Elektrodynamik und Magnetismus Oszilloskop (OSZ) Stand: 27.08.09 Seite 1 Aufnahme von Durchlasskurven mit dem Oszilloskop (OSZ) Themengebiet: Elektrodynamik und Magnetismus 1 Stichworte Oszilloskop, Tastkopf, Funktionsgenerator, Schwingkreis, Resonanz, Bandbreite, Dämpfung, Güte, Tiefpass, Hochpass, Grenzfrequenz 2 Literatur P.A. Tippler, Physik, Spektrum, Heidelberg, 1994 H. Carter, Kleine Oszilloskoplehre, Hüthig, Heidelberg, 1991 weiterführend: P. Horowitz, W. Hill, The Art of Electronics, Cambridge, 1989 T.C. Hayes, P. Horowitz, Student manual for The Art of Electronics, Cambridge, 1989 3 Grundlagen Das Oszilloskop ist ein Gerät mit dem elektrischen Spannungen (bzw. alle Größen, die sich in Spannungen umwandeln lassen) dargestellt werden können. Bei einem analogen Oszilloskop erfolgt die Anzeige mittels eines abgelenkten Elektronenstrahls, und damit fast trägheitslos. Da die Leuchtschicht nur begrenzte Zeit nachleuchtet, muss das darzustellende Signal periodisch oder zumindest quasiperiodisch1 sein. Bei digitalen Oszilloskopen wird das Signal nach den Eingangsverstärkern digitalisiert, die Werte werden gespeichert und dargestellt. Es können dabei auch Einzelereignisse und unperiodische Signale dargestellt werden. Da der Speicher ständig, d.h. auch ohne auslösenden Triggerimpuls, neu gefüllt wird, können auch noch Werte dargestellt werden, die vor dem Triggerzeitpunkt liegen (in der Regel bis zu einem Schirmdurchlauf). 3.1 Grundfunktionen eines Oszilloskops Ein Oszilloskop besteht im Wesentlichen aus der Darstellungseinehit, Verstärkern für die Eingangssignale, einer Zeitbasis und einer Triggereinrichtung (s. Abb. 1). 1 quasiperiodisch bedeutet: Die Impulse haben ähnliche Form, aber unregelmäßige zeitliche Abstände c TU-München, Physikalisches Praktikum Elektrodynamik und Magnetismus Oszilloskop Stand: 27.08.09 Seite 2 (OSZ) Schirm CH 2 Mode CH1 / CH2 DUAL CH 1 y−Ablenkung X−Y Verstärker (VOLTS/DIV) x−Ablenkung Trigger− Source CH1 / CH2 LINE EXT. Trigger Zeitbasis (TIME/DIV) Abbildung 1: Blockschaltbild der Grundfunktionen eines Oszilloskops U t Vorlauf Rücklauf Abbildung 2: Verlauf der internen Zeitablenkung 3.1.1 Darstellungseinheit (Schirm) Mit der Darstellungseinheit wird das gemessene Signal visualisiert. Es kann eine Elektronenstrahlröhre (bei analogen Geräten), ein LCD-Schirm oder direkt ein Computer sein. Es besteht die Möglichkeit einzelne Kanäle (CH1/CH2), beide Kanäle, oder deren Summe oder Differenz darzustellen. Im X-Y-Mode lassen sich zwei Eingangssignale gegeneinander darstellen. 3.1.2 Verstärker Die Verstärker eines Oszilloskops sind für den kleinsten Messbereich ausgelegt. Für große Eingangssignale wird das Signal vor der Verstärkung durch Spannungsteiler dem gewünschten Messbereich entsprechend abgeschwächt. 3.1.3 Zeitablenkung Meistens will man die Zeitabhängigkeit einer Größe am Oszilloskop darstellen. Zu diesem Zweck erfolgt die x-Ablenkung durch ein intern erzeugtes Sägezahnsignal, dessen Periodendauer (SWEEPTIME/DIV) variiert werden kann. Der Bildpunkt wird periodisch mit konstanter Geschwindigkeit von links nach rechts über den Bildschirm bewegt. Während der zeitlich kürzeren Rücklaufphase springt“ der Bildpunkt zurück nach links2 (s. Abb. 2). ” 2 Bei digitalen Oszilloskopen spielt dies keine Rolle mehr, hier ist nur noch die Geschwindigkeit der Messelektronik entscheidend. c TU-München, Physikalisches Praktikum Elektrodynamik und Magnetismus Oszilloskop Stand: 27.08.09 Seite 3 (OSZ) USignal Triggerlevel t Ux Wartezeit t Abbildung 3: Prinzip des Triggervorgangs 3.1.4 Triggereinrichtung Zur Erzeugung eines stehenden Bildes muss das Messsignal immer die gleiche Kurve durchlaufen. Dies