Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit Informationsbroschüre für Gynäkologen, Geburtshelfer, Kinder- und Hausärzte Impressum © Bundesamt für Gesundheit (BAG) Herausgeber: Bundesamt für Gesundheit Publikationszeitpunkt: Dezember 2008 Autoren: Camenzind-Frey E, BAG, Sektion Ernährungs- und Toxikologische Risiken, Zürich Hesse-Lamm M, BAG, Direktionsbereich Verbraucherschutz, Bern Laimbacher J, KIG-SG, Ostschweizer Kinderspital, St. Gallen Bachmann G, KIG-SG, Gesundheitsdepartement des Kantons St. Gallen, St. Gallen Kluckert C, KIG-SG, Ostschweizer Kinderspital, St. Gallen Renggli A, BAG, Sektion Ernährungs- und Toxikologische Risiken, Zürich KIG-SG: Kinder im Gleichgewicht St. Gallen (Gesundheitsdepartement Kanton St.Gallen, Ostschweizer Kinderspital St. Gallen, Gesundheitsförderung Schweiz) Zitierweise: Camenzind-Frey E., Hesse-Lamm M., Laimbacher J., Bachmann G., Kluckert C., Renggli A. Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit. Bern: Bundesamt für Gesundheit (BAG), 2008. Layout: Silversign GmbH, visuelle Kommunikation, Bern Fotos: Fotolia Diese Publikation erscheint ebenfalls in französischer und italienischer Sprache. BAG-Publikationsnummer: BAG VS 12.08 2‘000 d 900 f 300 i 40EXT0813 BAG, Direktionsbereich Verbraucherschutz, 3003 Bern www.bag.admin.ch Vertragsnummer: 08.004210 Bezugsquelle: BBL, Verkauf Bundespublikationen, 3003 Bern www.bundespublikationen.admin.ch BBL-Artikelnummer: 311.371.d Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit Inhaltsverzeichnis I. Das Wichtigste in Kürze: Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit II. Einleitung III. Vor der Schwangerschaft IV. Während Schwangerschaft und Stillzeit Allgemeine Empfehlungen für eine ausgewogene Ernährung Einfluss der Ernährung der Mutter auf die Sensorik und das Essverhalten des Kindes Gewichtszunahme in der Schwangerschaft Mögliche Risiken durch die Ernährung V. Zusammenfassende Empfehlungen für eine optimale Ernährung der gesunden Frau Empfehlungen für eine ausreichende Versorgung mit allen Nährstoffen Empfehlungen zur Vermeidung von Risikoprodukten Empfehlungen zur Eliminierung bzw. Vermeidung von Krankheitskeimen (Hygienische Massnahmen) VI. Anhang: Links für weitere Informationen 2 3 3 4 4 4 5 6 10 10 11 11 12 In dieser Publikation gilt sowohl die männliche als auch die weibliche Schreibweise für das andere Geschlecht. Bundesamt für Gesundheit (BAG) |1 I. Das Wichtigste in Kürze: Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit • Präkonzeptionelle Anpassung der Ernährung. • Folsäure-Supplementierung von 0.4 mg 4 Wochen präkonzeptionell bis zur 12. SSW, evtl. ab der 12. SSW Vitamin-Supplementierung. • Beratung bezüglich einer dem Body Mass Index entsprechenden angestrebten Gewichtszunahme. • In keinem Fall «Essen für zwei». • Ausgewogene Ernährung mit Gemüse und Früchten «5 am Tag», d.h. 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Früchte pro Tag. Zu jeder Hauptmahlzeit 1 Stärkebeilage (Vollkornprodukte). Täglich 3 Portionen Milch und Milchprodukte, 2 – 3x Fleisch/Woche und 1 – 2x Fisch/Woche. Täglich mit Mass Öle und Fette, hochwertige Pflanzenöle bevorzugen. Eine Portion Nüsse (20 – 30 g) ist zu empfehlen. Massvoll mit Genuss Süssigkeiten, salzige Knabbereien und energiereiche Getränke. Tägliche Flüssigkeitszufuhr von 1.5 – 2 l. • Minimierung der Schadstoffaufnahme besonders Quecksilber, Dioxine, Blei: Verzicht auf Schwertfisch, Marlin/Speerfisch und Hai. Max. 1x/Woche frischer Thunfisch und ausländischer Hecht; Ostsee-Hering und -Lachs meiden. Stattdessen 1 – 2x/Woche Forelle, Rotbarsch, Felchen, Sardinen, weisser Heilbutt oder Thunfisch aus der Dose. Max. 2x/Woche eingepfeffertes Wildfleisch. • Keine tierischen Rohprodukte: Milch, Fleisch, Eier (Infektionsgefahr Toxoplasmose, Listeriose). • Vorsicht vor Süssgetränken wegen des sehr hohen Zucker- und Kalorienanteils. • Kein Alkohol, Nikotin und andere Suchtmittel. Höchstens 2 – 3 Tassen Kaffee pro Tag. • Hygienemassnahmen: Gründliches Waschen von Händen und Nahrungsmitteln, Garen von Eiern und Fleisch, vorsichtiger Umgang mit Katzen. • Beibehaltung von körperlicher Aktivität – ausser bei Kontraindikationen: Ideal sind Gehen (Arbeitsweg, Spaziergang, Treppe statt Lift), Schwimmen und Wassergymnastik, Heimtrainer und Herz-Kreislaufgeräte mit geringer Stossbelastung, Aerobic mit geringer Stossbelastung, evtl. Spezialangebot für Schwangere, ebensolche Yogakurse. Mind. eine halbe Stunde körperliche Aktivität pro Tag (Intensität entsprechend zügigem Gehen). • Vermeiden von Aktivitäten mit erhöhter Sturz- und Verletzungsgefahr (Skifahren, Mountain Biking, Fussball), intensiven energischen Bewegungen oder bei extremen Temperaturen. Das Faktenblatt «Das Wichtigste in Kürze: Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit» kann auf der Homepage des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) heruntergeladen werden (Link im Anhang). 