Noch immer wird der Eisenmangel viel zu häufig

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News von der 7th IRON ACADEMY in Zürich
Noch immer wird der Eisenmangel
viel zu häufig unterdiagnostiziert
Ein oft übersehener Risikofaktor ist der Eisenmangel, der noch immer zu selten diagnostiziert und adäquat behandelt wird. An der
7th Iron Academy* wurde erneut deutlich, dass auch in der Geriatrie und bei prämenopausalen Frauen das Eisendefizit mit und ohne
Anämie ein Thema ist. Die Korrektur der Anämie bringt Patienten folgende Vorteile: Verringe­rung der Fatigue, der Intoleranz bei
Anstrengung, der Kurzatmigkeit und der depressiven Stimmung. Durch eine gezielte Korrektur der Anämie, kann auch erreicht werden,
dass ältere Menschen länger unabhängig und mobil bleiben. Ein Ziel, das sich lohnt.
Die Expertenvorträge haben gezeigt, dass speziell in der Geriatrie, wo auch die Mehrzahl der
Patienten mit chronischer Nieren- und Herzinsuffizienz anzusiedeln ist, noch zu viele Unterlassungssünden im Zusammenhang mit
der Anämiekorrektur beobachtet werden. Als
ebenfalls gravierend und folgenschwer hat sich
die nicht erkannte präoperative Anämie erwiesen. Das wird bei Patienten deutlich, die sich
elektiven Routineeingriffen, beispielsweise in
der Orthopädie, unterziehen, und aufgrund
der Eisenmangel-Anämie eine erheblich höhere Morbidität und Mortalität aufweisen als Kontrollen mit Korrektur des Eisenmangels.
Diese – im Vergleich zu Gesunden – deutlich höheren Zielwerte sind angemessen, weil
bei der CKD eine Störung der Eisenmobilisierung besteht. Erhöhte Hepcidinspiegel sorgen dafür, dass sowohl die Eisenresorption
aus dem Dünndarm vermindert als auch die
Eisenfreisetzung aus retikuloendothelialen
Zellen verringert ist.
Eisenmangel bei Herzinsuffizienz (CHF)
Über die Rolle von Eisenmangel und Anämie
bei Patienten mit Herzinsuffizienz berichtete
Dr. med. Matthias Wilhelm, Bern. Er verwies auf die bedeutende Funktion von
Eisen in der Erythropoese sowie in der oxidativen Phosphorylierung und damit in der
Energiebereitstellung. Die multifaktoriellen
Eisenmangel bei chronischer
Niereninsuffizienz (CKD)
Bei einer CKD im Stadium 4 besteht bei
etwa 40% der Patienten eine Anämie (1).
Von einer relevanten Anämie muss ausgegangen werden, wenn das Hb unter 110 g/L liegt.
Ein derart erniedrigtes Hb ist ab einer GFR
< 60 ml/min/1,73 m2 zu erwarten. Prof. Dr. med.
Michael Dickenmann, Basel, wies darauf hin,
dass mit dem Fortschreiten der CKD in immer
kürzeren Abständen Kontrollen notwendig
sind. Bei Verdacht auf eine Anämie gehören
neben dem Blutbild mit Indizes das SerumFerritin, die Transferrin-Sättigung (TSAT), das
CRP und die absolute Retikulozytenzahl zum
minimalen Abklärungsprogramm. Der Hämoglobin-Gehalt der Retikulozyten (CHr) und der
Anteil hypochromer Erythrozyten (HRC) können zusätzlich bestimmt werden. Folgende
Zielwerte sollten bei CKD mit Anämie angestrebt werden, so der Experte:
llSerum-Ferritin 200–500 µg/L
llTSAT > 30 (– 40)%
llHRC < 2,5%
llCHr ca. 35 pg
Prof. Dr. med.
Michael Dickenmann
Basel
Dr. med.
Matthias Wilhelm
Bern
Daher gelingt es mit oralem Eisen nicht,
vor Beginn einer geplanten ESA-Therapie
die Eisenspeicher rasch aufzufüllen. Das ist
nur mit i.v. Eisen möglich, beispielsweise mit
1000 mg Eisencarboxymaltose über 15 Minuten. Wenn die Zielwerte erreicht sind, kann
man mit ESA starten.
Die Patienten profitieren von der Anä­
miekorrektur, indem sie weniger unter
den Symptomen Müdigkeit, Leistungsin­
toleranz, Atemnot und depressiver Ver­
stimmung leiden. Mit der Abnahme der
Morbidität werden Spitalaufenthalte selte­
ner und kürzer, und die Mortalität sinkt, so
der Nephro­loge.
Prof. Dr. med.
