FH HILDESHEIM / HOLZMINDEN / GÖTTINGEN FAKULTÄT NATURWISSENSCHAFTEN UND TECHNIK PROF. DR.-ING. THOMAS HIRSCHBERG 21/02/2008 Versuch 2: Messungen an RL-/RC-Schaltungen mit dem Oszilloskop Das Oszilloskop ist das universelle Spannungsmessgerät zur Analyse dynamischer Signale und damit das elementare Handwerkszeug des Ingenieurs in Forschung und Praxis. Alle Oszilloskope, ganz gleich welches Fabrikats, sind in Aufbau und Bedienung vergleichbar. Darum sind die Erfahrungen die Sie in diesem Versuch machen universell einsetzbar und praxisbezogen. Der Versuch beinhaltet folgende Einsatzmöglichkeiten des Oszilloskops: • Gleichspannungsmessung • Wechselspannungsmessung, Zeit-, Phasenmessung, • Darstellung von Einzelsignalen Die Handhabung des Oszilloskops setzt eine gründliche Durcharbeitung der Versuchsbeschreibung zwingend voraus: 1 Versuchsvorbereitung 1.1 Aufbau und Funktion des analogen Standard-Oszilloskops Was kann man mit einem Oszilloskop messen? Das Oszilloskop (griech.: Schwingungsseher) ist ein Spannungsmessgerät. Mit seiner Hilfe können Gleichspannungen und zeitabhängige Spannungssignale graphisch dargestellt und ausgewertet werden. Im einzelnen bietet das Oszilloskop folgende Möglichkeiten: • • • • Bildliche Darstellung von Signalformen Messung von Spannungsbeträgen Frequenzmessung Phasenmessung Die Darstellung und Auswertung der zu messenden Signale erfolgt auf einem Bildschirm von 10 x 8 Skalenteilen. Üblich ist die Darstellung des zeitlichen Spannungsverlaufes U(t), d. h. die Spannung U(t) wird vertikal (y - Achse) und die Zeit t horizontal (x- Achse) dargestellt. Das Standard-Oszilloskop kann zwei Signale U1(t) und U2(t) gleichzeitig abbilden. Dies erlaubt den direkten Vergleich zweier Signale bezüglich ihrer Signalform, Amplitude und Phasenlage. Selten kommt die Möglichkeit zum Einsatz, zwei Signale voneinander abhängig darzustellen. In diesem Fall, dem sog. XY-Betrieb ist U1 = f (U2). Vorteil des Oszilloskops gegenüber anderen Messgeräten Die zu messende Signalform wird bildlich dargestellt. Störungsursachen wie Überlagerung durch Störfrequenzen oder anderen Unregelmäßigkeiten des Signals sind auf dem Bildschirm für das Auge des Betrachters unmittelbar erkennbar. 1 Nachteil des Oszilloskops gegenüber anderen Messgeräten Die zur richtigen Handhabung notwendigen Kenntnisse des Bedieners sind erheblich. Sollen Beträge ermittelt werden, erweist sich das Oszilloskop als umständlich, da das Bild erst ausgewertet werden muss. 1.2 Wie funktioniert ein analoges Standard -Oszilloskop ? Der Bildschirm des Oszilloskop besteht aus einer Mattscheibe, deren beschichtete Rückseite durch einen Elektronenstrahl zum Leuchten angeregt wird. Der Elektronenstrahl wird in der Braunschen Röhre erzeugt und durch zwei Paare von Ablenkplatten in X- und Y-Richtung ausgelenkt. 1 S 2 A YP XP 4 W 7 3 Eingang 2 8 Verstärker 2 5 4 Verstärker 1 6 Eingang 1 Bild 1: Vereinfachtes Prinzipschema des analogen Standard-Oszilloskopes An eine Kathode, den sog. Wehnelt-Zylinder (W) wird eine Gleichspannung von ca. 2000 V angelegt. Die Anode (A) und die Beschichtung des Leuchtschirmes (S) liegen auf Erdpotential. Es kommt zur Elektronenemission vom Wehnelt-Zylinder, über die gelochte Anode zum Schirm. Beim Auftreffen des Elektronenstrahles auf die Beschichtung des Schirmes, setzt sich die