2 | Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit II. Einleitung Eine ausgewogene Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit ist eine wichtige Voraussetzung für die Gesundheit von Mutter und Kind und hat Auswirkungen auf alle Entwicklungsphasen des Kindes bis ins Erwachsenenalter. In den letzten beiden Jahrzehnten haben sowohl das Ausgangsgewicht der Frauen bei Beginn der Schwangerschaft als auch die gesamte Gewichtszunahme in der Schwangerschaft signifikant zugenommen. Daher sollte zu Beginn der Schwangerschaft ein Gespräch über die angestrebte individuelle Gewichtszunahme erfolgen. Übergewicht vor und während der Schwangerschaft geht mit erheblichen Komplikationen für Mutter und Kind einher: Gestationsdiabetes, schwangerschaftsinduzierte Hypertonie, verzögerte Wehentätigkeit und erhöhter Blutverlust während der Geburt sowie vermehrte Fehlbildungen und neonatale Adaptationsstörungen. Neben der «Überernährung» kann auch die intrauterine Mangelernährung weitreichende Konsequenzen für das Kind haben. Die Ernährung in utero hat wahrscheinlich einen bedeutenden Einfluss auf die Entstehung von Arteriosklerose, Bluthochdruck, Insulinresistenz und viele andere metabolische und endokrinologische Funktionen im weiteren Lebenslauf. Mit der Ernährung von Mutter und Kind in Schwangerschaft und Stillzeit können aber auch Gefahren verbunden sein. In jüngster Zeit hat insbesondere der hohe Gehalt an Methylquecksilber in Raubfischen wie Schwertfisch, Marlin/Speerfisch und Hai in verschiedenen Ländern zu Stellungnahmen und speziellen Empfehlungen geführt. Dies veranlasste die Eidgenössische Ernährungskommission (EEK) eine Expertengruppe einzusetzen, um die bisherigen Ernährungsempfehlungen für schwangere und stillende Frauen zu überprüfen. Die heutigen wissenschaftlichen Kenntnisse über die Ernährung und insbesondere die Gefährdung durch toxische Bestandteile und Infektionserreger in Lebensmitteln wurden zusammengestellt und daraus allgemeine Empfehlungen für die Ernährung in diesen beiden Lebensabschnitten formuliert. Den Link zum Bericht der EEK mit dem Titel «Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit. Gefahr für Mutter und Kind?» finden Sie im Anhang. Die vorliegende Broschüre ist ein Auszug aus dem Expertenbericht der EEK und entstand in Zusammenarbeit mit KIG – Kinder im Gleichgewicht St. Gallen. III. Vor der Schwangerschaft Idealerweise beginnt die Anpassung der Ernährung bereits präkonzeptionell bei Kinderwunsch und die entsprechende Beratung durch uns betreuende Gynäkologen und Hausärzte hat bereits vor der Schwangerschaft zu erfolgen. Neben einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung entsprechend der Lebensmit- telpyramide der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE) ist Folsäure von grosser Bedeutung. Um Neuralrohrdefekte beim Säugling zu verhindern, sollten Frauen, die schwanger werden möchten und könnten, täglich eine Dosis von 0.4 mg synthetischer Folsäure, am besten in Form eines Multivitaminpräparates, einnehmen. Ausführlicher wird diese Thematik im folgenden Kapitel behandelt. Bundesamt für Gesundheit (BAG) |3 IV. Während Schwangerschaft und Stillzeit Allgemeine Empfehlungen für eine ausgewogene Ernährung Grundlagen Empfehlenswert für die Ernährung in der Schwangerschaft und Stillzeit für die gesunde Frau ist eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung entsprechend der Lebensmittelpyramide der SGE mit mehreren über den Tag verteilten Mahlzeiten. Gemüse und Früchte sind eine wichtige Quelle für Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe. Täglich sollten mind. 3 Portionen Gemüse, davon eine roh, und 2 Portionen Früchte konsumiert werden («5 am Tag»; 1 Portion à 120 g bzw. eine Hand voll). Eine Portion kann durch einen Gemüse- oder Fruchtsaft ersetzt werden. Zu jeder Hauptmahlzeit wird empfohlen eine Stärkebeilage zu essen. Möglichst 2 Portionen sollten in Form von Vollkornprodukten, als Quelle für Nahrungsfasern, Vitamine und Mineralstoffe, konsumiert werden. Fleisch, Fisch, Eier, Milch und Milchprodukte liefern Proteine, Eisen, Zink und Vitamin B12, n-3-Fettsäuren (Fisch) sowie Calcium. Daher wird der tägliche Konsum von 3 Portionen Milch und Milchprodukte sowie 2 – 3x Fleisch und 1 – 2x Fisch pro Woche empfohlen. Fette und Öle sind Quellen für essentielle ungesättigte Fettsäuren und fettlösliche Vitamine. Aufgrund des hohen Energiegehaltes sollten sie mit Mass (täglich 4 – 6 Kaffeelöffel, d.h. 20 – 30 g; evtl. 10 g Streichfett) verwendet werden