Donat Spahn
Zürich
pathophysiologischen Grundlagen von Eisenmangel und Anämie sind ähnlich wie bei der
CKD. Inflammatorische Zytokine begünstigen
den Hepcidinanstieg, der sowohl die Eisenresorption als auch die Freisetzung aus den
Speichern bremst, verbunden mit einem relativen Eisenmangel mit oder ohne Anämie. Knochenmarkbiopsien bei Patienten
mit schwerer CHF (NYHA-IV) haben darüber
hinaus gezeigt, dass bei 73% eine Eisenmangelanämie besteht und bei knapp 20%
eine Anämie der chronischen Erkrankung
(ACD) (2).
Die FAIR-HF-Studie (3) lieferte die Evidenz für den Nutzen der i.v. Gabe von
Eisen­
carboxymaltose bei symptomatischen
_ 2014 _ der informierte arzt
5409 sonderreport
Frauen im Fokus
Prof. Dr. med.
André Tichelli
Basel
Prof. Dr. med.
Irene Hösli
Basel
CHF-Patienten mit Eisenmangel mit und ohne
Anämie. Nach 24 Wochen war eine signifikante Verbesserung des Gesundheitszustands,
der NYHA-Klasse, sowie der körperlichen Leistungsfähigkeit und Lebensqualität (p<0.001)
zu beobachten, unabhängig davon, ob der
Eisenmangel mit einer Anämie einherging
oder nicht.
Aufgrund dieser Resultate hat die Euro­
päische Gesellschaft für Kardiologie (ESC)
in den 2012 aktualisierten Richt­linien erst­
mals den Eisenmangel als relevante Ko­
morbidität aufgenommen – mit Korrektur
des Defizits als Therapieziel bei CHF (4).
Die Empfehlung der ESC: Routinemässige
Kon­
trolle des Eisenstatus bei CHF-Pa­
tienten und Substitution bei einem Ferritin
< 100 µg/L oder < 300 µg/L bei gleichzei­
tiger TSAT < 20%.
Präoperativer Eisenmangel
Die meisten Patienten mit einem bevorstehenden elektiven Eingriff sind in hausärztlicher
Behandlung. Prof. Dr. med. Donat Spahn,
Zürich unterstrich die Bedeutung der Grundversorger beim präoperativen Patient Blood
Management (PBM). Eine Studie mit 227’425
Patienten hat gezeigt, dass präoperativ bei
30,4% eine Anämie besteht, die selbst bei
milden Formen mit einer erhöhten Morbidi-
Prof. Dr. med.
Dagmar Keller Lang
Zürich
tät und Mortalität einhergeht (5). Bluttrans­
fusionen stellen keine Alternative zum PBM
dar, da diese ihrerseits ebenfalls die Morbidität
und Mortalität erhöhen (5). Besteht eine nicht
korrigierte Anämie (Hb <120 g/L bei Frauen
bzw. <130 g/L bei Männern), sind elektive Eingriffe kontraindiziert, so Prof. Spahn.
Die Hausärzte sollten im Rahmen des
PBM dafür sorgen, dass Patienten mit ge­
plantem elektivem Eingriff rechtzeitig abge­
klärt und behandelt werden.
Anämie in der Geriatrie
Bei älteren Patienten besteht häufig eine
Anämie, die bei etwa der Hälfte einfach zu
behandeln ist – und behandelt werden sollte, da sie schwerwiegendere negative Konsequenzen nach sich zieht, erläuterte Prof.
Dr. med. André Tichelli, Basel. Anämische
Senioren weisen eine reduzierte Mobilität,
mehr Stürze, verminderte kognitive Leistungen, mehr depressive Symptome und
eine schlechtere Lebensqualität auf als junge Anä­miepatienten. Vor allem kommt es zu
einem Anstieg der Mortalität, erklärte Prof.
Tichelli.
Durch die gezielte Korrektur der Anämie
kann es gelingen, dass Ältere länger selbstän­
dig und mobil bleiben – ein lohnendes Ziel,
so Prof. Tichelli.
Ferinject®. Z: Eisencarboxymaltose. I: Eisenmangel, wenn orale Eisentherapie ungenügend wirksam, unwirksam oder nicht durchführbar ist. D: Die kumulative
Gesamtdosis von Ferinject muss individuell berechnet werden. Ferinject kann als i.v. Infusion (verdünnt in 0,9% NaCl) oder als i.v. Injektion (unverdünnt) in wöchentlichen Einzeldosen von bis zu 20 mg/kg, maximal 1000 mg, bis zum Erreichen der berechneten kumulativen Gesamtdosis verabreicht werden. KI: Überempfindlichkeit gegenüber Wirkstoff oder Hilfsstoffen, Anämie ohne gesicherten Eisenmangel, Eisenüberladung, erstes Schwangerschaftstrimester. VM: Patienten
aktiv vor jeder Applikation von Ferinject nach früheren UAW von i.v. Eisenpräparaten befragen. Nur anwenden, falls medizinisches Fachpersonal, das anaphylaktische Reaktionen bewerten und behandeln kann, sofort verfügbar ist, sowie nur in einer Einrichtung, in der alle Vorrichtungen zur Reanimation vorhanden sind.
Patienten während mind. 30 Min. nach Verabreichung auf Anzeichen und Symptome einer Überempfindlichkeitsreaktion beobachten. Paravenöse Injektion kann
eine braune Verfärbung und Reizung der Haut verursachen und ist deshalb zu vermeiden. Bei akuter oder chronischer Infektion nur mit Vorsicht anwenden. Natriumgehalt von bis zu 5,5 mg/ml berücksichtigen. S/S: KI im 1. Trimester, im 2. und 3. Trimester nur bei zwingender Indikation anwenden. UAW: Hypersensitivität, Kopfschmerzen, Schwindel, Parästhesien, Tachykardie, Hypotonie, Hypertonie, Erröten, gastrointestinale Beschwerden, Störung des Geschmacksempfindens,
Hautausschlag, Pruritus, Urticaria, Hautrötung, Myalgie, Rückenschmerzen, Arthralgie, Muskelkrämpfe, Hämaturie, Reaktionen an der Injektionsstelle, Phlebitis,
Fieber, Müdigkeit, Schmerzen im Brustkorb, Muskelsteifigkeit, Unwohlsein, peripheres Ödem, Schüttelfrost, Schmerz, transiente Hypophosphatämie, erhöhte Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Aminotransferase, Gamma-Glutamyltransferase, Laktatdehydrogenase und alkalische Phosphatase. IA: Bei gleichzeitiger Verabreichung von oralen Eisenpräparaten ist deren Absorption reduziert. P: 5 Stechampullen zu 100 mg (2 ml) oder 500 mg (10 ml) und 1 Stechampulle zu 500 mg
(10 ml). Liste B. Detaillierte Informationen: www.swissmedicinfo.ch. Zulassungsinhaberin: Vifor (International) AG, CH-9001 St. Gallen. Vertrieb: Vifor AG, CH1752 Villars-sur-Glâne.
Für ein Anämie-Screening während der
Schwangerschaft und eine adäquate Supplementierung mit Eisen plädierte Prof. Dr.
med. Irene Hösli, Basel. Von einer postpartalen Anämie ist bei einem Hb <100 g/L
(48-h-Wert) auszugehen, erklärte die Gynäkologin.
Da die Rate postpartaler Blutungen an­
gestiegen ist, und der Blutverlust rasch
ausgeglichen werden muss, ist die post­
partale i.v. Eisengabe ratsam, um schwer­
wiegende Komplikationen zu vermeiden.
Über ihre Erfahrungen mit sportlichen
jungen Frauen mit Leistungsknick berichtete
Prof. Dr. med. Dagmar Keller Lang, Zürich.
Eine häufige Ursache für die Müdigkeit bei
Sportlerinnen ist der Eisenmangel. Dieser
wird in erster Linie durch die Menstruationsblutung, eine vegetarische/vegane Ernährung,
eine verminderte Eisenresorption und intestinale Mikroblutungen begünstigt. Eine Eisensubstitution wird ab einem Ferritin < 40 µg/L
auch ohne Anämie empfohlen. Eine Verbesserung macht sich ab einem Ferritin von
50–60 µg/L bemerkbar, sagte Prof. Keller Lang.
Wenn ein rascher Effekt angestrebt
wird, kann Eisen i.v. gegeben werden (unter
Beachtung des Antidoping-Gesetzes).
Literatur:
1. Clase, CM et al. Relationship between glomerular
filtration rate and the prevalence of metabolic abnormalities: Results from the Third National Health
and Nutrition Examination Survey (NHANES III).
Nephron Clin Pract 2007; 105: 178-184
2. Nanas, JN et al, Etiology of anemia in patients with
advanced heart failure. J Am Coll Cardiol 2006;
48(12): 2485-2489
3. Anker, SD et al. Ferric carboxymaltose in patients
with heart failure and iron deficiency. N Engl J Med
2009; 361(25): 2436-2448
4. McMurray, JJ et al. ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure
2012. Eur Heart J 2012; 33: 1787-1847
5. Musallam, KM et al. Preoperative anaemia and
postoperative outcomes in non-cardiac surgery: a retrospective cohort study. Lancet 2011; 378:
1396-1407
IMPRESSUM
Berichterstattung: Dr. Renate Weber
Quelle: 7. Iron Academy, 27. März 2014, Zürich
Redaktion: Thomas Becker
Unterstützt von Vifor AG, Villars-sur-Glâne
© Aerzteverlag medinfo AG, Erlenbach
* Sponsoren: BBraun AG, labormedizinisches zentrum Dr. Risch, Sysmex Suisse, Vifor AG
der informierte arzt _ 09 _ 2014
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