ist mit einer periodischen Zeitablenkung allein nicht zu erreichen, da das Messsignal im Allgemeinen nicht synchron zur internen Ablenkfrequenz ist. Mit der Triggereinrichtung (engl.: to trigger = auslösen) wird die Darstellung jeweils für einen Bildschirmdurchlauf gestartet, wenn das Messsignal (oder ein Referenzsignal) einen bestimmten, stufenlos einstellbaren Triggerpegel über oder unterschreitet (Abb. 3). Bei Speicheroszilloskopen werden die Daten fortlaufend aufgenommen, durch den Trigger nur wird eine feste Bedingung an einer Bildschirmposition erreicht. Dadurch ist es möglich, auch Signal darzustellen, die vor einem Triggerereignis aufgenommen wurden. 3.2 Tastkopf Oft will man den Verlauf der Spannung in empfindlichen elektronischen Schaltungen betrachten. Dabei können der Eingangswiderstand und die Eingangskapazitäten des Oszilloskops sowie Zuleitungskapazitäten sehr störend wirken. Man benötigt daher ein Gerät, mit dem man das Messsignal abgreifen kann und das gleichzeitig die ohmsche und kapazitive Belastung möglichst klein hält: den Tastkopf. Die Funktionsweise beruht auf der eines Spannungsteilers, der zunächst kurz skizziert werden soll. 3.2.1 Spannungsteiler Ein einfacher Spannungsteiler besteht aus zwei seriell geschalteten (komplexen) Widerständen Z1 und Z2 . Bei gegebener Eingangsspannung UE beträgt der Strom I durch den Spannungsteiler UE I= (1) Z1 + Z2 und der Spannungsabfall an Z2 UA = Z2 · I = UE · Z2 Z1 + Z2 c TU-München, Physikalisches Praktikum (2) Elektrodynamik und Magnetismus Oszilloskop Stand: 27.08.09 Seite 4 (OSZ) Tastkopf UE 9 MΩ 1 MΩ 3.2.2 CTastkopf COszi+ CKabel Oszilloskop Abbildung 4: Prinzipschaltung eines Oszilloskops mit Tastkopf und Teilungsverhältnis 1/10 Tastkopf Die Funktionsweise lässt sich anhand der Abbildung 4 erklären: Die beiden Widerstände bilden einen ohmschen Spannungsteiler, die Kapazitäten einen kapazitiven (die Kabelkapazität von ca. 100 pF/m liegt parallel zur Oszilloskopkapazität und erhöht diese). Haben die beiden Spannungsteiler unterschiedliche Teilverhältnisse, fließen Ausgleichsströme über die Mittelverbindung. Sind die Teilverhältnisse aber gleich, fließt kein Strom (vgl. Wheatstonesche Brückenschaltung), d.h. beide Spannungsteiler beeinflussen sich gegenseitig nicht und das Messsignal wird nicht verfälscht. Der Eingangswiderstand bei handelsüblichen Oszilloskopen beträgt 1 MΩ. Die dazu parallel liegende Eingangskapazität beträgt zwischen 15 und 40 pF (Normung wegen der Austauschbarkeit der Tastköpfe). Die Tastköpfe sind typischerweise so ausgelegt, dass sich ein Teilungsverhältnis von 1/10 oder 1/100 ergibt, die Widerstände betragen dann 9 MΩ bzw. 99 MΩ. Die Kapazität des Tastkopfs ist regelbar, damit die beiden Spannungsteiler abgeglichen werden können. 3.3 Wellenwiderstand und Abschlusswiderstand Bei der Signalübertragung gibt es das Problem der Reflexion. Ähnlich einer Seilwelle, die an einem offenen oder eingespannten Ende zurückgeworfen wird, wird ein elektrisches Signal an Kabelenden reflektiert. Schließt (=terminiert) man das Kabelende jedoch mit dem Wellenwiderstand ab, wird eine Reflexion unterbunden. Typische Abschlusswiderstände von Koaxialkabeln in der Messtechnik sind 50 Ω (z.B. bei Kabeltyp RG58, wie im Praktikumsversuch verwendet), oder 75 Ω bei Antennenkabeln. Im Praktikum ist ein Abschließen der Leitungen nicht notwendig. Die Auswirkungen werden erst bei hohen Frequenzen bemerkbar (> 1 MHz). Der Signalausgang des Funktionsgenerators ist bereits mit 50 Ω abgeschlossen. Dies gilt es zu berücksichtigen, wenn die angeschlossene Schaltung den Funktionsgenerator mit weniger als 500 Ω (Faustregel: das 10fache des