und hochwertige Pflanzenöle, z.B. Raps- oder Olivenöl sollten bevorzugt werden. Empfehlenswert ist eine Portion (20 – 30 g) Nüsse. Süssigkeiten, salzige Knabbereien und gezuckerte Getränke, die hauptsächlich Energie in Form von Zucker oder Fett liefern, sollten massvoll mit Genuss konsumiert werden. Speisen sollten zurückhaltend mit fluoridiertem und jodiertem Kochsalz (grüne Packung) gesalzen werden. Auf eine genügende Flüssigkeitszufuhr (1.5 – 2 l) in Form ungezuckerter Getränke und Wasser ist zu achten. Energiebedarf Eine erhöhte Zufuhr von Energie ist erst ab dem 4. Schwangerschaftsmonat notwendig, um eine optimale Gewichtszunahme der Mutter und eine normale Körperentwicklung des Fötus einzuhalten. Der Energiebedarf steigt um ca. 250 – 300 kcal/Tag (1050 – 1250 kJ/Tag) auf durchschnittlich etwa 2500 kcal/Tag (10470 kJ/Tag). Das Verhältnis der einzelnen Nährstoffe entspricht auch jetzt demjenigen einer gesunden Ernährung: 4 | Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit 30 – 35% Fett (80 – 95 g/Tag), 10% Proteine (60 – 70 g/Tag) und 55 – 60% Kohlenhydrate (360 – 380 g/Tag) des täglichen Energiebedarfs. 50 – 70% der Proteine sollten tierischen Ursprungs sein. Vitamine und Mineralstoffe In den ersten 12 Wochen der Schwangerschaft steht vor allem der zusätzliche Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen im Vordergrund. Eine vegane und auch unausgewogene vegetarische Ernährung in der Schwangerschaft kann ohne Supplemente (insbesondere von Vitamin B12, Eisen und Zink) mit Gefahren für das Kind verbunden sein. Schon vor der Schwangerschaft von besonderer Bedeutung ist das Vitamin Folsäure. Zur Verhütung von Neuralrohrdefekten wird allen Frauen, die schwanger werden möchten oder könnten, empfohlen, zusätzlich zur Ernährung täglich 0.4 mg synthetische Folsäure (entspricht 400 Mikrogramm) als Tabletten oder Kapseln, am besten in Form eines Multivitaminpräparates, einzunehmen und zwar möglichst 4 Wochen vor der Konzeption und während den ersten 12 Schwangerschaftswochen. Diese Menge an Folsäure kann mit der «normalen» Nahrung nicht zugeführt werden. Die Deckung des Mehrbedarfs an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen ist besonders dann kritisch, wenn schon mit der täglichen Nahrung eine Unterversorgung besteht. Dies könnte bei bestimmten Ernährungsformen wie z.B. langjähriger vegetarischer oder veganer Ernährung möglich sein. Besondere Beachtung ist der Zufuhr von Calcium, Eisen, Zink und den Vitaminen B12 und D zu schenken. Allenfalls ist eine Supplementierung dieser Nährstoffe in Ergänzung zur Folsäure ab der 12. Schwangerschaftswoche notwendig. Einfluss der Ernährung der Mutter auf die Sensorik und das Essverhalten des Kindes Die Ausbildung der Essgewohnheiten von Kindern wird entscheidend durch die sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen gesteuert. Grundlegend sind durch Vererbung vorgegebene Präferenzen, aber auch solche, die im Mutterleib erworben werden. Insgesamt gibt die am Ort bestehende Esskultur den grossen Rahmen für die Ausbildung des individuellen Geschmacks vor. Dies gilt für die hauptsächlich verfügbaren Nahrungsmittel wie auch für die von den Eltern bevorzugten Speisen. Wir wissen, dass die so genannte Prägung des Essverhaltens sehr früh im Leben stattfindet und auch nur in einer zeitlich eng begrenzten, sensiblen Phase möglich ist. Es ist erst seit jüngerer Zeit bekannt, dass Vorlieben für bestimmte Geschmacksrichtungen von Neugeborenen auch stark durch das Essverhalten der Mutter während der Schwangerschaft beeinflusst werden. Man spricht von einer «in utero-Programmierung». Durch indirekten Kontakt mit den Geschmacksstoffen über Nabelschnur und Fruchtwasser lernt das Kind Lebensmittel geschmacklich bereits im Mutterleib kennen und bevorzugt in der Folge solche Geschmacksempfindungen auch nach der Geburt. Eine Mutter, die während der Schwangerschaft sehr abwechslungsreich isst, sorgt so dafür, dass ihr Kind später einem breiten Spektrum von verschiedenen Lebensmitteln gegenüber zusprechend reagiert. Isst die Mutter während der Schwangerschaft dagegen einseitig, so wird das Kind später wahrscheinlich eine Vorliebe für einzelne Lebensmittel haben und anderen, bisher unbekannten Geschmackseindrücken eher ablehnend gegenüber stehen. Der Prägungsprozess setzt sich postnatal fort. Muttermilch ist für die Geschmacksempfindung deutlich vielfältiger als Flaschenmilch, weil sie die Geschmacksstoffe der von der Mutter gegessenen Speisen ebenfalls enthält. Daher ist die spätere so genannte Neophobie, die Ablehnung neuer Speisen, bei gestillten Kindern geringer. Dies ist möglicherweise mit ein Grund, dass gestillte Kinder ein niedrigeres Adipositas-Risiko haben. Denn gestillte