kinder sei. (2) Wenn aber einer weiß, daß diese (Bürger) Väter der Kinder sind, dann herrscht notwendigerweise so über die ihm selbst unterstellten Kinder, wie er will, daß auch über seine eigenen Kinder geherrscht werde. Wenn ein Knabe aber einmal von einem anderen (Mann) Schläge bekommen hat und dies seinem Vater sagt, ist es eine Schande, dem Sohn nicht noch weitere Schläge zu geben. So vertrauen sie einander, daß keiner den Knaben etwas Schlechtes befehle. wie er wollte, sonder er nahm selbst alle, sobald sie sieben Jahre alt waren, zu sich und teilte sie in Gruppen, in denen sie miteinander aufwuchsen, erzogen und gewöhnt wurden, beim Spiel wie bei ernster Beschäftigung immer beisammen zu sein. Als Führer wählten sie sich denjenigen, der sich durch Klugheit und durch Kampfesmut auszeichnete. Auf ihn blickten sie, hörten auf seine Befehle und unterwarfen sich seinen Strafen, so daß die Erziehung im wesentlichen in der Übung im Gehorsam bestand. [...] Lesen und Schreiben lernten sie nur soviel, wie sie brauchten; die ganze übrige Erziehung war darauf gerichtet, daß sie pünktlich gehorchten, Strapazen ertragen und im Kampfe siegen lernten. Daher verschärften sie bei fortschreitendem Alter das Training, schoren sie bis auf die Haut und gewöhnten sie, barfuß zu gehen [...]. Sobald sie zwölf Jahre alt waren, gingen sie stets ohne Unterkleidung, bekamen nur einen Mantel aufs Jahr [...] und durften weder baden noch sich salben, bis auf wenige Tage des Jahres [...]. Sie schliefen zusammen in Gruppen und Untergruppen auf Streuschütten, die sie selbst zusammentrugen [...]. 6.) Plut. Lyk. 14 Mit der Erziehung, die er für die größte und wichtigste Aufgabe des Gesetzgebers ansah, [...] hat Lykurg auch den Frauen jede mögliche Sorgfalt zugewendet. Er kräftigte die Jungfrauen durch Laufen, Ringen, Diskus- und Speerwerfen, damit die Zeugung der Kinder in kräftigen Körpern erfolge [...]. Weichlichkeit, Verzärtelung und alles weibische Wesen verbannte er und gewöhnte die Mädchen, ebenso wie die Knaben nackt ihre Aufzüge zu halten und bei gewissen Festen zu tanzen und zu singen [...]. 8.) Plut. Lyk. 17 […] auch die Älteren wandten ihnen jetzt erhöhte Aufmerksamkeit zu, [...] weil sie alle sich gewissermaßen als Väter, Erzieher und Vorgesetzte aller Knaben fühlten, so daß keine Zeit und kein Ort blieb, da dem nicht einer war, um jeden Knaben, der sich irgendwie verging, zurechtzuweisen und zu bestrafen. Außerdem wurde aus der Zahl der angesehensten Männer einer als Knabenaufseher (Paidonomos) bestellt, und die Knaben selbst wählten gruppenweise den verständigsten und tapfersten der sogenannten Eirenen zu ihrem Führer. Eirenen nennen sie diejenigen, die zwei Jahre über das Knabenalter hinaus sind, Melleiren die ältesten Knaben. Dieser Eiren nun, zwanzig Jahre alt, befehligt die ihm Unterstellten in den Wettkämpfen, und zu Hause, bei der Mahlzeit sind sie seine Bedienten. Den Kräftigen befiehlt er, Holz heranzuschaffen, den Kleineren Gemüse. Sie müssen es aber stehlen [...], aber höchst gerissen und vorsichtig, denn wenn einer erwischt wird, bekommt er viele Peitschenhiebe, weil er 7.) Plut. Lyk. 16 Das zur Welt gekommene [Kind] aufzuziehen unterlag nicht der Entscheidung des Erzeugers, sondern er hatte es an einen Ort zu bringen, [...] wo die Ältesten der Gemeindegenossen saßen und das Kind untersuchten und, wenn es wohlgebaut und kräftig war, seine Aufzucht anordneten [...]; war es aber schwächlich und mißgestaltet, so ließen sie es zu der sogenannten Ablage (Apothetai) bringen, einem Felsabgrund am Taygetos. [...] Bei der Aufzucht hatten die Ammen ein gewisses kunstmäßiges Verfahren, nach dem sie die Säuglinge ohne Windeln aufzogen und so dem Körper und dem Gliederbau Ungezwungenheit gaben, sie ferner dazu erzogen, nicht eklig und wählerisch beim Essen zu sein, keine Angst im Dunkeln, oder wenn sie allein waren, und frei zu sein von häßlicher Übellaunigkeit und Weinerlichkeit. [...] Die Knaben der Spartaner aber gab Lykurg nicht in die Hände von gekauften oder gemieteten Pädagogen, noch durfte jeder seinen Sohn halten und aufziehen 3 unbedacht und ungeschickt gestohlen hat. Sie stehlen auch von Speisen, [...] weil sie lernen sollen, Schlafenden oder solchen, die nicht gut aufpassen, geschickt beizukommen. Wird einer ertappt, so sind Schläge und Hunger die Strafe. Denn ihr Mahl ist kärglich, damit sie gezwungen werden, selber durch List und Wagemut dem Mangel abzuhelfen. Dies ist das Hauptziel der knappen Ernährung; ein zweites Ziel soll das Wachstum des Körpers sein. [...] 10.) Plut. Lyk. 21 Indes die Erziehung im Gesang und in der Musik wurde nicht weniger eifrig betrieben als die Bemühung um gutes und klares Reden. [...] 11.) Plut. Lyk. 24 Die Zucht erstrecke sich bis auf die Erwachsenen. Keinem stand es frei zu leben, wie er wollte, [...] und überhaupt glaubten sie nicht sich, sondern dem Vaterlande zu gehören. [...] 9.) Plut. Lyk. 19 Man lehrte die Knaben ferner, bei ihren Reden Schärfe mit Witz zu verbinden und einen vollgültigen Gedanken in die kürzeste Form zu kleiden. [...] 4