Innenwiderstands) belastet. c TU-München, Physikalisches Praktikum Elektrodynamik und Magnetismus Oszilloskop 4 Stand: 27.08.09 Seite 5 (OSZ) Einfache Wechselstromschaltungen 4.1 Ohmscher Widerstand Ein ohmscher Widerstand in einem Wechselstromkreis verhält sich genauso wie in einem Gleichstromkreis, U = R · I. Eine Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung tritt nicht auf. Die Leistung, die durch eine Wechselspannung U = U0 · cos(ωt) im zeitlichen Mittel an einem ohmschen Widerstand umgesetzt wird, ist P̄ = 12 U0 I0 = 12 U02 /R. Der Wert Ueff = √ U0 / 2 wird als Effektivspannung bezeichnet. Die Amplitude US = U0 wird auch Scheitelspannung genannt, die Spannungsdifferenz zwischen positiven und negativen Scheitelwert ist USS = 2 ·US . 4.2 Komplexe Widerstände und Leitwerte Für eine Kapazität C ist die anliegende Spannung proportional zur Ladung bzw. zum zeitlichen Integral des Stroms durch die Kapazität: Q 1 UC = = C C Z I dt (3) Zwischen Strom und Spannung herrscht eine Phasenverschiebung von ϕ = − π2 , der Zeitverlauf der Spannung läuft dem Stromverlauf um 1/4 Periodendauer hinterher. Dies lässt sich durch einen komplexen kapazitiven Widerstand ZC (bzw. komplexen Leitwert YC = 1/ZC ) berücksichtigen, die Phase ist dann der Winkel zwischen Strom und Spannung in der komplexen Ebene. Mit der Kreisfrequenz ω des fließenden Wechselstroms ist3 . ZC = − j ωC YC = 1 = j ωC ZC (4) Für eine Induktivität L ist die anliegende Spannung proportional zur zeitlichen Änderung des Stroms: d UL = L I (5) dt Der Spannungsverlauf eilt dem Stromverlauf um ϕ = π2 voraus. Auch hier lässt sich dies durch einen komplexen Widerstand ZL bzw. Leitwert YL berücksichtigen. ZL = j ωL YL = 1 j =− ZL ωL (6) Durch die Phasenverschiebung um eine viertel Periode zwischen Strom und Spannung wird bei rein kapazitiven oder rein induktiven Widerständen im Mittel keine Energie umgesetzt. Die mittlere Leistung ist Null. Man spricht hier von Blindwiderständen. 3 In der Elektrotechnik wird die Imaginäre Einheit meist mit j bezeichnet, da i mit dem Strom verwechselt werden kann. c TU-München, Physikalisches Praktikum Elektrodynamik und Magnetismus Oszilloskop L (OSZ) U UE R C Stand: 27.08.09 Seite 6 C IE L L R R C I (a) (b) (c) Abbildung 5: Grundschaltungen für Schwingkreise: (a) ohne äußere Spannungsquelle, (b) in Serienschaltung und (c) in Parallelschaltung Der Gesamtwiderstand einer Kombination aus Spulen, Kondensatoren und ohmschen Widerständen lässt sich wieder als komplexe Größe schreiben, wobei der ohmsche Widerstand den Realteil, der induktive und der kapazitive Widerstand den Imaginärteil bilden. Man schreibt: komplexer Widerstand (Impedanz) Z = R+ jX R = Realteil = Wirkwiderstand X = Imaginärteil = Blindwiderstand |Z| = Scheinwiderstand komplexer Leitwert (Admittanz) Y = Z1 = G + j B G = Realteil = Wirkleitwert B = Imaginärteil = Blindleitwert |Y | = Scheinleitwert Die Phasenverschiebung ϕ zwischen Spannung und Strom erhält man mit tan ϕ = ℑ(Z)/ℜ(Z) 4.3 (7) Schwingkreise Im allgemeinen Fall besteht ein elektrischer Schwingkreis aus einer Induktivität, einer Kapazität und einem ohmschen Widerstand (Abb. 5). Eine Schwingung entsteht, wenn elektrische Energie des Kondensators periodisch in magnetische Energie der Spule umwandelt wird und umgekehrt. Dieser Vorgang verläuft in den induktiven und kapazitiven Blindwiderständen ohne Energieverlust, im ohmschen Widerstand wird jedoch elektrische Energie in Wärme umgesetzt, wodurch die Schwingung gedämpft wird. Zur Erzeugung ungedämpfter Schwingungen muss man einem Schwingkreis periodisch von außen Energie zuführen. Für eine quantitative Untersuchung betrachtet man zunächst den Schwingkreis ohne