Kinder haben wahrscheinlich eine bessere Akzeptanz für Gemüse und Obst, sofern diese von der Mutter im Stillzeitraum auch häufig verspeist werden (Ellrott T. Wie Kinder essen lernen. Ernährung 1:167 – 173, 2007). Gewichtszunahme in der Schwangerschaft Die Gewichtszunahme setzt sich zur Hälfte aus einer Zunahme und Neubildung maternalen Fettgewebes, dem fetalen Wachstum, der Placenta, des Fruchtwassers, der uterinen Hypertrophie, der Zunahme der Brust und zur anderen Hälfte aus der Zunahme von intrazellulärer Flüssigkeit und Plasmavolumen sowie insbesondere im 3. Trimenon aus einer Wassereinlagerung zusammen. Die optimale Gewichtszunahme ist individuell und vom Body Mass Index (BMI) vor der Schwangerschaft abhängig. Für eine normalgewichtige Frau wird eine Gewichtszunahme von 11.5 – 16 kg empfohlen, während übergewichtige Frauen nur 7 – 11.5 kg zunehmen sollten. Junge Schwangere und sehr schlanke Frauen sollten den oberen Bereich der empfohlenen Gewichtszunahme anstreben, kleinere Frauen (< 157 cm) den unteren Bereich. In der untenstehenden Tabelle ist die optimale Gewichtszunahme abhängig vom Ausgangsgewicht der schwangeren Frau aufgelistet. Tabelle 1 Empfohlene Gewichtszunahme in der Schwangerschaft entsprechend dem BMI BMI vor Schwangerschaft in kg/m2 Normalgewicht 18.5 – 24.9 Untergewicht < 18.5 Übergewicht 25 – 29.9 Starkes Übergewicht 30 – 39.9 Krankhaftes Übergewicht > 40 Zwillingsschwangerschaft Drillingsschwangerschaft Empfohlene Empfohlene Gewichtszunahme Gewichtszunahme gesamt in kg pro Woche in kg 11.5 – 16 0.4 ab 12. SSW 12.5 – 18 0.5 ab 12. SSW 7 – 11.5 0.5 ab 12. SSW ≤ 7 ≤ 7 15.9 – 20.4 0.7 ab 12. SSW ca. 22 Körpergewicht in kg BMI = Körpergrösse in m2 Bundesamt für Gesundheit (BAG) |5 IV. Während Schwangerschaft und Stillzeit Mögliche Risiken durch die Ernährung Mögliche Gefahren durch die Ernährung für Mutter und Kind in der Schwangerschaft und Stillzeit können in Schadstoffe oder toxische Inhaltsstoffe, mikrobielle Verunreinigungen der Nahrung und in unsachgemässe Küchenhygiene eingeteilt werden. Als mögliche Risiken in der Schwangerschaft werden zurzeit vor allem die Schadstoffe Quecksilber, Blei, Dioxine, dioxinähnliche Verbindungen und Mykotoxine sowie Vitamin A, pflanzliche pharmakologisch aktive Stoffe und Chinin diskutiert. In der Stillzeit sind es persistente organische Verbindungen (POP), insbesondere Dioxine und dioxinähnliche Verbindungen, Organochlorpestizide sowie bromierte Flammschutzmittel, die über die Muttermilch vom Kind aufgenommen werden. Bei den mikrobiellen Verunreinigungen spielen in der Schwangerschaft vor allem die Toxoplasmose, übertragen durch rohes Fleisch oder ungewaschenes Gemüse, und die Listeriose, deren Erreger über Rohmilch und den daraus hergestellten Produkten in den mütterlichen Organismus gelangen, eine wesentliche Rolle. Eine unsachgemässe Küchenhygiene kann mikrobielle Verunreinigungen der Nahrung fördern und so zur Infektion und Gefährdung von Mutter und Kind beitragen. Im Folgenden sollen diese potentiellen Gefahrenfaktoren im Einzelnen näher dargestellt werden. Schadstoffe / toxische Inhaltsstoffe Grosse Raubfische wie Schwertfisch, Marlin/Speerfisch und Hai, aber auch frischer Thunfisch sowie ausländischer Hecht können Konzentrationen an Methylquecksilber (Methyl-Hg) aufweisen, welche bei häufigem Verzehr zu einer Überschreitung der provisorisch tolerierbaren wöchentlichen Aufnahmemenge (PTWI) von 1.6 µg/kg Körpergewicht Methyl-Hg führen können. Dies entspricht bei einer 60 kg schweren Frau 100 µg Methyl-Hg/Woche. 6 | Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit Für die Raubfischarten gilt in der Schweiz ein Grenzwert für Methyl-Hg von 1 mg/kg, der in den Jahren 2003 bis 2005 um bis zu 42% überschritten wurde. Thunfisch in Konserven enthält wegen der Verwendung anderer Spezies und kleinerer Fische weniger Methyl-Hg. Für die Schweiz ist die durchschnittliche Hg-Exposition für die allgemeine Bevölkerung als unbedenklich einzustufen. Eine besondere Gefährdung kann bei Frauen im gebärfähigen Alter mit Kinderwunsch, bei Schwangeren und stillenden Müttern für das ungeborene Kind bzw. für Säuglinge und Kleinkinder bestehen. Dioxine und dioxinähnliche Verbindungen kommen überall in der Umwelt vor. Hauptquellen sind Verbrennungsprozesse. Die Dioxine werden via Luft verteilt und in Böden, Gewässern und Pflanzen abgelagert. Die genannten Verbindungen sind chemisch sehr stabil, sehr gut fettlöslich und biologisch schlecht abbaubar. Sie können sich in der Nahrungskette anreichern und gelangen so in den menschlichen Körper. Die Wirkung ist immun-, neuro- und reproduktionstoxisch. Da die Halbwertszeit dieser Substanzen im menschlichen Organismus mehrere Jahre beträgt, ist