Echt schon 20? Ja, natürlich!

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Echt schon 20? Ja, natürlich!
Ein Generaldirektor mit Bauchgefühl, ein Landwirtschaftsminister mit Visionen
und ­ein sprechendes Schweinderl haben aus­gerechnet eine Handelsmarke
zu einer der größten Biomarken des Landes gemacht. Text von Dagmar Lang
In vielen Punkten ist
die Rewe zu ihren 7.000
Biobauern strenger als
der Gesetzgeber.
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branding
Demner, Merlicek & Bergmann (5)
Biohistorie. Die Rewe-Marke hat gleich zwei prominente
­ äter: Den legendären ehemaligen Billa- und Merkur-Chef Veit
V
Schalle, der dafür bekannt war, mehr in den Filialen draußen
zu sein als im Büro, und den feinfühligen Werber Peter
­Schilling, der bei der Geburt erstmals ein Team aus Kreativen
und Psychologen antreten ließ. Beinahe hätte das Kind richtige
Eltern samt Mutter gehabt: Angelika Trachtenberg (BBDO)
hatte mit „natürlich, ja“ eine ähnliche Idee; doch Schilling
ging 1994 mit „Ja! Natürlich“ als Sieger aus der Wettbewerbspräsentation hervor. Er erinnert sich heute noch mit Stolz an
die Einführung in Italien unter „Si! Naturalmente“. Und an
den Orangenlieferanten Werner Lampert, der sich in den
­Anfängen um die Produktion und das Marketing kümmerte,
bis er 2003 die Rewe verließ.
1.300 Produkte in
80 Warengruppen er­
geben einen Umsatz
von 330 Millionen ­Euro.
Ja! Natürlich einen Umsatz von 330 Millionen Euro), von
­Kritikern gerne angezweifelt wird. Martina Hörmer legt für
­ihre Produkte die Hand ins Feuer. „Ich bin mir der Verant­
wortung bewusst, dass bei Ja! Natürlich nichts passieren
darf.“ Deshalb hat sie für die Marke ein Qualitätsmanagement
installiert, das die Bauern vom Saatgut über die Prozesse bis
zur Anlieferung kontrolliert. Das erklärt auch, warum die
­Produkte teurer sind. „Die Preisunterschiede spiegeln den
­jeweiligen Aufwand wider“, erklärt Hörmer. Ein Biohendl
­kostet das Doppelte, die Milch ist nur um zehn Cent teurer.
Die Idee, mit Billa und Merkur in das Segment „Bio“ einzusteigen, kam Schalle ob der guten Abverkaufszahlen der Biomarke Perlinger, die bei Merkur gelistet war. Sein Bauchgefühl
täuschte ihn nicht: Die Marke Ja! Natürlich hat nicht nur
­einen „Bio-Boom“ ausgelöst, sondern das Qualitätsimage von
Billa nachhaltig positiv beeinflusst.
2002 holte Veit Schalle Martina Hörmer von Masterfoods als
Einen nennenswerten Anteil an der Entstehung hatte der
Marketerin an Bord. 2005 entschieden beide, dass es Zeit sei,
damalige Landwirtschaftsminister Franz Fischler, der sich im
nach dem ständigen Wechsel eine nachhaltige AgenturbezieGeburtsjahr für die Umrüstung der österreichischen Land­
wirtschaft auf „biologisch“ einsetzte, weil er der Meinung war, hung zu suchen, denn „irgendwie war die Luft draußen“.
­Harry B
­ ergmann (Demner, Merlicek & Bergmann) erinnert sich:
das sei die einzige Chance für die heimischen Bauern, einen
„Es hieß, alle Präsentationen werden durch Marktforschung
EU-Beitritt unbeschadet zu überstehen. Konfrontiert mit der
abgecheckt und dann entschieden.“ Doch dann kam Schalle
Tatsache, die Nachfragemengen zweier großer Supermarkt­
aus dem Raum und meinte: „Sie haben uns überzeugt.“ Die
ketten im Rücken zu haben, trauten sich noch einige mehr
Bauern den dornigen Umstieg zu: „Wer von konventionell auf witzige und nach wie vor impactstarke Kampagne mit den
Proponenten Bauer, Schweinderl und jetzt der Biolehrerin ­hat
biologisch umstellt, trägt drei Jahre lang die höheren Produkdazu beigetragen, den Markenkern zu stärken: „Ja! Natürlich
tionskosten und die niedrigeren Verkaufserlöse“, weiß
ist bio, aber eine Genussmarke und definiert sich über den
­Martina Hörmer, sie ist seit 2002 bei Rewe für die Marke
besseren Geschmack“, erklärt Hörmer. Das heißt, die Karotten
Ja! Natürlich zuständig. Daher keine einfache Entscheidung
stammen nicht nur aus dem biologischen Anbau, es sind
und ohne Bioförderung nicht möglich. Hörmer können EU­einfach auch Sorten, die besonders gut schmecken. Die KamRichtlinien zum Thema „Bio“ gar nicht streng genug sein.
pagne, die hierzulande und international unzählige WerbeUnd man ist bei Ja! Natürlich bemüht, noch päpstlicher als
und Fachpreise gewonnen hat, ist jedenfalls nicht in die Jahre
der Papst zu sein: In sehr wichtigen Punkten schreibt man
den Vertragsbauern noch mehr Regeln vor als der Gesetzgeber, gekommen. Bergmann: „Wir drehen jedes Jahr zwei bis drei
neue Geschichten.“ Macht in Summe schon 26 Schweinderlzum Beispiel bei der Weidehaltung bei Jungrindern oder dem
Biofutter für die Schweinemast. Kooperationen mit Vier ­Pfoten Folgen. Und für Ja! Natürlich einen Marktanteil von 20 bis
und Global 2000 tun das Ihre dazu, den Fokus auf die hundert­ 30 Prozent in den wichtigsten Warengruppen: Brot- und Gebäck,
Eier, Milch und Fruchtjoghurts. Denn je öfter die Menschen
prozentige Einhaltung der Biorichtlinien für jede Produkt­
ein Produkt essen, desto eher greifen sie zur Biomarke. In
gruppe nicht zu verlieren. Ein Punkt, der ob der beachtlichen
­Italien sind das übrigens die Nudeln.
Mengen, die auf dem Markt sein müssen (Rewe erzielt mit
Bestseller 3|4 2014
„Von mir gibt es
schon 26 Folgen.“
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