kinetische Energie der Elektronen in Licht und Wärme um: auf dem Schirm erscheint ein Lichtfleck. Die Intensität des Strahles und damit des Leuchtfleckes ist von der Spannung am Wehnelt-Zylinder abhängig. Sie kann vom Bediener variiert werden [1]. Zur besseren Fokussierung des Strahles und damit zur Erzeugung eines möglichst scharfen Leuchtfleckes, dient die elektrostatische Linse. Auch deren Spannung kann vom Bediener variiert werden um eine scharfe Abbildung zu erhalten [2]. Das zu messende Signal wird an eine Eingangsbuchse [3 oder 4] angeschlossen und über den zugehörigen Verstärker [5 oder 6] an die Y Ablenkplatten (YP) angelegt. Im Bereich der Platten 2 entsteht dadurch ein elektrostatisches Feld, das den Strahl vertikal auslenkt. Ohne weitere Maßnahmen zu ergreifen würde eine darzustellende Sinus-Spannung jetzt als Punkt sichtbar, der sich auf und ab bewegt. (Bei einer Frequenz über 30 Hz würden wir eine senkrechte Linie sehen.) Um den zeitlichen Verlauf der Spannung sehen zu können, muss der Elektronenstrahl zusätzlich (zeitabhängig) in x-Richtung bewegt werden. Dazu wird eine geeignete, im Gerät erzeugte Sägezahnspannung [7] an die X-Ablenkplatten angelegt, die den Elektronenstrahl periodisch vom linken zum rechten Bildrand führt. Die horizontale Ablenkung (X-Achse) des Elektronenstrahles Der Sägezahngenerator Üblicherweise soll eine Spannung als Funktion der Zeit dargestellt werden, d.h. der Leuchtfleck wird gleichförmig in x- Richtung abgelenkt. Diese Anforderung wird erfüllt, indem eine sägezahnförmige Spannung an die X-Ablenkplatten angelegt wird. Für eine Spannung von -ÛS zu Beginn der Rampe, befindet sich der Leuchtfleck am linken Rand des Bildschirmes. Mit steigender Spannung bewegt er sich zum rechten Bildschirmrand, den er erreicht, wenn die Spannung des Sägezahnes gleich +ÛS ist. Mit dem folgenden, sehr schnellen Spannungsabfall erreicht der Leuchtfleck wieder den Ausgangsort. Damit der zurückschnellende Lichtfleck die Darstellung nicht stört, wird der Elektronenstrahl während der Rücklaufzeit deaktiviert. Der Sägezahn allein liefert aber noch keine befriedigende Abbildung: Wenn die Frequenz der Sägezahnspannung nicht auf die Frequenz des Eingangssignals abgestimmt ist, dann wird bei jedem Durchlauf der Rampe ein anderer Abschnitt der Funktion dargestellt (Bild 2): Bild 2: Darstellung einer periodischen Funktion bei willkürlichem Betrieb des Sägezahngenerators Es ist also zu fordern, dass die Sägezahn-Funktion stets in demselben Punkt der darzustellenden Funktion beginnt. Nur dann werden immer die gleichen Abschnitte aufeinander abgebildet und es entsteht ein stehendes Bild des Eingangssignals. Um dieses zu erreichen wird der Sägezahngenerator durch den sog. Trigger gestartet. 3 Der Trigger Der Trigger hat die Aufgabe, den Durchlauf des Sägezahngenerators in dem Augenblick zu starten, in dem das Messsignal einen definierten Wert hat. Dazu “untersucht“ der Trigger das Messsignal auf die gewünschten Eigenschaften des Punktes, mit dem die Darstellung am linken Bildschirmrand beginnen soll. Die erforderlichen Kriterien werden vom Benutzer eingestellt. Es sind dies 1. ein bestimmter Betrag der Spannung des Messsignals (Triggerlevel) und 2. es soll nur der Betrag entweder auf der steigenden oder fallenden Flanke berücksichtigt werden. Erfüllt