die Belastung der Mutter bis zum Zeitpunkt der Schwangerschaft und Stillzeit wesentlich entscheidender für die Exposition des Fötus als diejenige während der Schwangerschaft und Stillzeit. Dioxine und dioxinähnliche Verbindungen sind auch in fettreichen Fischen vorhanden. Dem Konsum von Fischen mit niedrigen Konzentrationen an Dioxinen und dioxinähnlichen Verbindungen (z.B. Forelle) ist daher der Vorzug zu geben. Vom Verzehr von dioxinreichem OstseeHering und -Lachs wird abgeraten. Exkurs: Schadstoffe in der Muttermilch Viele Substanzen, mit denen die Mütter im Verlauf ihres Lebens in Kontakt gekommen sind und die sich in ihrem Fettgewebe angereichert haben, gelangen in die Muttermilch. Die Belastung der Muttermilch ist deutlich höher als die anderer Lebensmittel. Ein Vergleich der heutigen Analysen mit jenen vor 25 Jahren zeigt aber, dass die Belastung der Muttermilch mit den meisten Schadstoffen, ausgenommen den bromierten Flammschutzmitteln, deutlich zurückgegangen ist. Die aktuellen Rückstände in der Muttermilch erfordern aber noch immer weitere Anstrengungen zur Reduktion. Dies gilt v.a. für Dioxine und dioxinähnliche Verbindungen sowie besonders für bromierte Flammschutzmittel. Die Vorteile der Muttermilch überwiegen aber bei weitem die Risiken durch Schadstoffe. Daher wird empfohlen, die Säuglinge während den ersten 6 Monaten falls möglich ausschliesslich zu stillen und bis zu einem Alter von 2 Jahren das Stillen zusammen mit einer sicheren und dem Alter angepassten Beikost weiterzuführen. Blei kommt ubiquitär vor, vorwiegend in pflanzlichen Nahrungsmitteln und im Trinkwasser. Einzelne tierische Lebensmittel (Wildfleisch) können aber einen besonders hohen Gehalt an Blei aufweisen. Besonders der sich entwickelnde Organismus ist auf Blei besonders im Bereich des Nervensystems empfindlich. Blei ist plazentagängig, so dass es bei erhöhter Exposition zu Intelligenz- und psychomotorischen Defiziten des Kindes kommen kann. Da Blei über Projektile in Wildfleisch (Rehe, Hirsche, Hasen und Wildschweine) und Wildfleischerzeugnisse gelangt, wird Schwangeren empfohlen, Wildfleisch (insbesondere eingepfeffertes Wildfleisch) höchstens zweimal pro Woche in Portionen à max. 200 g zu essen. Mykotoxine sind Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen wie Aspergillus, Penicillium, Fusarien und gelegentlich Alternaria. Von den über 300 bekannten Mykotoxinen spielen Aflatoxine, Ochratoxin A und Fumonisine die Hauptrolle. Ein hohes Kontaminationsrisiko für Aflatoxine, die mutagen und kanzerogen sind, besteht bei Erdnüssen, Mais, Paranüssen, Pistazien, Gewürzen und Feigen. Ochratoxin A ist vor allem in Getreide, Getreideprodukten und Kaffee vorhanden. Die Langzeitwirkung bei kumulativer Exposition besteht in Leber- und Nierenschäden, Bildung von Krebs und einer Schädigung des Immunsystems. Für viele Mykotoxine bestehen Grenzwerte, die besonders streng für diätetische Produkte für das Säuglings- und Kleinkindesalter sind. Kenntnisse über den Gehalt in Muttermilch liegen bei Aflatoxin vor, klinische Berichte über eine Intoxikation gibt es bisher aber keine. Hohe Dosen von Vitamin A und Derivaten haben in der Frühschwangerschaft eine teratogene Wirkung. Besonders hoch kann die Vitamin A-Menge in Kalbsleber sein; aber auch die Leber gewisser Fische ist reich an Vitamin A. Deshalb wird Frauen im gebärfähigen Alter empfohlen, keine Kalbsleber zu essen. Allerdings gibt es heute Berichte über eine Unterversorgung mit Vitamin A in der Schwangerschaft, was sich ebenfalls auf die Entwicklung des Kindes negativ auswirken kann. Vitamin D wird im Allgemeinen bei kurzzeitiger täglicher Sonnenlichtexposition von Gesicht und Händen in ausreichender Menge vom Körper selbst synthetisiert. Erniedrigte Vitamin D-Konzentrationen im 3. Trimenon können zu einer reduzierten Knochendichte in der Kindheit führen. Bioflavonoide (Pflanzenfarbstoffe) können Interaktionen im Stoffwechsel bewirken (z.B. Hemmung von Cytochrom P 450, Wechselwirkungen mit DNA) und sollten in der Schwangerschaft nicht als Supplemente eingenommen werden. Folgende Phytotherapeutika gelten in der Schwangerschaft wegen ihrer toxikologischen Spektren als verbotene Pflanzen: Johanniskraut, Rauschpfeffer, Brechwurzel, Efeu, Haselwurz, Berberitze, Schöllkraut, Senna, Tollkirsche, Huflattich, Pestwurz, Mönchspfeffer und Traubensilberkerze. Chininhaltige Getränke (z.B. Bitter-Lemon, Tonic Water) können in der Schwangerschaft zu gesundheitlichen Schäden beim Kind führen, wenn sie in grossen Mengen eingenommen werden. Als unerwünscht gelten neurotoxische Wirkungen, insbesondere Sehstörungen, gastrointestinale Beeinträchtigungen, Störungen der Erregungsleitung am Herzen, Blutdruckabfall, hämatologische