Evolution – Mechanismen der Entwicklung des Lebens auf der Erde Komplexität als Merkmal alles Lebendigen Selbst die einfachsten Lebewesen weisen eine erstaunliche innere Komplexität auf, die von keinem technischen Gerät erreicht wird. Bereits in den einfachsten Lebewesen müssen hochkomplexe, genau regulierte biochemische Prozesse auf dem Niveau von Molekülen ablaufen, um ein Lebewesen „leben“ zu lassen. Kurz gesagt: Lebewesen sind die komplexesten und kompliziertesten Entities, die wir in unserem Universum ausmachen können. Die in einem Physikbuch beschriebenen Objekte und Erscheinungen sind einfacher als eine einzige Zelle im Körper dessen Autors ... Die „Große Frage“ ist, wie ist diese Komplexität, die sich z.B. im Gehirn eines Menschen manifestiert, entstanden? Beispiel: Rechenleistung menschl. Gehirn: 10^13 – 10^16 Rechenoperationen / Sekunde (15-20 W) Rechenleistung Supercomputer: 3.6x10^14 Gleitkommaoperationen / Sekunde (1.2 MW) Die Biologie wirft in dieser Beziehung einige grundlegende Fragen auf: • Auf welche Art und Weise entstand die kaum überschaubare Diversität der Lebewesen ? • Wieso gibt es Lebewesen unterschiedlicher Komplexität ? • Warum sind die meisten Lebewesen quasi optimal an ihre Lebensbedingungen angepaßt ? Wieso entwickeln völlig unterschiedliche Tiergruppen unter ähnlichen Umweltbedingungen eine ähnliche Morphologie? • Waren die heute existierenden Lebewesen schon immer da oder haben sie sich (so wie es die Fossilfunde nahelegen) aus weniger komplexen Vorfahren graduell oder plötzlich entwickelt ? • Was sind die Mechanismen, die so komplexe Dinge wie Augen, Spinnennetze, Melonen, Rosen und Gehirne entstehen lassen ? Die Evolutionsbiologie befaßt sich mit der Frage nach der Herkunft, dem Ursprung und der stammesgeschichtlichen Entwicklung der etwa 1.7 Millionen beschriebenen Arten von Leben auf der Erde Ursprünge der Idee der Evolution Der Gedanke einer in der Zeit fortschreitenden Entwicklung in der Natur wurde im 18. und 19. Jahrhundert durchaus breit diskutiert, ohne jedoch (d.h. vor Darwin und Wallace) den Grundmechanismus der biologischen Evolution zu erkennen. • J.B. Lamarck: Erste systematische Evolutionstheorie • Katastrophentheorie von Georges Cuvier • Aktualismus (Geologie) Charles Lyell • Erste umfassende Erdgeschichte Robert Chambers • Herbert Spencer prägt den Begriff der Evolution • Thomas Robert Malthus „Bevölkerungsgesetz“ Zuvor waren die Anschauungen über die Entwicklung von Tieren und Pflanzen durch die Theologie und den Essentialismus geprägt (bibl. Schöpfungsgeschichte, Tiere und Pflanzen verändern sich nicht bzw. verändern sich nur in Richtung eines „Idealbildes“) Die Abstammungslehre des Jean-Baptiste de Lamarck Er war der erste Naturwissenschaftler, welcher die biblische Schöpfungsgeschichte in Zweifel zog - aus primitiven Lebewesen entstanden im Laufe der Zeit immer komplexere, wobei am Ende der scala naturae der Mensch als „vollkommenstes aller Geschöpfe“ steht - Transformationstheorie - Den Mechanismus des evolutiven Artenwandels sah er in der „Vererbung erworbener Eigenschaften“ Lamarckismus Hydrogeologie 1802 J.-B. de Lamarck (1744-1829) Theorie von der Vererbung erworbener Eigenschaften (1809) 1. Bei jedem Tiere stärkt der häufigere und dauernde Gebrauch eines Organs dasselbe allmählich; der konstante Nichtgebrauch eines Organs mach dasselbe schwächer und läßt es schließlich verschwinden. 2. Alles, was die Individuen durch Einfluß der Verhältnisse erwerben oder verlieren, wird durch die Fortpflanzung auf die Nachkommen vererbt. Beispiel: Lamarck‘s Giraffe Lamarck kam zu seinen Erkenntnissen durch sorgfältige Beobachtung der Natur Teleologische Weltschau Bedeutung Lamarck‘s für die Evolutionstheorie 1. Lamarck zeigte (ebenso wie auch Cuvier und Geoffroy Saint-Hilaire), daß die Arten im Lauf der Erdgeschichte nicht konstant waren. 2. Er zeigte auch, daß Form und Funktion zusammenhängen und daß Evolution in Zusammenhang mit der Umwelt steht. 