Grundlagen der Logik in der Informatik WS 2014 Übungsblatt 10 Abgabe der Lösungen: 19.01–23.01 Aufgabe 1 Die Natürlichen Zahlen als Modell (Präsenzaufgabe) Sei N die Menge der natürlichen Zahlen einschließlich 0, also N = {0, 1, 2, . . .}. Stellen Sie N als ein Modell einer Signatur dar, die aus den folgenden Symbolen besteht: • eine Konstante (also ein 0-stelliges Funktionssymbol) 0; • ein einstelliges Funktionssymbol s für die Nachfolgeroperation, z.B. s(0) = 1, s(1) = 2 etc.; • zwei binäre Funktionssymbole + und × für Addition und Multiplikation. Drücken Sie die folgenden Sätze als Formeln in Prädikatenlogik erster Stufe aus: 1. x ist kleiner oder gleich y (Achtung: ≤ gehört nicht zur Signatur); 2. 0 ist die kleinste natürliche Zahl; 3. x ist ein Teiler von y; 4. x ist eine Dreieckszahl (d.h. x ist ein Binomialkoeffizient der Form y+1 2 für geeignetes y). Überprüfen Sie dann die folgende Sätze der Peano-Arithmetik : 1. N |= ∀x. (s(x) = s(y) → x = y); 2. N |= ∀x. ∀y. x + s(y) = s(x + y); 3. N |= ∀x. ∀y. X × s(y) = x + x × y. Aufgabe 2 Fitch trifft Induktion Die Axiome der Peano-Arithmetik (mit + und ×) lauten PA1 . ∀x. ¬(0 = s(x)); PA2 . ∀x. (s(x) = s(y)) → (x = y); PA3 . ∀x. x + 0 = x; PA4 . ∀x, y. x + s(y) = s(x + y); PA5 . ∀x. x × 0 = 0; PA6 . ∀x, y. x × s(y) = x × y + x; (Präsenzaufgabe) GLoIn, WS 2014 PA7 . ∀y1 , . . . , yn . φ(0, y1 , . . . , yn )∧∀x. (φ(x, y1 , . . . , yn ) → φ(s(x), y1 , . . . , yn )) → ∀x. φ(x, y1 , . . . , yn ) . Das letzte Axiom ist in Wirklichkeit ein Axiomenschema, das für jedes φ ein Axiom erzeugt, eine sogenannte Instanz. Diese Instanzen heißen erwartungsgemäß Induktionsaxiome. Die schematische Formulierung ist eine Annäherung an das eigentlich beabsichtigte Induktionsprinzip, das über eine Prädikatenvariable P anstelle von φ redet, aber in Prädikatenlogik erster Stufe nicht ausdrückbar ist. Leiten Sie die Kommutativität von + aus den Peano-Axiomen in Fitch her. Hinweis: Man beweise zunächst die Hilfsaussage ∀y, x. s(y) + x = s(y + x). Aufgabe 3 Modellbau in Peano-Arithmetik (6 Punkte) Peano-Arithmetik ist bekanntermaßen korrekt über natürlichen Zahlen, d.h. N |= φ gilt für jedes Peano-Axiom φ und somit auch für alle Theoreme der Peano-Arithmetik, d.h. alle durch natürliches Schließen aus den Axiomen hergeleiteten Formeln. Peano-Arithmetik ist dennoch nicht vollständig über N, eine Konsequenz des berühmten ersten Gödelschen Unvollständigkeitssatzes. Das bedeutet unter anderem, dass es andere Modelle als N gibt ( andere“ in einem ” formal präzisen Sinn), die alle Peano-Axiomen erfüllen. Solche Modelle werden auch Nichtstandardmodelle genannt. Man meint intuitiv, solche Modelle auf recht naive Weise konstruieren zu können, was aber fehlschlägt, wie der folgende Versuch: 1. Erweitern Sie das Modell N bis zu N∪{∞}, indem Sie die Semantik von Funktionssymbolen dahingehend vervollständigen, dass ∞ als Ergebnis ausgegeben wird, sobald mindestens ein Argument zu ∞ evaluiert wird. 2. Beweisen Sie, dass das so definierte Modell kein Nichtstandardmodell der Peano-Arithmetik ist (es also ein Peano-Axiom φ gibt, so dass N ∪ {∞} 6|= φ). Hinweis: Betrachten Sie das Induktionsaxiom für φ(x) = ¬(x = s(x)). Aufgabe 4 Ausdrücke über ganzen Zahlen (6 Punkte) Gegeben seien eine Signatur Σ, die aus einem binären Funktionssymbol f sowie drei Konstanten a, b und c besteht, und ein Σ-Modell M mit der Menge der ganzen Zahlen als Trägermenge (also M = Z = {. . . , −2, −1, 0, 1, 2, . . .}). Sei E ein abgeschlossener Ausdruck (also F V (E) = ∅) über Σ. Beweisen Sie, dass 1. wenn M[[f ]](x, y) = x + y, M[[a]] = M[[b]] = 0 und M[[c]] = 1, dann M[[E]] gleich der Anzahl Vorkommen von c in E ist; 2. wenn M[[f ]](x, y) = x + y, M[[a]] = 0, M[[b]] = 1 und M[[c]] = −1, dann M[[E]] = 0 g.d.w. b und c in E gleich oft vorkommen; Hinweis: Induktion über die Struktur von E mit ggf. verstärkter Induktionsaussage. Aufgabe 5 Schachbrett als Modell erster Stufe (8 Punkte) Formalisieren Sie die folgende Schachsituation als ein Modell M für die Signatur, die folgende Symbole umfasst: drei Individuenkonstanten wKoenig, sKoenig und sDame; vier binäre Prädikate linksVon, rechtsVon, hinter, vor; und ein ternäres Prädikat zwischen. 2 GLoIn, WS 2014 0Z0Z0Z0Z Z0Z0Z0J0 6 0Z0Z0Z0Z 5 Z0Z0Z0Z0 4 0Z0Z0l0Z 3 Z0Z0Z0Z0 2 kZ0Z0Z0Z 1 Z0Z0Z0Z0 8 7 a b c d e f g h Die Semantik der Prädikate soll durch die jeweils offensichtliche geometrische Beziehung gegeben sein. Stellen Sie sicher, dass die Uneindeutigkeit in der Argumentfolge der Prädikate so aufgelöst ist, dass M die folgenden Formeln erfüllt: vor(wKoenig, sKoenig), rechtsVon(wKoenig, sKoenig), zwischen(sDame, sKoenig, wKoenig). Überprüfen Sie die folgenden Behauptungen: 1. M |= ∃X. (linksVon(X, sDame) ∧ vor(X, wKoenig)); 2. M |= ∃X. ∃Y. (linksVon(X, Y ) ∧ ∃Z. hinter(Z, Y )); 3. M |= ∃X. ∀Y. ∀Z. (¬(Y = Z) → zwischen(X, Y, Z)). Hinweis: Das Modell ist hier endlich; daher kann man Prädikate einfach durch Auflisten der sie erfüllenden Tupel über dem Grundbereich definieren. 3