Probleme und Bundesamt für Gesundheit (BAG) |7 IV. Während Schwangerschaft und Stillzeit allgemeine Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut, Fieber und Bronchospasmen. Welche Menge tolerabel ist, wird im Abschnitt «Empfehlungen zur Vermeidung von Risikoprodukten» aufgeführt (Kapitel V). Koffeinhaltige Genussmittel wie Kaffee, Schwarz- und Grüntee sollten sparsam genossen werden. Alkohol, Nikotin und andere Suchtmittel zeigen direkt toxische Wirkungen auf das ungeborene Kind und sollten deshalb vollständig gemieden werden. In der Stillzeit sollten sie nur mit Mass eingenommen werden. Im Abschnitt «Empfehlungen zur Vermeidung von Risikoprodukten» sind Angaben zur tolerierbaren Menge zu finden (Kapitel V). Exkurs: Sonnenschutz in Schwangerschaft und Stillzeit Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogrammes «Hormonaktive Stoffe: Bedeutung für Menschen, Tiere und Ökosysteme» (NFP50) wurden auch UV-Filter, die in Sonnenschutzmitteln eingesetzt werden, untersucht. In einem Tierversuch wurde gezeigt, dass die als UV-Filter eingesetzte Substanz 4-Methylbenzylidencampher (4-MBC) in Ratten die Entwicklung der Geschlechtsorgane und das Sexualverhalten der Nachkommen bereits bei geringen Konzentrationen beeinflusst. Gegenwärtig laufen verschiedene wissenschaftliche Abklärungen zur Substanz 4-MBC. Viele Hersteller von Sonnenschutzmitteln verzichten mittlerweile auf den Einsatz von 4-MBC. Welche UV-Filter in einem Produkt enthalten sind, ist in der Liste der Inhaltsstoffe angegeben. Einzelne UV-Filter (u.a. auch 4-MBC) konnten in der Muttermilch nachgewiesen werden. Allerdings waren die gemessenen Konzentrationen so gering, dass beim heutigen Wissensstand eine gesundheitliche Gefährdung des Säuglings unwahrscheinlich erscheint. Zudem widerspiegelt das Vorkommen von UV-Filtern in der Muttermilch die aktuelle (kurzfristige) Anwendung von 8 | Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit Sonnenschutzmitteln und ist nicht das Resultat langfristiger Belastung. So führt ein geringerer Verbrauch von Sonnenschutzmitteln rasch zu einer geringeren Konzentration von UV-Filtern in der Muttermilch. Durch eine eingeschränkte Sonnenexposition während der Schwangerschaft und Stillzeit, u.a. durch Vermeiden der Sonne in der Zeit der stärksten Sonneneinstrahlung (11.00 bis 15.00 Uhr) und das Tragen langer Kleidung, Hut und Sonnenbrille während dem Aufenthalt in der Sonne, kann der Einsatz von Sonnenschutzmitteln reduziert und somit die Belastung des Föten im Mutterleib bzw. des Säuglings über die Muttermilch mit problematischen UV-Filtern minimiert werden. Als Alternative zu organischen UV-Filtern bieten sich in der Schwangerschaft und Stillzeit Produkte mit mineralischen UV-Filtern (Titandioxid) an. Auch unter Berücksichtigung einer möglichen Belastung der Muttermilch mit UV-Filtern aus Sonnenschutzmitteln hält das Bundesamt für Gesundheit an seinen Still- und Sonnenschutz-Empfehlungen fest. Die Vorteile des Stillens, sowohl für den Säugling als auch für die Mutter, während der ersten 6 Monate und der Einsatz von Sonnenschutzmittel zum Schutz vor sonnenbedingtem Hautkrebs überwiegen bei weitem die Bedenken zu den Risiken von Schadstoffen (u.a. UV-Filter) in der Muttermilch. Mikrobielle Verunreinigungen / Infektionskrankheiten Toxoplasmose und Listeriose sind zwei durch Lebensmittel übertragene Infektionskrankheiten, die den Fötus oder das Neugeborene schädigen können. Entsprechende Vorsichtsmassnahmen sind indiziert. Die Ansteckung mit dem Toxoplasmose-Erreger (Toxoplasma gondii) erfolgt durch dessen Eier. Diese werden mit dem Kot von Katzen, dem Hauptwirt dieses Parasiten, ausgeschieden, durch Wind und Staub weiterverbreitet und können so auf Gemüse gelangen. Zudem werden die Eier von Nutztieren mit dem Gras gefressen und gelangen so ins Fleisch. Eine Ansteckung ist daher über rohes Fleisch oder das Gemüse im Garten, welches evtl. direkt über den Kot freilaufender Katzen kontaminiert wurde, möglich. Die Infektion verläuft meist ohne Symptome oder wie eine leichte Grippe. Der Nachweis der Infektion erfolgt durch einen Bluttest. Im 3. Trimenon der Schwangerschaft ist das Risiko für die Infektion des Kindes am grössten, das Schädigungsrisiko nimmt dagegen im Laufe der Schwangerschaft ab. Es kann zu Fehl- oder Totgeburten kommen. Etwa 10% der Kinder, die intrauterin infiziert werden, zeigen schon bei Geburt typische Zeichen dieser Infektion: Hydrocephalus, Verkalkungen im Gehirn, Gelbsucht bei Leberentzündung, aber auch Lungen- und Herzmuskelentzündungen. Ein Grossteil erscheint bei der Geburt gesund, kann aber später Augen-, Gehör- und Entwicklungsstörungen aufweisen. Eine frühzeitige Erkennung und Behandlung der Mutter