3. Er formulierte, daß Änderungen von Merkmalen vererbt werden und so eine sukzessive Entwicklung neuer Lebensformen möglich ist. 4. Lamarcks Ideen beeinflußten Charles Darwin und Ernst Haeckel bei ihren grundlegenden Arbeiten zur Theorie der Evolution. Beide hoben in ihren Büchern die Bedeutung Lamarcks hervor. Lamarck‘s Ideen galten jedoch schon innerhalb des 19. Jahrhunderts als überholt, konnten sich aber teilweise trotzdem noch bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Konkurrenztheorie zu Darwin und Wallace halten. Eine gewisse Renaissance erlebte die Theorie der Vererbung erworbener Eigenschaften in der Sowjetunion unter Stalin (Lyssenko, Mitscherlich) Katastrophen als maßgebliche Evolutionsfaktoren – George Cuvier Die Katastrophentheorie George Cuviers (1769-1832) - Erkannte durch Untersuchung von in Sedimentschichten enthaltenen Fossilien deren graduelle Entwicklung und deren plötzliches Aussterben - Einführung der Tierstämme nach den grundlegenden Bauplänen (Weichtiere, Radiata, Arthropden, Wirbeltiere) - Die Erdgeschichte besteht nach Cuvier aus mehreren längeren ruhigeren Perioden, die durch Katastrophen beendet wurden, bei denen die Mehrzahl der Lebewesen plötzlich ausstarben Neukonstitution der Lebewelt aus den wenigen überlebenden Arten – oder „Neuschöpfung“ Charles Lyell und der Uniformitarianismus Uniformitarianismus: Alle Veränderungen in der Erdgeschichte laufen nicht in Sprüngen ab, sondern ganz allmählich. Deshalb kann man solche Veränderungen (im Gegensatz zum Katastrophismus Cuviers) nicht als getrennte Schöpfungsakte betrachten „Elements of Geology“ 1837 Untergruppen: • Naturalismus • Aktualismus • Gradualismus • Direktionalismus Charles Lyell (1797-1875) Gehört zusammen mit James Hutton zu den Begründern der modernen Geologie. Robert Chambers „Vestiges of the Natural History of Creation“ 1844 „Prinzip der fortschreitenden Entwicklung“ • die Fauna zeigt im Laufe der Erdgeschichte eine stetige Fortentwicklung wie die Fossilien zeigen • alle Veränderungen erfolgen langsam und gemächlich und sind keineswegs mit irgendwelchen katastrophenartigen Ereignissen verknüpft -> konkretisierte Lamarcks Ideen und popularisierte sie im britischen Bildungsbürgertum -> wichtige Erkenntnisquelle für Charles Darwin Robert Chambers (1802-1871) Idee der geologischen Zeitalter: Die Fossilfunde zeigen, daß die ältesten Schichten keine organischen Überreste enthalten; dann folgt das Zeitalter der wirbellosen Tiere; als nächstes eine Periode, wo die Fische als Wirbeltiere dominieren; darauf folgt das Zeitalter der Reptilien und der Vögel und zum Schluß erscheint der Mensch … Herbert Spencer und der Begriff der Evolution Entwickelte das Prinzip der „Evolution“ als eine sich selbst organisierende Genese der natürlichen Dinge und der gesellschaftlichen Abfolgen, die ohne göttliche oder anderweitige Lenkung auskommt wichtiger Ideengeber für Karl Marx Gilt als Begründer des Sozialdarwinismus Wichtigste Werke: Principles of Biology (1864-1867) The Social Organism (1860) Herbert Spencer (1820-1903) Der Begriff „Evolutionstheorie für die Deszendenztheorie von Darwin und Wallace ist von Herbert Spencer adaptiert und wird heute allgemein verwendet Thomas Robert Malthus und seine Bevölkerungstheorie von 1798 Essay on the Principle of Population (1798). Bevölkerungswachstum steigt exponentiell Nahrungsmittelproduktion steigt linear Hungersnöten, die zu einer Ausdünnung der Bevölkerung führen Kriege um knappe Ressourcen “Survival of the best …” Begründer der Sozialwissenschaften Ideengeber für Darwins “Survivalof the fittest” T. R. Malthus (1766-1834) William Paley und das „Uhrenargument“ William Paley argumentiert in seiner Natural Theology (1802), daß man eine auf dem Feld gefundene Taschenuhr als intelligent konstruiertes Objekt erkenne, und daß folglich auch die lebenden Organismen als Werke eines intelligenten Konstrukteurs anzusehen seien. Teleologischer Gottesbeweis Er führt seine Argumentation in großem Kenntnisreichtum und absoluter Brillianz aus ... ... und liegt trotzdem (er hat es nie erfahren) völlig falsch... William Paley ( 1743-1805): Natural Theology or Evidences of the Existence and Attributes of the Deity Collected front the Appearances of Nature (1802) Nächstes Mal: Charles Darwin und Alfred Russell Wallace