die Spannung am Eingang des Oszilloskops beide Kriterien, dann startet der Trigger den Sägezahngenerator. (Dies geschieht für den Bediener unsichtbar mittels eines Rechteckimpulses) UE UTr Messsignal: Das darzustellende Signal wird über die Eingangsbuchse [3 oder 4] angeschlossen. Der gewünschte Triggerlevel UTr und die gewünschte Flanke (hier: steigende Flanke) werden eingestellt. Der hinterlegte Bereich der Kurve soll dargestellt werden. UT Triggerausgang: Der Trigger erkennt die Werte des Eingangssignales, die die eingestellten Kriterien (hier: Triggerlevel Utr und Flanke steigend) erfüllen und gibt jeweils einen Rechteckimpuls an den Sägezahngenerator weiter. US Sägezahngenerator: Der Sägezahn wird durch den Rechteckimpuls des Triggers ausgelöst. Er startet am Fußpunkt der Rampe, d. h. die Darstellung beginnt am linken Bildschirmrand. Sägezahnspannung: eingestellt [7] Ablenkgeschwindigkeit (steile Rampe) auf hohe US Sägezahnspannung: eingestellt auf geringe Ablenkgeschwindigkeit (flache Rampe) Bild 3: Darstellung eines Signales bei verschiedenen Ablenkgeschwindigkeiten. 4 Liegt kein Signal am Oszilloskop an, oder findet der Trigger nicht die gesuchten Parameter zum Start des Sägezahngenerators, dann bleibt der Bildschirm dunkel. (Beispiel: Es wird eine Gleichspannung von 1 V angelegt. Der eingestellte Triggerlevel ist 1,5 V. Da das Eingangssignal niemals den Triggerlevel erreicht wird der Sägezahngenerator nicht gestartet.) Um dennoch eine Darstellung zu erhalten gibt es eine Automatikfunktion des Triggers: In der Betriebsart Auto wird der Triggerlevel automatisch eingestellt und der Sägezahngenerator gestartet, wenn der Trigger kein verwertbares Signal erkennt (Nulldurchgang). Die vertikale Ablenkung (Y-Achse) des Elektronenstrahles Die Ankopplung des Messsignals Viele Spannungen bestehen aus miteinander überlagerten Gleich- und Wechselspannungen. Das Oszilloskop bietet die Möglichkeit einen möglicherweise störenden Gleichanteil aus der Darstellung herauszufiltern. Man spricht von der Art der Ankopplung. Die Ankopplungsarten (komplettes Signal, Signal ohne Gleichanteil, kein Signal) kann durch Einstellung des Ankopplungschalters gewählt werden: Kopplungsschalter AC Meßsignal DC Eingangsbuchs e GND DC GND AC Bild 4: Ein Messsignal wird an den Eingang des Oszilloskops angelegt. Je nach Stellung des Ankopplungsschalters auf Position GND, DC, AC erhält man die entsprechende Abbildung auf dem Schirm. • Die Betriebsart GND legt den Eingang des Oszilloskop auf Masse. Das Eingangssignal ist vom Gerät abgekoppelt. Auf diese Weise kann die Position der Nulllinie festgestellt werden. • In der Betriebsart DC wird das Signal direkt an den Y- Verstärker angelegt. Es werden alle Gleich- und Wechselspannungsanteile der Eingangsspannung auf dem Bildschirm dargestellt. • In der Betriebsart AC wird das Signal mit einem Hochpass gefiltert. Es werden nur die Wechselspannungsanteile der Eingangsspannung sichtbar. Gleichspannungsanteile werden 5 unterdrückt. Dies kann notwendig sein, wenn einer hohen Gleichspannung ein geringer Wechselanteil überlagert ist. Soll nur der Wechselanteil untersucht werden, dann würde bereits eine geringe Verstärkung dazu führen, dass das Signal nicht mehr auf den Bildschirm passt. Durch die Betriebsart AC wird der (uninteressante) Gleichspannungsanteil unterdrückt und es bleiben die Wechselanteile übrig. Diese oszillieren jetzt um die Nulllinie und können entsprechend verstärkt werden. Wie werden mit einem Elektronenstrahl zwei Spannungen gleichzeitig dargestellt? Das analoge Standard-Oszilloskop kann zwei Signale gleichzeitig darstellen. Aus diesem Grund gibt es zwei Eingangsbuchsen [3] und [4] und zwei Y-Verstärker, [5] und [6]. Es handelt sich also um ein Zweikanaloszilloskop. Allerdings gibt es nur einen Elektronenstrahl und nur ein Ablenkplattenpaar für die Y- Darstellung. Um trotzdem zwei Signale abbilden zu können wird der Elektronenstrahl abwechselnd von beiden Kanälen benutzt. Die Umschaltung geschieht elektronisch. Dafür sind zwei Betriebsarten vorgesehen: Alternate-Betrieb: Die Umschaltung erfolgt immer nach einem vollständigen Durchlauf des Sägezahngenerators. D. h. mit jedem Durchlauf der Rampe des Sägezahngenerators wird nacheinander einmal Kanal 1 und beim folgenden Durchlauf Kanal 2 abgebildet. Bei sehr niedrigen Ablenkgeschwindigkeiten führt diese Betriebsart zu einem sehr unruhigen Bild, da für das menschliche Auge erkennbar wird, daß die Funktionen abwechselnd erscheinen (Abbildungsfrequenz < 25 Hz). Chop-Betrieb: (chop: engl.: zerhacken) Die Darstellung wird sehr schnell (200 kHz) zwischen den beiden Kanälen hin und her geschaltet um bei niedrigen Frequenzen des Eingangssignals ein flackerfreies Bild zu erhalten. Bei sehr hohen Frequenzen führt die Umschaltung zu sichtbaren Störungen der Bildqualität. 1.3 Funktionsweise eines Digitalspeicher-Oszilloskopes Das im Versuch verwendete Digitalspeicher-Oszilloskop der Firma Tektronix untergliedert sich in vier verschiedene Funktionseinheiten (siehe Bild 6) . Bild 6: Funktionseinheiten des Digitalspeicher-Ozilloskops TDS 2002 6 Trigger Ähnlich wie beim analogen Standard Oszilloskop wird bei einem Digitalspeicher Oszilloskop mit der Triggerung festgelegt, wann das Oszilloskop mit der Datenerfassung und der Signalanzeige beginnt. Bei der richtigen Einstellung des Triggers wandelt das Oszilloskop instabile Anzeigen oder leere Bildschirme in sinnvolle Signale um. Bild 7: Bildschirmanzeigen getriggerter und ungetriggerter Signale Durch drücken der Taste RUN/STOP oder SINGLE SEQ werden am Oszilloskop aus dem anliegenden Eingangssignal sofort Daten erfasst. Erkennt das Oszilloskop dann die eingestellten Triggerbedingungen werden weiterhin Daten erfasst, bis die Signalaufzeichnung von 2500 Punkten abgeschlossen ist. Anschließend wird das erfasste Signal angezeigt, einschließlich der Daten die vor dem Eintreten der Triggerbedingung erfasst wurden , man spricht von einem so genannten Vortrigger. Genau wie beim analogen Standard Oszilloskop stehen auch bei einem Digitalspeicher-Oszilloskop verschiedene Trigger Modi zur Verfügung. Der häufigste Triggermodus (Standardeinstellung) ist die Flankentriggerung. Hierbei werden mit den beiden Optionen Flanke und Pegel festgelegt auf welcher Flanke (steigend oder fallend) und bei welchem Pegel der Triggerpunkt liegen soll. Bild 8: Triggermodus Flankentriggerung Signalerfassung und Darstellung Bei der Signalerfassung wird das Signal vom Oszilloskop digitalisiert und als Kurvenzug auf dem Bildschirm angezeigt. Im Erfassungsmodus ist festgelegt, auf welche Weise das Signal digitalisiert wird. Die Einstellung der Zeitbasis beeinflusst die Zeitdauer und Detailgenauigkeit der Erfassung. Es stehen drei Erfassungsmodi zur Verfügung • Abtasten (Sample) Bei diesem Erfassungsmodus wird das Signal vom Oszilloskop in regelmäßigen Zeitabständen abgetastet und als Kurvenzug dargestellt. In diesem Modus werden Signal meistens sehr präzise wiedergegeben. Schnelle Signalschwankungen, die zwischen den einzelnen Abtastungen auftreten können aber nicht erfasst werden. 7 • Spitzenwerterfassung Bei diesem Erfassungsmodus zeichnet das Oszilloskop die höchsten und niedrigsten Werte des Eingangssignals in jedem Abtastintervall auf und stellt sie als Kurvenzug dar. Auf diese Weise können auch schmale Impulse erfasst und angezeigt werden. Allerdings treten Störungen in diesem Modus stärker in Erscheinung. • Mittelwert In diesem Signalerfassungsmodus erfasst das Oszilloskop mehrere Signale bildet daraus einen Mittelwert und zeigt das daraus resultierende Signal an. In diesem Modus lassen sich Störeinflüsse reduzieren. Das Oszilloskop digitalisiert also Signale, indem es den Wert eines Eingangssignals an einzelnen Punkt erfasst. Anschließend werden die digitalisierten Werte als Kurvenform auf dem Bildschirm angezeigt. Anhand der Zeitbasis lässt sich festlegen, wie oft die Werte digitalisiert werden. Zur Einstellung der Zeitbasis auf eine geeignete Horizontskala wird der Drehknopf SEC/DIV verwendet. Die Art der Signalerfassung kann mit der Taste AQUIRE (im Menü DISPLAY) geändert werden. Alle Messungen in diesem Versuch werden mit der Grundeinstellung dem Modus Abtastung durchgeführt. • Aliasing Es kann zu einer fehlerhaften Signaldarstellung kommen, wenn das Oszilloskop das Signal nicht schnell genug abtastet. Man spricht hierbei vom Aliasing. In diesem Fall zeigt das Oszilloskop ein Signal mit einer niedrigeren Frequenz als das eigentliche Eingangssignal auf dem Bildschirm an. Bild 9: Aliasing Skalierung und Positionierung von Signalen Die Anzeige von Signalen kann geändert werden, indem deren Skalierung und Position geändert wird. Bei der Änderung der Skalierung wird das Signal größer oder kleiner angezeigt. Das Signal kann mit dem Drehregler VOLTS/DIV skaliert werden. Wenn die Position geändert wird, wird das Signal nach oben oder unten verschoben. Die vertikale Position der Signale kann für jeden Kanal mit dem Drehregler POSITION verändert werden. Durchführung von Messungen Messungen am Signal können auf verschiedene Art vorgenommen werden. Zunächst kann das Signal mit Hilfe des Rasters ausgemessen werden, indem man das Raster auszählt und mit dem Skalenfaktor multipliziert. Wenn beispielsweise fünf Rastereinteilungen zwischen dem Mindest- und Höchstwert eines Signals liegen und der Skalenfaktor 100 mV pro Skalenteil beträgt, kann die Spitze-Spitze-Spannung wie folgt berechnet werde: 8 Uss = 5 Skalenteile x 100mV/Skalenteil = 500 mV Messungen können aber auch mit Hilfe der Cursor vorgenommen werden. Es stehen horizontale Spannungscursor und vertikale Zeitcursor zur Verfügung , die immer paarweise auftreten. Des weiteren können über das Menü MEASURE fünf automatische Messungen vorgenommen werden. Wenn automatische Messungen durchgeführt werden, bezieht sich das Oszilloskop auf Signalaufzeichnungspunkte, die Messungen sind somit genauer als die Raster- oder CursorMessungen. 2. RL-/RC-Schaltungen: Elektrische Verbraucher werden durch Wechselstrom mit elektrischer Energie versorgt; alle nachrichtentechnischen Geräte enthalten Wechselstromkreise. Das Verständnis von Wechselstromschaltungen stellt daher eine wichtige Aufgabe innerhalb der Elektrotechnik dar. In diesem Labor soll das Verhalten passiver RC und RL-Grundschaltungen im Wechselstromkreis untersucht werden. Dabei sind bei diesen Schaltungen die Amplituden- und Phasenfrequenzgänge von besonderem Interesse. Komplexere Schaltungen lassen sich häufig als Kombinationen dieser Grundschaltungen interpretieren. 2.1 Vierpol – Darstellung und Bodediagramm Schaltungen mit Wechselspannungsquellen, Widerständen, Kondensatoren und Spulen sind aus der Vorlesung hinreichend bekannt. Hier wurden zumeist Impedanzen, Spannungen und Ströme in diesen so genannten Netzwerken berechnet. Diese Netzwerke lassen sich prinzipiell auch als Vierpol darstellen. Dazu definiert man den Eingang sowie den Ausgang, dargestellt mit jeweils zwei Klemmen (= 4 Pole!). Das Netzwerk zwischen Eingang und Ausgang bildet dann den eigentlichen Vierpol. Die Vierpoldarstellung wendet man dann an, wenn nicht einzelne Größen im Netzwerk interessieren, sondern das Netzwerk als Übertragungsglied wie z.B. in der Nachrichtentechnik funktionieren soll. Eine wichtige Größe (neben Eingangs- und Ausgangsimpedanz) ist die komplexe Übertragungsfunktion H (f) des Vierpols. Sie ist definiert als der Quotient aus Ausgangsspannung zu Eingangsspannung, also H (f) = UA / UE = A (f) ejϕ (1) Die Funktion A(f) wird auch Amplitudenfrequenzgang genannt, die ebenfalls frequenzabhängige Phase ϕ(f) nennt man Phasenfrequenzgang. Die zeichnerische Darstellung von Amplitude und Phase über der Frequenz kann sehr übersichtlich in einem so genannten Bode-Diagramm erfolgen. Der Amplitudenfrequenzgang wird doppelt logarithmisch dargestellt, d.h.: y = A(f) = 20 log UA/UE über x = log f Anmerkung: Beim Zeichnen der Diagramme ist zu beachten, dass das Millimeterpapier in x-Richtung bereits logarithmisch eingeteilt ist, so dass keine Umrechnung f Æ log(f) erforderlich ist. 9 Es ist üblich, das Amplitudenverhältnis A(f) zunächst in das logarithmische Vergleichsmaß „Dezibel“ (dB) umzurechnen A(f) / dB = 20 * log (UA / UE) (2) und diese Werte dann allerdings linear skaliert auf der y-Achse aufzutragen. Die Phase ϕ(f) wird in linearem Maßstab (in Grad) auf der y-Achse über der Frequenz aufgetragen, d.h. y = ϕ(f) über x = log f Wenn man diese Konventionen einhält, stellt das Bode-Diagramm ein standardisiertes Instrument zur Darstellung und Beurteilung von Frequenzgängen dar. Ohne lange zu rechnen kann man dort den Durchlassbereich, die Filtergrenzfrequenz sowie die Steilheit des Filters im Sperrbereich zumindest als Asymptoten eintragen bzw. ablesen. Filter n-ter Ordnung haben jenseits ihrer Grenzfrequenz eine Dämpfung (Asymptote) von: (6 * n) dB / Oktave bzw. (20 * n) dB / Dekade (Eine Oktave bedeutet Frequenzverdoppelung, eine Dekade bedeutet Frequenzverzehnfachung) Im nachfolgenden Bild ist das Bodediagramm eines Tiefpassfilters dargestellt. 