kann die Infektionsgefahr für das Kind, entgegen früherer Ansichten, nicht wesentlich reduzieren. Am besten ist die primäre Vorbeugung in der Schwangerschaft durch hygienische Massnahmen in der Küche und Verzicht auf rohes Fleisch. Gutes Pökeln, Räuchern, Kochen, Braten und Gefrieren tötet den Erreger ab. Vorsicht im Umgang mit Katzen ist angezeigt. Die Listeriose ist eine bakterielle Erkrankung und wird v.a. durch den Verzehr von Rohmilch und Weichbzw. Halbhartkäse aus Roh- und pasteurisierter Milch übertragen, seltener durch andere Lebensmittel (rohes Fleisch, Fisch, Gemüse) oder durch Kontakt mit erkrankten Tieren. Der Erreger ist ein Stäbchenbakterium (Listeria monocytogenes), das weltweit vorkommt, recht widerstandsfähig ist und sich auch bei Kühlschranktemperaturen vermehren kann. Es übersteht sogar Tiefgefrieren und Trocknen, wird aber durch Kochen, Braten, Sterilisieren und Pasteurisieren abgetötet. Besonders infektionsgefährdet sind Personen mit geschwächter Immunabwehr. Die Infektionsrate liegt bei 12 auf 100‘000 Schwangere. Eine Infektion in der Frühschwangerschaft führt in der Regel zu einer Fehl- oder Frühgeburt oder intrauterinem Fruchttod. Im letzten Schwangerschaftsdrittel ist die Übertragungswahrscheinlichkeit auf das Kind recht hoch und mit schwerwiegenden Folgen verbunden. Die Letalität durch Neugeborenen-Listeriose liegt bei 50%. Bei gesunden Erwachsenen verläuft die Infektion oft unbemerkt oder in Form einer leichten Grippe, bei immungeschwächten Personen können septische Symptome sowie Meningitis und Encephalitis auftreten. Die Prophylaxe besteht ähnlich wie bei der Toxoplasmose darin, nur pasteurisierte oder UHTMilch und Milchprodukte (jedoch kein Weich- und Halbhartkäse!) zu verwenden, auf rohes Fleisch zu verzichten und geeignete hygienische Massnahmen zu berücksichtigen. Bundesamt für Gesundheit (BAG) |9 V. Zusammenfassende Empfehlungen für eine optimale Ernährung der gesunden Frau Aufgrund der oben aufgeführten wichtigen Punkte und möglichen Risiken können folgende Empfehlungen für eine optimale Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit formuliert werden. Für die unmittelbare Schwangerschaft und Stillzeit ist es wichtig, dass die Mutter gut auf die Schwangerschaft vorbereitet ist, ihr Gewicht in normalen Grenzen hält und sich ausgewogen ernährt. Empfehlungen für eine ausreichende Versorgung mit allen Nährstoffen • • Eine ausgewogene und abwechslungsreiche Kost wie sie in den Empfehlungen zum gesunden und genussvollen Essen und Trinken für Erwachsene (Lebensmittelpyramide der SGE) festgehalten ist, d.h. regelmässige Mahlzeiten über den Tag verteilt, viel Früchte und Gemüse («5 am Tag»), zu jeder Hauptmahlzeit 1 Stärkebeilage, täglich 3 Portionen Milch und Milchprodukte, pro Woche 2 – 3x Fleisch (ausser Wild) und 1 – 2x Fisch (à 100 – 120 g), täglich Fette und Öle mit Mass und eine Portion Nüsse (20 – 30 g). Süssigkeiten, salzige Knabbereien und energiereiche Getränke massvoll mit Genuss. Genügend Flüssigkeit (1.5 – 2 l). Die Energiemenge, die mit der Ernährung aufgenommen werden soll, bzw. die anzustrebende Gewichtszunahme, ist abhängig vom Ausgangsgewicht vor der Schwangerschaft respektive zu Beginn der Stillzeit. Bei der Auswahl der Lebensmittel sollten bewusst die Deckung des vermehrten Bedarfs an Baustoffen, Vitaminen, Mengenund Spurenelementen und individuelle Unverträglichkeiten berücksichtigt werden. Ein zentrales Element für eine ausgeglichene Energiebilanz ist die tägliche Bewegung (Alltagsbewegung/Sport). Bei Erwachsenen verbessert bereits eine halbe Stunde körperliche Aktivität pro Tag Gesundheit, Wohlbefinden, Lebensqualität und Leistungsfähigkeit. Die Intensität der Bewegung sollte dabei mindestens zügigem Gehen entsprechen. 10 | Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit • Zur Verhütung von Neuralrohrdefekten wird allen Frauen, die schwanger werden möchten oder könnten, empfohlen, zusätzlich zur Ernährung täglich 0.4 mg synthetische Folsäure als Tabletten oder Kapseln, am besten in Form eines Multivitaminpräparates, einzunehmen und zwar möglichst 4 Wochen vor der Konzeption und während den ersten 12 Schwangerschaftswochen. Exkurs: Stillen Gleiche Voraussetzungen wie für die Schwangerschaft gelten auch für die mütterliche Ernährung während der Stillzeit. Stillen bietet Mutter und Kind grosse Vorteile. Die Vorteile des Stillens und der Muttermilch überwiegen bei weitem das Risiko der Schadstoffe in der Muttermilch. Das BAG empfiehlt daher aufgrund der gesammelten Erkenntnisse in Übereinstimmung mit der WHO, der Schweizerischen Stiftung zur Förderung des Stillens, der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie und der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, die