äußere Spannungsquelle (Abb. 5a). Dabei muss die Summe der Spannungsabfälle an den drei Elementen gerade Null ergeben und der Strom überall im im Schwingkreis gleich sein. Mit den Beziehungen I = Q̇ und I˙ = Q̈ erhält man dann die Differentialgleichung 1 Q=0 (8) C Diese Gleichung beischreibt eine Schwingung für die Ladung Q auf dem Kondensator. Ohne ohmschen Wiederstand erhält man eine Eigenfrequenz r 1 1 f0 = (9) 2π LC U = L Q̈ + R Q̇ + c TU-München, Physikalisches Praktikum Elektrodynamik und Magnetismus Oszilloskop Stand: 27.08.09 Seite 7 (OSZ) Ein ohmscher Wiederstand senkt die Eigenfrequenz ab r 1 1 fE = −δ2 mit 2π LC δ= R 2L (10) und führt zu einer Dämpfung der Schwingung mit dem Amplitudenverlauf Q0 (t) = Q0 (0) · e−δ ·t 4.3.1 (11) Serienschwingkreis Fügt man eine Wechselspannungsquelle (UE = UE0 · cos ωt) in den Schwingkreis ein, so erhält man einen Serienschwingkreis mit erzwungenen Schwingungen (Abb. 5b). Der Gesamtscheinwiderstand der Schaltung ist 1 Zges = R + j ωL − (12) ωC Für die Amplitude des Stroms in der Schaltung gilt UE0 |UE0 | = q |I0 | = Zges 1 2 R 2 + ωL − ωC Das Maximum des Stroms liegt also bei der Eigenfrequenz f0 = und ist unabhängig vom ohmschen Widerstand. (13) 1 2π q 1 LC ohne Dämpfung Gleichung (13)q kann man mit der in Gleichung (10) definierten Dämpfung δ und der Kreis- frequenz ω0 = 1 LC umformen zu |I0 | = 4.3.2 ω ·q L |UE0 | 2 ω 2 − ω02 + 4δ 2 ω 2 (14) Parallelschwingkreis Eine ähnliche Überlegung lässt sich auch für den Parallelschwingkreis anstellen, wobei eine Stromquelle (IE = IE0 · cos ωt) parallel zum Schwingkreis geschaltet wird (Abb. 5c). Für den Scheinwiderstand dieser Schaltung findet man −1 L R 1 C − j ωC Zges = j ωC + = (15) 1 R + j ωL R + j ωL − ωC Die Amplitude der über die Schaltung abfallenden Spannung ist dann v u R 2 u CL 2 + ωC t |U0 | = Zges IE0 = · |IE0 | 1 2 R 2 + ωL − ωC Das Maximum der Spannung liegt etwa bei r 1 1 fmax ≈ − 8 δ 4 LC 2π LC c TU-München, Physikalisches Praktikum (16) (17) Elektrodynamik und Magnetismus Oszilloskop (OSZ) I Imax I/ 2 I/2 fR ∆ fB ∆ fH 4.3.3 Stand: 27.08.09 Seite 8 f Abbildung 6: Durchlasskurve eines Serienschwingkreises: Amplitude des Ausgangsstromes als Funktion der Frequenz. Für den Parallelschwingkreis muss entsprechend der Strom durch die Spannung ersetzt werden. Resonanz In der Elektrotechnik ist die Resonanzfrequenz so definiert, dass bei ihr der Scheinwiderstand rein reell wird, Strom und Spannung also in Phase sind. Für den Serienschwingkreis ist dies genau bei f0 der Fall. Eigenfrequenz ohne Dämpfung, Resonanzfrequenz, und Frequenz des Strommaximums fallen also zusammen. Für den Parallelschwingkreis trifft dies nicht zu. Die Resonanzfrequenz ist dort r 1 1 fres = −4 δ 2 2π LC (18) Für nicht zu starke Dämpfung gilt aber die Näherung f0 ≈ fmax ≈ fres (19) In der Nähe des Maximums lässt sich die Durchlasskurve in beiden Fällen mit einer Lorentzfunktion annähern. 4.3.4 Bandbreite und Güte Als Bandbreite Bf ist der Abstand zwischen den beiden Frequenzen definiert, bei der die √ Durchlasskurve auf das 1/ 2-fache des Maximalwertes abgesunken ist (Abb. 6). Für die Kreisfrequenz ω gilt entsprechend Bω = 2π Bf . Zwischen der Bandbreite und der Dämpfung gilt die Beziehung Bω = 2π Bf = 2δ = R L (20) Die Güte Q eines Schwingkreises ist Definiert als das Verhältnis aus der Resonanzfrequenz und der Bandbreite r 1 L fres Q= = (21) Bf R C c TU-München, Physikalisches Praktikum Elektrodynamik und Magnetismus Oszilloskop 4.4 Stand: 27.08.09 Seite 9 (OSZ) Tief- und Hochpass Schaltet man einen Widerstand und einen Kondensator in Reihe (RC-Glied), erhält man einen frequenzabhängigen Spannungsteiler. Je nachdem, ob die Ausgangsspannung am Kondensator oder am Widerstand abgegriffen wird, wirkt die Schaltung als Hoch- oder Tiefpass. 4.4.1 Übertragung sinusförmiger Spannungen durch das RC-Glied Für sinusförmige Wechselspannungen stellt der Kondensator C einen (frequenzabhängigen) j Blindwiderstand der Größe ZC = − ωC dar. Nach der Spannungsteilerformel (2) gilt für die Ausgangsspannung UA,TP = UE 1 + j ωRC und UA,HP = UE · j ωRC 1 + j ωRC (22) Als Übertragungsfunktion oder Durchlasskurve bezeichnet man die dimensionslose, frequenzabhängige Größe UA,TP UA,HP 1 = q ωRC gTP = =q und gHP = (23) UE UE 1 + (ωRC)2 1 + (ωRC)2 Für die Phasenverschiebung ϕ zwischen UA und UE erhält man 1 ϕTP = arctan (−ωRC) und ϕHP = arctan ωRC (24) Bei der Grenzfrequenz 1 1 (25) 2π RC ist UA = √12 UE und die Phasenverschiebungen betragen ϕ = − π4 für den Tiefpass bzw. ϕ = + π4 für den Hochpass. fG = 4.4.2 Übertragung von Spannungsimpulsen durch Tief- und Hochpass Wir betrachten nun die Ausgangsspannungen von Tief- und Hochpass, wenn am Eingang die Sprungfunktion 0 für t < 0 UE = (26) U0 für t ≥ 0 UE UE R C UA,HP UA,TP C (a) R (b) Abbildung 7: Grundschaltungen für Tiefpass (a) und Hochpass (b) c TU-München, Physikalisches Praktikum Elektrodynamik und Magnetismus Oszilloskop Stand: 27.08.09 Seite 10 (OSZ) UE U0 (a) t UA,TP U0 (b) t UA,HP Abbildung 8: Eingang (a) und Ausgangsspannung eines Tiefpasses (b) und eines Hochpasses (c) beim Anlegen eines Spannungssprungs U0 (c) t=0 t angelegt wird (s. Abb. 8). Die Eingangsspannung muss nun immer gleich die Summe der Spannungen UR und UC am Widerstand und Kondensator sein UE = UR +UC (27) wobei UR = IR · R ist. Da der Strom überall der gleiche ist, gilt IR = IC = C · dUC dt (28) woraus man die Differentialgleichung dUC +UC (29) dt erhält. Mit der gegebenen Eingangsspannung ergibt sich nach Integration als Ausgangsspannung des Tiefpasses t − RC UA,TP = UC = U0 · 1 − e (30) UE = RC · Die Ausgangsspannung des Hochpasses ist dann UA,HP = UR = UE −UC = U0 · e 4.4.3 t − RC (31) Übertragung eines Rechteckimpulses durch den Tiefpass Legt man einen Rechteckimpuls 0 für t < 0 U0 für 0 ≤ t ≤ td UE = 0 für t > td (32) an den Eingang eines Tiefpasses, dessen Länge td klein gegen die Zeitkonstante τ = RC ist, so lässt sich das Ausgangssignal (Gl. 30) (Taylor)-entwickeln t − RC t UA,TP (t) = U0 · 1 − e ≈ U0 (33) RC c TU-München, Physikalisches Praktikum Elektrodynamik und Magnetismus Oszilloskop Stand: 27.08.09 Seite 11 (OSZ) UE U0 UA,TP t td t Abbildung 9: Ausgangsspannung eines Tiefpasses beim Anlegen eines Rechteckimpulses, dessen Länge td klein gegen die Zeitkonstante τ = RC ist. Die Ausgangsspannung ist also unter diesen Bedingungen der Fläche proportional, die die Eingangsspannung mit der Zeitachse bildet (vgl. Abb. 9). Man spricht daher von der integrierenden Wirkung des Tiefpasses auf Impulse, deren Dauer viel kleiner als die Zeitkonstante RC ist. Eine andere Betrachtungsweise ist, dass für f fG die Eingangsspannung praktisch vollständig am Widerstand R abfällt, also UE ≈ ITP · R. Mit der Gleichung (28) erhält man dUA,TP UE = RC · dt oder 1 UA,TP = · RC Z UE · dt (34) Das integrierende Verhalten gilt somit nicht nur für Rechtecksignale, sondern für alle Signale, deren Frequenz f fG ist. 4.4.4 Übertragung eines Rechteckimpulses durch den Hochpass Bei der Übertragung von Rechteckimpulsen der Länge td (wobei td < τ = RC gelten soll) durch einen Hochpass zeigen die Ausgangsimpulse nach Gleichung (31) einen exponentiellen Abfall. Durch die Rückflanke des Eingangsimpulses entsteht ein Spannungssprung der Größe U0 in negativer Richtung, wodurch eine negative Ausgangsspannung −∆U übrigbleibt: t − d U0 · td ∆U = U0 · 1 − e RC ≈ (35) RC Diese klingt mit der Zeitkonstanten τ = RC exponentiell ab. Folgen die Rechteckimpulse schnell aufeinander, so addiert sich auf den nachfolgenden Impuls die noch nicht abgeklungene Unterschwingung des Vorimpulses auf, es kommt zu einer Verschiebung des Nullniveaus der Ausgangsimpulse (vgl. Abb. 10). Nun soll der Fall betrachtet werden, dass die Impulsdauer deutlich größer als die Zeitkonstante des Hochpasses ist (td τ = RC). Die Ausgangsspannung fällt während der Impulsdauer praktisch auf Null ab, die Rückflanke des Eingangsimpulses erzeugt einen negativen Ausgangsimpuls in der Höhe des Eingangsimpulses (vgl. Abb. 11). 1 Hier gilt eine ähnliche Betrachtungsweise wie beim Tiefpass, nur ist diesmal R ωC , und die Eingangsspannung fällt fast vollständig am Kondensator ab. Man erhält in diesem Fall dUC dUE ≈ RC · dt dt Der Hochpass hat also für Frequenzen f fG eine differenzierende Wirkung. UA,HP = R · IHP = RC · c TU-München, Physikalisches Praktikum (36) Elektrodynamik und Magnetismus Oszilloskop Stand: 27.08.09 Seite 12 (OSZ) UE U0 UA t td U0 ∆U ∆U t Abbildung 10: Ausgangsspannung eines Hochpasses bei rechteckförmiger Eingangsspannung UE U0 t UA,HP U0 −U0 5 5.1 td t Abbildung 11: Ausgangsspannung eines Hochpasses für Rechteckimpulse, deren Länge td groß gegen die Zeitkonstante τ = R ·C ist. Versuchsdurchführung Die Bedienelemente des Oszilloskops Die meisten Funktionen der hier verwendeten Oszilloskope können über Menüs eingestellt werden. Alle Funktionen hier zu beschreiben, würde den Rahmen der Anleitung sprengen (Die Bedienungsanleitung umfasst etwa 180 Seiten). Daher werden nur kurz die wichtigsten Funktionen aufgezählt. Zu Beginn des Versuchs sollen Sie selbständig die Funktionen der Geräte erkunden. Fragen Sie bei Unklarheiten den Betreuer. Beim Oszilloskop taucht häufig die Bezeichnung DIV (=division) auf. Damit wird der Abstand zwischen zwei Linien auf dem Oszilloskopschirm bezeichnet. Bilder und Daten der Messungen können gegebenenfalls auf einem USB-Stift gespeichert werden. Signaleingänge (CH1, CH2) VOLTS/DIV (Drehknopf): Bereichswahl der Empfindlichkeit. Der eingestellte Wert wird unten im Display angezeigt. VERTICAL POSITION : Vertikalverschiebung des Signals. c TU-München, Physikalisches Praktikum Elektrodynamik und Magnetismus Oszilloskop (OSZ) Stand: 27.08.09 Seite 13 COUPLING (im Menü): Eingangskopplung des Signals: DC: Direkte Gleichspannungseinkopplung mit dem Verstärker AC: Ankopplung des Eingangssignals über einen in Reihe geschalteten Kondensator. Gleichspannungsanteile (< 5 Hz) des Signals gelangen nicht auf den Verstärker, nur der Wechselspannungsanteil wird angezeigt. GND: Der Verstärker wird intern auf Masse gelegt, das Signal wird abgetrennt. Die Einstellung ist nützlich, um den Nullpunkt auf dem Oszilloskop festzulegen. Zeitbasis SEC/DIV : Bereichswahl der Zeitbasis. Hier wird eingestellt, wie schnell die Samplingrate der Daten ist. Pro Bilddurchlauf werden immer 2500 Datenpunkte aufgenommen. Position : An diese Position wird der Referenzpunkt gesetzt, auf den sich auch der Triggerzeitpunkt bezieht. Ein Verstellen bewirkt eine horizontale Verschiebung des Signals. Triggereinstellungen LEVEL (Drehknopf): Einstellung der Signalhöhe, bei der getriggert werden soll. SLOPE (im Menü): Einstellung, ob beim Überschreiten (positiv) oder Unterschreiten (negativ) von LEVEL getriggert wird. SOURCE (CH1, CH2, EXT, LINE) (im Menü): Wählt die Signalquelle aus, auf die getriggert wird. Bei CH1 bzw. CH2 wird auf das jeweilige Eingangssignal, bei EXT auf das an Buchse EXT TRIG anliegende Signal getriggert. Bei LINE erfolgt die Triggerung synchron zur Netzwechselspannung. COUPLING (im Menü): Auch für das Triggersignal kann die Eingangskopplung gewählt werden. Triggermodi (im Menü): Bei NORM wird auf ein tatsächliches Triggerereignis gewartet. Der Modus AUTO dient dazu, immer ein Bild zu erhalten. Das Oszilloskop erzeugt von sich aus Triggerimpulse, wenn das Signal den Triggerlevel nicht schneidet. Bei SINGLE wird nur ein Bilddurchlauf erzeugt. Menüs MEASURE : Über dieses Menü lassen sich z.B. Frequenzen und Amplituden der Signale bestimmen. CURSOR : Hier lassen sich Hilflinien einzeichnen und damit z.B. Amplitudendifferenzen oder Zeitabstände messen. ACQUIRE : Für stark rauschende Signale lässt sich hier eine Mittelung über mehrere Bilddurchläufe einstellen. c TU-München, Physikalisches Praktikum Elektrodynamik und Magnetismus Oszilloskop Funktions− generator (OSZ) Oszilloskop CH 1 Eingang Stand: 27.08.09 Seite 14 Testobjekt CH 2 Ausgang Kabel oder Tastkopf Abbildung 12: Prinzipschaltbild des Messaufbaus aus Frequenzgenerator, Messobjekt und Oszilloskop Tastkopfkalibreiereinheit Die meisten Oszilloskope haben einen Kontakt (CAL), zum kalibrieren eines Tastkopfes (s. 5.3.1), an dem ein 1 kHz Rechtecksignal abgegriffen werden kann. Zum Abgleich betrachtet man dieses Rechtecksignal und stellt die Kapazität des Tastkopfes so ein, dass am Oszilloskop ein Rechtecksignal ohne Über- oder Unterschwinger dargestellt wird. 5.2 Der Messaufbau Der prinzipielle Messaufbau ist in Abbildung 12 skizziert. Sie beobachten beim Versuch das Eingangs- und Ausgangssignal des jeweiligen Messobjekts auf dem Oszilloskop. Als Triggerquelle benutzen Sie am besten das Eingangssignal, da sich die Höhe des Ausgangssignals deutlich mit der Frequenz ändert. Geben Sie zu allen ermittelten Werten auch eine Unsicherheit an (z.T. müssen Sie diese abschätzen). Die Werteangaben auf den Messobjekten sind für die Widerstände auf 1%, für die Kondensatoren und Spulen auf 2,5% genau. 5.3 5.3.1 Aufgaben Abgleichen des Tastkopf Gleichen Sie den Tastkopf ab. Skizzieren Sie dabei qualitativ die Signalverläufe in abgeglichenen und nicht abgeglichenen Zuständen. Bei einigen Tastköpfen lässt sich der vordere Teil abziehen, und es zeigt sich ein Anschluss, der sich gut auf die Testobjekte stecken lässt. Leider wirkt der Tastkopf dann nur noch als normales“ Koaxialkabel.. Daher ist dies für die Messungen nicht geeignet. ” c TU-München, Physikalisches Praktikum Elektrodynamik und Magnetismus Oszilloskop 5.3.2 (OSZ) Stand: 27.08.09 Seite 15 Hoch- und Tiefpass Messen Sie die Durchlasskurve und die Phasenverschiebung entweder des Hoch- oder des Tiefpasses (fragen Sie den Betreuer) • Welche Grenzfrequenz erwarten Sie? • Überlegen Sie, welche Größe Sie messen wollen. • Stellen Sie den Frequenzgenerator auf Sinussignal und messen Sie die Durchlasskurve und die Phasenverschiebung. Beachten Sie, dassdie Ausgangsspannung des Frequenzgenerators nicht stabilisiert ist, und daher Eingangs- und Ausgangsspannung notiert werden müssen. • Stellen Sie Ihre Messwerte Graphisch dar. Ermitteln Sie daraus die Grenzfrequenz. Vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem theoretisch erwarteten Wert. (Es ist günstig, Frequenzachse logarithmisch darzustellen.) Untersuchen Sie (qualitativ) die integrierende bzw. differenzierende Wirkung des Hochund Tiefpasses. • Betrachten Sie das Ausgangssignal für verschiedene Frequenzen und skizzieren Sie das Ergebnis. Führen Sie dies für Rechteck-, Dreieck- und Sinussignale am Eingang durch. • Erklären Sie das Verhalten insbesondere für hohe und niedrige Frequenzen. 5.3.3 Schwingkreis Messen die Durchlasskurve und die Phasenverschiebung des Serienschwingkreises. • Welche Resonanzfrequenz erwarten Sie? • Stellen Sie den Funktionsgenerator auf Sinussignal und fahren Sie die Frequenz des Funktionsgenerators durch. Bestimmen Sie die Resonanzfrequenz. • Messen Sie die Durchlasskurve und die Phasenverschiebung des Schwingkreises im Bereich von etwa ±30% der Resonanzfrequenz (min. 15 Messpunkte). Auch hier müssen wieder Eingangs- und Ausgangsamplitude notiert werden. • Stellen Sie die Durchlasskurve graphisch dar. Ermitteln Sie daraus die Bandbreite und die Güte. Bestimmen Sie die reale Dämpfung des Schwingkreises. • Wählen Sie dazu ein rechtecksignal von etwa 3 bis 5 kHz am Eingang. • Beobachten Sie die dadurch angeregte gedämpfte Schwingung am Oszilloskop, und bestimmen Sie die Amplituden möglichst vieler Schwingungen. (Das CURSORMenü ist hier hilfreich.) • Aus der Abnahme der Amplituden und der Eigenfrequenz des Schwingkreises lässt sich die Dämpfungskonstante ermitteln. c TU-München, Physikalisches Praktikum Elektrodynamik und Magnetismus Oszilloskop (OSZ) Stand: 27.08.09 Seite 16 Bestimmen Sie die Kapazität eines Koaxialkabels anhand der Änderung der Resonanzfrequenz eines Parallelschwingkreises4 . • Verbinden Sie den Ausgang des Schwingkreises mit dem Oszilloskop über ein Koaxialkabel. • Fahren Sie die Frequenz des Funktionsgenerators durch. Bestimmen Sie die Resonanzfrequenz. • Ersetzen Sie nun das Koaxialkabel durch den (abgeglichenen) Tastkopf und bestimmen Sie erneut die Resonanzfrequenz. • Ermitteln Sie aus den beiden Messungen die Kapazität des Koaxialkabels. 5.3.4 Samplingfrequenz Das Digitaloszilloskop tastet das Signal mit einer bestimmten Abtastrate (Samplingfrequenz) ab, und zwar so, dass pro Bildschirmdurchlauf 2500 Datenpunkte aufgenommen werden. Beobachten Sie nun, was passiert, wenn die Frequenz des zu messenden Signals in die gleiche Größenordnung kommt. • Wählen Sie eine Zeitbasis von 25 ms/DIV, was einer Samplingfrequenz von 10 kHz entspricht. • Schließen Sie das Signal des Frequenzgenerators direkt an einen Kanal des Oszilloskops an und wählen Sie als Eingangssignal eine Sinusspannung. • Variieren Sie die Frequenz von etwa 1 kHz bis knapp über 10 kHz. Wie sieht das dargestellte Signal in den verschiedenen Bereichen aus? Welche Frequenz misst der interne Frequenzzähler des Oszilloskops (Menü MEASURE)? • Was sieht man bei Frequenzen, die einem vielfachen der Samplingfrequenz (20 kHz, 30 kHz) entsprechen? 5.3.5 Störsignale Untersuchen Sie qualitativ die Einstreuungen auf nicht abgeschirmte Leitungen: Schließen Sie den Tastkopf an das Oszilloskop an. Das Auffinden der gesuchten Signale wird erleichtert, wenn das Oszilloskopauf AUTOSCALE gestellt wird. Dadurch wird automatisch ein zum Signal passender Messbereich eingestellt. Bewegen Sie den Tastkopf in der Umgebung von elektrischen Geräten umher (insbesondere um das Oszilloskop, den (laufenden) Funktionsgenerator und die Netzkabel herum). Betrachten Sie dabei die Anzeige des Oszilloskops. 4 Der Vorwiderstand des Parallelschwingkreises dient nur dazu, eine annähernd konstante Stromamplitude zu gewährleisten. Dies ist nicht der dämpfende Widerstand des Schwingkreises. c TU-München, Physikalisches Praktikum Elektrodynamik und Magnetismus Oszilloskop 6 (OSZ) Stand: 27.08.09 Seite 17 Fragen 1. Wie groß muss die Kapazität im Tastkopf sein, wenn er abgeglichen ist? 2. Nennen Sie die markantesten Unterschiede zwischen Schwingkreis, Hoch- und Tiefpass. Welche Rolle spielen diese Bausteine in der Technik ? 3. Betrachten Sie ein Feder-Masse-System und diskutieren Sie die Analogien zu einem einfachen LRC-Schwingkreis! 4. Welcher Effekt tritt durch den kapazitiven Widerstand eines Serienschwingkreises bei niedrigen Frequenzen auf? c TU-München, Physikalisches Praktikum