10 Bodediagramm eines Hochpassfilters 3 RC / RL-Schaltungen als Filter Eine häufige Anwendung von RC bzw. RL-Schaltungen finden wir in der Beeinflussung von Frequenzen, allgemein Filterung genannt. Dabei werden bestimmte Frequenzanteile eines Signals bedämpft übertragen. Bei einem Filter unterscheidet man zwischen Durchlassbereich und Sperrbereich. Für Frequenzen im Durchlassbereich sollte das Filter möglichst keine transformierende Wirkung haben, das Signal sollte unverfälscht übertragen werden. Frequenzen im Sperrbereich des Filters sollten hingegen möglichst stark bedämpft werden. Reale Filter besitzen zudem einen Übergangsbereich, in welchem die Dämpfung des Filters allmählich zunimmt. Abhängig von der Schaltung kann man sehr unterschiedliche Filter entwerfen. Es sollen hier vorerst nur Tiefpass (TP) und Hochpass (HP) erwähnt werden.Wie man in Bild 1a sieht, werden beim Tiefpass niedrige Frequenzen unbeeinflusst übertragen, aber hohe Frequenzen bedämpft. Der Hochpass verhält sich genau entgegengesetzt. Ein wichtiges Kriterium für die Filterspezifizierung ist die Grenzfrequenz fg , bei der die Signalamplitude gegenüber dem Durchlassbereich auf 70,71% (entsprechend -3dB) abgefallen ist. Die Phasenverschiebung zwischen Ein- und Ausgangsspannung beträgt bei dieser Frequenz exakt 45° (bei Filtern 1. Ordnung). 11 Filter werden weiterhin durch ihre Übertragungsfunktion (Polynome) charakterisiert, deren Grad die Ordnung des Filters und somit die Steilheit des Überganges vom Durchlassbereich in den Sperrbereich bestimmt. Bei der technischen Realisierung eines Filters bestimmt der Grad des Polynoms die Anzahl der benötigten Energiespeicher (Spulen oder Kondensatoren). 3.1 Reihenschaltung von Widerstand und Kondensator Die Reihenschaltung von R und C bildet – als Vierpol betrachtet - ein passives Filter erster Ordnung. Je nach Anordnung der Bauteile erhält man einen Hochpass oder einen Tiefpass. Die Filterfunktion beruht auf dem Prinzip eines frequenzabhängigen Spannungsteilers. a.) b.) Bild 2: RC-Schaltungen als Hochpass (a.) und Tiefpass (b.) Die komplexe Übertragungsfunktion des Hochpass in Bild 2a lautet H (f) = jωRC / ( 1 + jωRC) (3) Der Tiefpass in Bild 2b hat die Übertragungsfunktion H (f) = 1 / ( 1 + jωRC) (4) Die Grenzfrequenz beträgt in beiden Fällen f (-3dB) = 1 / (2πRC) (5) 3.2 Reihenschaltung von Widerstand und Spule Auch die Reihenschaltung von R und L bildet einen Filter erster Ordnung. Allerdings ist diese Filterrealisierung technisch nicht sehr verbreitet, da sich Spulen nicht so preiswert, präzise und klein herstellen lassen wie Kondensatoren. Analog zu der Reihenschaltung von Widerstand und Kondensator finden wir bei der Reihenschaltung von Spule und Widerstand nach Bild 3 die Übertragungsfunktionen: 12 H (f) = (jωL/R) / ( 1 + jωL/R) (Hochpass in Bild 3a) (6) (Tiefpass in Bild 3b) (7) bzw. H (f) = 1 / ( 1 + jωL/R) Für die Grenzfrequenz ergibt sich in beiden Fällen: f (-3dB) = R / (2πL) a.) (8) b.) Bild 3: RL-Schaltungen als Hochpass (a.) und Tiefpass (b.) 4 Fragen zur Versuchsvorbereitung 1. Für welche Messaufgaben eignet sich das Oszilloskop besonders ? 2. Wozu dienen der Sägezahngenerator und der Trigger beim analogen Standard Oszilloskop? 3. Wie kann ein analoges Einstrahl - Oszilloskop zwei Signale gleichzeitig darstellen? 4. Wie funktioniert die Signaldarstellung bei einem Digitalspeicher-Oszilloskop? 5. Welcher Fehler tritt auf wenn das Oszilloskop das Eingangssignal zu langsam abtastet? Welche Konsequenz hat das? 6. Leiten Sie die Übertragungsfunktionen H (f) der Schaltungen in Bild 2b und 3a her. 7. Berechnen Sie für die Schaltungen nach Bild 2b und 3a die jeweiligen Grenzfrequenzen für die unter Punkt 4 angegebenen Bauteilewerte! 8. Skizzieren Sie, wie ein Bode-Diagramm prinzipiell aussieht! 13 5 Versuchsdurchführung 5.0 Inbetriebnahme des Oszilloskops • Machen Sie sich mit Hilfe des Handbuchs mit den wichtigsten Bedienelementen des Oszilloskops vertraut. Nehmen Sie anschließend das Oszilloskop in Betrieb. 5.1 Gleichspannungsmessung • Ermitteln Sie mit Hilfe des Oszilloskops die maximalen Ausgangsspannungen für beide Kanäle des Doppelnetzgerätes EA3023S. Für maximale Ablesegenauigkeit verschieben Sie die Nulllinie auf die unterste Rasterlinie. Nutzen Sie die gesamte Bildschirmhöhe zur Signaldarstellung (maximal mögliche Verstärkung). • Probieren Sie die Signaldarstellungen bei unterschiedlichen Ablenkgeschwindigkeiten. 5.2 Wechselspannungsmessung und manuelle Triggerung • Ermitteln Sie die Spannung USS von “Spitze zu Spitze“ der maximalen sinusförmigen Ausgangsspannung des Funktionsgenerators HM 8030 im Leerlauf bei einer Frequenz von f≈5kHz. Für maximale Ablesegenauigkeit verschieben Sie die untere “Spitze“ auf die unterste Rasterlinie. Zur genauen Ablesung mit der feineren Skala der vertikalen Mittellinie ist die obere Spitze entsprechend zu verschieben. Ermitteln Sie den Effektivwert und messen Sie die Periodendauer. USS = ? Ueff = ? T= ? Die Darstellung soll mit maximaler vertikaler Verstärkung (Bildschirm füllend) und möglichst wenig (aber mindestens einer) Perioden erfolgen. Stellen sie anschließend eine Sinusschwingung mit f=50 kHz und ca. 5 Perioden dar . Welchen Drehknopf verwenden Sie zur Anpassung der Bildschirmanzeige? • Stellen Sie im Trigger Menu (Taste TRIG Menu) die Triggerung von Auto auf Normal um. Stellen sie anschließend mit Hilfe des Drehknopf TRIGGER LEVEL den Triggerpegel auf die Hälfte der positiven steigenden Signalamplitude ein. Verringern Sie dann die Signalamplitude am Ausgang des Funktionsgenerators auf einen Wert unterhalb des Triggerlevels. Verändern Sie nun die Frequenz des Signals. 5.3 Ankopplungsarten Die Ankopplung können Sie im vertikalen Kanalmenü ( Taste CH1 Menü bzw. Taste CH2 Menü) verändern • Oszillografieren Sie ein Rechtecksignal mit beliebiger Amplitude und einer Frequenz f ≈ 1 kHz mit unterschiedlichen Ankopplungsarten (AC/DC/GND). Skizzieren Sie repräsentative Oszilloskopbilder. Diskutieren Sie den Effekt. 14 5.4 Messungen 6 • Bauen Sie die folgende Schaltung mit R=10kΩ, C=10nF! • Nehmen Sie den Amplitudenfrequenzgang im Frequenzbereich von 50Hz...20kHz auf. Als Eingangspannung dient eine sinusförmige Wechselspannung mit UE=10VSS. • Beaufschlagen Sie die Schaltung mit einer rechteckförmigen Eingangsspannung (f=1kHz sowie 10kHz) und oszillografieren Sie jeweils die Ausgangsspannung. • Bauen Sie die folgende Schaltung auf mit R=10kΩ, L=1H ! • Nehmen Sie den Amplitudenfrequenzgang und auf. • Beaufschlagen Sie die Schaltung mit einer rechteckförmigen Eingangsspannung (f=100Hz sowie f=1kHz) und oszillografieren Sie die Ausgangsspannung. Auswertung 6.1 Errechnen Sie jeweils A(f) in dB (A(f) / dB = 20 * log (UA / UE)) nach gewonnenen Messwerten! Stellen Sie A(f) auf (einfach) logarithmischem Papier in einem Diagramm grafisch dar. Kennzeichnen Sie die gemessene Grenzfrequenz! 15