Säuglinge während den ersten 6 Monaten falls möglich ausschliesslich zu stillen und bis zu einem Alter von 2 Jahren das Stillen zusammen mit einer sicheren und dem Alter angepassten Beikost weiterzuführen (BAG-Bulletin: 8.Juli 2002 / Empfehlungen für die Säuglingsernährung 2008, Ernährungskommission der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie). Empfehlungen zur Vermeidung von Risikoprodukten • • • • • Keine tierischen Rohprodukte wie Rohmilch, rohe Eier, rohes Fleisch (Tartar), keine Leberprodukte in den ersten 12 Schwangerschaftswochen und keine rohen Schalentiere (z.B. Austern) Nur pasteurisierte oder UHT-Milch und Milchprodukte während der Schwangerschaft einnehmen. Kein Weich- und Halbhartkäse aus Roh- und pasteurisierter Milch. Keine Genussmittel wie Alkohol oder andere Suchtmittel in der Schwangerschaft konsumieren, täglich höchstens 2 – 3 Tassen Kaffee oder äquivalente koffeinhaltige Getränke und möglichst keine chininhaltigen Getränke (z.B. Bitter-Lemon oder Tonic Water). Während der Stillzeit Alkohol und Koffein nur mit Mass. Schwangere und Stillende sollten pro Woche 1 – 2 Portionen möglichst fetthaltige, Methyl-Hgarme Fische (z.B. Forellen, Rotbarsch, Felchen, Sardinen, weissen Heilbutt) essen. Auf den Konsum von Schwertfisch, Marlin/Speerfisch und Hai ist wegen des Gehalts an Methyl-Hg vollständig zu verzichten. Frischer Thunfisch oder ausländischer Hecht sollte auf 1 Portion (130 g) pro Woche beschränkt werden. Thunfisch aus der Konserve darf mit bis zu 4 Portionen à 130 g pro Woche verzehrt werden. Ostsee-Hering und -Lachs sind wegen zu hoher Gehalte an Dioxinen und dioxinähnlichen Verbindungen zu meiden. Wildfleisch, insbesondere eingepfeffertes Wildfleisch, sollte wegen möglicherweise zu hohem Bleigehalt höchstens 2x pro Woche in Portionen à max. 200 g gegessen werden. Empfehlungen zur Eliminierung bzw. Vermeidung von Krankheitskeimen (Hygienische Massnahmen) • • • • • • • • Hände waschen vor und nach der Zubereitung einer Mahlzeit und ebenso vor dem Essen. Gründliches Waschen von Früchten und Gemüse. Fleisch und Gemüse getrennt zubereiten. Fleisch gar kochen. Eier hart kochen. Trennen von rohen und gekochten Speisen. Küchengeräte, die mit rohen Produkten in Kontakt kommen, gut reinigen. Vorsicht beim Kontakt mit Katzen. Bundesamt für Gesundheit (BAG) | 11 VI. Anhang: Links für weitere Informationen Bundesamt für Gesundheit www.bag.admin.ch/ernaehrung Informationen zu Schwangerschaft und Ernährung mit dem Bericht der Eidgenössischen Ernährungskommission «Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit. Gefahr für Mutter und Kind?» sowie dem Faktenblatt «Das Wichtigste in Kürze: Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit» Kinder im Gleichgewicht www.kig-adipositas.com Schweizerische Gesellschaft für Ernährung www.sge-ssn.ch Schweizerische Stiftung zur Förderung des Stillens www.allaiter.ch Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe www.sggg.ch Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie www.swiss-paediatrics.org Netzwerk Gesundheit und Bewegung Schweiz hepa.ch www.hepa.ch Mit den Grundlagendokumenten «Gesundheitswirksame Bewegung» und «Mit Muskelkraft unterwegs» 12 | Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit Informationsbroschüre für Gynäkologen, Geburtshelfer, Kinder- und Hausärzte Impressum © Bundesamt für Gesundheit (BAG) Herausgeber: Bundesamt für Gesundheit Publikationszeitpunkt: Dezember 2008 Autoren: Camenzind-Frey E, BAG, Sektion Ernährungs- und Toxikologische Risiken, Zürich Hesse-Lamm M, BAG, Direktionsbereich Verbraucherschutz, Bern Laimbacher J, KIG-SG, Ostschweizer Kinderspital, St. Gallen Bachmann G, KIG-SG, Gesundheitsdepartement des Kantons St. Gallen, St. Gallen Kluckert C, KIG-SG, Ostschweizer Kinderspital, St. Gallen Renggli A, BAG, Sektion Ernährungs- und Toxikologische Risiken, Zürich KIG-SG: Kinder im Gleichgewicht St. Gallen (Gesundheitsdepartement Kanton St.Gallen, Ostschweizer Kinderspital St. Gallen, Gesundheitsförderung Schweiz) Zitierweise: Camenzind-Frey E., Hesse-Lamm M., Laimbacher J., Bachmann G., Kluckert C., Renggli A. Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit. Bern: Bundesamt für Gesundheit (BAG), 2008. Layout: Silversign GmbH, visuelle Kommunikation, Bern Fotos: Fotolia Diese Publikation erscheint ebenfalls in französischer und italienischer Sprache. BAG-Publikationsnummer: BAG VS 12.08 2‘000 d 900 f 300 i 40EXT0813 BAG, Direktionsbereich Verbraucherschutz, 3003 Bern www.bag.admin.ch Vertragsnummer: 08.004210 Bezugsquelle: BBL, Verkauf Bundespublikationen, 3003 Bern www.bundespublikationen.admin.ch BBL-Artikelnummer: 311.371.d Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier